Mister Davis-Taylor beugte sich zu mir vor, sodass sein Aftershave einen Weg in meine Nase fand und mich benebelte. Es fiel mir schwer, meinen Kopf nicht zurückzuziehen. Sein Geruch, dazu seine strahlend blauen Augen und sein süffisantes Lächeln schüchterten mich erneut ein. Das ärgerte mich gewaltig! „Sind Sie sich sicher? Denken Sie ernsthaft darüber nach. Sie sollten sich im Klaren darüber sein, dass ich viel verlange. Unter anderem Ihre Aufmerksamkeit", sagte er mit gedämpfter Stimme. Dabei schob er mir langsam, fast schon lauernd, das Smartphone zu.
Ich wollte schon danach greifen, doch im letzten Moment war mir klar, dass er mich testen wollte. Würde ich nach dem Gerät greifen, würde ich ihm nicht mehr die alleinige Aufmerksamkeit schenken. Deshalb richtete ich meinen Blick wieder auf ihn, sobald das Smartphone in greifbarer Nähe lag. „Ich werde es mir überlegen", versprach ich ernst. „Aber ... würden Sie mich überhaupt nehmen?", fragte ich eingeschüchtert. Nervös, weil ich nicht wusste, was er antworten würde, nestelte ich am Saum meines Ärmels herum.
Mister Davis-Taylor nickte. „Ja, ich würde Sie nehmen. Sie sind interessant und wie mir scheint eine gute Gesellschaft", antwortete er und lehnte sich wieder zurück. „Ich lasse Ihnen den Vertrag per E-Mail zukommen. Lesen Sie ihn aufmerksam durch. Ich melde mich bei Ihnen."
Perplex, dass er so schnell eine Entscheidung getroffen hatte, nickte ich und musste mich zusammenreißen, nicht einfach aufzustehen und zu jubeln. „Ich danke Ihnen", flüsterte ich. Tatsächlich war ich davon ausgegangen, dass er mich nicht in Betracht zog, nachdem ich mich meiner Meinung nach danebenbenommen hatte. Es fiel mir jedoch schwer, mich in seiner Gegenwart locker zu geben.
„Reden Sie lauter, ich verstehe Sie nicht."
Erst jetzt wurde mir bewusst, dass ich nur genuschelt hatte. Hastig wiederholte ich meine Worte und lächelte zaghaft.
Das schien ihn zu amüsieren, denn auch er lächelte.
Ich trank meinen Cappuccino aus und wollte nach meinem Smartphone greifen, da ich davon ausging, dass wir fertig waren. Allerdings hatte ich mich zu früh gefreut.
Er räusperte sich und sein auffordernder Blick ließ mich innehalten. „Was sind Ihre Hobbys?"
Innerlich seufzte ich. Dieses Thema ... Irgendwie hatte ich das Gefühl, er wartete darauf, dass ich in ein Fettnäpfchen trat. „Ich schwimme gerne, gehe joggen und Schlittschuhlaufen", antwortete ich wahrheitsgemäß. Eine Augenbraue hob sich und es wirkte, als wäre er mit den sportlichen Aktivitäten zufrieden. Da das wenige, wohl nicht überraschende Hobbys waren, fuhr ich fort. „Abgesehen vom Sport genieße ich es, am Strand spazieren zu gehen. Ein gutes Buch ist auch nicht zu verachten und ich habe nichts dagegen, bei schlechtem Wetter einen gemütlichen Abend vor dem Fernseher mit einem Glas Wein zu verbringen." In Gedanken fügte ich hinzu, dass das letzte Hobby zurzeit nicht möglich war. Das wollte ich Mister Davis-Taylor jedoch nicht verklickern. Weder die Umstände noch die Gründe für eine Verhinderung des Hobbys gingen ihn etwas an.
Er rieb sich über seinen gepflegten Bart und lächelte charmant. „Würden Sie gerne andere Sportarten lernen?", fragte er.
„Woran dachten Sie?" Wenn er mit solchen ankam, bei denen ich akrobatische Verrenkungen vollführen musste, konnte er es vergessen. Ich besaß die Eleganz einer betrunkenen Ente. Gerade auf Schlittschuhen wirkte es, als wäre ich ein Tausendfüßler ohne Kontrolle in den Beinen. Obwohl ich vor einigen Jahren mit Schlittschuhfahren angefangen habe, schaffte ich es immer noch nicht, meine Füße elegant über das Eis gleiten zu lassen.
„Bogenschießen, Reiten und Segeln zum Beispiel."
Überrascht hob ich meine Augenbrauen. Das waren Hobbys, die ich bisher nie in Betracht gezogen hatte. „Einen Versuch wäre es wert", meinte ich nachdenklich. Ich nahm an, dass er neben solchen Aktivitäten viel Muskeltraining machte. Das würde ich jedoch vermeiden, sonst würde ich einige Wochen unbeweglich am Boden liegen bleiben.
Mister Davis-Taylor lächelte und nickte. „Wie geschickt sind Sie im Schlittschuhlaufen?", erkundigte er sich.
Peinlich berührt zuckte ich zusammen und begann zu stottern. Das hatte ja kommen müssen!
„Miss Miller", sagte er streng und ich räusperte mich.
„Sollten Sie nicht vorhaben, vor lauter Lachen in die Klapsmühle eingeliefert zu werden, rate ich Ihnen, mir nicht zuzusehen", antwortete ich diplomatisch. Den Rest konnte er sich hoffentlich selbst denken. Dumm war er immerhin nicht.
