Von außen wirkte der Laden wie ein leerstehendes Haus, in dem die Ratten nisten. An der Wand lehnte ein Bettler, auf dem Boden häufte sich der Unrat. Es gab keine Fenster, durch die man einen Blick hineinwerfen konnte und das einzige Zeichen dafür, dass es sich nicht nur um eine Bruchbude, sondern um ein Geschäft für Zaubertränke handelte, war das hingeschmierte Symbol der Liga, das auf der Holzfassade prangte.
Über der Tür hing eine kleine Glocke, die sein Eintreten ankündigte. Jon hob die Augenbrauen als er in das Zimmer schritt. Der Kontrast zur Straße war enorm. Die Wände waren von strahlender Sauberkeit, auf dem Boden konnte er kein einziges Staubkorn ausmachen. Am liebsten hätte er seine Schuhe ausgezogen und vor der Tür stehen lassen, doch er schüttelte den Gedanken ab.
An der Decke hingen große Gläser, in denen gefangene Mondfeen kreisten und mit ihrer lumineszierenden Eigenschaft den Raum in ein mintblaues Licht tauchten.
Gegenüber der Tür befand sich der Tresen, dahinter ein Regal mit Tränken aller Art. Der Verkäufer nickte ihm zu, erhob sich von einem Hocker und faltete die Arme hinter den Rücken.
»Welchen Trank benötigen Sie, Sir?«
»Unsichtbarkeit bitte.«
Dicht an dicht standen mehrere Schalen in dem Regal, jede hatte eine von fünf Farben. Der Verkäufer griff nach einer roten und stellte sie vor Jon auf die Theke.
»Wirkungsdauer?«
Jon zögerte. »Sagen Sie mir… wie teuer ist dieser Trank?«
»Laut dem Index liegt Unsichtbarkeit in Stufe Vier der Tränke. Eine Minute kostet einen halben Silberkanten.«
Jon überschlug die Zahlen in seinem Kopf und seufzte. »Ich dachte er ist Stufe Drei.«
»Nein, Sir, tut mir leid. Aber wenn sie teure Ausgaben scheuen, vielleicht kann ich mit einem Ersatz behilflich sein?«
»Ein Ersatz für Unsichtbarkeit?«
Der Mann nickte, stellte die rote Schale wieder in das Regal und griff nach einer grünen. »Stufe Zwei. Fünf Kupferkanten pro Minute.« Trotz der groben Bewegung, mit der der Verkäufer die Schale auf den Tresen stellte, bildeten sich in der Flüssigkeit keine Wellen. »Heimlichkeit, Sir.«
»Heimlichkeit?« Jon zögerte.
»Ja, Sir. Sie mögen nicht unsichtbar sein, aber stattdessen schmiegen sich die Schatten an Sie, Ihre Schritte erklingen gedämpfter. Natürlich kommt es auf den Einsatzort an, Heimlichkeit ist eher zu empfehlen, wenn viele Augenpaare in der Nähe sind.«
Jon erwog die Alternative, betrachtete die Schale. In der orangenen Flüssigkeit schwamm ein Farkon, ein regenwurmlanges Wesen, das mehrere dreieckige Flossen besaß, die nach hinten immer kleiner wurden. Der Farkon sorgte dafür, dass der Trank gut gemischt blieb.
»In Ordnung.«
»Das freut mich. Wirkungsdauer, Sir?«
»Zwanzig Minuten.«
Der Verkäufer zog einen Bund mit Löffeln hervor, schöpfte zwei mal mit dem zehn-Minuten-Löffel und füllte die Flüssigkeit in ein Fläschchen. »Macht zehn Bronzekanten, Sir.«
Jon legte das Geld auf den Tresen und nahm den Trank entgegen.
»Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei Ihrem Vorhaben, Sir. Auf Wiedersehen.«
Ein mulmiges Gefühl blieb. Heimlichkeit… hoffentlich erfüllte der Trank seinen Zweck.