König Fritz besah sich die Gerichtsunterlagen. Für ihn war der Fall klar. Der Amtmann Müller hatte öffentlich ein Eheversprechen abgegeben und die Tochter des Wirtes nicht geheiratet. Die junge Dame war jetzt schwanger, was den Fall noch erschwerte. Zumal der Amtmann jegliche Beteiligung an den zahlreichen Liebesakten vehement abstritt. Nach den Aussagen der Zeugen und auch der jungen Dame, die den Liebesakt exakt beschrieb, sah es jedoch anders aus. Darüber hinaus beschrieb die junge Dame sogar sein Muttermal, welches weit unterhalb bes Bauchnabels vorhanden war, wie der Amtsarzt Dr. Cornelius Lüttich bestätigte.
Der König wiegte sein Haupt und sah den Obersten Gerichtsrat, der zugleich ein langjähriger Freund war. "Wie soll ich da entscheiden. Das Wort eines Amtmannes ist unantastbar. Das ist die eine Seite. Auf der anderen Seite geibt es genügend Aussagen von glaubwürdigen Personen und eben jene der jungen, schwangeren Frau. Zu den vielen veritablen Zeugen zählen der Polizeihauptmann, ein Offizier vom Garde-Regiment 12, der Pastor und eine mir vertraute Person, Freifrau von Zöllern, bei der die junge Dame aus Hausmädchen ihren Dienst verrichtete."
Der Oberste Gerichtsrat grübelte kurz. "Die Rechtslage ist komplex. Dem Wort eines Amtmannes muss ich vertrauen können. Die Zeugenaussagen sind ebenfalls glaubwürdig. Ein Urteil zu fällen ist somit extrem schwer. Daher habe ich mir erlaubt den Amtmann einzubestellen. Ich würde folgendermaßen vorgehen." Mit einem hintersinnigen Blick schaute er zum König. "Ich frage ihn also, ob er noch mehr Erinnerungslücken besitzt und ob er das Schreiben von Finanzrat Dr. Ludwig Kaulmann kennt, welches sein Vorgesetzter ist. Darin steht, dass der junge Herr bereits einen ähnlichen Fall durch die Zahlung einer Apanage vor Gericht niedergeschlagen hat. Auch damals hatte er behauptet das Frauenzimmer nicht zu kennen, bei der er während seiner Tätigkeit als Landvermesser sechs Monate wohnte."
Der König nickte. "Der junge Kerl besitzt also keine blütenreine Weste. Somit ist der Fall klar. Ich stelle ihn vor die Wahl entweder die junge Dame zu ehelichen und seine Stellung zu behalten. Oder ich zeige kein Erbarmen und entziehe ihm diese Dienststellung, weil ich seinem Wort nicht mehr trauen kann. . Somit urteile nicht ich, sondern der junge Herr. Dezent streue ich ein, dass dieser Fall dem voeherigem Fall sehr stark ähnelt und ihm zukünftig nicht mehr trauen könnte, falls er versucht sich rauszureden. Zudem wird der Geburtstermin exakt den Tag verraten, an dem der Liebesakt erfolgte. Von Freifrau von Zollern wissen wir, dass die junge Dame nur einmal unbeaufsichtigt das Haus verlassen hat, wobei sie von ihrer Schwester begleitet worden sei, einer Novizin des Diakonissenordens."
Der Oberste Gerichtsrat nickte zustimmend. "Eine weise Entscheidung. Den jungen Herrn kann ich jederzeit rufen lassen. Dann könnt ihr mit ihm sprechen."