Das erkannte ich auch, als er plötzlich kicherte und einen Schluck von seinem Kaffee nahm. „Sie haben mich überzeugt. Das werde ich mir zur passenden Zeit nicht entgehen lassen. Vielleicht lerne ich es dadurch", meinte er mit einem Zwinkern, das mich rot werden ließ. Er hatte meinen Hinweis verstanden und ich wusste, dass er sich auf meine Kosten amüsieren würde.
„Ich sehe, dass wir einigen Spaß haben werden. Wie sieht es bei Ihnen mit Shoppen aus?", wollte er wissen.
Ich ließ meinen Blick einen Moment lang zu seiner Hand schweifen und betrachtete das Tattoo, das unter seinem Ärmel hervorspickte. Das hatte es mir angetan. „Das tue ich gerne, wobei ich es auch genieße, einfach durch die Einkaufsstraße zu laufen und die Schaufensterläden zu betrachten." Viele Leute kamen mit jeder Menge Kleinkram oder Dingen, die sie nicht brauchten, von ihren Shoppingtouren zurück. Ich hingegen drehte jeden Penny zweimal um. Nicht nur, weil ich wenig Geld besaß, sondern auch, weil ich nicht viel brauchte. Solche überstürzten Käufe waren nichts für mich.
„Sehr gut. Das werden wir unter anderem tun", sagte Mister Davis-Taylor und leerte seine Tasse.
Mit einer auffordernden Handbewegung bat er mich, meine E-Mail-Adresse aufzuschreiben. Allerdings hatte ich keinen Block zur Hand, weshalb ich vorschlug, am Tresen um einen zu bitten. Ich hoffte, seiner Präsenz wenigstens einige Sekunden entgehen zu können. Pustekuchen. Mit einer galanten Handbewegung zog er einen kleinen Block und einen Stift aus seiner Brusttasche. Ich verfolgte seine Bewegungen genau.
Mister Davis-Taylor lachte. „Ich bin immer vorbereitet", meinte er zwinkernd.
Das klang zweideutig, aber ich wollte ihm nichts unterstellen. Dafür kannte ich ihn nicht. Mit zitternden Fingern nahm ich den Block an und schrieb meine Kontaktdaten auf.
„Ich lasse Ihnen den Vertrag noch heute zukommen", sagte er und warf einen Blick auf seine Armbanduhr, für die ich wohl mein Leben lang arbeiten müsste. Sie passte zu ihm und seinem Auftreten. Mister Davis-Taylor stand auf und hielt mir seine Hand hin. „Es war schön, Sie kennenzulernen. Ich bin mir sicher, wir werden tolle, gemeinsame Stunden miteinander verbringen."
Auch jetzt klang seine Stimme zweideutig, aber ich wollte nicht weiter darüber nachdenken. Nicht nach all den Enttäuschungen und Ängsten. Ich durfte mir nichts anmerken lassen.
Schnell stand ich auf und warf ihm ein Lächeln zu, während ich beteuerte, dass die Freude ganz auf meiner Seite war. Gleichzeitig war ich unendlich froh, dieses Treffen hinter mich gebracht zu haben. Ich hoffte, dass das nächste weitaus weniger peinlich verlaufen würde als dieses.
Sein fester Händedruck holte mich wieder in die Wirklichkeit zurück und ich wollte ihm meine Hand entziehen. Allerdings ließ er es nicht zu, sondern hob sie an seine Lippen. Ein sanfter, aber gleichzeitig fordernder Kuss darauf sorgte für einen Schauer, der mir den Rücken herunterlief. Plötzlich spürte ich ein leichtes Saugen an meiner Haut. Ruckartig zog ich sie zurück, als hätte ich mich verbrannt. So ähnlich fühlte es sich auch an. Ein kleines Pochen und Brennen breitete sich auf meinem Handrücken aus. Was zur Hölle hatte er getan? Mit einem Blick auf die Haut sah ich einen blassen, rötlichen Ring. Genau so, als hätte er mir einen Knutschfleck verpasst.
Mit heißen Wangen kramte ich in meiner Handtasche, um mein Getränk zu bezahlen, wurde von ihm aber aufgehalten. „Ist schon bezahlt", sagte er und zwinkerte erneut.
Stirnrunzelnd warf ich ihm einen unsicheren Blick zu. Wann hatte er bezahlt? Vielleicht schon im Voraus, aber er hatte doch nicht gewusst, was ich trinken würde. Ich wollte schon protestieren, aber er hielt mir seinen warmen Finger, der mir sein Aftershave näherbrachte, an meine Lippen. Genau an dieser Stelle spürte ich ein angenehmes Kitzeln und ich musste mich zusammenreißen, nicht zu seufzen.
„Vielen Dank, Mister Davis-Taylor", brachte ich heiser hervor.
Mit einem Nicken senkte er seine Hand und lächelte mich süffisant an. Irgendwie auch verheißungsvoll, doch das versuchte ich zu ignorieren. Er deutete eine leichte Verbeugung an und verließ das Café.
Ich blieb an Ort und Stelle stehen und blickte ihm nach. Von ihm wusste ich – außer, dass er 37 Jahre alt war – bisher nichts. Wir hatten lediglich über mich gesprochen. Ob das Absicht gewesen war? Vielleicht hatte ich zu viel gesprochen, aber als ich das Gespräch noch einmal Revue passieren ließ, bemerkte ich, dass er mir viele Fragen gestellt hatte, sodass ich gar nicht dazu gekommen war, ihm Gegenfragen zu stellen. Was wohl hinter seinem Verhalten steckte? Eins war jedoch klar: Dieser Mann ist immer für eine Überraschung gut und ich nahm mir vor, wirklich nichts anderes zu tun, als ihm Gesellschaft zu leisten!