Ich, also Justus war kein begnadeter Sportler, dennoch wollte ich mit zu der In-Gruppe gehören. Gert, Rudi und Volker hatten dort das Sagen. Alle Mädchen der Schule himmelten diese Jungs an. Also was sollte man tun, wenn man zu dieser Gruppe gehören wollte? Man ging zu Volker und fragte, ob man mitmachen könne. Volker kaute auf seiner Lippe herum. "Klaro, aber vergesse nie, bei uns gibt es Gruppenzwang. Wir sprechen alles ab und springen gemeinsam auch über die Klinge. Ich habe eine nette Idee. Am Freitag bringst du eine Schachtel Zigaretten mit, dann Qulmen wir sie in der zweiten großen Pause vor der Schule. Entweder uns allen wird schlecht oder der Hausmeister erwischt uns und schwärzt uns beim Direktor an. Schlimmstenfalls müssen wir mal ne Stunde nachsitzen. Dieser schlechte Ruf hilft uns, unantastbar zu werden." Ich nickte, schließlich lagen zuhause immer Kippen herum. Mein Alter war ein zweibeiniges Dampfross und ohne eine Kippe im Mundwinkel lief bei ihm nichts. "Geht in Ordnung, ich bringe Kippen mit."
Die Stunde der Wahrheit näherte sich. Zur Sicherheit hatte ich noch Schokozigaretten gekauft. Man weiß ja nie, was passieren könnte. Die Schulglocke läutete und ich drängelte mich rasch hinaus zu dem scheußlichen Kunstwerk vor der Schule, welches einfach nur ein Haufen rostiges Eisen war und von kunstbeflissenen Narren großartig die Zukunft der Menschheit genannt wurde. Ich muss wohl dazu sagen, dass der Schrott von der Werft meines Alten stammte und der Künstler für die fünf Stunden Schweißarbeiten über 100 000 DM kassiert hatte.
Nun standen acht Jungs vor diesem erlesenen Kunstobjekt und ich verteilte lässig die Kippen. Jeder steckte sich so ein Teil in den Mund und alle warteten auf den großen Moment. Irgendetwas fehlte und jeder schaute seine Mitschüler an. Dirk brachte es auf den Punkt. "Hat einer Feuer?" Keiner von uns hatte an Feuer gedacht. Weder Welthölzer noch ein Feuerzeug ließ sich in unseren Taschen finden. Der Chemielehrer Herr Nickel kam vorbei und grinste uns an. "Na, ihr Rocker, habt wohl vergessen Streichhölzer einzupacken. Hier habt ihr ein Heftchen. Aber, ihr müsst die Kippen vollkommen aufrauchen." Wir nahmen uns die die Streichhölzer und entzündeten die Kippen. Mutig pafften wir. Dir machte einen Zug auf die Lunge und begann sofort zu husten. "Mir wird schlecht." Gert und Rudi erging es nicht besser. Mit verdrehten Augen begannen sie zu röcheln. Volker kotzte und bei mir tat sich etwas im Darm. Mutig zwangen wir uns noch einen Zug zu nehmen, aber es ging nicht. Mit träneneden Augen schnippten wir die Glimmstängel fort.
Herr Nickel lachte: "Ihr seid mir Helden. Nach der Chemiestunde fegt ihr den Eingang, ansonsten wird es arg für euch." Mein Darm rebellierte und ich rannte um mein Leben. Hoffentlich erreichte ich das Klo noch. Ja, ich schaffte es und danach ging es mir dreckig. In der Chemiestunde thematisierte der Lehrer die Volgen von Nikotin und Nikotinsucht. Mein Magen kam zur Ruhe, aber uns allen ging es immer noch mies. Danach beaufsichtiget Herr Nickel unsere Gruppenarbeit und lächelte uns entspannt an. Der Hausmeister freute sich und die halbe Schule schaute zu, wie wir Deppen den Hof fegten.
Irgendwie hatte ich mir männlich und erwachsen sein - anders vorgestellt. Zum Glück hatte ich noch meine Schokozigaretten, die schmeckten wenigstens und waren weniger gefährlich. Ich ließ es sein mit diesem Gruppenzwang und widmete mich Helga, obwohl sie bedeutend gefährlicher war als die Jungs. Sie wollte mit mir knutschen, was ich noch nicht so richtig konnte. Aber sie lehrte mich, diese verwegene Kunst.