"When a claim is made on a living soul, it leaves a mark, a brand."
Castiel
"I've tiptoed through all your little tulips, your memories, your little feelings.
Yes, I know who you love… and what you fear."
Die Leere zu Castiel 13x04
Zwei unverhüllte Körper im dämmrigen letzten Licht einer zerborstenen Nachttischlampe. Wund und erschöpft, doch der Schlaf war ihnen noch fern. Trotz der späten Stunde konnten ihre wachen Augen nicht voneinander lassen, als würde all das wieder verschwinden, wären sie einmal geschlossen. In der Stille der Nacht war es als könnten sie ihre Herzschläge hören, die einen Gleichklang gefunden hatten. Eine Ruhe hatte sich über sie gelegt, die so vertraut und intim war, dass ein jeder es hätte spüren können. Für den Moment bestand ihre ganze Welt aus diesem Raum.
Dicht nebeneinander lagen sie da, ein Mensch und ein Engel. Fast konnten sie den warmen Atem des anderen auf ihrer Haut fühlen. Sie sahen sich an, viel zu aufgewühlt um zu schlafen. Ein Gesicht übersät von Sommersprossen, als wären tausende von Sternen auf seine Haut gefallen und hätten dort ihr Mal hinterlassen. Castiel konnte nicht anders, berührte sie mit den Fingerspitzen, nicht imstande sie zu zählen. Behutsam strich er Dean eine Strähne aus der verschwitzten Stirn. Ihre Augen fanden sich. Blau wie der Horizont am Abend in Grün wie Sonnenlicht, das durch das Laubdach eines vormals dunklen Waldes fiel. Der Himmel traf auf die Erde.
Es war nicht mehr zu leugnen und unmöglich wieder zu verdrängen. Ihr Band war offengelegt, empfindlich. Es vibrierte bei jeder Berührung, erzeugte Schauer auf ihren Körpern und zog Wellen in ihrem Innersten. Der immerwährende Nachklang von dem, was sie getan hatten. Vielleicht war es wahr. Vielleicht waren sie weit mehr als das, was sie zu sein glaubten.
Wie sehr wünschte der Engel sich, dieser Moment würde niemals enden, er könnte ihn für immer konservieren, wie in Bernstein erhalten. Denn wer wüsste besser als er von der Vergänglichkeit des Seins …
Noch immer versuchte Castiel das zu verarbeiten, was gerade geschehen war. Er hatte es geschehen lassen. Den Schmerz in Kauf genommen. Denn nichts von alldem, was Dean tun konnte, wäre schlimmer gewesen als ihn zu verlieren. Nichts könnte den Engel so sehr zerstören wie der Tod von diesem einen Menschen. Aber war des Jägers Rettung sein alleiniger Antrieb gewesen? Und Deans?
„Ist es nur der Fluch?“ Castiel musste sicher gehen, musste es wissen, denn noch immer nagten Zweifel an ihm. Was wenn es gar nicht echt gewesen war? Der Zauber hatte Dean doch sicher alles Mögliche sagen lassen, um zur Erfüllung zu gelangen. Und nun da er sie bekommen hatte, würden die Empfindungen des Jägers einfach wieder verpuffen. Sie konnten nicht real gewesen sein. Castiel wusste, er müsste froh sein, dass er ihn zumindest einmal im Monat haben konnte, aber das war er nicht. Denn wie könnte er etwas genießen, das Dean eigentlich gar nicht wollte, das er unter anderen Umständen womöglich sogar verabscheute.
Lächelnd schüttelte Dean den Kopf. Und in Castiels Erinnerungen leuchtete ein Gespräch auf, das sie vor einiger Zeit geführt hatten. Er hatte dem Menschen den Himmel beschrieben. Ein Ort, wo es keine Sorgen gab, keine Schuld, nur Freude. (1)
„Da wo ich niemals landen werde.“ Der Zynismus eines Lebens erfüllt von Bitterkeit war aus jeder Silbe getropft. Worte, die preisgegeben hatten, dass Dean schon vor zu langer Zeit etwas aufgegeben hatte, das er doch so sehr verdiente und vielleicht mehr brauchte als jeder andere.
„Das wirst du. Und wenn ich dich persönlich eskortieren muss.“ Einestages. Einestages würde er den Jäger dorthin bringen, wo dieser Frieden finden konnte.
„Und dann wirst du bleiben?“, hatte Dean gefragt. Der Engel hatte etwas in seinen Augen sehen können, das er zuvor noch nie gesehen hatte. Einen Funken, vielleicht soetwas wie Hoffnung. Kaum hatte er es übers Herz gebracht, ihm diesen Glanz wieder zu nehmen.
