Diejenigen die Pit sicher aus der Höhle eskortiert haben, entfernen sich allmählich von ihm. Sie sind die vermummten, dunklen Gestalten, die auch einst die Professorin aufgegriffen hatten. Unter ihren Kutten sind teilweise die rot-weißen Farben zu erkennen, die der Polizei in Vanitas Hollow gleichen. Anscheinend teilen sich diese mit den Wachen der Höhle die ein und dieselbe Arbeit. Nur noch ein schwaches, flackerndes Licht erhellt das Gesicht von Pit‘s Mutter, was mit Tränen benetzt ist. „Bleib stark und zuversichtlich!“, flüstert sie ihrem Sohn noch ein letztes Mal zu, bevor die anwesenden Aufseher die Familie voneinander trennt. „Ab hier bist du auf dich allein gestellt! Folgst du uns, wirst du nicht nur von den wilden Pokémon angegriffen, sondern auch von uns. Sei dir im Klaren, dass dich niemand beschützen wird … Du bist in Vanitas Hollow nicht mehr willkommen!“, wird dem traurigen Jungen noch einmal deutlich gemacht, bevor die letzte, verbliebene Person mit den anderen wieder in die tiefe Dunkelheit der Höhle zurückkehrt, aus der sie ursprünglich kam. Pit weiß, dass es von jetzt an kein Zurück mehr gibt, auch wenn er wieder bei seiner Mutter sein will. Was tut er jetzt? Sein Inneres wirkt zerrüttet und dennoch ruhig. Die Begegnung mit Pokédeath hat seine Gefühle verrückt spielen lassen. All die Ereignisse, die in der kurzen Zeit stattfanden, waren sicherlich zu viel für sein junges, unschuldiges Herz. Er wollte doch immer nur mit den Pokémon und den dort lebenden Menschen spielen, als auch glücklich sein. Und jetzt? Jetzt wurde er verbannt. Man schikanierte ihn zuvor sogar, genauso wie seine beste Freundin. Pauline …, was ist mit ihr? Als Pit an sie denkt, spürt er einen eisigen Hauch, der aus der Fluchhöhle zu kommen scheint. Er will sich das genauer ansehen, aber er darf nicht. Stattdessen wartet er einen Moment ab. Aber dann, nach nur ein wenig Wartezeit, schwebt das Frosdedje – just wie gerufen – an seine Seite zurück. „Pauline?!“ Erleichtert umarmt Pit seine geisterhafte Freundin. „Ich dachte schon sie haben dich gefangen.“ Das Frosdedje erwidert die Umarmung des Jungen, bevor sie beide Hand in Hand in eine der Richtungen gehen. Noch ist es Nacht, doch langsam ist in der Ferne ein Licht zu erkennen. „Wa-Was ist das? Ist das ... die Sonne?!“, fragt der Junge das untote Pokémon verblüfft. Händchenhaltend bleiben sie mitten im Weg stehen, um sich den Sonnenaufgang zum ersten Mal in ihrem Leben gemeinsam anzusehen. Ein atemberaubender Anblick, der jedoch nicht lange währen soll. „Glut!“, ruft es aus dem Hintergrund. „Pauline?!“ Sie wurde von den heißen Flammen eines Pokémon erwischt. Einfach so? Es ist ein Hinterhalt. Aber wer tut so etwas Schlimmes? „Aufhören!“, fordert der frisch verbannte Junge die dafür verantwortliche Person auf. „Oho, hat man dir nicht gesagt, dass kleine Kinder nicht ohne Mutti und Pappi herumlaufen dürfen?“, fragt eine Frau in grauer Uniform den Jungen. Das was den Glut-Angriff eingesetzt hat, ist ein Schneckmag, was sich an ihrer Seite befindet. Dieses schneckenartige Lava-Pokémon erwartet den nächsten Befehl seiner Herrin. „Was machst du da? Spielst du wieder mit kleinen Kindern?“, fragt ein junger Mann die angreifende Frau. Sind sie etwa zu zweit? „Japp, pass auf: Glut!“ Noch einmal trifft das Schneckmag das jammernde Frosdedje. „HÖR AUF! Wieso tust du das?!“ „Wieso? Ahahaha, weil es Spaß macht. Du dummer Junge. Wer hat dich denn rausgelassen? Und jetzt schieb deine Pokémon rüber! Wird’s bald?!