Die sexuelle Orientierung ist fließend, bzw wechselnd, bezieht sich auch auf die Anziehung gegenüber der Gender.
ArminxKai
Kai war Schwul, das wusste die halbe Schule mittlerweile, inklusive Armin, der braunhaarige war einer der ersten der davon gewusst hatte. Kai ging seit der Grundschule in seine Klasse, in der achten Klasse hatte ihn ein Mädchen angehimmelt und er hatte ihr deutlich gesagt, dass er sich nicht für sie interessierte. So deutlich, dass es jetzt die ganze Klasse wusste, inklusive der damaligen Mathelehrerin. Die Meinung des dunkelhaarigen hatte sich seitdem nicht mehr geändert, auch wenn ihn das Mädchen von damals immer noch anhimmelte. Mittlerweile war Kai fast 18, da er die erste Klasse der Grundschule hatte wiederholen müssen und Armin würde wenige Tage später 17 werden. Was aber niemand wusste, war dass er heimlich in Kai verliebt war und das nicht erst seit gestern.
Angefangen hatte es auf der Abschlussfahrt in der zehnten Klasse, sie waren in ein kleines Dorf an einem See in den österreichischen Alpen gefahren. Viel wandern, ein Kletterkurs und schwimmen im See hatten auf dem Programm gestanden. Irgendwann waren er und Kai aus irgendwelchen Gründen zusammen in ein Kanu gesteckt worden, wahrscheinlich weil Armin keine Lust auf seine damalige Freundin gehabt hatte. Sie ging damals in seine Klasse, jetzt war sie Gott sei dank in einem anderen Kurs. Diese Phase, wo er auf Kai gestanden hatte, war irgendwann vorbei gegangen, die Beziehung mit seiner Freundin hatte diese Zeit zwar mit Ach und Krach überstanden. Aber nicht mehr lange, seine Ex hatte sich in jemanden anderes vorher schon verliebt.
Aber es ging dann holprig weiter, immer wieder kurze Beziehungen mit Personen verschiedener Gender. Nichts hielt länger als zwei Monate, aber es hatte ihm eine Erkenntnis gebracht, er stand nicht immer auf dieselben Personen. Viel googeln hatte letztlich zu einer Erkenntnis geführt, die ihn nachhaltig verstört hatte, seine Empfindungen hatten einen Namen, Abrosexuell. Seine Sexuellen und romantischen Interessen änderten sich immer wieder. Er wusste nicht, wie er so eine Beziehung führen sollte, was ihn immer mehr in Einsamkeit sinken ließ. Kai brannte sich in sein Gedächtnis ein, seine dämlichen rotbraunen Haare und die noch dämlicheren grünbraunen Augen, wenn man Armin fragte. Seine Gefühle drehten sich, egal was passierte immer wieder um den rothaarigen Mitschüler, auch wenn er Phasen hatte, wo er kein Interesse an ihm hatte.
Das größte begann allerdings an einem Donnerstagvormittag Ende April im Deutschunterricht, es war kurz nach zehn und die Sonne strahlte ihnen in die Augen. Armin saß schräg vor Kai in der ersten Reihe und er konnte beim Blick auf die Tafel ihn kaum ignorieren. Er hatte die Haare ein wenig länger wachsen lassen, die rotbraunen Strähnen fielen ihm auf die Kapuze seines dunkelblauen Hoodies. Es ließ ihn irgendwie niedlich wirken, mit dem Logo eines YouTubers den Armin nicht kannte, dem Logo nach war es irgendwas mit Minecraft. Er war Linkshänder, wie ihm schon aufgefallen war, seine rechte Hand ruhte auf dem Tisch während er das was der Lehrer ihnen zu Gedichten erzählte mitschrieb. Es wirkte so leicht bei ihm, während er schnell mitschrieb.
