Ganz vorsichtig hob Levi mich hoch, seine Hände an meiner Schulter und meiner Hüfte positioniert. Ich zappelte. Mich so tragen zu lassen, war ich nicht gewohnt. Zudem schossen mir plötzlich tausend Fragen in den Kopf: Bin ich zu schwer? Bin ich verschwitzt? Was, wenn ich mich blöd anstelle? Die Hitze eroberte mein Gesicht. "Entspannt dich. Du bist doch sonst immer so schlagfertig." meinte Levi nur und ging mit mir zu seiner Stute. Er drückte mich etwas stärker an sich, um mein Zappeln zu unterbrechen. Ich sah nun beschämt zu ihm. Seine Augen waren auf mein Gesicht gerichtet. "Schon wieder......" dachte ich, ".....schon wieder sieht er mich so an......" Wie sollte ich da nicht auf falsche Gedanken kommen? Ich legte meine Arme um seine Schultern, um mich selbst festzuhalten und griff dabei an seinen Hals. Er roch leicht verschwitzt, jedoch vermischte sich sein Duft mit dem Sandelholz, was er auch heute aufgetragen hatte. Es duftete süßlich und herb zugleich. Levi bleib nun vor seinem Pferd stehen. Die Stute kam leicht hinunter, sodass er mich auf diese setzen konnte. "Setzte dich am besten so hin, als würdest du selbst reiten. So können wir schneller vorankommen." erklärte er. Ich drehte mich auf dem Rücken des Tieres vorsichtig um. Auch der Gefreite stieg nun auf das Pferd. Er nahm meine Hände und legte sie um seine Hüfte. Ich berührte seinen Bauch. Er war unglaublich fest und muskulös. Wie gern hätte ich nach seiner Brust gegriffen, ihn am Hals geküsst und liebkost. Meine Zunge wollte an ihm entlanggleiten, ihn erkunden und zum Höhepunkt treiben. Doch statt meiner Lust nachzugehen, grub ich fast schon schüchtern meinen Kopf in sein Cape und schwieg. Es war weder der richtige Ort noch der beste Zeitpunkt, um ihm hinzugeben. Vielleicht würde es diesen Moment auch nie geben.
Angekommen in der Festung Elend stieg Levi von seinem Pferd und hob mich behutsam herunter. "Kannst du stehen?" fragte er und stützte mich. Ich nickte. Solange ich mein gesundes Bein belastete, hatte ich genügend Halt. Er band seine Stute fest und wollte mich daraufhin grade hochheben, als wir jemanden rufen hörten: "Aah, wer riecht hier denn so bezaubernd?" Ich sah in die Richtung, aus welcher ich die Stimme vermutete. An der Kantine gelehnt stand der Vizekommandant Zakarius und kam nun auf uns zu. "Er meint dich." sagte Levi nun zu mir. Ich errötete. "Aber wie kann er mich denn bis dorthin riechen?" meinte ich eher zögerlich. "Ja. Abartig." antwortete der Gefreite und ging nun Zakarius entgegen. "Was willst du, Mike? " "Ah, Levi. Schön dich zu sehen. Ich hatte bereits auf eure Ankunft gewartet. Immerhin durfte ich dein neues Teammitglied noch nicht begrüßen." Der große, recht stattliche Mann ging an dem Gefreiten fast schon spöttisch vorbei und blieb vor mir stehen. Er schnupperte nun argwöhnisch an mir herum. Ich versuchte mein Gesicht von ihm wegzudrehen und Abstand zu gewinnen. "Mmmh, Lavendel und Nachtkerze mit einem Hauch Vanille." meinte er grinsend "Was habt ihr damit vor?" Ich sah ihn erschrocken an. Hatte er das alles in dieser kurzen Zeit erkannt? Was konnte er noch alles riechen? Die Uhrzeit vielleicht? "Mike, du machst ihr Angst." sagte Levi und stellte sich mit verschränkten Armen neben mich, "vielleicht solltest du dir angewöhnen, dich erst vorzustellen, statt gleich deine Nase einzusetzen!" Der Gefreite wirkte genervt. Die Beiden schienen nicht grade die besten Kameraden zu sein. "Ich bin gespant auf die weiteren Informationen, die du uns geben wirst, -dNN-. Levi, passe nächstes Mal besser auf sie auf! Wer weiß, wie nützlich sie noch sein kann." Zakarius wandte sich nun von uns ab und lies mich mit dem nun schlecht gelaunten Gefreiten zurück. Ich seufzte. Dieser Vizekommandant war ein eigenartiger Mann. Ich fragte mich, warum er diese ganzen Sachen gesagt hatte? Welchen Zweck sah er darin? Warum kritisierte er den Gefreiten? Levi riss mich aus meinen Gedanken. Er warf mich über seine Schulter und trug mich mit dem Hintern voraus in die Krankenstation. Leicht erschrocken und peinlich berührt lies ich mich dort ohne weiteren Kommentar auf ein Bett setzen. "Ich werde nun Bericht erstatten. Du wirst hier versorgt. Wie wir mit dir weiter vorgehen, sehen wir morgen." Er ging ohne mich eines weiteren Blickes zu würdige.