„Dean, das…“ Er hatte einlenken wollen, ihm sagen wollen, dass das nicht ginge.
Doch Dean war ihm ins Wort gefallen: „Es ist kein Himmel ohne dich.“ Kein Himmel ohne dich. Und auch kein Leben ohne dich.
Dean lächelte noch immer. Wirre dunkle Haare, wunde blasse Lippen und leuchtende blaue Augen sahen ihm entgegen. Bei dem Anblick von Castiel wurde etwas warm in ihm, so wie es schon immer gewesen war. Vielleicht war es sein Herz. So viel Zeit hatten sie vertan. Dem Jäger wurde bewusst, er war ein Gefangener gewesen. Gefangen in einem Käfig aus seinen eigenen Vorstellungen, seiner verdammten Sturheit, seiner Angst, der Verleugnung dessen was war, den Zwängen seiner Erziehung. Doch nun war es als hätte sich eine Tür geöffnet. Würde er den Mut haben hindurchzugehen? Dahinter eine unbekannte Welt. Ein Morgen. Ein Leben.
„Nein, nicht nur der Fluch. Ich werde…“, Dean stockte, „Ich werde es dir beweisen.“
Mit diesen Worten zog er Castiel auf sich, zu sich hinab. Lippen bewegten sich auf seinen. Ihr Kuss wurde intensiver, bis Dean ihn schließlich einließ, in seinen Mund und in sein Herz. Deans Hand in seinem Nacken zog ihn näher. Ihre noch immer nackten Körper schmiegten sich aneinander und reagierten aufeinander. Interdependent. Eine sich gegenseitig bedingende Wechselwirkung. Gnade und Seele in Aufruhr. Ihre Verbindung war sensibler denn je. Nur ein Anstoß würde genügen, um etwas in Gang zu setzen, das womöglich unumkehrbar war.
„Dean, wenn du…“, wollte Castiel dem Menschen einen Ausweg bieten, ihrem Tun Einhalt zu gebieten und das unvermeidlich Folgende noch zu verhindern. Denn er wusste, würde sie einmal beginnen, wäre er vermutlich nicht imstande es aufzuhalten.
Da spürte er Deans Hand an seiner Wange, eine stumme Aufforderung ihm in die Augen zu schauen. Als der Engel seinen Blick erwiderte, schien es als könnte er direkt in die menschliche Seele sehen.
„Schlaf mit mir, Castiel.“ Worte leise aber sicher ausgesprochen, so sicher. Nimm mich, Castiel, ich bin dein. Die andere Hand wanderte seinen Rücken hinab, Dean drückte des Engels Becken hinunter und kam ihm entgegen, sodass Castiel Deans Erektion an seiner eigenen fühlen konnte.
Ein Schauer lief Castiel die Wirbelsäule hinunter. Weil der Mensch seinen vollen Namen ausgesprochen hatte oder ob dieser klaren Worte oder aufgrund der so präzisen Bewegung? Er wusste es nicht. Es war als könnten sie den ersten Dominostein fallen hören. Erneut verschloss Castiel den vertrauten und doch so neuen Mund, teilte seine Lippen, während er sich stärker auf ihn lehnte, den Druck erhöhte, Reibung in ihren fiebrigen Schößen erzeugte. Erhitzte Haut und heißer Atem, die Luft erfüllt von Stöhnen. In sanften Wogen stießen sie ihre Becken aneinander. Deans Hände auf seinem Rücken. Sie würden es wieder tun. Das war das Einzige, dessen er sich jetzt in diesem Moment gewiss war.
Diesmal war es Dean, der sie unterbrach, der ihren einnehmenden Rhythmus beendete, das sinnliche Spiel ihrer Körper. Sie wussten beide, dass das hier nicht ausreichen würde. Er brauchte ihn. Ganz. Und so schloss der Blonde die Augen, atmete tief durch, bevor er im Begriff war sich umzudrehen. Er war bereit. Bereit all das zu geben, wovon er nicht einmal gewusst hatte, dass er es besaß.
Doch Castiel griff an seine Schulter, hielt ihn auf und schüttelte den Kopf. Verwirrung zeichnete sich im Mienenspiel des Menschen ab. Sein unruhiger Blick flackerte vom Antlitz des Engels zu dessen Hand, die noch immer seine Schulter hielt, und zurück hinauf. Wollte Cas ihn etwa nicht?
Es fühlte sich nicht richtig an. Die Vorstellung, dass Dean sich währenddessen von ihm abwenden würde, dass er ihn nicht anschauen würde. Es wäre als würde er Deans Geschenk missachten und vergeuden. Da sollte nichts sein, das sie daran hinderte, all das zu teilen.
