Stumm standen Blanca und Danik im Treppenhaus. Melis schlaffer Körper hing zwischen ihnen eingehakt. Plötzlich ging das Licht an. Blanca fand den Schalter und das Licht ging wieder an. Danik sah Blanca an.
„Ich hätte da mal ein paar Fragen.“
„Ach ja? Nur ein paar?“
Blanca lachte.
„Ja, für den Anfang nur ein paar. Zum Beispiel: Was…? äh… Wer…? äh… Warum…? – Aach, verflixt“, stammelte Danik, „Wo soll ich denn anfangen?“
Blanca lächelte ihr geheimnisvolles Lächeln. Dann regte sie plötzlich der leblose Körper zwischen ihnen. Meli stöhnte.
„Meli? Meli, hörst du mich?“
„Ja… ja, ich hör dich, Blanca… Aber schreie nicht so.“
„Ach, Meli…“ seufzte und Blanca und gab ihr Freundin einen Kuss auf die Wange, „wir dachten schon, es wäre zu Ende mit dir.“
Meli schlug die Augen auf und sah Blanca mit großen Augen an.
„Was ist los? Wo… wo bin ich hier? Oh... mir ist so schwindlig…“
„Vorsicht, Meli, ganz vorsichtig, wir halten dich.“
„Wir?“
„Na, ich und… Danik.“
Meli sah nach rechts.
„Hallo“, sagte Danik.
„Oh hallo… ich bin… Meli. Und woher kennt ihr euch?“
„Ach, wir sind uns ganz... äh... zufällig begegnet.“
„Zufällig? Okay… wie... romantisch.“
Dann sah sich Meli sich verwirrt um.
„Wo… wo bin ich eigentlich?“
„Wir sind noch im Treppenhaus, vor der Tür, wo die Party war.“
„Oh, die Party… ich… ich glaube, ich habe einen Filmriss.“
Blanca sah Danik kurz an.
„Oh... vielleicht ist das... ganz gut. Kannst du gehen, Meli?“
„Ja... ich glaue schon.“
„Wir stützen dich. Kommt, lasst uns endlich von hier verschwinden“
Langsam gingen die drei die Treppe runter. Dann verließen sie das Haus.
Vor dem Haus drehte sich Danik zu den beiden um:
„Besser wir rufen ein Taxi, oder?“
„Ja, das ist eine gute Idee“, sagte Blanca.
„Oh, ja... ich bin sowas von fertig“, stöhnte Meli.
„Kannst du eins rufen, Danik? Mein Handyakku ist alle.“
„Alles klar“, sagte Danik, suchte im Browser nach Taxis und rief schließlich eine Nummer an.
„Ja, hallo. Guten Abend. Wir brauchen ein Taxi. Jetzt! ...Ja?… Gut… Kastanienstraße… Nummer zweiundvierzig…. Wie lange? ...Zehn Minuten? ...Ja, gut.... Aufwiedersehen.“
Danik wandete sich zu den beiden um.
„Zehn Minuten.“
„Okay… gut.“
„Scheiße“, schrie Meli, „was ist denn das?“
Blanca und Danik sahen sie an. Meli wischte sich mit ihr Hand über den Hals und betrachtete ihre rote Hand.
„Blut! Ich bin ja voller Blut! Was ist passiert?“
„Meli, bleib ruhig, du darfst dich nicht aufregen.“
„Nicht aufregen? Sieh dir mein Top und meinen Rock an. Völlig ruiniert!“
Blanca lachte.
„Du findest das lustig?“
Meli sah Blanca wütend an.
„Nein… nein… Meli. Aber wirklich: Deine Klamotten? Das Blut macht dir keine Sorgen?“
„Doch… doch… ich sehe ja, aus als hätte Jack the Ripper höchstpersönlich meinen Hals bearbeitet.“
„Ja… das könnte man so sagen…“
„Was... wer... Wer wer das?“
„Kannst du dich noch an einen großen Typen mit Irokesenschnitt erinnern?“
„Hmmm… ja, schon. Der war eigentlich gar nicht mein Typ… aber er war sehr nett zu mir… als ich ziemlich down war... dieser Arsch von Jake... der hat mich sowas von mies abserviert... Ich habe echt geheult... und dann kam dieser... ich glaube Markku hieß er... und hat mich wieder aufgemuntert... Er hatte echt einige spannende Geschichten auf Lager... wir haben dann ein wenig zuammen getrunken und dann... und dann... ich weiß ich nicht mehr… Willst du etwa sagen: Er war das?", fragte Meli und befühlte ihren vor Blult klebrigen Hals.
„Ja. Das war er!“, sagte Blanca und befühlte ihren eigene Hals, auf dem sich seine Würgemale noch rötlich abzeichneten.
„So ein Schwein… so ein Perverser… na der… der kann was erleben.“
„Äh… Meli… ich fürchte… ich denke es wäre besser, wenn du dich vom ihn fern hältst.“
„Das ist ja meine Absicht. Aber ich habe da mal einen Anwalt kennengerlent, den könnte…“
„Ich denke Anwalt... verklagen und so… das ist auch nicht so eine gute Idee.“
„Was? Warum nicht?“
„Lass es auf sich beruhen, Meli.“
„Und das von dir, Blanca? Du lässt dir doch sonst auch nichts gefallen. Ich soll das Schwein laufenlassen? Er soll ungeschoren, davon kommen? Das kann nicht dein Ernst sein!“
„Doch! Mein voller Ernst.“
„Warum? Warum in aller Welt?“
„Dieser... Typ. Er hat Kontakte. Unterweltkontakte. Er ist Teil einer ganz üblen Gruppe. Du solltest ihn dir nicht zum Feind machen.“
Blanca tausche einen kurzen Blick mit Danik aus. Der nickte.
