Ein verbrannter Geruch stieg Mila in die Nase, während sie mit aufgerissenen, braunen Augen das Spektakel beobachtete. Was ging hier vor sich? Wie war das möglich? Immer wieder sprangen helle Funken über und auch die Menge um die beiden herum, nahm mehr Sicherheitsabstand zu ihnen. Immer wieder schlugen helle Lichtstrahlen mit einem Krachen in einen nahestehenden Gegenstand und begann zu rauchen. Wie ein Blitz, der die geballte Energie irgendwie entladen musste. Doch vorher?
Noch immer schimmerte Elon so seltsam und das Bild, was sich der Rothaarigen bot, war so bizarr wie faszinierend.
Elon war der Auslöser. Das musste so sein.
Alle sahen nur zu und keiner tat etwas! Irgendjemand musste die beiden doch auseinanderziehen. Wo war überhaupt Chris? Wenn jemand Elon aus dieser Partie holen konnte, dann war es er. Doch von dem maskierten Freund war keine Spur.
Und Mario ging auf den jungen Mann drauf, als wolle er ihn zu zusammenschlagen, bis er nicht mehr hochkam.
„Um Himmelswillen", sagte sie laut genug, um auf sich aufmerksam zu machen. Sie stand näher dran als die meisten anderen, die sich immer mehr zurückzogen, um den beiden Kämpfenden Platz zu machen, denn keiner schien sich einmischen zu wollen. Bei Milas Ausruf, hob Mario den Kopf, um irritiert zu ihr zu blicken, was ihn für einen Moment ablenkte und Elon somit die Chance gab ihn gewaltsam gegen die gläserne Terrassentür zu schubsen, die von Marios starkem Körper, einen gewaltigen Riss bekam.
„Warum müsst ihr euch wie kleine Kinder benehmen", fuhr sie die beiden an und trat auf Elon zu.
Auch wenn sie ein wenig Angst hatte, da dieser noch immer leuchtete, packte sie ihn am Arm.
„Lass uns gehen", erklärte sie.
Elon blickte noch immer wütend zu Mario und zog an seinem Ärmel, den Mila jedoch noch immer eisern festhielt und ihn einfach mit sich zog. Der Typ war doch einfach nicht zu fassen! Stur zog sie ihn aus dem Haus, um ihn aus der Gefahrenzone zu bringen.
Mario folgte ihnen zum Glück nicht. Zumindest konnte Mila ihn nicht hören. Generell war es ruhiger geworden.
Was sollte sie nur mit Elon anfangen? Und wie sollte sie mit ihm umgehen... sie hatte keine Ahnung was eben geschehen war. Doch es verstörte sie ungemein. Wenn sie ihren Augen trauen konnte, dann hatte Elon so etwas wie Blitze abgegeben. Aber das war doch unmöglich, oder?
Elon riss sich endlich los und schien noch immer auf hundertachtzig zu sein, denn er beschleunigte seine Schritte zu einem schnellen Gang, doch lief zum Glück nicht zurück zu Marios Haus.
„Was ist da eben passiert?", fragte sie leise und mit rauer, ungläubiger Stimme. Doch Elon antwortete nicht. Womöglich hatte er sie auch nicht gehört. Sie konnte es nicht genau sagen, doch seine Wut schien seiner Wahrnehmung nicht gut zu tun.
„Elon", sagte sie mit Nachdruck und versuchte ihn einzuholen.
Er hielt sich nach wie vor die Schulter und lief die Straße weiter entlang. Wo wollte er überhaupt hin? Vermutlich zu seinem Wagen, wie Mila dachte. Was sollte er sonst wollen? Zum Laufen würden sie den kompletten Wald zu Fuß passieren müssen, was durchaus eine Stunde dauern konnte. Da war es nur denkbar, dass er mit dem Auto da war.
„Elon, jetzt bleib doch mal stehen", rief sie schon fast und gab sich Mühe ihn einzuholen.
Elon wurde ein wenig langsamer und drehte sich beim Laufen zu Mila um. „Was willst du denn?", zischte er gereizt, ehe er endlich an seinem Auto ankam und auf dem Fahrersitz einstieg, jedoch ohne loszufahren. Stattdessen umklammerte er wütend das Lenkrad und blickte stur geradeaus, ohne gar den Motor anzulassen.
„Was ist da eben passiert?", wiederholte sie verbissen und öffnete die Autotür.
Wütend presste Elon die Lippen zusammen und umfasste das Lenkrad so fest, dass seine Knöchel bereits weiß hervortraten. Es war zu dunkel, als dass Mila ihn näher betrachten konnte, doch sie war sich sicher, dass er mehr Schäden davongetragen hatte, als nur eine verletzte Schulter.
„Was meinst du?", fragte er und schloss die Augen, in dem Versuch sich zu beruhigen.
„Du hast geleuchtet", sagte sie nüchtern und war nicht bereit in dieser Sache zurückzutreten. Es war einfach viel zu interessant. „Außerdem bist du verletzt. Das sollte versorgt werden", fügte sie hinzu.
Leicht schüttelte Elon den Kopf und ließ dann doch den Motor an.
„Nein, hab ich nicht und mir geht's gut", beharrte er und tippte ungeduldig mit den Fingern gegen das Lenkrad, als würde er auf etwas warten.
Mila seufzte. „Was war los? Erklär es mir, oder ich bleibe hier stehen", beharrte sie.
Mit einem gereizten Seufzen verschränkte Elon die Arme auf den Armaturen, um seine Stirn auf dem Lenkrad abzulegen.
„Ich sagte doch... es war nichts!", erklärte Elon erneut langsam, mit bissigem Unterton.
„Nichts hat ganz schön geleuchtet", sagte sie beharrlich. „Warum ist Mario auf dich los?"
