Kapitel 7 – Jacobs Zimmer
Als sich Tulip und Cody an Jacobs Zimmer trafen, fragten sie sich, was Merula damit meinte, als sie sagte, sie habe bereits das, was sie wollte, aus dem Zimmer geholt.
„Sie lügt!“, offenbarte Tulip Cody, „Wir haben in seinem Zimmer was über die Verliese gelernt, weil wir dort wertvolle Informationen gefunden hatten, aber wir haben nichts mitgenommen! …zumindest denke ich, dass da nichts war…“
Cody fühlte sich seltsam. Noch nie hatte er sich seinem Bruder so nahe gefühlt, seitdem er verschwunden war.
„Hast du dir das gut überlegt, Cody? Vielleicht wird es dir nicht gefallen, was du findest…“
„Ich will alle Informationen sehen, die er über die Verliese gesammelt hat. Hoffentlich kann ich diesen Fluch brechen und herausfinden, was mit ihm geschehen ist.“
Also überreichte Tulip ihm den Schlüssel. Ihm gebührte die Ehre… Cody steckte den Schlüssel ins Schloss. Nun ließ sich die Tür problemlos öffnen. Zu zweit betraten sie das Zimmer. Doch es war so dunkel. Man sah kaum die Hand vor Augen.
„Gibt es Licht im Zimmer meines Bruders?“, fragte Cody. Nur spärlich wurden sie von hinten vom Licht des Flurs beleuchtet. „Ich sehe nichts… Tulip, wo bist du?“
Doch plötzlich apparierte Voldemort vor ihnen. Cody erschrak. „V-V-Voldemort!“
„Lauf, Cody. LAUF!“, schrie Tulip. Voldemort sah ihnen finster nach, als sie aus dem Raum rannten, die Tür hinter sich zufallen ließen und über den Flur eilten. Erst in einiger Entfernung und schwer atmend, fragte Cody: „Wie ist das möglich? Du-weißt-schon-wer… Voldemort… er ist tot!“
Aber Tulip erklärte es ihm unaufgeregt: „Das muss dein Irrwicht sein. In Hogwarts wimmelt es in letzter Zeit davon.“
Da erinnerte sich Cody an den Irrwicht in Kräuterkunde. „Professor Sprout hat den Irrwicht mit Riddikulus in etwas weniger Furchterregenderes verwandelt.“
Tulip wollte sich mit diesem Zauber befassen, damit sie den Irrwicht besiegen konnten. Doch zuvor wollte sie wissen, warum Codys Irrwicht Du-weißt-schon-wer war.
„Tulip Karasu… Cody Bailey…“ Ehe Cody antworten konnte, tauchte Snape an und schaute sie mahnend an. „Ich hätte wissen sollen, dass ich Sie beide hier finden werde. Ihr Bruder war der ungehorsamste Schüler in ganz Hogwarts seit James Potter. Sie übertreffen ihn sogar noch. Halten Sie sich von diesem Korridor fern und stellen Sie Ihre Suche nach den Verliesen ein oder ich sorge dafür, dass Sie sein Schicksal teilen!“
Der Meister der Zaubertränke ging wieder. Tulip fragte Cody, wie er weiter vorgehen wollte. Sein Plan war es, Riddikulus zu lernen – aber sie hatten keine Zeit zu warten, bis dieser Zauber in Verteidigung gegen die Dunklen Künste auf dem Plan stand.
„Falls wir das jemals lernen sollten!“, regte sich Tulip auf. „Der diesjährige Lehrer in Verteidigung gegen die Dunklen Künste ist sogar noch schlimmer als der vom letzten Jahr!“
Doch in der Bibliothek würden sie sicher fündig werden. Dort lernte Rowan gerade über die zwölf Anwendungen von Drachenblut. Penny lobte Cody für den Bombenangriff auf Merula. Sie war erstaunt, dass er nun nicht nach verdorbener Minze roch.
Ein Hufflepuff-Junge konnte beim Lernen kaum die Augen offenhalten. Denn des Nachts gelang ihm das Schlafen nicht wegen zu vieler Alpträume. Daran mussten die Irrwichte schuld sein.
Cody und Tulip fragten Madam Pince um Hilfe. Doch diese räumte gerade das Chaos auf, das der letzte Schüler, der ihre Hilfe brauchte, hinterlassen hatte. Von dieser Abweisung ließ Tulip sich nicht beirren und fragte nach dem Verscheuche-Zauber für Irrwichte, Riddikulus.
