Aus Sicht des Gesetzes darf erst nach einer ärztlichen Diagnose und Bescheinigung des Todes von einer Leiche gesprochen werden. Aus medizinischer Betrachtung gilt ein Körper mit den Kennzeichen von Leichenerscheinungen. Die Justiz versteht wiederum eine Leiche als den Körper eines verstorbenen Menschen bzw. totgeborenen Kindes, solange dieser weder zerfallen noch Teil eines Rechtsverkehrs geworden ist (z.B. Leichen oder Leichenteile für den Anatomieunterricht im Medizinstudium).
Bei Neugeborenen wird zwischen lebendgeborenen und totgeborenen unterschieden.
Als lebendgeboren gilt ein Kind, wenn nach der Trennung vom Mutterleib/von der Nabelschnurr entweder die natürliche Lungenatmung einsetzt, das Herz schlägt oder die Nabelschnurr pulsiert hat. Diese Betrachtung ist unabhängig von der Größe oder dem Gewicht des Kindes und unabhängig von der Dauer der Schwangerschaft. Wenn ein Lebendgeborenes verstirb, gilt es rechtlich gesehen immer als Leiche.
Als totgeboren gilt ein Kind, wenn es nach der Trennung vom Mutterleib nicht eines der Zeichen des lebendgeborenen zeigt und ein Gewicht von mindestens 500 g aufweist. Treffen diese Vorrausetzungen zu, wird ein totgeborenes rechtlich auch als Leiche betrachtet. Demnach gilt nicht als Leiche eine Leibesfrucht von unter 500 g Körpergewicht. Man bezeichnet diesen Fall als Fehlgeburt, Frühgeburt oder auch Abort.
Ausnahme in dieser Regelung stellt das Land Hessen. Hier gilt jeder Körper eines totgeborenen Kindes nach Ablauf des sechsten Schwangerschaftsmonats - unabhängig vom Gewicht des totgeborenen Kindes. - als Leiche.
Die Feststellung des Todes ist allein dem Arzt als Aufgabe zugewiesen, da für diese Feststellung hinreichende medizinische Kenntnisse erforderlich sind. Bei Eintreffen am Fundort hat sich der Arzt ausnahmslos davon zu überzeugen ob die betreffende Person noch lebt oder wirklich verstorben ist. Lassen sich Lebenszeichen erkennen, müssen unverzüglich Reanimationsmaßnahmen eingeleitet werden. Andernfalls erfüllt man so den Tatbestand der unterlassenen Hilfeleistung (§ 323c StGB).
Die Forderung der Todesfeststellung wird durch einen Nachweis sicherer Todeszeichen erfüllt. Allgemein sind 15 bis 20 Minuten nach dem Tod die ersten Todeszeichen im Form von Totenflecke zu erkennen. Leichenstarre und Fäulnis erfolgen erheblich später. Diese Kriterien sind die deutlichen und zuverlässigen Zeichen des Todes. Zusätzlich gelten mit dem Leben nicht vereinbare Verletzungen als zuverlässige Todeskriterien, wie eine vollständige Zertrümmerung des Schädels, Abtrennung des Kopfs oder Rumpfdurchtrennung.
Auf einigen Todesbescheiningungen finden sich zwecks Dokumentation des ärztlich festgestellten Todes an zu kreuzende Kästchen mit folgenden sicheren Zeichen des Todes:
- · Totenflecke
- · Totenstarre
- · Fäulnis
- · Verletzungen, die nicht mit dem Leben vereinbar sind
- · Hirntod
Es ist gefordert, dass bei Ausstellung des Todesbescheinigung mindestens eines der sicheren Todeszeichen deutlich ausgeprägt ist. Hält sich der untersuchende Arzt konsequent an diese Forderung besteht keine Gefahr einen lebenden für Tod zu erklären. Hier zu beachten ist, dass eine Kältestarre nicht als Totenstarre fehlgedeutet werden darf, Fälle von Menschen die sich in der Pathologie erwachend wiederfanden, unterstreichen diese Verwechslungsgefahr.
In einigen Bundesländern sind Ärzte und Rettungsdienste von ihrer Verpflichtung zur Durchführung einer vollständigen Leichenschau vom Gesetzgeber aus befreit. Die Feststellung des Todes genügt in diesem Fall um die Pflicht zu erfüllen. Länderabhängig ist vom Notarzt auch eine Vorläufige Todesbescheinigung auszufüllen. Bei Anhaltspunkten für einen nichtnatürlichen Tod ist der Notarzt ebenso verpflichtet dies der Polizei zu melden.
Bis in die heutigen Tage finden sich immer wieder in Fachpresse und Massenmedien Berichte von irrtümlich ausgestellten Todesbescheinigungen. Diese Fälle sind jedoch recht selten und nur durch eine Verletzung der ärztlichen Sorgfaltspflicht möglich bzw. erklärbar. Erfahrene Ermittlungsbeamte kennen aus ihrer Praxis meist Beispiele bei denen der Leichenschauarzt nur einen kurzen, geradezu flüchtigen Blick auf die leblose Person wirft und eine Untersuchung unterlässt. Ebenso sind Fälle bekannt, dass Todesbescheinigungen nur aufgrund von Auskünften Angehöriger erstellt wurden ohne die (leblose) Person im Nachbarzimmer zu beachten. Noch erschreckender sind Fälle in denen der Arzt die Totenbescheinigung aufgrund von telefonischer Benachrichtigungen ausstellte.