Die Krankenschwester der Festung war ein Traum: Sie verband mein Knie, verabreichte mir eine Salbe und kochte mir einen schmerzlindernden Tee. Dabei lachte sie viel und scherzte kokett. "Was für eine Frau." dachte ich begeistert. Ihr musste dochder gesamte Trupp zur Füßen liegen - die perfekte Mutter und Gattin. Was war ich verglichen mit ihr? Vielleicht stand ich ihr optisch in Nichts nach - gewiss, wir waren ganz unterschiedliche Typen - doch ansonsten war ich weder fürsorglich, noch zögerlich oder behutsam. Ich äußerte mich meist direkt, nicht selten wurde ich in meiner Vergangenheit als vorlaute Göre bezeichnet. Und ich war eine Spionin - Täuschung, Informationsbeschaffung und Morden waren mein Spezialgebiet. Wie viel Platz blieb da für Liebe? Wer würde sich darauf freiwillig einlassen? Und warum hatte ich mir ein wenig Hoffnung gemacht, einen Mann wie den Gefreiten damit überzeugen zu können? Grade er war in seiner Position doch dazu imstande, eine ihm beliebige Dame auszusuchen und zur Frau zu nehmen. Vielleicht eine Adelige oder eine Frau wie diese Krankenschwester, die so wundervoll herzlich lächelte. Ich schmunzelte ein wenig. Ich war immer noch ein naives Mädchen. Vielleicht sollte ich lieber früher als später meine Hoffnung im Sand begraben und mich meinen Pflichten widmen. Ich wollte diese Menschen um mich herum beschützen, mit ihnen gemeinsam kämpfen. Dessen war ich mir nach dem heutigen Tag mehr als sicher. Ob Petra, Gunther oder all die Anderen - sie waren meine Freunde, meine Kameraden. Sie waren Menschen wie ich. Ich wollte die Grenzen zwischen uns vergessen - nein, ich würde sie vergessen. Ich war eine von ihnen geworden.
Am nächsten Morgen weckte mich die freundliche Krankenschwester mit einem frisch gekochten Kräutertee und ein paar Scheiben Brot. Letzteres war nicht sehr frisch, doch mit Tee und etwas Mühe gut hinunterzubekommen. "Ah, ihr seid wach." Ich sah zum Zelteingang und erkannte Smith und Levi im Eingang. Die Krankenschwester verbeugte sich kurz und verlies die Station. "Guten Morgen." sagte ich zur Begrüßung. "Wie schlimm ist es?" fragte Levi nun. Er kam an mein Bett und sah zu meinem Knie. "Es ist wohl nichts gerissen, sondern nur angerissen. Laut dem Arzt habe ich wohl Glück gehabt und bin in zwei Wochen wieder einsatzbereit. "Scheiße." sagte Levi nun, "dann wirst du bei den nächsten Missionen nicht dabei sein können." Ich nickte. "In Ordnung." mischte sich nun der Kommandant ein, "heute Mittag wird ein kleiner Trupp zurück nach Trost reiten. Ihr werden mit ihnen zurückfahren. Eine Verletzte können wir hier nicht gebrauchen." Smith verschwand nun wieder durch den Zelteingang. Ich seufzte. Jetzt sollte ich also wie ein Sack Kartoffeln zurück nach Trost verfrachtet werden. Was für ein Start im Trupp. Levi legte seine Hand auf meinen Kopf und wuschelte mir durchs Haar. Ich sah ihn etwas skeptisch an. "Wir werden ebenfalls nächste Woche mit Ausnahme von Wenigen nach Trost zurückkehren. Du wirst nicht lange ohne Beschäftigung sein." Versuchte er mich grade aufzumuntern? Ich schluckte schwerfällig. Das Ganze machte mich nur noch noch trauriger, da mir bewusst wurde, dass ich ihn bereits jetzt vermissen würde. Seine Sprüche, sein argwöhnischer Blick, sein Duft - einfach alles. "Gefreiter Levi, der Vizekommandant ruft nach euch." ,hörten wir plötzlich die Krankenschwester hereinrufen. Levis Blick verfinsterte sich etwas. Er drehte sich weg und ging grade