“ „Mach besser, was sie sagt! Du merkst ja, wie gruselig sie werden kann.“ „Ach, halt doch die Klappe!“ Was soll Pit jetzt machen? Frosdedje ist verletzt und sie sind zu zweit. Stark und zuversichtlich … Nein, er kann diesen gemeinen Gestalten seine Pokémon nicht überlassen. Mutig holt Pit sein Gramokles hervor. „Hey, was soll das?! Wenn du dich wehrst, machst du es nur noch schlimmer, Kleiner! Weißt du denn nicht, wer wir sind?“ Nein, denn diese grauen Uniformen sieht das verbannte Kind aus Vanitas Hollow zum ersten Mal. Dabei weiß so ziemlich jede Person auf ganz Adal, wer diejenigen sind, die ständig Ärger mit sich ziehen. „Lass mich das erledigen. Ich verpasse erst seinem Pokémon und dann ihm eine ordentliche Abreibung.“, meint der gewaltbereite Kerl zu seiner Partnerin, die erheitert auflachen muss. „Ja, zeig es dem Bengel!“ „Na los, Sleimok!“, ruft er seinem breiten, schleimigen Gefährten zu, nachdem er es aus seinem Pokéball entlässt. Ein Sleimok? So etwas existiert in Vanitas Hollow nicht, genauso wie dieses feurige Schneckmag. „Schlammbad!“ Es spuckt eine glibberige, giftige Masse auf das Gramokles. „Bei Arceus, bist du blöd!“ „Hä, was denn?“ „Ist das da nicht ein Stahl-Pokémon? Das juckt es doch nicht!“ Das Gift tropft vom Körper des Schwert-Pokémons herab, bevor es von seinem Trainer aufgefordert wird anzugreifen. „Aero-Ass!“ Mit einem Mal hebt sich das Gramokles in die Luft, um das Sleimok von oben zu attackieren. „Ein Treffer?!“ „Netter Versuch, aber mein Sleimok hält so einiges aus.“ Es hat das Gramokles gepackt?! „Lass ihn los!“, fordert Pit denjenigen auf, der das Gramokles durch sein Sleimok in der Gewalt hat. „Hey, hey du stellst hier keine Anforderungen, klar?!“, meint die Frau zu dem Kind, die auf ihr Schneckmag und das verletzte Frosdedje zeigt. „Sei jetzt brav und dir und deinen Pokémon passiert nichts. Rück die Bälle raus, aber flott!“, verlangt diejenige mit einem selbstgefälligen Lächeln im Gesicht. Pit kann nichts machen. Er fühlt sich so hilflos, genauso wie die letzten Male zuvor … Was soll er jetzt bloß tun? „Blizzard!“ Auf einmal erstarrt die Luft zu Eis und ein mächtiger Schneesturm bildet sich, der sowohl die Pokémon, als auch die unfreundlichen Trainer hinwegzufegen droht. „Ihr solltet euch wirklich schämen, einen kleinen Jungen zu bedrohen!“, ertönt es, als eine in weiß gekleidete, maskierte Gestalt auftritt, die mit ihren funkelnden Akzenten, samt ihrem Umhang überzeugen kann. Außerdem hockt ein kleines Larven-Pokémon auf deren Schulter. Wer oder was ist das? Diese Person wirkt wie ein Held. „Efah, nochmal!“, befehligt er das umherfliegende, elegante Mottineva. „A-Argh?!“ „Woher kommt der denn?!“ Es friert sogar die beiden Schurken mit ein?! Diese Eismotte wirkt plüschig und harmlos, aber das scheint zu täuschen. „Das ist die Chance deine Pokémon zurückzuholen!“, erklärt der mysteriöse Mann dem Kind, was wie angewurzelt dasteht. Nach gewissem Zögern kann es immerhin das Gramokles zurückrufen. „Was ist mit dem Frosdedje? Ist es nicht dein Pokémon?“, fragt der Held besorgt. „Nicht?“ „Doch, aber … es ist frei.“ „Frei?! So kann es sich unmöglich ausruhen oder in ein Pokémon-Center. Außerdem können andere Trainer es fangen. Du solltest es fangen und zwar JETZT! Wenn nicht, wirst du es früher oder später garantiert bereuen.“, gibt er Pit den deutlichen Hinweis. Mit einem Finsterball in der Hand begibt sich der Junge zu dem verletzten Frosdedje, zu dem er sich hinhockt. Flüchtig rasen ihn die schlimmen Erinnerungen in der Siegel-Höhle durch den Kopf, den er reflexartig schütteln muss. „Eh?! Es tut mir leid! … Es tut mir leid, aber er hat gemeint ich soll es tun … Ich hoffe das ist okay?“ Pauline regt sich kaum. Nur ihre müden Augen blicken zu ihrem Freund, der sie mit der Hilfe von Pokédeath zurückholen konnte. In Gedanken vertieft starrt der Junge den Finsterball in seinen Händen an.