„Ja, ganz richtig, Meli“, sagte Danik,
„mit dem Kerl ist echt nicht zu spaßen. Ich rate dir, höre auf deine Freundin. Der Karl ist es nicht wert.“
„Gut… scheiße… ihr meint das wirklich Ernst…“
„Ja, Meli, tut mir leid, aber das wäre das Beste.“
„Nun, gut… ich… werde zumindest darüber nachdenken. Mit einem kühlen Kopf.“
Die drei schwiegen. Danik hörte ein Motorengeräusch. Im Dunkeln sah er Scheinwerfer. Das Taxi war da. Schon wenig später hielt der Wagen neben ihnen. Die Scheibe des Seitenfensters ging runter.
„Guten Abend. Hattet ihr angerufen?“
„Ja, ganz richtig. Guten Abend“, sagte Blanca.
„Wir sind zu dritt. Wir wollen in die Mühlenstraße 23.“
„Alles klar, steigt ein.“
Sein Blick fiel auf Melis roten Hals und ihr gerötetes Top.
„Was… was ist denn das? Ist das… etwa Blut… Nein, das geht nicht! Ihr besudelt mir ja die ganzen Rücksätze.“
„Ach, kommen sie schon“, sagte Blanca,
„Das Bl… die Farbe ist nur vorne und nicht am Rücken… Ihre Sitze bleiben sauber…“
„Nein, nein… das geht nicht…“
„Wir legen auch noch etwas extra für die Fahrt drauf“, sagte Danik.
„Nein… das… ihr macht alles schmutzig… so eine Reinigung ist echt teuer.“
„So Schluss mit den Ausreden“, sagte Meli und beugte sie zu dem Taxifahrer runter,
„Ich sage ihnen eins… das ist wirklich Blut. Und wenn Sie uns jetzt nicht mitnehmen… und mir deswegen was passiert… dann ist das unterlassene Hilfeleistung! Wie meine Freundin schon sagte, dass Blut ist nur vorn… Ich passe schon auf ihre kostbaren Sitze auf. Also nehmen Sie uns nun mit – oder was?“
Der Fahrer atmete lauft aus.
„Also gut… rein mit euch. Aber passt mir bloß auf die Sitze auf.“
Meli zwinkerte Blanca zu. Diese lächelte zurück. Dann stiegen die drei hinten ein und das Taxi brauste davon.
Vor Melis Haus hielt das Taxi. Die drei stiegen Sie aus. Meli bezahlte. Sie gab etwas Trinkgeld. Die Sitze waren sauber geblieben. Dann fuhr das Taxi davon.
„Dann tschüss ihr beiden. Du hast ja es nicht weit, Blanca. Und du, Danik?“
„Ach, ich wohne auch ganz in der Nähe – in der selben Straße wie Blanca.“
„Ach ja? Was für ein Zufall.“
„Ja… Äh… dann gute Nacht und… gute Besserung.“
„Ich danke dir und auch was heute sonst noch für mich getan hast.“
Sie gab ihm ein Küsschen auf die Wange. Dann lächelte sie ihn an.
„Dann bring mal meine Freundin jetzt sicher nach Hause“, dann zwinkerte sie Meli zu.
„Alles klar, mache ich.“
„Und nun zu dir, Blanca-Schätzchen. Das werde ich dir nicht vergessen, dass du mich aus dieser Scheiße heute Nacht herausgeholt hast. Ich umarme dich mal nicht, will dir nicht deine Klamotten ruinieren. Aber komme her, kriegst ein Küsschen.“
„Ach Meli, dafür sind doch Freundinnen da.“
Sie küssten sich gegenseitig.
„Morgen?“
„Ja, morgen.“
„Lily, wird staunen, was wir Storys wir zu erzählen haben.“
„Sie wird beleidigt sein, wieder alles verpasst zu haben.“
„Ach weißt du, manchmal ist es auch ganz gut etwas zu verpassen. Mir reicht so ein Jack-the-Ripper-Abend erst mal für lange Zeit. Ich werde es in nächster Zeit erst mal ruhig angehen.“
„Ich glaube… ich glaube, das ist eine gute Idee, Meli. Eine Gute Nacht wünsche ich dir.“
„Ja, gute Nacht, ihr beiden. Und macht nichts, was ich nicht auch tun würde“, sagte sie und lächelte. Dann verschwand sie ihm Haus.
„Puh“, seufzte Blanca, „das wäre geschafft.“
„Oh ja. Gehen wir nach Hause?“
„Ja! Das tun wir. Es ist zum Glück nicht mehr weit.“
Sie gingen eine ganze Weile schweigend die Straße entlang. Dann hielt Danik an. Blanca bleib ebenfalls stehen. Sie sah ihn an.
„Ja?“
„Zurück zu den Fragen...“
„Oh je! Da komme ich wohl heute Abend nicht mehr drum herum?
„Nein.“
„Okay…“, seufzte Blanca,
„Na gut. Dann schieß los!“