Als Lilly die Augen wieder öffnete, strahlte mattes Sonnenlicht durch ein kleines, staubiges Fenster in den Stall, in dem Lilly damals Avalon und Acado gefunden hatte und in dem sie jetzt wieder saß. Sie versuchte aufzustehen, aber bemerkte, dass ihre Hände an die Holzsäule gefesselt waren, an der sie lehnte. Lilly stöhnte. Ihre Füße brannten noch von dem weiten Weg und ihr Kopf fühlte sich an, als würde er jeden Moment explodieren. Ein leises Wiehern ertönte. Lilly drehte sich, so gut es ging, um. Ein grauer Tinker stand angebunden in einer Ecke. "Du warst gestern noch nicht da ... ", murmelte Lilly. Die Mähne des Pferdes war verknotet und es selbst hatte viele wunde Stellen im dreckigen Fell. Wieder wieherte der Tinker. Die Stalltür knarzte und Lilly zuckte zusammen. Der eine Dieb kam in den Stall. "Na, hast du Kilian kennengelernt? Tja. Morgen kommt der Boss und holt ihn und die nervigen Hasen ab", sagte der Mann. Kilian wieherte angsterfüllt. Der Dieb hielt einen Stoffsack in der Hand, den er achtlos vor Lillys Füße warf. Dann verließ er ohne ein weiteres Wort den Stall. Aus dem Sack schob sich eine kleine braune Nase. Ein kleiner, hellbrauner Hase hoppelte heraus, dicht gefolgt von einem schwarzen. Da kam Lilly eine Idee, und mit ihr die einzige Hoffnung für Kilian, die Hasen und Lilly selbst. Sie versuchte, die Hasen anzulocken. Zu dumm, dass sie keine Karotte hatte. Der braune Hase kam trotzdem. Er schien das Seil lecker zu finden - und damit ging Lillys Plan auf. Der Hase nagte das Seil komplett durch. Lilly stand auf. Sie war etwas wacklig auf den Beinen. Ihr Knie brannte beim ersten Schritt so fürchterlich, dass Lilly die Tränen in die Augen traten. Mit schmerzverzerrtem Gesicht humpelte sie weiter, zu Kilian. Der Tinkerhengst schien sich zu freuen. Lilly musste ihm das Maul zuhalten, damit er sie nicht verriet. Notdürftig band sie ihm etwas von dem fauligen Stroh an die Hufe, damit man seine Hufschläge nicht sofort hörte. Dann hob sie die Hasen nacheinander auf Kilians Rücken und schwang sich selbst dahinter. Kilian lief langsam und erstaunlich leise los. Lilly wusste nicht, ob er jemals zuvor geritten worden war, aber der Tinker schien ein braver Kerl zu sein.