Feuchte Watte klebte in Soerins Ohren. Dämpfte die Geräusche der Schlacht, die um sie herum tobte. Die Schreie, Befehle und Wellen, die wütend gegen den Rumpf krachten. Die Kanonen, die neben ihr donnerten.
Soerin lehnte unter Deck an dem Hauptmasten in der Mitte des Schiffes, der bis zum Kiel hinabragte. Schwerfälliger Rauch hing im Bauch der Phantom und fand nur langsam den Weg durch eines der massiven Metallgitter hinaus in die salzige Luft. Von der Decke tropfte der Schweiß.
Die Schritte der umhereilenden Crew, Geschosse, die abgefeuert wurden oder gegnerische, die sich ab und zu durch die Planken bohrten, sandten in einem regelmäßigen Rhythmus Vibrationen durch den Schiffsrumpf.
Soerin ließ den Blick einen Moment durch den Raum schweifen. Während all die Männer arbeiteten, Befehle entweder gaben oder ausführten, hatte sie selbst Pause. Das Wasser war zu aufgewühlt, um darauf zu laufen; die Kommunikation ihrer Flotte bestand höchstens noch aus den abgefeuerten Salven der Schiffe. Wenn eines schoss, schossen die anderen ebenfalls.
Sie hatte sich einen Platz zwischen zwei Kanonen ausgesucht. Es war ihrer Meinung nach der, der die größtmögliche Sicherheit bat. Soerin verließ sich darauf, dass, sollte die Kanonenkugel eines feindlichen Schiffs auf ihrer Höhe den Rumpf durchschlagen, sie von den schweren Geschützen neben ihr aufgehalten wurde.
Einer ihrer Stiefel lag vor ihr auf dem Boden, der andere hing noch immer an ihrem Fuß.
Mit mürrischem Blick löffelte sie eine ihrer zwei täglichen Rationen Curry. Dunkle Fischstückchen trieben in der roten Soße neben etwas, das entfernt an Gemüse erinnerte. Sie wusste nicht, ob es frischer Fisch war – sie bezweifelte es – aber da das Gericht vor Schärfe loderte, die verbergen sollte, dass einfache Boten es nicht wert waren, Gewürze an sie zu verschwenden, die der Mahlzeit einen tatsächlichen Geschmack geben würden, könnte sie den Unterschied sowieso nicht ausmachen.
In ihren Augen standen Tränen, die Nase lief und dämpfte somit den Gestank nach Schießpulver und Eisen, der sie umnebelte. Ihre Kehle brannte, als hätte ihr jemand eine Fackel in den Rachen geschoben.
Mit tränenden Augen warf sie einen unscharfen Blick aus einer der Luken, durch die die Kanonenrohre nach ihren Zielen suchten. In der Ferne glaubte Sie rote Segel zu erkennen, allerdings konnte es sich auch um Feuer handeln.
Rote Segel. Soerin runzelte die Stirn. Sie hatte die Botschaft schon fast wieder vergessen, die sie erst vor einigen Stunden überbracht hatte.
Nicht schießen. Er ist an Bord. Die Verrückten haben ihn mitgenommen.
Wer war Er?
Mit ihrer Schulter versuchte sie, die Tränen wegzuwischen, um einen klaren Blick zu bekommen, doch ein Mann mit dicht tätowiertem Rücken schlenderte an ihr vorbei und versperrte für einen Moment die Sicht. Als er fort war, war das Rot ebenfalls verschwunden.
Hechelnd wandte sie sich wieder dem Curry zu. In ihrem Kopf verbreitete die Schärfe eine orangene Hitze, die durch die feuchte Watte in ihren Ohren zusätzlich eingesperrt zu sein schien.
Mit dem Gedanken an die roten Segel beschäftigt, der in dieser Hitze umherwaberte, löffelte sie weiter, während um sie herum die Schlacht tobte.