„So genug vom Frontalunterricht", Herr Winter, ihr Lehrer warf die Kreide auf den Tisch: „Partnerarbeit steht auf dem Plan." Ein genervtes Seufzen durchfuhr augenblicklich die Schüler, zumal dieser Lehrer nicht sie selbst entscheiden ließ wer Partner war. So auch heute, Herr Winter zog eine lange Liste aus seiner abgeranzten Aktentasche und begann die Partner vorzulesen. Es waren immer ein Junge und ein Mädchen, aber sie waren zwei Jungen mehr als Mädchen, weswegen am Ende übrigblieb: „Und noch zum Schluss, Armin und Kai, weil ihr mehr Jungen seid. Kommt nach vorne und sucht euch eines der Gedichte aus bitte und schreibt es in die Liste hier." Der Lehrer legte seinen Zettel auf den Tisch und Armin wechselte einen Blick mit Kai, bevor er nach vorne lief und zwei Zettel mitnahm.
Es war ein Gedicht aus der Epoche der Moderne, mit dem sie sich nun auseinandersetzten, auch wenn die Stunde schon fast zu Ende war. Sie waren so darin versunken in ihre Arbeit, dass sie nicht einmal bemerkten, dass die Stunde schon zu Ende war. Erst als der Lehrer seine Tasche auf den Pult knallte zuckte Armin zusammen und stieß fast mit Kai zusammen, der ebenfalls aufsah. „Sry", murmelte der leise: „Meinst du wir sollen das zu Hause dann fertig machen?" Armin zuckte mit den Schultern und sah zum Lehrer auf, der gerade noch mit einer Mitschülerin diskutierte. „Ihr macht das bitte zu Hause weiter, ihr habt nächste Woche Dienstag noch eine halbe Stunde, dann müssen ein paar Gruppen es sicher präsentieren."
Armin folgte Kai auf den Schulhof, wo sie sich in eine ruhige Ecke stellten: „Ich habe ja deine Nummer aus der Jahrgangsgruppe." Kai lehnte sich an die Mauer und musterte ihn wachsam aus seinen grünbraunen Augen, die Armin schon wieder verwirrten. „Magst du vielleicht mal zu Hause schauen, wann du Zeit hast und wir uns zum fertigmachen treffen können?" Armin nickte stumm, viel zu überfordert um etwas zu sagen und schrieb seine Adresse auf ein Stück Papier und reichte es Kai. „Danke", Kai lächelte ihn so an, dass Armin auf einmal ganz schön heiß in seiner Haut wurde, er biss sich auf die Lippe und zog den Kopf ein. Einige Minuten lang starrten sie sich überfordert gegenseitig an, wurden aber zum Glück von der Pausenklingel erlöst.
Der restliche Tag verstrich wie im Flug, erst um kurz nach vier Uhr am Nachmittag fiel Armin wieder Kai ein. Er hatte ihm noch schreiben wollen, wann er Zeit hatte, um sich zu treffen, für die Präsentation in Deutsch. Er wurde rot als er aus dem Jahrgangschat Kais Nummer zog und das erste Mal so wirklich dessen Profilbild beobachtete. Es zeigte ihn vor einem Gipfelkreuz bei Schnee, er trug eine blaue Jacke mit einem Neonstreifen an den Schultern. Er hatte die Arme hochgerissen und lachte in die Kamera, ob er Skifahren oder wandern war, war aus dieser Perspektive für Armin nicht zu erkennen. Er schrieb ihm eine kurze Nachricht, mit den Uhrzeiten, wann er nicht konnte und bekam wenig später auch schon eine Antwort.
Armin würde noch direkt am Samstagvormittag, bei Kai vorbeikommen, der nur ein paar Kilometer mit dem Fahrrad entfernt wohnte. Er wohnte in einer schlichten Einfamiliensiedlung am Rand eines Dorfes im Nachbarlandkreis. Es war ein hellrot gestrichenes Haus, das aber kaum aus den anderen Häusern herausstach, trotz Google Maps war es nicht so einfach es zu finden. Aber schließlich stand er vor der Haustür mit dem Finger über der Klingel, Franke stand auf dem Knopf. Irgendwie hatte er sich nie Gedanken darüber gemacht, wie Kai tatsächlich mit Nachnamen hieß, was ihn jetzt erstaunte. Aber schließlich überwand er sich auf den Knopf zu drücken und die Tür wurde wenig später von einer älteren Frau geöffnet. „Ah du musst der Besuch von Kai sein", meinte sie statt einer Begrüßung.
