Das Schloss war atemberaubend. Noch nie im Leben hatte Serena das Schloss gesehen und seine Größe beeindruckte sie. Ihr Leben in Armut am Rande der Stadt erschien ihr auf einmal absurd, wenn es im gleichen Land Geld im Überfluss gab.
"Hör auf zu starren!", sagte ihr Bruder hinter ihr und schob sie weiter. Vorsichtig setzte sie einen Fuß vor den anderen. Die Schuhe, die ihr Bruder ihr gegeben hatte, hatten Absätze, die ihre schlanken Beine betonen sollten, doch noch nie vorher war sie in solchen Schuhen gelaufen. Als sie den rechten Fuß nach vorne setzte zeigte sich ihr ganzes Bein. Das dunkelrote Kleid hatte einen Schlitz bis oben zur Hüfte.
'Damit der König direkt deine schönen Beine sehen kann', hatte ihr Vater gesagt. Und in der Tat würde er dies bei jedem Schritt sehen.
Nun kamen sie endlich am Tor an.
"Ihr Name?", fragte der Angestellte gelangweilt.
Bevor sie antworten konnte, tat es ihr Vater.
"Jake Carter, Luis Carter und Serena Carter."
"Ich habe die junge Frau gefragt, denn sie ist die einzige, die das Schloss von ihnen betreten darf."
Serena verbarg ein Grinsen über die Zurechtweisung des Vaters.
"Aber ich kann meine Tochter doch nicht alleine lassen, wenn ihr etwas passiert", entrüstete sich nun ihr Vater. Serena hingegen war erleichtert über diese Regel.
"Der König garantiert, dass keinem der Mädchen etwas widerfährt, dass sie selbst nicht wollen. Und wenn ich nun bitten darf, Miss Carter."
Wie es sich bei dem Angestellten anhörte, würde sie selbst entscheiden, wie weit sie gehen wollte, etwas, das ihr Bruder und ihr Vater ihr nie erlaubt hatten.
"Natürlich", antwortete sie und atmete noch einmal tief ein. Dabei lag der Blick des Angestellten auf ihrem so unschicklich präsentierten Busen.
Möglichst selbstsicher trat sie nun ein und bestaunte die Eingangshalle.
"Miss, sie müssen hier entlang. Sie sind schon spät und vermutlich die letzte."
Serena versuchte so schnell wie möglich, der älteren Dame nachzueilen.
In dem Raum, in den sie geführt wurde, standen schon viele Mädchen und Serenas Mut bei all der Schönheiten ausgewählt zu werden sank. Doch sie wollte es wenigstens versucht haben.
Für meine Schwestern, werde ich alles geben.
Dachte sie bei sich und reihte sich ganz hinten in die Schlange ein.
Nur wenige Minuten später erhob die ältere Dame das Wort.
"Da nun alle Damen, die sich ddn Prüfungen der Mätresse unterziehen wollen hier sind, werden wir jetzt anfangen. Der König wird sie nun zuerst begrüßen. Seine königliche Hoheit wird jede von ihnen hier in dieser Reihe betrachten und ein erstes Urteil bilden. Es kann sein, dass er schon jemanden wegschickt. Sollte dies der Fall sein, werden sie jedoch stehen bleiben, bis der König den Raum verlassen hat und ich ihnen erlaube zu gehen. Es ist ihre Entscheidung, ob sie nach der Auswahl der Mätresse noch einmal wieder kommen wollen. Es wird den anderen Herren der Gesellschaft erlaubt sein, sich selbst nach einer geeigneten Mätresse umzusehen. Aber der König hat entschieden, dass dies allein die Entscheidung der jungen Damen ist, ob sie ein Angebot annehmen oder nicht."
Nach diesen Worten trat sie zurück und die Tür am anderen Ende des Ganges öffnete sich. Ein Raunen ging durch die Menge.
Serena konnte ihn noch nicht erkennen, doch die Worte der alten Dame hatten sie verwundert. Der König ließ sie selbst entscheiden, ob sie eine Mätresse werden wollten oder nicht. Dies passte überhaupt nicht zu dem König, den sie von den Gerüchten aus dem Dorf kannte. Ein König in Grausamkeit seinesgleichend suchend. Er nahm sich was er wollte und dies war auch der Grund, warum das Volk so in Armut lebte. Seine Mätresse waren verrückt, wenn er ihnen überdrüssig war. Sie seien gebrochen, vollkommen verängstigt von dem, was der König mit ihnen anstellte. Es waren eben jene Gerüchte gewesen, die Serena immer Angst gemacht hatten, dass ihr Vater wollte, dass sie Mätresse wurde.
Während sie in Gedanken war, hatte sie gar nicht bemerkt, dass der König schon einige Mädchen hinter sich gelassen hatte. Nun konnte sie den ersten Blick auf den Mann erhaschen, dessen Mätresse sie werden wollte. Das was sie sah, überraschte sie.
Er war jung. In den Erzählungen war der König immer alt gewesen.
Er war nun nur noch drei Mädchen von ihr entfernt und so nah genug, dass Serena ihn betrachten konnte. Er wies gerade das Mädchen vor sich an sich wieder zu erheben. Er war größer, als Serena es sich vorgestellt hatte und deutlich kräftiger. Muskeln zeigten sich unter dem Hemd ab. Von der Seite konnte Serena sein kantiges Gesicht erkennen. Das Gesicht wsr ordentlich rasiert und die blasse Haut stand im starken Kontrast zu den schwarzen Haaren.
Mit klopfenden Herzen musste sich Serena eingestehen, dass ihr der König gefiel.
Nun trat er vor sie. Die alte Dame stand zwei Schritte hinter ihm. Serena sank in einen tiefen Knicks, so wie ihn ihr Bruder ihr bei gebracht hatte.
"Serena Carter", sagte die Dame.
Serena spürte seinen Blick auf ihr, als sie sah, wie er ihr anwies sich zu erheben. Mit gesenktem Blick blieb sie stehen. 'Sieh ihm niemals in die Augen', hatte ihr Vater ihr eingetrichtert.
"Sieh auf", hörte sie plötzlich seine dunkle Stimme. Diese Stimme erzeugte bei ihr eine Gänsehaut, es machte ihr Angst, wie ihr Körper auf den König reagierte.
Langsam sah sie hoch, bis sie in seine eisblauen Augen sah.