Ausgelaugt, ließ er sich wieder nach hinten in den Sitz fallen, als würde er sich nicht entscheiden können.
„Was willst du?", fragte er ergeben und blickte ausdruckslos auf die dunkle Straße vor ihm.
„Antworten auf die Freakshow?", gab Mila als Möglichkeit, auch wenn sie noch nicht ganz sicher war, ob sie richtig gesehen hatte.
„Was genau hast du gesehen?", fragte er und verengte minimal die blauen Augen, doch blickte nach wie vor ins Nichts, als würde er darin irgendetwas erkennen.
„Ich habe dich leuchten gesehen und irgendwie war es, als würde es knistern. Dann roch es verbrannt, würde ich sagen", versuchte sie sich zu erklären.
Nachdenklich leckte Elon sich die aufgeplatzte Lippe, als sich seine Brust einmal kräftig hob und wieder senkte, während er ein und wieder ausatmete. „Steig ein", wies er sie an und schaltete das Nachtlicht ein, worauf er erwartungsvoll zu Mila blickte.
Die Rothaarige verdrehte die Augen, entschied sich aber dazu einzusteigen. Er hatte ihr einiges zu erklären!
Elon fuhr los und ließ die beiden Anwesenden in der Stille zurück. Es hatte einen unangenehmen Beigeschmack mitten in der Nacht, still durch einen Wald zu fahren. Wieso konnte er ihr nicht einfach sagen was Sache war? Hier ging doch offensichtlich alles schief!
„Was hattest du überhaupt auf dieser Party verloren, da du offensichtlich nicht eingeladen warst", fragte sie schließlich verärgert. Das Schweigen nervte sie wirklich.
„Chris hat mitbekommen, dass du aufkreuzen wirst und er wollte sich den Anblick von dir in einem 'Bezaubernde Jeannie'-Kostüm nicht nehmen lassen", erklärte Elon ehrlich und blickte weiterhin auf die leeren Straßen vor sich.
„Das ist alles?", wollte sie nüchtern wissen. „Nun das hat er und wir treffen uns morgen. Also hast du deinen Willen auch", gab sie von sich und rieb sich die Schläfen. Das machte sie fertig diese Diskussion.
„Na dann hat sich das blaue Auge ja gelohnt", erwiderte er sarkastisch und gab ein verzweifeltes Lachen von sich, ehe er ein wenig langsamer fuhr, als der Weg im Wald schmaler wurde. „Warst du schon bei diesem Sonderunterricht in der Schule?", fragte er und wirkte ein wenig vorsichtiger mit dem, was er sagte.
„Ich sagte doch: meine Mutter hat ihn mir verboten. Sie will nicht, dass ich meine Zeit dort verschwende", erklärte Mila noch einmal. „Sie war deshalb schon beim Direktor und wird es mir nicht erlauben, bis sie einen umfangreichen Plan bekommt, was man dort lernt."
Elon seufzte und fuhr in eine kleine Abzweigung, die nicht wirkte, als würde sie zum eigentlichen Weg gehören, bis sie in einer Sackgasse landeten. Das Auto kam langsam zum Stehen, er schaltete den Motor aus und zog den Schlüssel, bis sie beide in kompletter Dunkelheit lagen und Stille die Luft erfüllte.
„Was willst du wissen?", fragte er nach einer Weile und schien um einiges ruhiger zu sein.
„Ich möchte wissen, was heute los war", sagte sie und lies es Elon offen wie viel er erzählte.
„Mario hält nicht viel von mir und auch von Chris, deswegen waren wir wohl nicht eingeladen. Als Chris allerdings erfuhr, dass du kommst, wollte er unbedingt hin", erklärte er angestrengt und machte immer wieder abgehackte Handzeichen, um die unterschiedlichen Schritte zu symbolisieren.
„Das habe ich mir gedacht", erklärte Mila, da sie aus Elons bisherigen Erklärungen schon so viel herausgenommen hatte. „Warum mag Mario euch nicht?"
Elon zog seufzend an der Lehne, bis er in eine halbliegende Position kam und die Decke des Wagens anblickte. „Wir hatten einfach einige Meinungsverschiedenheiten sonst nichts. Das übliche Schuldrama", erklärte er halbherzig, doch sah Mila noch immer nicht an. Nicht, dass er sie hätte erkennen können in der Dunkelheit, denn außer vielleicht Silhouetten, war nichts zu sehen.
Mila rieb sich noch einmal die Schläfen. „Okay und was war das während der Prügelei?", fragte sie und hatte nicht vor locker zu lassen. Nicht, wo Elon endlich sprach.
„Nun... hast du schon mal überlegt, dass du nicht grundlos hier bist? Unabhängig von deinen Leistungen", fragte Elon vorsichtig, in der Hoffnung nicht alles erklären zu müssen, sollte Mila von allein draufkommen.
„Nein", sagte sie ohne lange nachdenken zu müssen. „Ich glaube nicht an Schicksal oder Fügungen."
Elon konnte nicht anders als leise zu lachen. „Davon spreche ich auch nicht. Wer hat dich hergeschickt?", fragte er und drehte seinen Blick nun doch Mila entgegen, da sie im Gegensatz zu ihm aufrecht saß.
Diese überlegte. „Jemand von der Schule war bei uns und hat meine Mutter mit falschen Versprechungen geködert", erklärte sie langsam und überlegend.
„Was denkst du, wieso er das machen würde?", half Elon ihr auf die Sprünge und hob vielsagend die Augenbrauen, jedoch schmerzte sein rechtes Auge so sehr, dass er es lieber doch sein ließ. „Das ist keine normale Schule, ebenso wie die ganze Stadt. Denkst du, es ist normal, dass es im Herbst zuerst schneit und dann die Sonne scheint?", frage er verpönt.