„Bücher zur Verteidigung gegen die dunklen Künste sind im hinteren Teil zu finden“, antwortete die Bibliothekarin kühl. „Finden Sie sie selbst. Aber leise.“
Mit Hilfe von Lumos fand Cody in den verblassten Schriftrollen diejenige, welche Riddikulus lehrte. Er freute sich und wurde direkt von Pince zur Ruhe ermahnt. „Tut mir leid, Madam Pince“, flüsterte er.
Tulip schlug vor, den Zauberspruch an einem weniger furchterregenderen Irrwicht als Du-weißt-schon-wem zu testen. Doch bei der Gelegenheit wollte sie nun wissen, warum Codys Irrwicht die Form des Dunklen Lords angenommen hatte.
„Du-weißt-schon-wer hat James und Lily Potter… kaltblütig umgebracht“, brachte er mühsam hervor. „Er hat auch versucht, Harry Potter umzubringen. Ein unschuldiges Baby! Wer würde so etwas Furchtbares tun?“
Plötzlich stand Pince direkt bei ihnen: „Ich habe gehört, was Sie – ziemlich laut! – über die Potters gesagt haben.“ Schnell entschuldigte sich Cody erneut.
Doch die Bibliothekarin war anscheinend in Erinnerungen versunken: „James und Lily haben immer da drüben gelernt. Kein Wunder, dass sie Schulsprecher und Schulsprecherin wurden. Es ist sehr rücksichtsvoll von Ihnen, daran zu denken. Zehn Punkte für Ravenclaw.“
Das kam unerwartet. Cody bedankte sich – und Pince rief ihn umgehend wieder zur Ruhe auf. Nun wollte Tulip Cody aber noch Riddikulus beibringen und zog ihn in ein verlassenes Klassenzimmer. „Ich bringe ihn dir bei und dann probieren wir es an meinem Irrwicht aus. Ben Copper schwört, er habe einen irgendwo in diesem Raum gehört…“
Cody war bereit, sich dem nächsten Irrwicht zu stellen, wenn das nötig war, damit er endlich das nächste Verlies finden und das Rätsel um seinen Bruder aufzulösen.
„Du bist wirklich mutig, Cody. Ich bin froh, dich als neuen Partner im Streichespielen und Fluchbrechen zu haben. Wenn es soweit ist, stelle ich mich vor den Irrwicht. Er wird dann meine größte Angst darstellen. Wenn du Riddikulus zauberst, verwandelt sich der Irrwicht in eine von dir ausgedachte – besonders lächerliche – Form. Aber es ist nicht der Zauberspruch, der die Irrwichte besiegt. Es ist das Gelächter. Egal was passiert, du musst nur lachen.“
Tulip war eine gute Lehrerin. Die besten Sprüche hatte sie sich alle selbst beigebracht. In was sich ihr Irrwicht wohl verwandeln würde? Im Inneren eines Schrankes war bereits Gepolter zu hören. „Nein, nein, nein! Nicht lächerlich genug!“, kommentierte Tulip streng Codys Versuche, „stell dir Einhörner vor! Zischende Wissbies! Fangzähnige Frisbees! Alles was nicht perfekt ist, ist nicht akzeptabel.“
Als sich Cody bereit fühlte, erlaubte Tulip ihm den verschlossenen Schrank zu öffnen „…und halte dich bereit!“
Mit Alohomora öffnete Cody den Schrank und eine Merula in Monster-Form kam heraus. Ihre Augen leuchteten rot, ihre Kleidung war zerfetzt und sie wollte Tulip töten! „Ich war deine Freundin, Tulip!“, warf sie ihr vor, „deine einzige Freundin! Du hast mich verraten! Du bist eine Lügnerin! Diebin! Betrügerin! Kein Wunder, dass dich deine Eltern weggeschickt haben! Ich hasse dich! Du wirst niemals Freunde haben! NIEMALS!“
Verängstigt forderte Tulip Cody auf, endlich den Zauber zu wirken. Mit Hilfe von Riddikulus wurde Merula nun ein ganz braves Mädchen mit Schleife im Haar, Blümchen-Pullunder, Röckchen und Rüschen-Söckchen über den Ballerinas. Die Hände artig auf dem Rücken sagte sie im allerhöflichsten Ton: „Hallo. Ich liebe Regenbögen und Einhörner und Kätzchen und Lutscher! Liebst du auch Regenbögen, Einhörner, Kätzchen und Lutscher?“
Tulip begann schadenfroh zu grinsen. „Regenbögen!“, skandierte Merula gut gelaunt. „Einhörner! Kätzchen! Lollies! Jippieh!“
Das war zuviel. Cody musste lauthals loslachen. Tulip verfiel ebenfalls in Gelächter und der Merula-Irrwicht löste sich auf.
