Unsere Geschichte beginnt im April. Das Wetter ist wechselhaft. Mal strahlt die Sonne am blauen Himmel und im nächsten Moment ist alles grau und es gießt wie aus Kübeln. Ein typischer April eben. Nicht, dass Elke das gerade interessiert.
Die gute Elke hat nämlich gar keine Zeit über so etwas Profanes wie das Wetter nachzudenken. Bereits als der Wecker ging, war ihr unheimlich übel, wie auch schon die letzten Tage. Also begrüßte sie den neuen Tag mit einem Kniefall vor dem Porzellanthron im Bad und brachte ihm ihr Abendbrot als Opfer da.
Schwer atmend und mit blassem, schweißnassen Gesicht kniete sie auf der Badematte, den Kopf auf die Klobrille gelehnt. Beinahe automatisch hob sich ihre Hand und drückte den Abzieher. Wasser rauschte in die Schüssel und Schwindel erfasste Elke, die matt ihre Augen schloss.
So fand Jürgen sie einige Minuten später.
»Schatz? Ist alles okay?«, fragte er mit vom Schlaf noch rauer Stimme.
Elke gab ein undefinierbares Geräusch von sich und blinzelte ihren Mann an.
»Also ernsthaft, Liebes. So kann das nicht weitergehen. Das ist der vierte Tag in Folge, dass du dich am frühen Morgen übergibst«, sagte er und half ihr auf die Beine. Er hielt sie sanft im Arm, während sie sich die Zähne putzte und den Mund ausspülte. Dabei kam langsam wieder Farbe in ihr Gesicht und während sie das Mundwasser ausspuckte, knurrte ihr Magen.
Elke lächelte, löste sich mit einem Kuss auf die Wange von ihrem Mann und stapfte in die Küche, um das Frühstück für sie alle zuzubereiten. Gemeinsam saß die Familie am Küchentisch und Jürgen sah seine Elke immer wieder kritisch an, wenn Tims Aufmerksamkeit woanders lag.
Nachdem der Junge endlich auf dem Weg zur Schule war, sprach er seine Frau noch einmal an.
»Elke?«
»Ja, Liebling?«, erwiderte sie abwesend, da sie gerade das Geschirr abspülte.
»Fühlst du dich nicht auch so an die Zeit erinnert, als du mit Tim schwanger warst?«
Das Klirren eines Tellers gefolgt von einem gehauchten ›Oh Gott!‹ und Elkes nasser Hand auf ihrem Bauch waren Antwort genug für den Moment.