Ängstlich grunzend trappelte das kleine Schweinchen durch den dunklen Wald. Finster wirkende Silhouetten hatten sich links und rechts von ihm aufgereiht, als würden sie es einkeilen. Allein der immer schneller werdende Herzschlag, der durch den kleinen Körper pulsierte, trieb das Schweinchen weiter an.
„Es sind nur Bäume“, versuchte es sich einzureden, doch in seiner Panik schienen die im Wind hin und her wiegenden Bäume, mit ihren spitzen Ästen, nach dem Schweinchen zu greifen.
Das Trappeln wurde schneller, hilfloser – als das Schweinchen mit einem lauten Quieken gegen etwas rannte, das im schummrigen Mondlicht aussah, wie ein riesiger, behaarter Felsen.
Der Felsen regte sich und eine müde Stimme sprach: „Nanu, wer bist denn du?“
Das kleine Schweinchen zuckte zurück und fiepte flehentlich, in der Hoffnung, das der Felsen ihr nichts tat.
Daraufhin bewegte sich der Felsen noch viel stärker und mit einem Mal bekam er ein langes Gesicht, das in einer wunderschönen Schweineschnautze endete, umsäumt von silbrig-weißen Borsten um den Mund. Der Schweinefelsen stellte die pinselartigen Ohren auf. Die selbst in der Dunkelheit unfassbar flauschig wirkten. „Willst du mir denn nicht antworten?“
„I-ich we-weiß ni-nicht“, stotterte das kleine Schweinchen und trat näher heran, fasziniert von den Flauscheöhrchen und der Freundlichkeit in des Großen Stimme.
„Mhm“, machte er nachdenklich. „Mein Name ist Mochi, ich bin ein Pinselohrschwein“, stellte er sich dann stattdessen vor. „Aber das ist nicht wichtig. Viel wichtiger ist, was du hier ganz alleine machst?“
Das Kleine fiepte auf, im Mondlicht glänzende Tränen kullerten die kleine Schweinsnase herunter.
„I-Ich erinnere mi-mich nicht. I-ich war ei-einfach voll-kommen a-allein.“
Das Pinselohrschwein sah das Ferkelchen mitfühlend an. Dem hellen Sattel auf der dunklen Haut nach zu urteilen, war es ein Sattelschwein, aber das war wohl kaum möglich. Die Sattelschweine waren schon seit Jahren ausgestorben.
„Weißt du denn, wo deine Familie ist?“
Das Kleine schüttelte den Kopf, weitere Tränen rannen sein Gesicht herunter.
„Mhm“, machte der Große erneut. „Wie wäre es, wenn wir dir eine Familie finden?“
„Familie?“ Das Sattelschweinchen quiekte traurig, doch bei dem Wort und dem warmen Gefühl, das dieses beherbergte, trat Hoffnung in die schwarzen Kulleraugen.
Das Pinselohr nickte. „Ganz genau, wir finden dir eine Familie! Was würdest du dir denn wünschen?“
„W-wünschen?“
„Nun ja, wie soll deine Familie sein?“
Das Kleine dachte lange nach. „Liebevoll, lustig, flauschig und sie sollten zusammenhalten und sich unterstützen.“
Der Große lächelte und entblößte dabei schiefe Zähne. „Das gefällt mir! Und was noch?“
Das kleine Schweinchen überlegte, als ein kalter Windhauch über seinen Körper streifte und es schutzsuchend näher an das Pinselohrschwein trat. „Warm.“
Der Große gluckste verzückt und kuschelte sich an das Sattelschweinchen. Erst jetzt, als das Mondlicht direkt auf den Körper des Pinselohrs fiel, erkannte das Kleine, dass er rotbraunes Fell hatte. Das hatte er schon einmal gesehen, als er durch die Gegend streifte. Eine so schöne Fellfarbe hatten auch die großen Roten Pandas gehabt, die ihm bei seiner Reise etwas Nahrung besorgt hatten. Das kleine Schweinchen grinste und ein warmes Gefühl machte sich in dessen Brust breit.
„Es sollte Rote Pandas geben.“
Das Pinselohr sah das Kleine überrascht an, fragte aber nicht weiter nach.
„Noch mehr?“, wollte es lieber wissen.
Das Sattelschweinchen kicherte, als es in das Gesicht des Großen blickte und dessen Ohren zuckten.
„Pinselohren“, sagte es und kuschelte sich verlegen an die rotbraunen Borsten.
Der große Körper zuckte unter dem brummenden Gelächter.
„Na gut, eines kannst du dir noch wünschen.“
Dieses Mal ließ sich das kleine Schweinchen ganz besonders viel Zeit.
„Ich hätte gerne einen Namen.“