Wien
Es wurden sehr schöne Tage und bereits am ersten Abend klopfte sie an die Türe seines Hotelzimmers. Als sie wieder zu Hause waren und die Wirkung der Tropfen etwas nachließ, kamen dem Professor doch Zweifel und Fragen, ob Margarete diese Nächte wirklich als schön empfunden hat. Nüchtern betrachtet musste sie sie eigentlich als relativ desaströs empfunden haben, den sehr viel brachte er nicht zustande. Aber was sollte es? Schließlich beklagte sie sich nie und schien glücklich mit ihrem Professor zu sein.
So ließ er sich ihren Freunden vorstellen – ging sogar mit zum Tanzen. In der Runde ihrer Freunde ging es um Themen, die Studenten beschäftigen und von denen er noch nie etwas gehört hatte. Da ging es um Mode, um Lifestyle, ob man sich noch ein Tattoo stechen lassen solle – und wohin- und wie man das alles mit einem schmalen Budget schaffen sollte. Da ging es um Prüfungen, da ging es um Karriereaussichten und Praktika, da ging es um Beziehungen, da ging es ständig um social media – und jeder wurstelte ständig auf seinem Smartphone herum. Heinrich war ja immer am Fremden, an Neuem interessiert – aber daran? Auch die Musik fand er grauenvoll, den Lärm, die Beleuchtung in den Clubs. Da halfen auch die Tropfen nichts. Margarete fragte ihn, ob er nicht einen Winterurlaub mit ihr machen wolle. Skifahren in Ischl, da gäbe es immer ein total angesagtes Après-Ski. Sie erzählte ihm, dass sie davon träume, mit einem roten Cabrio durch das Universitätsviertel zu fahren und ob er nicht öfter mit ihr shoppen gehen könne. Sie wolle schließlich auch eine gute Figur machen, wenn sie mit ihm entsprechende Events besuchte. Und ja, inzwischen hatte der Professor diverse Einladungen zu Vorträgen, zu Kongressen, zu Preisverleihungen und Margarete war immer öfter an seiner Seite.
Als Heinrich erstmals nach mehreren Wochen wieder in der Runde seiner Freunde saß, keine Tropfen benötigte, beschlich ihn das Gefühl, dass da eine Wand zwischen ihnen gewachsen war. Sie beglückwünschten ihn natürlich und freuten sich über sein Glück – aber sie blieben in einer anderen Welt zurück.
Als er am Abend zu Hause war, war er zu nüchtern um zu schlafen. Er begann also wieder mit sich zu hadern und so tauchte Mephisto schließlich wieder auf. „Heinrich, was ist, es läuft doch gut, es läuft so, wie du es erträumt hast. Was haderst du?“ Und dann begann er Mephisto sein Leid zu klagen. Dass er `Marge` zwar begehre, aber dass er sich von seinem neuem Leben überfordert fühle. Dass er eigentlich viel lieber in Ruhe forschen wolle, dass er mit ihr kaum jene geistreichen Gespräche führen könne, die er so schätzte. Dass er glaube, sie liebe ihn -also seine eigentliche Person- gar nicht wirklich sondern sie unterliege irgendeinem Einfluss von außen. Das ganze Umfeld nerve ihn, der plötzliche Erfolg seiner Bücher käme ihm irreal vor – und schließlich sei es ihm unangenehm ihn, Mephisto so zu enttäuschen – und er habe doch irgendwie auch einen Anspruch auf seine Seele. Jetzt war sogar Mephisto einen längeren Moment still.