Remus brauchte eine Weile bis er nach seiner Verwandlung wieder halbwegs auf dem Damm war. Das Gespräch mit Snape war unangenehm. Nicht nur weil er nackt auf dem Boden lag und kaum fähig war sich zu bewegen, sondern auch weil sein Kollege nicht anders konnte als ihn zu beschuldigen. Remus konnte ihn ja beinahe verstehen. Aus Severus' Sicht gab es nur einen logische Möglichkeit wie Sirius Black ins Schloss gekommen war; nämlich, dass ein alter Freund ihm geholfen hatte. Woher hätte er auch wissen sollen, dass Sirius, eben so wie James und Peter Animagi waren. Sie hatten in ihrer Schulzeit viel dafür getan, um es geheim zu halten. Insbesondere vor den neugierigen Augen von Severus, der ihnen schon als Schüler ständig misstrauisch nach spionierte. Nicht zuletzt, um James und Sirius eins auszuwischen. Das führte dann auch zu jener Nacht in der Sirius beinahe zum Mörder geworden wäre, hätte James nicht im letzten Augenblick das Gewissen gepackt. Remus hatte von dem Vorfall erst im Nachhinein erfahren und war damals auch recht wütend auf seine Freunde. Hätte Sirius „Scherz“ funktioniert hätte Remus Severus zerfleischt und es nicht einmal gewusst. Auch wenn er es sich nicht anmerken ließ beschäftigte ihn dieser Vorfall lange und er rang mit sich, ob er zu Dumbledore gehen und ihm die Wahrheit sagen sollte. Dumbledore hatte viel für ihn getan, doch letztendlich schwieg er und deckte damit Sirius' unmögliches Verhalten. Remus hätte sich drauf rausreden können, dass sie Kinder waren und es nicht besser wussten, doch er wusste schon damals, dass es nicht richtig war. Seine Angst von seinen Freunden verlassen zu werden war jedoch größer als sein Gerechtigkeitsempfinden.
Zu Beginn des Schuljahres hatte Remus erneut überlegt, ob er Dumbledore einweihen sollte. Drei seiner Freunde waren tot und der letzte, verbliebene war ein flüchtiger Verbrecher. Remus haderte mit sich selbst in dieser Sache. Wieder einmal. Es war also durchaus seine eigene Schuld, dass Severus ihn verdächtigte. Hätte er gewusst, dass Sirius sich in ein Tier verwandeln konnte, dann hätte sich die Frage wie er ins Schloss gekommen war gar nicht gestellt. Dementoren konnten Menschen über Meilen hinweg ausmachen. Tiere jedoch bereiteten ihnen Schwierigkeiten. Sie gehörten nicht zu ihrem Beutespektrum und waren schlicht uninteressant. Vermutlich hatten die Dementoren den großen, schwarzen Hund nicht einmal wahrgenommen als er ins Schloss spazierte.
Am nächsten Morgen saß Remus im Büro des Schulleiters. Er wusste, dass er kränklich und schwach wirkte, allerdings war es dank des Wolfsbanntranks nicht so verheerend wie nach einer richtigen Verwandlung. Es ging ihm auf lange Sicht also tatsächlich besser als sonst. Remus saß in einem der Sessel vor dem Kamin. Severus stand mit vor der Brust verschränkten Armen da und warf ihm immer wieder einen finsteren Blick zu. Dumbledore ging im Zimmer auf und ab, während er redete und Minerva saß etwas verloren auf dem Sessel ihm gegenüber. Sie sinnierten darüber wie Black ins Schloss gekommen war und was er ausgerechnet im Gryffindorturm suchte. Remus' Gewissen nagte einmal mehr an ihm. Warum nur konnte er nicht einfach den Mund aufmachen? Warum hütete er das Geheimnis seiner toten Freunde? Und Sirius? War er ihm das schuldig? Er wusste doch nicht einmal, ob sein Freund noch derjenige war, von dem er glaubte, ihn gekannt zu haben.
„Vielleicht sollten wir Harry die Wahrheit sagen.“, meldete Remus sich irgendwann zu Wort. Minerva sah ihn an als habe er den Verstand verloren.
„Oh ja, Lupin, das wird ein tolles Gespräch! Ach übrigens, Harry, Sirius Black ist dein Pate und hat deine Eltern verraten. Er will dich zwar umbringen, aber sonst ist alles gut.“, entgegnete Severus sarkastisch.
