So wie sie es bei den Tieren gesehen hatten, duckte sich Nišō etwas, als diese Urgewalt herannahte. Der Jäger hob den Kürbis und drängte ihn Nišō geradezu auf. Er war dabei nicht böse, oder grob, schob ihm die Süßigkeit nur unter die Nase, auf dass er nicht mehr widerstehen konnte. Nišōs Lider flatterten, das roch so gut. Es gab ein paar von ihnen, die schlechte Zähne hatten, denen taten die Süßigkeiten weh im Mund. Aber sie aßen sie trotzdem, nie ließ sich jemand freiwillig so etwas entgehen. Außer Nišō heute. Da musste Har wohl einfach hinterherlaufen und nachfragen was los war. Er sorgte sich um ihn.
Nišō hob seine Hand, die Finger noch verfärbt vom Beerensaft. Er hatte kein Dankeschön als Gabe im Tausch. Er war auch noch immer auf den Wangen rot. Er hatte nicht viel Fell im Gesicht. Nicht so wie Hars dunkle, weiche Wangen und Kinn. Was seine Wangenknochen und seine Augen betonte. Nišō hatte sich aber auch nie gefragt wieso er weniger hatte, obwohl er genauso alt war wie Har und Keš. Jeder sah eben anders aus. Und das war gut so. Er musste den Arm sehr hoch heben und abwinkeln, da Har keine Anstalten machte ihm den Honig herunterzulassen. Bis er richtig tief drin steckte im Topf und langsam, unter dem wachsamen Blick die Hand zurückzog. Zäh tropfte die golden-weiße Substanz zurück in das Gefäß. Ganz langsam schob Nišō die Finger zum Mund und der Honig fing an seine Hand und dann seinen Arm hinunter zu laufen.
Um ihn darauf aufmerksam zu machen, stupste Fare ihn an von der Seite. „Ha.“ (Achtung, der gute Honig.)
Der Jäger senkte endlich sein Geschenk und reichte es an Fare, die den Kürbis, wie einen Schatz entgegen nahm und ihn mit beiden Armen fest gegen ihren Bauch umklammert hielt. Har schien sich keine Sorgen zu machen um den guten Honig. Er griff nach Nišōs Arm und hob diesen an, trat nah an ihn heran und lehnte sich zur Seite und vor, um dessen Ellenbogen abzulecken.
Oh gute, liebe, warme Šaeš am Himmel strahlend hell. Nišōs Gedanken verflogen bei dem Gefühl des Kitzelns an seinem nackten Arm durch die Zunge des Jägers. Er schloß die Augen und steckte sich seinen Honig-Finger in den Mund. Sacht saugte er an seinem eigenen Finger und lutschte die Süße fort, während er eine ganze andere Zunge ganz wo anders genoß und sich noch mal etwas ganz anderes vorstellte. Har leckte sämtlichen hinuntergelaufenen Honig von dem Arm. Es war so reizvoll. Nišō lehnte sich an den Jäger, der sich zu seinem Handgelenk hochgearbeitet hatte und nun beinah an demselben Finger angekommen war, den der Geschichtenbewahrer zwischen den Lippen hatte.
Die Erkundungsreise des Jägers endete dort nicht. Seine Zunge fand den Weg zur Fingerspitze. Nišō war fertig und löste den Finger aus seinem Mund, starrte Har mit großen Augen an und bekam einen Schluckauf. Har schleckte ebenfalls über den Finger und kam an Nišōs Mund an. Jetzt leckte er nicht mehr, er küsste ihn. Kurz und süß.
Nišō japste.
Har zog sich ein wenig zurück, er blickte ihn für einen kurzen Augenblick an, dann nickte er. Nicht Nišō zu, sondern in eine andere Richtung. Er wollte mit ihm zurück zum Feuer gehen. Nišō sah sich um, da war niemand mehr, nur sie beide. Er stimmte zu und nahm Hars Hand mit mehr Mut, als er gerade wirklich verspürte. Die andere Hand, wie ihm jetzt auffiel, hatte er noch immer an seiner Lippe, aber sie klebte dort sicher nicht wegen des Honigs.