Im Folgenden wird ein Märchen der Meermenschen von Sawjuama vorgestellt, das leider nur noch fragmentarisch überliefert ist. Der mündlichen Überlieferung zufolge - welche als Notiz dem einzigen Ausschnitt in der Bibliothek Akijama beigefügt ist - handelt es sich um eine größere Geschichte mit drei mal drei Prüfungen, die die drei Helden bestreiten müssen. In den Prüfungen finden sie jeder drei Gegenstände, die sie am Ende benötigen, um ihr Königreich zu retten - leider ist die übergreifende Handlung des Märchens vergessen, bis die Forschung hier weiter voranschreitet. Der "König der Krebse" stellt die zweite Prüfung des ersten Helden dar, andere Hindernisse scheinen aus anderen Herrschern der Meerwesen, mächtigen Kriegern und schlauen Ungeheuern zu bestehen.
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Nach dem Prompt „Bella-Knallkrebs“ der Gruppe „Crikey!“
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[...] und unermüdlich. Wie sie dies geschafft hatte, zog sie weiter.
Der König der Krebse
Nach drei Tagen und drei Nächten kam Belai an das Schloss des Königs der Krebse, wo die Perle der Weisheit verborgen war, die ihren Besitzer befähigte, die Zukunft zu sehen. Allein, der König der Krebse konnte sie nicht nutzen, denn er war blind. Dennoch hortete er diesen Schatz eifersüchtig um des Werts der Perle willen, auch wenn sie für ihn wertlos war.
Am Tor des Schlosses hielten zwölf große, schillernd gestreifte Grundeln Wache, deren Köpfe von Gold waren. Der König ließ sie nach ihrer Zeichnung auswählen, er nahm nur die stolzesten und prächtigsten Exemplare, aber so waren die Wachen weder stark noch intelligent. Er hörte auf seine Berater, die ihm sagten, welche Wachen besonders glänzten, mehr interessierte ihn nicht.
Belai beobachtete das Schloss eine Weile und lernte so, wie der blinde König sich bewegte. Denn oft kam der König nach draußen und trug dabei seinen Schmuck spazieren, damit die Fische und Krebse und alle Bewohner des Meeres seinen Reichtum bewundern konnten. Dass kaum jemand noch hersah, wusste er nicht und es kümmerte ihn auch nicht, solange er seinen Besitz nur präsentieren konnte. Obenauf lag, als teuerster Schatz, die Perle der Weisheit.
Doch der König war auch misstrauisch. Ehe er hinaustrat, befragte er die Grundeln, indem er über ihre Schwanzflossen strich. Erspähten die Wachen dabei Diebe oder andere Gefahren, so schlugen sie einen Trommelschlag und der König wusste, dass er mit seinem Reichtum im Palast bleiben musste. Blieben die Grundeln dagegen ruhig, so trat der König heraus und trug seinen Schatz vor aller Augen zur Schau.
Es dauerte nicht lange, und die schlaue Belai hatte erneut einen Plan gefasst. Sie sammelte dunkle Algen und buntes Gestein, dann wartete sie, bis der König wieder Vorbereitungen traf, um nach draußen zu gehen. Bevor er dort war, schwamm Belai jedoch zu den Grundeln.
"Ich bin vom König gesandt", sprach sie. "Für eure treuen Dienste sollt ihr Lohn erhalten! Hinter dem Hügel dort, immer der Strömung nach, kommt ihr zu einem Mahl aus Heldenfrüchten, die nur wahre Krieger zerbeißen können."
Dort nämlich hatte Belai einen Stapel bunter Steine aufgeschichtet. Und da die Wachen nach ihrer Schönheit gewählt waren, so waren sie dumm und glaubten sie List. Alle zwölf schwammen los, um sich ihren gerechten Lohn zu holen.
Wie die Wachen aber fort waren, erbaute Belai aus den Algen neue Schwanzflossen und befestigte sie an den Stellen, wo sonst die Grundeln auf der Erde ruhen würden. Dann wartete sie.
Nicht lange, und der König der Krebse kam heraus. Wie immer strich er mit den Fühlern durch das Wasser, bis er die Grundeln ertastete - oder das, was er für seine Wachen hielt. Und da die Algen nicht schlugen, sondern ruhig im Wasser trieben, glaubte der König sich sicher. Er lud seine Schätze auf seinen Rücken, zualleroberst die Perle der Weisheit, und marschierte aus seinem Palast, damit alles Volk die Pracht bewundern konnte.
Noch bevor er allerdings die Siedlung erreichte, wo das Volk ihn erneut kaum beachten würde, schwamm Belai heran. Sie glitt über den Krebs hinweg und schnappte sich die Perle.
Sofort spürte der König, dass seine Last leichter geworden war. Er zürnte und wütete, schlug mit den Scheren zusammen, dass knallend Wasser schoss, doch er konnte Belai weder sehen noch verursachte sie ein Geräusch, und so blieb dem König der Krebse nichts anderes, als zu fluchen und Verwünschungen zu rufen, die niemals wahr werden würden.
Belai dagegen barg die Perle in dem magischen Säcklein und spürte, wie die Macht des Artefakts sie klüger machte und untäuschbar. Wie sie dies geschafft hatte, zog sie weiter.