Rating: P16 [CN: Milde Erotik]
Nach dem Prompt „Östl. Smaragdeidechse/Tierische Edelsteingeschichten“ der Gruppe „Crikey!“
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"Kommst du?"
"Sofort." Moiras Stimme erklang irgendwo hinter den Büschen. "Wenn wir das Essen nicht hochbinden, haben wir wieder zig Ameisen."
Lia rollte mit den Augen und drehte ihrer Freundin den Rücken zu. Sie schälte sich aus ihrer Kleidung, als würde sie eine Show aufführen, langsam und lasziv. Allerdings waren alle Zuschauer ein paar grüner Eidechsen, die raschelnd unter einen Strauch flohen, als sie ihr Hemd auf die Erde fallen ließ und den Rock von den Hüften streifte.
Heutzutage war jeder ein Kritiker.
Die Sonne war angenehm warm auf ihrer nackten Haut, der Wind zart und liebkosend. Im Schatten der Robinien wirkten die Sträucher dunkel, doch wo immer ein Sonnenstrahl seinen Weg auf die Erde fand, leuchteten die Blätter im strahlendsten Hellgrün auf. Die Luft war erfüllt vom schweren Duft der wilden Orchideen, dem Summen der Hummeln und natürlich dem Plätschern, das ihren geheimen Ort verriet.
Denn hier, durch dichtes Blattwerk vor jedem Blick verborgen, floss ein kleiner Bach durch die Steine des Berghangs. Lia teilte die Zweige, welche ihr schon seit Jahren vertraut waren, und fand sich unmittelbar am Ufer eines natürlichen Beckens wieder, eine Grube, schmal genug, dass man sie mit ausgebreiteten Armen vom einen zum anderen Ende einfassen konnte, aber so tief, dass sie darin sitzen und an der tiefsten Stelle sogar die Beine ausstrecken konnte. Das Wasser sprudelte munter über einige Steine herein und auf der anderen Seite wieder hinaus.
Langsam ließ sie sich über die Steine ins Wasser gleiten, welches eisig von den weißen Gipfeln kündete, in denen der Fluss seinen Ursprung fand. Lia atmete flach aus, um ihr Zittern zu bekämpfen, doch schon nach wenigen Sekunden im Wasser entspannten sich ihre Glieder wieder. Sie sank in die Kuhle, die der Bach ausgewaschen hatte, um einen glatten Sitz im Stein zu schaffen. Als Kind war ihr diese immer zu groß erschienen, doch mit den Jahren war sie hineingewachsen. Nun konnte sie den Kopf in den Nacken legen, ihn auf den kühlen Stein betten und hinaufsehen. Der Himmel blitzte blau durch das Blattwerk. Vögel sangen, irgendwo rief ein Kuckuck, und der Wind rauschte in den Blättern. Algen in der Tiefe strichen um Lias Beine, und ein Grashalm kitzelte sie im Nacken. Die Pflanzen ringsum wurden mit jedem Sommer länger und dichter. Irgendwann würden sie diesen Tümpel wohl völlig überwuchern.
"Bist du etwa schon im Wasser, du Molch?" Moiras Stimme schreckte Lia auf. Sie hörte es rascheln, dann teilten sich die Blätter und ihre Freundin spähte durch die natürliche Wand.
Moira. Dunkles Haar, so dunkel wie die Nacht, und tiefschwarze Augen. Eine Haut in warmem, goldenem Braun. Groß, größer als Lia auf jeden Fall, mit Rundungen, bei denen jedem der Atem stockte.
Lia spritzte sie nass. "Ja, und wenn du nicht bald reinkommst, schwimme ich weiter!"
Moira kreischte auf, als das kalte Wasser sie traf, und drehte sich ab. Dabei bemerkte Lia, dass ihre Freundin einen Arm auffällig hinter dem Rücken hielt. "Was hast du da?"
"Nun, wenn du wegschwimmst, muss ich den hier nicht teilen." Mit einem verschmitzten Grinsen hob Moira eine Flasche. Der Inhalt war durchsichtig und perlend, leicht golden, aber das Etikett mit einer grünen, stilisierten Eidechse, die sich elegant um eine Narzisse ringelte, verriet den Wein.