Sie führte ihn die Treppe nach oben und zu einer schlichten Holztür über der in großen Buchstaben Kai stand. Kais Mutter klopfte an und der öffnete auch direkt: „Mach dich schonmal auf meinem Schreibtisch breit, ich geh mal kurz wohin." Meinte er mit einer einladenden Geste an Armin gerichtet und verschwand in der gegenüberlegenden Tür. Kais Zimmer hatte eine riesige Fensterfront, direkt davor stand sein Schreibtisch, wo jemand auch schon einen zweiten Stuhl hingestellt hatte. Er ließ sich auf den dazugestellten Stuhl fallen und sah sich in dem Zimmer um, auf der Gegenüberliegenden Seite des Zimmers war sein Bett. Es war mit einer normalen gestreiften Bettwäsche bezogen, ein paar Stofftiere lagen außerdem noch darauf. Sonst gab es noch einen Schrank, ein Bücherregal und einen Fernseher samt Sitzsack davor zu sehen.
Kai kam ein paar Minuten später auch schon wieder: „Tut mir leid, dass es so lange gedauert hat." „Schon gut", Armin wandte sich ihm zu, als er sich auf seinen Schreibtischstuhl fallen ließ und ihre Notizen von Donnerstag sortierte. „Also wir sind ja bis zum Ende der ersten Strophe gekommen, hast du eine Idee, was hiermit gemeint ist?" Kai sah ihm kurz in die blaugrauen Augen und Armin sah sich den ersten Vers der zweiten Strophe an: „Hm, könnte sein, dass er die Unterschiede zwischen seiner Jugend und der jetzigen Jugend meint." Kai legte einen Moment lang den Kopf nachdenklich schief: „Da könntest du recht haben, ich meine, in Vers Zwei geht's ja damit weiter, glaube ich oder nicht?"
Sie wurden ziemlich rasch fertig, waren aber umso überraschter, als es klopfte und Kais Mutter hereinkam: „Möchtest du mit essen Armin?" „Gerne", erwiderte er ein wenig eingeschüchtert, was er irgendwo gar nicht so richtig verstehen konnte, es war einfach nur die Mutter eines Mitschülers: „Was gibt es denn." „Nudeln mit Pesto und Garnelen für die in der Familie die es mögen", erwiderte dessen Mutter jetzt: „Kai zum Beispiel mag keine Garnelen, also die sind extra, falls du sie nicht magst." „Alles gut", Armin lächelte schüchtern und folgte ihr und Kai in die Esszimmer-Küchenkombi wo bereits ein Mann im Alter von Kais Mutter und ein Mädchen saßen, dass er auf 14 oder 15 schätzte. „Das ist mein Vater und meine Schwester Ariane", stellte Kai die beiden vor.
Die Familie machte einen genauso sympathischen Eindruck wie Kai selbst und hatten einen ziemlich guten Humor. Armin erfuhr, dass Kai noch einen drei Jahre älteren Bruder hatte, der schon in einer anderen Stadt Mediendesign studierte. Ariane war wirklich 15 und ging auf eine andere Schule als sie beiden, eine Gesamtschule in der Nähe des Dorfes. „Magst du noch ein bisschen bleiben", wollte Kai von ihm wissen und Armin wurde röter als ein Stoppschild: „Sehr gerne, ich sage meinen Eltern nur schnell Bescheid." Kai grinste zufrieden und umarmte ihn sehr spontan, was Armin noch mehr Farbe ins Gesicht trieb und ein: „Nicht dein Ernst", von Ariane zur Folge hatte. „Wir sind nicht zusammen", knurrte Kai seine Schwester an: „Also mach doch einfach kein Drama."
Das mit dem ‚Wir sind nicht zusammen' ging Armin, während sie auf Kais PS5 spielten: „Du Kai?" „Ja?" Sein Mitschüler sah ihn an und Armin überlegte was er sagen sollte: „Ich glaube ich bin in dich verliebt." Presste er hervor und wurde wieder rot, während sich Kais grünbraune Augen in seine blauen bohrten, dann näherte sich Kais Gesicht seinem und ihre Lippen trafen sich für einige Sekunden ganz sanft. „Ich liebe dich auch Armin."