Die untergehende Sonne tauchte den Horizont in ein feurig rotes Band. Zirpende Grillen und der Ruf einer Eule aus weiter Entfernung waren schwach zu vernehmen.Ein Bach rauschte leise durch die Gegend, Blätter flüsterten im sanften Wind und ein Lagerfeuer knisterte fröhlich vor sich hin. Vier Freunde sassen um jenes herum und plauderten vergnügt miteinander.
"Hey, schaut euch diesen Wahnsinns-Sonnenuntergang an", rief Anya in die Runde. "Oha, sieh ja richtig g-geil aus!", hickste Leo und nahm einen grossen Schluck aus seiner Bierdose. "Gib das her, du bist schon genug besoffen", meinte Laura und schnappte die Dose aus seiner Hand. Verdutzt blickte Leo sie an und murmelte danach etwas Unverständliches vor sich hin. Einen Moment sassen sie alle schweigend um das Feuer herum, bis Leo plötzlich auf die Beine sprang und lauthals grölte, dass er eine Superidee hätte.
"Oh Gott, das kann ja nur gut werden", sagte Marco mit ironischem Ton. "Aber erzähl trotzdem weiter". Dabei schaute er die beiden anderen fragend an und als diese ihr stummes Einverständnis gaben, schilderte Leo seinen Freunden seinen Einfall.
"Sorry, aber das ist das Dümmste, was ich je gehört habe!", rief Laura. "Und ausserdem verdammt gefährlich", fügte Anya hinzu. Leo verdrehte genervt seine Augen und meinte dann: "Na gut, wenn ihr solche Memmen seid, mach ich's halt mit Marco zusammen" und starrte erwartungsvoll in dessen Richtung. Aber dieser wich seinem Blick aus und sagte schliesslich: "Also, du willst allen Ernstes durch das Feuer springen"? "Ja, mit nassen Kleidern. Das geht, glaub mir". Bei dieser Antwort mussten die anderen laut losprusten. Leo stierte sie eine Weile zornig an und schlich sich dann zum Bach davon. Als er ins Wasser sprang, schreckten die anderen drei hoch und schauten ängstlich um sich herum. "Hey, wo ist eigentlich Leo?", bemerkte Anya sorgenvoll. Just in diesem Moment erschien eine Gestalt am Horizont und raste direkt auf das Feuer zu. Doch die drei Freunde bemerkten sie gar nicht, da das Lagerfeuer ihnen die Sicht auf die andere Seite verbarg.
Plötzlich hörten sie lautes Geschrei und eine Sekunde später erschien Leo im Feuer. Der Anblick war verängstigend, fast schon surreal. Wie in Zeitlupe kam er auf die anderen drei zugeflogen. Danach wurden sie wieder zurück in die Realität gerissen und stoben in alle Himmelsrichtungen davon, nur um sich kurz darauf umzudrehen. Es erbot sich ihnen ein grausiger Anblick: Leo lag schreiend und zappelnd auf der Erde, ummantelt von Feuer, das bösartig zu lachen schien.
Marco löste sich als Erster aus seiner Schockstarre und rannte wie ein Blitz zu seinem Zelt, um eine Löschdecke zu holen. Genauso schnell sprintete er zurück, um die Decke auf seinen Freund zu werfen. Aber die Flammen starben kaum und Panik breitete sich langsam wie Gift in den Körpern der drei aus. Rasch klaubte Anya ihr Handy aus der Hosentasche und tippte mit zitternden Fingern die Nummer der Feuerwehr ein. "Scheisse, wenn wir doch nur einen Feuerlöscher dabei hätten", schluchzte Laura und sackte auf dem Boden zusammen. Fünf Minuten später traf die Feuerwehr ein, aber da war es schon geschehen: Leo war tot.