Der Junge und der maskierte Mann sind augenblicklich weitergezogen. Ein dichtes Versteck im Wald verbirgt die beiden Trainer vor neugierigen Blicken, als auch Ohren. „Was hast du dir dabei gedacht?“ Pit schweigt, als er seine frisch gefangene Freundin als Finsterball in den Händen hält. „Hrm, wie auch immer. Deine Kleidung: sie ist auffällig. Du siehst aus wie ein Schneppke, was in einen Farbeimer gefallen ist. Du musst sie wechseln! Insbesondere wenn du hier draußen überleben willst.“, gibt der freundliche, jedoch auch harsch wirkende Mann Pit den Rat. „…Tut mir leid, dass ich gleich so über dich herfalle. Aber wir wissen wer und was du bist und wir haben zudem keine Zeit zu verlieren. ‚Team G.A.S.‘ sind nicht die Einzigen, die es auf dich und deine Pokémon abgesehen haben. Aber das verstehst du bestimmt noch nicht.“ „Do-Doch, ich verstehe es! Es ist Pokédeath, nicht wahr?!“, meldet sich Pit zu Wort. „Also ist es dir bewusst? Ich bin hier um dir zu helfen.“ „Wieso?“ „Hast du es denn nicht gemerkt? Als unerfahrener, junger Trainer hast du keine Chance in der Wildnis zu überleben.“ „Aber ich suche eh die nächste Stadt.“ „Und dann? Fragst du jemanden, der Aura kennt? So hätte es sicherlich deine Mutter gewollt. Aber ich kann dir nur eines sagen: Lass es!“, fährt der Maskierte fort. „Du … Du bist kein Held!“ „Was?“ „Ich dachte, du würdest mir helfen …“, spricht Pit enttäuscht aus, als er sich erhebt und kurz davor ist wegzulaufen. „Ich helfe dir, indem ich dir die Wahrheit über diese Welt erzähle. Sei nicht so undankbar, Junge! … Hach, wie auch immer. Wie ist dein Name?“ Pit bleibt immerhin, aber schweigt. Derjenige müsste doch wissen, wie er heißt, oder? Andererseits weiß der Sohn von Aura selbst nicht einmal mehr, wie er genannt werden will. Sein alter Name hatte ihm immer nur Probleme bereitet. „Wenn du es mir nicht sagen willst: auch gut. Du solltest dir gut überlegen, wie du genannt werden willst. Deinen alten Namen solltest du von nun an nicht mehr nutzen.“ „Na gut … Und wie heißt du?“ „Ich? Ich habe keinen Namen, denn ich bin einer von wenigen, die die Pokémon und diese Welt schon seit Ewigkeiten beschützen. Nenn mich ‚Wächter‘, wenn es dich glücklich macht. Und das da auf meiner Schulter ist Rogo.“ Ein neugieriges Fiepsgeräusch kommt Pit entgegen, als er zum Wächter hochschaut und das knubbelige Mabula sich kurz darauf zeigt. „Mein erstes, gefangenes Pokémon. Aber der Fresssack hatte damals einen ‚Ewigstein‘ verschluckt und kann sich seitdem nicht mehr weiterentwickeln. Bis ich das merkte zogen Jahre ins Land. Und ich fragte mich ständig, warum sich Rogo nicht weiterentwickeln kann, tja …“ Vorwurfsvoll blickt der Wächter zu seinem Mabula, bevor er es am Kopf streichelt. „Willst du auch?“, fragt er Pit, der sich schnell traut das madige Käferpokémon zu streicheln, was auf dem Körper seines Trainers regelrecht zu kleben scheint. Durch den Einsatz der Pokémon kann sich vieles verändern. Sowohl zum Positiven, als auch zum Negativen. Der Wächter ist erschienen, um den Sohn von Aura diese Lektionen näher zu bringen … und dessen Überleben in dieser Welt zu sichern.