los, als ich vorsichtig seine Hand packte. Er sah erschrocken zu mir. "Kehre heil nach Trost zurück und passt gut auf das Team auf!" sagte ich lächelnd. Es war das, was mir grade im Herzen brannte. Ich wollte unseren Trupp einfach wieder im gemeinsamen Quartier begrüßen können. Levi nickte und lächelte etwas. Dann ging er und lies mich mit Herzklopfen zurück. Wie sollte ich ihn bloß aufgeben können? Ich robbte aus dem Bett und stand vorsichtig auf, um mich ein wenig zu bewegen. Auch die Krankenschwester kehrte zurück und half mir ein wenig beim Packen für die Reise. Sie hatte bereits von meiner Rücksendung gehört. "Ihr habt sicher tapfer gekämpft." sahte sie während sie eine Salbe in eine kleine Tasche legte, "ich beneide euch Soldatinnen. Ihr alle stellt euch den Titanen und schützt die, die es nicht können." Es berührte mein Herz. Sie sah mich also so wie ich sie sah - als etwas Besonderes vielleicht sogar Beneidenswertes. Wir teilten also dieses Gefühl. Ich schmunzelte und gab zu: "Genau das Gleiche hatte ich gestern über euch gedacht......Ihr seid eine ganz wundervolle Krankenschwester. Sicherlich fühlt sich jeder Soladt bei euch wohl. Damit gebt ihr uns so viel zurück." Die junge Frau sah strahlend zu mir auf. Wir grinsten einander an. Dann erzählte sie mir von ihrer Familie, von ihrem Bruder, der selbst Soldat ist und von vielen Freunden, die zum Militär gegangen waren. Ich hingegen hörte mir ihre Geschichten an und genoss diese Zeit der Offenheit.
Am Mittag brach ich gemeinsam mit einem kleinen Trupp nach Trost auf. Ich hatte mal wieder die Ehre auf einen Karren positioniert zu werden und war sichtlich noch schlechter gelaunt, als der Vizekommandant vorschlug, uns eine gewisse Zeit zu begleiten. Zakarius ritt nun entspannt neben meinem Wagen her und sah immer wieder herüber. Nach der Durchquerung des Waldes ergriff er, wie ich schon vermutet hatte, das Wort: "Ich habe gehört, dass ihr bereits zwei Titanen erlegt habt. Keine schlechte Leistung für einen Neuling. Vor allem wenn man eure zudem unterstützenden Leistungen hinzuzählt." "Danke für das Kompliment." sagte ich nur trocken. "Mmmh, ihr seid gewiss talentiert oder sehr gut ausgebildet. Eine Verschwendung, dass Erwin euch in den Trupp Levis eingeordnet hat. Als ehrenvolle Soldatin solltet ihr nicht unter einem Verbrecher aus der Unterwelt arbeiten." Ich horchte auf. Was hatte er grade gesagt? "Ach, habt ihr das nicht gewusst? Ich habe Levi selbst gemeinsam mit Erwin aus der Unterwelt geholt und rekrutiert. Ein einfacher Dieb, der mit etwas Glück an 3D-Manöver-Geräte gekommen war und mit noch mehr Glück an Erwins Seite kämpfen darf. Versteht mich nicht falsch: Er ist ein meisterhafter Kämpfer, doch die Ehre eines echten Soldaten wird er nie nachvollziehen können." Ich blieb stumm. Wie ich vermutet hatte, hatte der Vizekommandant etwas vorgehabt: Er wollte mich beeinflussen. Nur warum? War ihm der Gefreite so ein Dorn im Auge? Oder hatte er gemerkt, dass ich verliebt war? Vielleicht konnte er es ja sogar riechen..... Bei dem Typen konnte ich mir wirklich alles vorstellen. Doch aus seinem Verhalten wurde ich nicht wirklich schlau. "Unterwelt." dachte ich vor mich hin. Diesser Ort klang nicht besonders einladend - noch weniger heimisch oder gar prunktvoll. Zudem hatte er Levi als Dieb bezeichnet, was erstmal vieles heißen konnte. Ich beschloss, mich nach dem genannten Ort zu erkundigen. Viel Zeit würde ich ohnehin in Trost haben.