„Bei deiner Sensibilität würde es bestimmt so ablaufen.“, erwiderte Remus.
„Nein!“, sagte Dumbledore strikt. „Es gibt einen Grund warum ich den Jungen bisher nicht eingeweiht habe. Es würde ihn nur anstiften etwas Dummes anzustellen.“
„Überhaupt, warum sollte das für Harry relevant sein?“, fügte Severus hinzu. „Oder meldet sich da nur dein alter Familiensinn zu Wort?“
„Ich denke nur, dass er die Wahrheit verdient, nach allem, was vorgefallen ist. Davon abgesehen wird er es früher oder später sowieso erfahren.“, antwortete Remus.
„Ist das eine Drohung?“, fragte Severus.
„Es ist ein Wunder, dass er es noch nicht weiß! Hast du mal einen Blick in die Zeitung geworfen?“, erwiderte Remus.
„Genug!“, ermahnte Dumbledore sie beide. „Severus hat recht. Harry hat keinen Grund es zum jetzigen Zeitpunkt wissen zu müssen. Und ich möchte, dass ihr beide folgendes berücksichtigt: Sirius Black ist nicht mehr der Junge an den ihr euch zu erinnern glaubt. Im Guten wie im Schlechten. Er saß zwölf Jahre in Askaban. Das verändert den Menschen. Wer weiß zu welchen geistigen Deformationen das bei Sirius geführt hat. Vielleicht stimmt es und er ist verrückt. Es wäre absolut im Rahmen des Möglichen. Keiner von uns weiß wozu er fähig ist in diesem Zustand. Harry wird es erfahren, Remus, aber nicht solange die Situation derart unübersichtlich ist.“
Remus hatte mit so einer Antwort gerechnet. Sie hatten vor dem Schuljahr, nachdem bekannt wurde, dass Sirius aus Askaban geflohen war, lange darüber diskutiert, ob sie Harry einweihen sollten. Schon damals war Albus jedoch der Meinung gewesen es sei besser für Harry nichts zu wissen. Worin Dumbledore ausnahmsweise einmal mit dem Zaubereiminister einer Meinung war.
Nach ihrer Besprechung fühlte sich Remus elendig. Er ging in seine Räumlichkeiten und legte sich vor den Kamin auf die Couch und breitete noch eine dicke Wolldecke über sich aus. Das Einzige, was er in diesem Zustand tun konnte war zu schlafen. Sein Körper brauchte gefühlt jedes Mal länger um sich zu regenerieren. Der Werwolf laugte ihn aus. Er alterte schneller und überhaupt würde er irgendwann daran sterben. Der natürliche Tod eines Werwolfes war es vor Erschöpfung zusammen zu brechen. Irgendwann hätte sein Körper keine Kraft mehr, um die ständigen Transformationen zu bewältigen. Es war ein elendiges dahinsiechen. Es wäre gelogen zu sagen, dass man sich irgendwann daran gewöhnte. Diese Krankheit brachte ihn jedes Mal aufs Neue an seine physischen und psychischen Grenzen.
Remus lag auf dem Sofa und döste. Es war kein richtiger Schlaf. Wie jemand, der von einer heftigen Grippe attackiert wurde kam man nicht in den Tiefschlaf, sondern befand sich mehr in einer Art oberflächlichen Delirium.
„Remus“, hörte er plötzlich eine vertraute und dennoch seltsam entfremdete Stimme.
Müde öffnete er die Augen und erblickte die schillernde, weiße Gestalt eines Wolfes. Mit einem Mal war Remus hellwach. Er hatte diesen Patronus seit vielen Jahren nicht mehr gesehen.
„Wir müssen reden.“, sagte der Wolf. „An unserer alten Stelle im Wald.“
Die Gestalt zerfiel in einen weißen Nebel und verschwand. Remus setzte sich auf. Hatte er sich das im Halbschlaf nur eingebildet? Nein, der Patronus war echt gewesen. Sirius' Patronus. Er wollte mit ihm reden? Jetzt? Ihre alte Stelle? Da kam außerhalb der Heulenden Hütte nur eine bestimmte Lichtung im Verbotenen Wald in Frage. Dorthin hatten seine Freunde Remus manchmal in ihrer Tiergestalt begleitet, wenn er sich verwandelt hatte und sie mit ihm durch den Wald streiften.
