So einfach war es dann doch nicht. Ich sprach mit dem Doktor noch eine ganze Weile über Therapiemöglichkeiten. Ich sollte alle Heilungs-Angebote der Oberwelt nutzen. Er empfahl ein kombinierter Heilungsansatz. Diese Methodik verfolgt eine Therapie mit Lichteffekten und eine Heilung auf den Ebenen der Seele und der Genetik. Zudem musste ich lernen im „Hier und Jetzt“ zu leben.
Das stimmte, diese Schwäche hatte ich bereits auf der Erde. Ich hatte die Neigung entweder in der Vergangenheit zu leben und verpassten Chancen nachzutrauern oder mir die Zukunft in zu bunten Farben oder schrecklichen Szenarien auszumalen. Rückblickend betrachtet, hatte ich gar nicht richtig gelebt. Ein riesiger Fehler. Den Augenblick hatte ich nie genossen.
War ständig etwas nachgerannt. Getrieben von Statussymbolen sammeln. Und für was genau? Dies war ja zum Lachen! Am Schluss war das ganze Zeug wie Titel und Gegenstände wertlos, also Firlefanz. Dieses Wort gefällt mir sehr, weil es so geheimnisvoll tönt und ich lache. Es geht mir schon besser.
Dies war eine richtige Farce, dass ich das “hier und jetzt leben” in dieser absurden Welt lernen sollte. Ich verabschiedete mich und bedankte mich für seinen Einsatz und hoffte inbrünstig, dass ich den Job dann wirklich am Schluss erhalten würde. Anscheinend musste dies von oben abgesegnet werden. Später würde ich nochmals ein Gespräch mit dem Leiter der Oberwelt haben.
Als ich den Arzt verließ, war ich guten Mutes und hoffte, dass ich gut auf die Therapie ansprechen würde, dass weiß man nämlich nie so genau. Eine Depression fühlt sich hässlich an. Man fühlt sich nicht akzeptiert, müde und antriebslos. Nichts reizt einem. Keine Lust auf nichts. Endzeitstimmung! Am liebsten würde man sich in einer Ecke verkriechen. Oder eben in meinen geliebten Regenerationstopf.
Am nächsten Tag startete ich die Lichttherapie. Schon das Gefühl, gegen die Krankheit anzukämpfen, wirkte sich positiv aus. Ich wurde begleitet in einem Raum. Es war gar kein Zimmer, sondern eine Höhle. Am Eingang konnte man das Licht einstellen. Ich wünschte mir zuerst mal meine Lieblingsfarbe, rot wie Blut. Die ganze Höhle erstrahlte in rotem Licht. Ich versuchte, möglichst bequem zu verharren. Ich würde einige Zeit so bleiben. Die Gedanken einfach fließen lassen. Gleichzeitig musste ich mich auf einen Tropfen konzentrieren, der immer wieder von der Decke hinunterfiel und ein „Plopp“ Geräusch erzeugte.
Das Licht war ziemlich heftig und so rötlich und wechselte in verschiedene Rottöne. Ich empfand eine unendliche Ruhe und eine richtige Müdigkeit kam auf. Es schien bereits zu wirken. Aber dies würde mehrere Wochen dauern, bis ich geheilt war. Vermutlich war meine Seele schon vor meinem Tod vergiftet gewesen und ich hatte es nicht wahrhaben wollen.
Die Tage flossen so dahin. Ich versuchte, mich mit anderen Seelen anzufreunden. Es gelang schrittweise. Ich wechselte ein paar Worte mit einigen und fühlte mich bereits besser akzeptiert. Es war ein sich selbstverstärkender positiver Effekt. Ich konnte wieder vermehrt lachen, auch über mich.
Ende der Woche war ich beim Gespräch beim Leiter der Oberwelt. Er hielt mir einen langen Vortrag.
Auch er schaute die Akten an und mit freudiger Stimme teilte er mir mit: „31101994-2230-007, dies ist deine Nummer hier”.
Ich nickte und er fuhr fort: “Nur um sicher zu sein, dass du es bist. Du kannst den Job bei unserem Psychiater haben. Aber dies geht nur, wenn du 100 % geheilt bist. Der Job ist anstrengend und diese Krankheit wäre an und für sich eine Kontraindikation, aber wir sind überzeugt, dass du dies meistern kannst. Du erinnerst dich an unser Eingangsgespräch, du bist im Moment in der Zwischenwelt und wie wir dich schon informierten, wird Ende des Jahres an Halloween entschieden, was mit dir passiert! Also Hölle oder Paradies. Wir haben dir verschwiegen, dass es viele Seelen gibt, die es nicht bis dahin schaffen und sich einfach in Dampf auflösen. Aber nur keine Bange. Es kommt gut. Toi, toi, toi!“
Prompt: Firlefanz