"Schwestern ergreift die Hände eurer Nachbarn und lasst uns unser Gebet sprechen, damit Nele unsere Herzen mit neuer Kraft erfüllt. Gebt ihr die Unterstützung, damit sie das neue Symbol der Macht erschafft. Lasst nicht nach - bis es vollbracht ist." Ein Raunen wallte kurz auf, bevor sich Nele in dem heiligen Hain auf der zentralen Lichtung niedersetzte und ihre Konzentration für dieses Ritual aufbaute. Alle wussten, dass dieses Ritual in den letzten vierunddreißig Septen ohne Erfolg geblieben war. Dennoch, sie sie stimmten den heiligen Gesang an, um die auserwählte Schwester zu stärken.
Der Druck lastete gewaltig auf Nele, die genau wusste, dass es einzig an ihr lag, ein neues Symbol zu erschaffen. Nele ging in sich, obwohl sie nur vage wusste, dass sie sich konzentrieren musste, um ein neues Symbol für alle Schwestern zu erschaffen. "Ich weiß nicht, was zu tun ist, aber ich werde versuchen Neues mittels meiner Vorstellungen zu erschaffen." Langsam beflügelte sie die Kraft der Schwestern und eine nebulöse Trance ergriff ihre Gedanken. Innig betete sie zu Salome, der Göttin aller Frauen, um eine Idee zu erhaschen, was sie tun sollte. Lauschend wartete sie, um eine fernes Echo von Salome zu empfangen. Doch es wollte kein Signal auf ihre Sinne fallen. Tief in sich wühlte sie in ihren Gedanken, um alle Facetten der Ausbildung zu rekapitulieren. Es waren unzählige Facetten des Sein, die sie kennen gelernt hatte. Jäh stolperte sie über eine Einsicht. "Ich muss ein Symbol erschaffen. Nur ich kann dieses Symbol erschaffen. Warum sollte es nicht das Bild meiner Kindheit sein, welches mich jeden Vollmond mit Kraft und Liebe erfüllte."
Der Vollmond näherte sich dem Zenit und endlich merkte Nele, dass sie nur ihre Seele befreien musste, um die Aufgabe zu meistern. Sie erinnerte sich an dieses wunderschöne Bild eines funkelnden blauen Diamanten, der reiner als das Licht und härter als jedes andere Objekt auf dieser Welt war. Intensiv nahm sie die Stimmen ihrer Schwestern auf und konzentrierte diese Macht auf den Boden vor ihren verschränkten Beine. Sanft spürte sie erstmals in ihrem Leben, dass sie die Lektionen verstanden hatte und einzig ihren Willen lenken musste, um dieses wunderschöne Symbol zu erschaffen. Konzentriert sandte sie dieses Bild in den Untergrund und der Fels unter ihr schien zu antworten.
Die Schwestern um sie herum wurden intensiver und spendeten Kraft, Ausdauer und Mut. Dankbar empfing Nele jede dieser kleinen mentalen Gaben und streute sie in den Schöpfungsprozess ein. Immer intensiver drangen die Shwestern nun in ihren Geist, und Nele konkretisierte ihre Vision immer intensiver in den Untergrund, der von der Göttin Nerthus regiert wurde. Erst beide Göttinen zusammen ergaben ein Ganzes und diese Idee trieb sie, um stetig mehr Energie und Willen in den Untergrund zu lenken. Sie merkte nicht einmal, dass sich ihre Umgebung veränderte und sich der Boden unter ihrem Körper sanf hob.
Tief in ihrer Seele fand sie nun auch den Namen für dieses Objekt mit seinen zwölftausendachthundert Facetten. Ihr entging das Strahlen, welches sich aus dem Boden in die Umgebung verteilte, so als würde unter ihr eine Sonne geboren werden, die alles Licht der Liebe vereinigte. Nach endloser Konzentration schwanden ihr die Sinne. Sie merkte nur, dass eine angenehme Wärme ihr Herz erfüllte. Leichtigkeit trieb sie die letzten Kräfte zu sammeln. Angetrieben durch diesen Akt teilte sie sich ihren Schwestern mit. "Schwestern, dieser Stein oder dieses Juwel ist die Essenz unseres Seins. Es ist keine brutale Macht sondern die stärkste Macht, die sich Liebe nennt. Liebe ist Vertrauen, Hoffnung, Dankbarkeit und so unendlich viel mehr. Jede von euch soll auch so ein Juwel erhalten, damit ihr die dunklen Schatten von den Seelen der Menschen vertreibt und Herzen heilt. Unsere Kraft ist nicht die boshafte Gewalt, sondern die Kraft der Liebe. Uns ist es gegeben die dunklen Schatten von dieser Welt zu vertreiben und Feinde zu Freunden zu machen. Nur so besiegen wir die Gewalt. Heilt die Herzen aller Menschen, denn das ist unsere Aufgabe. Helft den Menschen zu verstehen, damit sie sich gegen jede Form der Dunkelheit zur Wehr setzen können."
Jäh brach ihre Stimme und Nele sank erschöpft in sich zusammen. Betäubt rutschte sie von ihem Platz und landete kraftlos neben die Grube unter dem Juwel. Das Gebet der Schwestern setzte aus und alle bestaunten den einen großen Juwel und sie sahen die Funken, die aus Neles Körper hervorbrachen, um als kleine Juwelen zu jeder Schwester zu schweben. Die Oberin war entsetzt, denn Nele schien sich so vollkommen verausgabt zu haben, dass das Leben aus ihr gewichen schien. Rasch schritt sie auf ihre Schwester zu, die vor ihren Augen zu schwinden began. Übrig blieb nur ein nahes Echo. "Nur beide Göttinnnen zusammen haben die Macht um uns ein Symbol zu schenken. Lehrt sie auch an Nerthus zu glauben, den sie ist die wahre Schöpferin des Lebens. Überseht auch nicht ihre Schwester Demeter und all die anderen Göttininnen, die in dieser Welt für Frieden, Liebe und Gerrechtigkeit streiten."
Mit einem Blitz, der in den Himmel aufstieg endete diese heilige Nacht. Fassungslos suchten alle Schwestern Nele, aber nichts war mehr von ihr zu sehen. Einzig ihr Schmuck lagen neben der Kleidung. Doch der Körper von Nele blieb verloren.