Würde er sich mit Sirius treffen, dann wäre sein Verrat an Dumbledore wohl komplett. Remus wusste, dass er es ihm hätte sagen müssen, doch er konnte sich einfach nicht überwinden. Also quälte er sich vom Sofa, warf seinen geflickten Umhang über und machte sich auf den Weg in den Verbotenen Wald. Wenn ihn jemand fragte, was Remus hier draußen wollte, dann antwortete er einfach er müsse frische Luft schnappen. Hagrid und einige der anderen Lehrer waren so leicht zu beschwichtigen. Problematischer würde das Ganze bei Snape. Daher achtete Remus darauf, dass ihn ja niemand sah. Erst recht nicht sein mürrischer, ewig misstrauischer Kollege.
Als Remus die Lichtung erreichte war er allein. Er setzte sich auf einen alten Baumstumpf. Dieser Spaziergang hatte ihm viel Kraft gekostet. Für einen Augenblick überlegte er, ob er sich im Delirium nicht vielleicht doch alles nur eingebildet hatte. Dann jedoch trat ein großer, schwarzer Hund aus dem Unterholz. Er sah noch genauso aus wie früher. Innerhalb eines Augenblicks verwandelte sich der Hund in einen Menschen. Wie Remus schien er gealtert, doch sein langes, schwarzes Haar und die Gesichtszüge ließen vermuten, dass er in Wirklichkeit noch sehr jung war. Er trug die abgewetzte, graue Gefängniskleidung von Askaban über die er einen mindestens ebenso schäbigen, schwarzen Umhang gezogen hatte.
Remus atmete tief. Sirius hatte ihn also wirklich gerufen.
„Du weißt hoffentlich, dass ich ein enormes Risiko eingehe, wenn ich mich mit dir treffe.“
„Das ist mir klar, aber ich fürchte, es ging nicht anders.“, erwiderte Sirius und seine Stimme klang so eigenartig tief, dass sie zunächst völlig fremd wirkte. „Wie du sicher weißt, war mein gestriger Auftritt nicht gerade von Erfolg gekrönt.“
„Hmpf.“, machte Remus.
„Ich weiß, dass du keinen Grund hast mir zu vertrauen. Nicht nachdem, was geschehen ist, aber ich hoffte du hilfst mir vielleicht trotzdem.“
„Helfen? Wobei?“, fragte Remus misstrauisch.
Sirius griff in die Innentasche seines Umhangs und holte einen zerknitterten Zeitungsausschnitt heraus.
„Erkennst du ihn?“, fragte Sirius.
Remus sah sich den Zeitungsausschnitt an. Darin ging es um die Familie Weasley, die eine Reise nach Ägypten gewonnen hatte. Auf dem Foto waren sie mit ihren sieben Kindern vor den Pyramiden zu sehen. Sirius deutete auf einen der rothaarigen Schöpfe.
„Wer? Der Junge?“
„Nein! Auf seiner Schulter! Sieh dir die Ratte an!“, erwiderte Sirius ungeduldig.
Remus sah die Ratte auf der Schulter des rothaarigen Jungen. Er ahnte worauf Sirius hinaus wollte, aber das konnte nicht sein – oder doch?
„Also, ich weiß nicht ...“
„Es ist Peter!“, sagte Sirius laut als würde Remus das Offensichtliche nicht sehen. „Er hat nur eine Kralle! Sieh ihn dir genau an! Es ist so wie ich immer gesagt habe! Er lebt noch und lässt mich dafür büßen!“
„Nehmen wir mal für einen Augenblick an das da ist wirklich Peter Pett-“
„Er ist es!“, fuhr Sirius ihn ungeduldig an.
„Vielleicht.“, entgegnete Remus. „Wolltest du deshalb in den Turm?“
„Ha, glaubst du etwa die Märchen, die das Ministerium erzählt?“, erwiderte Sirius.
„Ich weiß es nicht.“, gab Remus zu. „Nur damit ich das richtig verstehe: Wir haben uns seit zwölf Jahren nicht gesehen. Du sitzt für den Mord an unseren besten Freunden und bist aus dem Gefängnis ausgebrochen, weil du glaubst die Ratte des Jungen sei Peter?“
„Seit wann bist du denn so begriffsstutzig?!“, ereiferte sich Sirius. „Ich würde Peter immer erkennen! Verstehst du nicht? Das beweist, dass der kleine Bastard noch am Leben ist und ich unschuldig bin!“
„Lass mich raten? Ich soll dir die Ratte besorgen? Und dann? Was?“, fragte Remus.