Unter bestimmten, selten Umständen können alle Lebenszeichen auf ein absolutes Minimum reduziert sein. Äußerlich lassen sich in solchen Fällen Atmung, Puls, Körperwärme und Reflexe kaum wahrnehmen. Es besteht dabei eine tiefe und lang anhaltende Bewusstlosigkeit. Für diesen Zustand, bei dem Unterschied zwischen Leben und Tod nicht wirklich erkennbar ist, wurde der Begriff Scheintod geprägt. Gelingt durch richtige Behandlungsmaßnahmen wird kein Toter wieder zum Leben erweckt, sondern ein Mensch aus tiefster Bewusstlosigkeit befreit. Medizinisch wird dieser Zustand mit Vita reducta und Vita minima betitelt, was deutlich macht, dass es sich bei dem Zustand des Scheintods um die absolute Verminderung auf das Minimum des Lebens handelt. In einem Fall von Scheintod ist eine apparative Untersuchung, wie Ableitung von Hirn- und Herzströmen, notwendig.
Die wichtigsten Ursachen für die Vita minima werden unter der Buchstabenfolge A - E - I -O- U zusammengefasst. Dabei bedeuten:
A =
- Alkoholvergiftung
- Anoxie (Sauerstoffmangel)
- Anämie (Blutarmut)
E =
- Epilepsie
- Ertrinken
- Elektrizität (damit auch Blitzschlag)
I =
- Injury of head (Schädel-Hirn-Trauma)
O =
- Opium (bedeutet Drogen- und Medikamentenvergiftung generell)
U =
- Urämie (Harnvergiftung durch Nierenversagen) und weitere komatöse Zustände (Koma = Zustand tiefster Bewusstlosigkeit)
- Unterkühlung
Bestimmte Zeichen berechtigen weder allein stehend, noch in Kombination die Feststellung des Todes. Diese sind:
- · Abkühlung (nicht gleichzusetzen mit der Leichenkälte)
- · Muskelschlaffheit
- · Blässe der Haut
- · Reaktionslosigkeit der Pupillen
- · Reflexlosigkeit
- · Pulslosigkeit
- · Atemstillstand
Diese Erscheinungen werden unsichere Zeichen des Todes genannt, da sie auch bei lebenden vorkommen können.
Durch sogenannte Lebensproben wollte man in früheren Zeiten die Beweiskraft der unsicheren Todeszeichen erhöhen. Um den Atemstillstand nachzuweisen, wurde angeraten einen Spiegel vor den Mund und die Nase des Leblosen Körpers zu halten. Blieb ein Beschlag am Spiegel aus, war man der Meinung einen Beweis für den Atemstillstand erbracht zu haben. Mit ähnlicher Intention wurde auch eine Feder vor Mund und Nase gehalten, Seifenschaum aufgebraucht oder ein Wasserglas auf den Brustkorb gestellt. Das erliegenden der Herz-Kreislauf-Funktion sollte durch die sog. Siegellackprobe demonstriert werden. Man tropfte heißen Siegellack auf die Haut und beobachtete, ob es zu einer Hautrötung kam. Da mit diesen Methoden aber nicht auszuschließen ist das eine Vita minima vorliegt, sind dies Lebensproben zur zweifelsfreien Feststellung des Todes absolut unbrauchbar.
Bekannt aus früheren Zeiten ist auch die Angst vor dem Lebendig-begraben werden im Zustand des Scheintodes. Welche nicht zuletzt aus Fehldeutungen von Leichenerscheinungen resultierte:
- Der Tote sei in der Lage zu "schwitzen" - in Wirklichkeit nichts weiter als Kondenswasser auf der abgekühlten Leiche
- Die Lage der Leiche verändert sich - in Wirklichkeit verursacht durch das Einsetzen und lösen der Totenstarre, wie auch der Fäulnis
- "Totenlaute" sind zu vernehmen (Stöhnen oder Seufzer) - in Wirklichkeit eine Leichenerscheinung, bedingt durch das Hochdrücken des Zwerchfells infolge von im Fäulnis angesammelter Gase im Bauchraum mit Entweichen der Luft über die Stimmritze.
- Die Erektion des männlichen Gliedes - in Wirklichkeit im Zuge der Fäulnis angesammelte Gase der äußeren Geschlechtsorgane
- Die Leiche lässt eine "ganz frische Haut" und "neue Nägel" erkennen - in Wirklichkeit Ablösung der Oberhaut zusammen mit den Nägel in Folge der Fäulnis, sodass die rosig und feucht wirkende Lederhaut bzw. das Nagelbett freigelegt sind.
- Eine verstorbene Schwangere gebärt ihr Kind im Sarg - in Wirklichkeit kommt die sog. Sarggeburt durch einen starken Fäulnisgasdruck im Bauchraum zustande.
- Ein verstorbener exkrementiert - in Wirklichkeit kommt es wie bei der Saggeburt zu einem hohen Fäulnisgasdruck im Bauchraum der Leiche.
Bei Exhumierungen festgestellte Lageveränderungen der Leiche sind in der Regel auf das umkippen des Sarges oder Herunterstürzen bei unsachgemäßem Transport zu erklären. Seltener sind es die Folgen der Auflösung der Leichenstarre bzw. Fäulnis.