„Nicht…“, Castiel schluckte, „Ich will dir in die Augen sehen.“
Langsam aber bestimmt drückte er den Jäger zurück auf das Bett, legte die warme Handfläche auf seine Brust, spürte sein schlagendes Herz. Eine Geste, von der er hoffte, sie würde eine beruhigende Wirkung haben. Nachdem er sich vergewissert hatte, dass es Dean gut ging, schickte er seine Finger auf Wanderschaft, ließ sie in kleinen Kreisen über seine Brust ziehen, sie fuhren seine Seiten hinunter, liebkoste seine zuckenden Bauchmuskeln, tauchten in den Nabel ein, was Dean bebend nach Atem ringen ließ. Kurz hielt Castiel inne, wollte das Glimmen der Lust in dem Blick seines Gegenübers sehen, fand es und noch so viel mehr, bevor er seinen Weg hinab fortsetzte, die weiche Haut unter sich spürte, zusah wie Dean von Zentimeter zu Zentimeter immer sensibler reagierte.
Das alles war fast zu viel für den Mann mit den vielen Sommersprossen. Zu viel um es in Worte zu fassen, zu viel um es zu begreifen. Noch nie war er so berührt worden, noch nie war er so geliebt worden. Eine behutsam suchende Hand, ein fragender Blick, ein gewährendes Nicken, dann glitten Castiels Finger zwischen seine Schenkel, um ihn auf das Kommende vorzubereiten. Wie Stunden zuvor zuckte Dean bei der ersten gezielten Berührung, doch diesmal ließ Castiel nicht von ihm ab, denn dieses Mal war alles so wie es sein sollte. Und es war berauschend, furchteinflößend, verbindlich. Ein unvorstellbar intimer Vorgang. Augen, die sich fanden. Fingerkuppen, die leichten Druck ausübten. In kreisenden Bewegungen massierten sie erst sanft, dann immer intensiver seine empfindlichste Stelle.
Fahrig und aufgewühlt streckte Dean seine Hände nach dem Engel aus, fasste in seinen Nacken und zog ihn zu sich, musste ihn jetzt näher bei sich haben, um es aushalten zu können. Im Zuge dieser Bewegung drang Castiel mit dem Finger in ihn ein. Dean keuchte auf, Atem im Mund des anderen, Stirn an Stirn gepresst. Es war nur ein Finger, bisher nur ein Finger, und doch brachte es sie beide fast um den Verstand. Heiße Enge, der kontrahierende Muskelring, das sich windende Becken.
Dann traf Castiel einen Punkt in ihm, der wie ein Dolch Erregung in seinen Unterleib und seinen gesamten Körper stieß. Das Gefühl trieb ihm Tränen in die Augen. Dean vergrub seine Finger in dem dunklen Schopf und keuchte in das weiche Nest seiner Haare. Wissentlich massierte Castiel diesen Punkt, bis Dean nicht mehr konnte, seine Glieder überreizt zuckten und der Mensch ihm wortlos und flehentlich zu verstehen gab, dass es nun soweit war.
Sie taten es nicht um etwas zu beweisen, nicht um des nackten Überlebens Willen, nicht um sich bloße Befriedigung zu verschaffen, sondern aus einer Notwendigkeit heraus, die tiefer lag als sie greifen konnten. Zum ersten Mal seit Langem hatte Dean das Gefühl, dass etwas richtig war. Absolut und ohne jeden Zweifel. Er schenkte Castiel das, was dem Engel bereits gehörte. Seinen Körper. Und seine Seele. Als er seine Schenkel und seinen Willen für Castiel öffnete, schliefen sie erneut miteinander. Er fühlte die feuchte Erektion an seinem empfindlichen Eingang. Castiel fragte nicht, ob er bereit war, sah ihm nur in die Augen und streichelte seine Wange. Dean stöhnte rau auf, als Castiel mit einem sanften Ruck in ihn vordrang und so auch noch die letzte Barriere durchbrach.
Durch die plötzliche Nähe zueinander waren sie ganz paralysiert, sie konnten kaum atmen. Ihre Verbindung riss an ihnen als würden ihre Lungen, ihre Herzen, Seele und Gnade ihnen entkommen wollen und nun zu dem jeweils anderen gehören. Verzweifelt und erschrocken hielten sie sich aneinander fest. Es war als würde Deans ganze fragile Welt von diesen beiden Armen zusammengehalten werden.
"I felt like I had this hole in my gut, like I was missing something.
I didn't know what. Do you know what it was? It was you."
Dean 4x15
- "She's with John. And there's no sorrow. There's no guilt. Just joy." Castiel über Mary S14