„Dann bring ich es zu Ende, was denn sonst?!“, sagte Sirius.
„Warum?“, wollte Remus wissen.
„Er hat James und Lily verraten. Ich weiß, alle dachten ich sei es gewesen. Wir hatten einen Spion im Orden, aber ich war es nicht. Es war Peter. Im Nachhinein war es logisch. Für andere war er immer unsichtbar. Niemand dachte an ihn.“
„Moment ...“, stutzte Remus. „Du warst der Geheimniswahrer! Wie hätte Peter ...“
Doch dann ging ihm ein Licht auf.
„Du hast den Platz mit ihm getauscht?“
„Ich hielt es für brillant. Schon damals wusste ich, dass niemand auf Peter kommen würde. Er war zu unscheinbar. Sollte Voldemort doch mir hinterher jagen. Ich war ja offensichtlich der beste Freund von James. Mein größter Irrtum, Remus. Weißt du noch wie wir uns damals alle gegenseitig verdächtigten? Weil keiner wusste wer der Spion war? Und ich Rindvieh habe ihm James und Lily geliefert!“
„Es geht hier also um mehr als um deine Unschuld?“, sagte Remus. „Warum so, Sirius? Du hättest ohne Probleme in die Schule marschieren und Dumbledore Bescheid geben können?“
„Und dann was? Darauf hoffen, dass der alte Mann mich nicht dem Ministerium ausliefert?!“, erwiderte Sirius gereizt.
„Ich könnte für dich mit ihm reden.“, bot Remus ihm an. „Aber Blutrache? Wo soll das deiner Meinung nach hinführen? Es macht alles nur schlimmer.“
„Du wirst mir also nicht helfen?“, schloss Sirius.
„Das habe ich nicht gesagt. Du hörst mir nicht richtig zu! Ich an deiner Stelle würde mich erst mal bedeckt halten.“, entgegnete Remus.
„Wenn du mit Dumbledore redest, dann ist das mein Todesurteil!“, sagte Sirius. „Ich gehe nicht zurück nach Askaban! Niemals!“
„Dumbledore war nie von deiner Schuld überzeugt, Sirius. Wenn einer dir helfen kann, dann er.“, antwortete Remus. „Wenn du noch ansatzweise derjenige bist, der du einmal warst, dann bitte ich dich mir zu vertrauen.“
Sirius brummte etwas in sich hinein.
„Hast du Dumbledore je davon erzählt?“, fragte er schließlich.
„Von den Animagi? Nein. Aber vielleicht muss ich das jetzt. Ich bin es vermutlich schon viel zu lange schuldig.“, entgegnete Remus.
„Nun gut, ich warte hier. Bin ein braver Hund. Ich hoffe nur du weißt, was du da tust.“, sagte Sirius.
„Das hoffe ich auch.“
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Albus Dumbledore saß wie jeden Abend hinter seinem Schreibtisch und trank noch ein Gläschen Portwein als es an der Tür klopfte.
„Herein!“, rief er.
Zu seiner eigenen Überraschung war es Remus, der eintrat. Er sah beinahe noch schrecklicher aus als bei ihrer Besprechung heute Morgen.
„Sie sollten sich hinlegen.“, meinte Albus zu ihm. „Sie sehen aus als würden sie jeden Moment umkippen.“
„Es geht schon noch.“, beschwichtigte Remus ihn. „Ich bin hier, weil ich ein Geständnis machen muss. Bezüglich mir und Sirius Black.“
Albus wurde hellhörig.
„Wie darf ich das verstehen?“, fragte er.
„Sirius hat mich kontaktiert und ich bin seiner Bitte ihn zu treffen nachgekommen.“ Remus fuhr sich mit der Hand durch die Haare. „Allerdings gibt es da noch etwas von dem sie vermutlich nichts wissen. James, Sirius und Peter sind oder besser waren Animagi. Noch zu meiner Schulzeit sind sie zu welchen geworden. Verboten und unregistriert.“
„Das würde einiges erklären.“, sagte Albus. „Etwa wie er ins Schloss gekommen ist ohne die Dementoren zu alarmieren.“
„Ich wollte es Ihnen sagen. Wirklich, aber ich ...“
„Sie fühlten sich noch immer ihren Freunden verpflichtet.“, beendete Albus den Satz. „Und was hat Mister Black bei Ihrem Treffen gesagt?“
„Er behauptet Peter Pettigrew würde noch leben und er sei unschuldig.“, antwortete Remus. „Als er hier eingebrochen ist da wollte er sich sozusagen den Beweis unter den Nagel reißen.“
Albus schwieg für einen Augenblick. Er hatte nie geglaubt, dass Sirius zu Voldemort übergelaufen war, allerdings machte seine Rolle als Geheimniswahrer der Potters es unmöglich ihn für unschuldig zu halten. Es schien eindeutig, dass er sie verraten hatte.