"Smaragdwein!", hauchte Lia ungläubig. "Wo hast du ...?"
"Gab's bei der letzten Feier. Ich habe ihn mitgehen lassen." Moira stieg auf einen Stein und reichte die Flasche herunter. "Wir sollten ihn noch ein wenig kühlen."
"Das sollten wir, ja." Lia löste den Draht und das Papier vom Korken.
Kopfschüttelnd sprang Moira ins Wasser. Sie tauchte unter und kam prustend wieder heraus, das lange Haar jetzt glatt am Kopf, statt zu einer Mähne aufgebauscht wie sonst. Sie schwamm herüber und stützte die Hände links und rechts von Lia auf den Stein.
"Ich habe den nicht eine Woche aufgehoben, damit du jetzt alles in einem Rutsch trinkst!", sagte sie drohend.
Lia entkorkte die Flasche und bot sie Moira an. "Du zuerst?"
Während die andere trank, streckte sie den Hals, der sich bei jedem Schluck wölbte. Wasser perlte über ihre Haut und die Schultern hinab zu den Brüsten, die unter der gekräuselten Wasserfläche kaum noch zu sehen waren.
Moira reichte ihr die Flasche herüber. Ohne den Blick von den dunklen Augen ihrer Freundin zu nehmen, setzte Lia die Flasche an und trank. Der Wein war süß und perlend, gerade säuerlich genug, und prickelte durch ihren Hals.
Sie seufzte wohlig, als sie die Flasche absetzte. "Perfekt."
"So wie du." Ein Lächeln huschte über Moiras volle Lippen, ehe sie sie auf Lias Mund senkte. Ihre Zähne zupften sacht an Lias Unterlippe. Mit ausgestrecktem Arm konnte sie die Flasche gerade noch auf einen Stein stellen, ehe sie in Moiras Umarmung versank. Ihre Hände strichen über die Haut der anderen, ihre Zungen spielten miteinander und unter Wasser verflochten sie die Beine.
Nach einer Weile wagten sich die Tiere des Gesträuchs wieder heraus. Eine grüne Eidechse huschte über den großen Stein, vorbei an der Flasche mit ihrem Ebenbild, und drehte den Kopf, um züngelnd nach dem merkwürdigen Geruch zu forschen. Dann bewegten sich die beiden Frauen im Teich und die Eidechse huschte schnell in den nächsten Winkel zwischen den Steinen.
Sie blieben den gesamten Nachmittag. Trieben im Teich und sprachen über Religion und das Leben, tanzten unter dem schweigenden Blick der Bäume und tranken mehr Wein, als vernünftig wäre. Als es Abend wurde und die sinkende Sonne orangene Flammen über den Himmel sandte, saßen sie auf dem grünen Berghang und ließen sich von der warmen Luft trocknen. Die Wolken strahlten wie Rosenquartz am Himmel, der pink war wie ein Sonnenbrand. Weiter im Süden waren die Wolken bereits gräulich, doch pfirsichfarben, wo die Sonne sie bestrahlte.
Lia ließ den Kopf auf Moiras Schulter sinken. "Ich wünschte, wir könnten uns jeden Tag sehen."
"Du weißt, dass die Leute reden würden. Und wenn mein ..."
"Ich weiß." Lia beugte sich vor und küsste Moira, einen langen, keuschen, zärtlichen Kuss. Am Himmel glühten die fernen Wolken ein letztes Mal auf, als die Sonne sie im genau richtigen Winkel traf, und ließ sie erstrahlen wie den Widerschein eines warmen Feuers. Als sich ihre Lippen voneinander lösten, war der Moment bereits wieder vorbei.
Seite an Seite sahen sie in den Himmel. Die Sonne glitt davon und das helle Blau wurde nach und nach dunkler, bis man die ersten Sterne erahnen konnte. Grillen zirpten, Eidechsen huschten durch das Gras, und die späten Schwalben jagten über ihnen nach Mücken. Es war ein perfekter Moment, vielleicht gerade weil er so selten und kostbar war.