„Welchen Beweis?“, wollte Albus wissen.
Remus griff in die Innentasche seines Jacketts und holte einen zerknitterten Zeitungsausschnitt heraus. Er deutete auf die Ratte auf der Schulter eines Jungen.
„Er ist überzeugt das hier sei Peter. Deshalb ist er überhaupt erst ausgebrochen.“, sagte Remus.
Albus sah sich das Bild näher an.
„In welche Tiere haben sich Ihre Freunde verwandelt?“, fragte er.
„James war ein Hirsch, Sirius ein Hund und Peter eine Ratte. Sirius glaubt das sei Pettigrew, weil ihn eine Kralle fehlt. Seiner Meinung nach hat er das Massaker damals inszeniert, um unterzutauchen und Sirius die Schuld in die Schuhe zu schieben. Ich weiß, das alles klingt ...“
„Verrückt?“, fragte Albus. Remus nickte. „Keineswegs. Aber das erklärt nicht wie Voldemort vom Versteck der Potters erfahren konnte.“
„Sirius hat den Platz als Geheimniswahrer getauscht. Peter war der Verräter. Ich weiß ehrlich nicht, was ich davon halten soll. Sirius will sich rächen. Er wird vermutlich etwas sehr dummes tun, wenn er ihn in die Finger bekommt. Ich bin hier, weil ich nicht länger darüber schweigen kann, Albus. Bitte helfen Sie mir, ich weiß nicht, was ich tun soll.“
„Eigentlich müsste ich ihn an die Behörden übergeben, aber wie Sie wissen, Remus, gebe ich jedem eine zweite Chance. Wenn es tatsächlich eine Möglichkeit gibt seine Unschuld zu beweisen, dann werde ich sie nutzen. Sagen Sie mir, wo ich ihn finde. Anschließend legen sie sich hin, Remus.“
Remus nickte nur schweigend und zeigte ihm die Stelle im Verbotenen Wald auf einer Karte. Albus wusste, dass es ihm große Überwindung gekostet haben musste ihm die Wahrheit zu sagen. Andere hätten vielleicht geschwiegen, doch zwischen Albus und Remus herrschte immer noch ein Rest an Vertrauen aus den alten Tagen. Andererseits hätte er ihn nie gebeten als Lehrer hierher zu kommen. Er hatte immer geahnt, dass etwas an den Geschehnissen in Godrics Hollow nicht Koscher war. Für Albus ergab die offizielle Version des Ministeriums nie besonders viel Sinn. Jetzt wusste er auch warum.
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Der große, schwarze Hund lag auf der Waldlichtung und kaute an einem morschen Stock herum. Verwandelt waren Sirius' Gedankengänge weit weniger menschlich und tatsächlich eher die eines Hundes. Dann schmeckte ihm auch das alte Holz und verwesendes Fleisch duftete geradezu nach einem Festmahl.
Überrascht sah er auf als Albus Dumbledore zwischen den Bäumen erschien, allerdings ohne Remus. Hatte sein Freund ihm etwa einfach so ihren Treffpunkt verraten? War er eigentlich noch bei Trost?
Sirius begann warnend zu knurren. Dumbledore hob abwehrend die Hände.
„Ich bin hier, um zu reden, Sirius. Schon erstaunlich. Es ist wirklich hohe Magie sich in die Gestalt eines Animagus zu begeben. Unfassbar, was dabei alles schief gehen kann. Und dann schaffen es drei Schüler auch noch vor meiner Nase und sie alle halten über Jahre dicht. Das ist echte Freundschaft, die sie Remus aber auch untereinander erwiesen haben.“, sagte Dumbledore.
Sirius ließ den Stock liegen und erhob sich. Er verwandelte sich vor den Augen des Direktors in den Mann, der er heute war.
„Remus hat es Ihnen also erzählt?“, erwiderte Sirius.
„Ja, alles.“, antwortete Dumbledore. „Warum diese Scharade? Du dachtest wohl, dass es nach all den Jahren in Askaban ohnehin egal wäre, wenn du den Mord, für den du verurteilt wurdest, auch tatsächlich begehst?“
„Ich nehme an Sie wissen wie es in Askaban ist. Als ich das Foto sah hatte ich nur einen Gedanken, ich wollte Peter für das zur Rechenschaft ziehen, was er uns allen angetan hat!“, entgegnete Sirius.
„Ich nehme an, es ist tatsächlich recht einfach aus dem Gefängnis zu entkommen, wenn einem die Wachen nicht wahrnehmen können, oder?“, fragte Dumbledore.
„Mir mangelte es lange am Willen. Ich dachte nichts hätte noch einen Sinn. Niemand wusste, dass ich mit Peter getauscht hatte. Wie hätte ich meine Unschuld beweisen sollen? Und dann kommt ausgerechnet Cornelius Fudge wie ein Wink des Schicksals zu mir! Leiht mir seine Zeitung. Hat gezittert wie Espenlaub. Dachte wohl ich mach einen auf ruhiger Psychopath.“, sagte Sirius und lachte hohl.
„Sirius, ich bin hier um dir zu helfen, aber das geht nicht solange du mit Mordphantasien ins Schloss einbrichst.“, antwortete Dumbledore.
„Ich war vermutlich etwas grob.“, meinte Sirius.
„Das auf alle Fälle.“, stimmte Dumbledore ihm zu. „Ich kann dich nicht beschützen solange die Dementoren hier sind, aber ich kann dir helfen deine Unschuld zu beweisen.“
„Dann bringen Sie mir die Ratte!“, forderte Sirius.
„Nein.“, entgegnete Dumbledore strikt. „Du weißt, dass ich das nicht tun kann. Du würdest ihn umbringen. Ich kann deinen Zorn verstehen, aber er hilft weder dir noch mir.“
„Soll ich etwa mein Vertrauen in die Gerichtsbarkeit des Ministeriums setzen und hoffen, dass sie Peter seine wohlverdiente Strafe auferlegen?“, fragte Sirius finster.
„Du willst, dass das Ministerium dich für unschuldig erklärt? Dann musst du ihm aber auch einen Grund dazu liefern. Bisher ist dein Verhalten nicht besonders vertrauenerweckend.“, ermahnte Dumbledore ihn.
„Ich bin es leid zu warten!“, knurrte Sirius.
„Du hast zwölf Jahre gewartet, da schaffst du auch noch ein bisschen mehr.“, entgegnete Dumbledore.
Sirius atmete tief. Er wusste, dass Dumbledore ein harter Verhandlungspartner war.
„Sie müssen mir versprechen, dass Sie Peter schnappen und das ich dabei bin, wenn er sich zurück verwandelt! Ich will sein Gesicht sehen!“
„Diese Rachegelüste vernebeln deinen Verstand.“, meinte Dumbledore. „Außerdem, würdest du wollen, dass Harry dich nur als Mörder sieht?“
Sirius schwieg. Ihm war klar, dass Dumbledore diese Karte irgendwann ausspielen würde. Er hatte den Jungen ein paar Mal auf dem Gelände gesehen. Zunächst war er völlig von der Rolle als er sah, dass der Sohn von James Potter ein Slytherin war. Andererseits, Sirius war ja auch der einzige Gryffindor in einer langen Linie von Slytherins. Ausreißer waren sie. Immer für Überraschungen gut.
„Was weiß der Junge über mich?“, fragte Sirius schließlich.
„Nichts. Ich dachte, du willst es ihm vielleicht selbst sagen.“, erwiderte Dumbledore.
Sirius lächelte schief. Der alte Mann wusste schon genau wie er ihn an der Angel hielt.
„Es wird am Besten sein, wenn du dich hier im Wald versteckst bis ich alle Vorbereitungen getroffen habe. Und bitte tu nichts Unvernünftiges.“
„Ich bin ein lieber, braver Hund.“, erwiderte Sirius.
„Das will ich hoffen.“, meinte Dumbledore und nickte ihm zu. Er wandte sich von ihm ab und ging von dannen. Sirius sah ihm hinterher bis er zwischen den Bäumen verschwand.