„Gut gemacht, Cody Bailey“, lobte Tulip. „Du hast einen Irrwicht besiegt!“
„Auf eine Art war es genauso furchterregend wie Du-weißt-schon-wer. Ich hoffe, mein Irrwicht wird genauso lächerlich enden“, lachte Cody. „Aber, Tulip… warum war dein Irrwicht Merula?“
„Das muss ich wohl erklären. Wir sollten von hier verschwinden und in der Großen Halle darüber reden.“
Kurz darauf saßen sie am reich gedeckten Abendtisch und Tulip begann sich zu erklären: „Es ist kompliziert, Cody Bailey. Es geht nicht wirklich um sie. Es geht um alles, was ich ihr angetan habe, und um alles, was mir angetan wurde.
Es ist ein Geheimnis, aber Merula und ich sind seit unserer Ankunft in Hogwarts befreundet. Ihre Eltern sind in Askaban, weil sie dem Dunklen Lord gedient haben. Sie waren nie da und sie ist daran gewöhnt, einfach zu tun, was sie will.
Meine Eltern arbeiten beide in der Abteilung für Magische Strafverfolgung. Mein ganzes Leben besteht nur aus Regeln. Als ich nach Hogwarts gekommen bin, konnte ich endlich rebellieren. Merula und ich sind uns trotz unterschiedlicher Herkunft sehr ähnlich. Wir haben zusammen Magie gelernt, Regeln gebrochen und Streiche gespielt. Dann haben wir von den Verwunschenen Verliesen erfahren.
Wir wollten sie zuerst finden, um allen zu zeigen, wie mächtig wir sein können. Aber ich habe sie verraten… Ich habe die gefundenen Hinweise vor ihr versteckt und sie hinter ihrem Rücken verwendet. Ich wollte den Ruhm für mich allein. Als sie es herausgefunden hatte, kämpften wir. Wenn nicht wir Zugang zum Zimmer von Jacob Bailey bekommen, dann auch sonst niemand.
Jede von uns hat einen Schlüssel für das Schloss mit zwei Schlüsseln bekommen und hatten dann nicht mehr viel miteinander zu tun. Zumindest, bis du ihr den Schlüssel abgenommen hast.“ Tulip seufzte. „Sie hasst mich zurecht. Sie hat Recht damit, dass ich keine Freunde habe, weil ich es nicht verdient habe.
Ich habe keine Angst vor Merula. Ich habe Angst, andere zu verraten, die meine Freunde sein wollen…“
Je mehr sie redete, desto niedergeschlagener wirkte sie. Cody versuchte sie aufzubauen: „Jeder macht Fehler, Tulip. Ich bin froh, dass du meine Freundin bist.“
„Danke, Cody Bailey. Genug meiner Klagen. Lass uns das Zimmer deines Bruders öffnen und das nächste Verwunschene Verlies suchen.“
Doch in dem Zimmer war nur Dunkelheit. Cody musste Lumos wirken, damit sie erkennen konnten, ob der Irrwicht noch da war oder ob er verschwunden war. Ehe er aber den Lichtzauber vollenden konnte, erschien Lord Voldemort persönlich vor ihm und grinste ihn an.
„Sei tapfer, Cody Bailey!“, sagte Tulip.
„Ich habe keine Angst vor dir!“, nahm Cody all seinen Mut zusammen.
Der Dunkle Lord begann die Todesformel: „Avada…“
„Jetzt! Sprich den Zauber!“, rief Tulip.
„Riddikulus!“
Voldemort sprang auf und hatte nun ein Clowns-Kostüm an. Unter seinem finsteren Umgang trug er einen gelbrot-gestreiften Einteiler mit lila Bommeln auf Bauch und Brust. Eine flauschige pinke Perücke bedeckte seinen sonst kahlen Kopf. Außerdem hatte er das Gesicht mit übergroßen Augen und einem freundlich lächelnden Mund geschminkt.
„Hä?“, machte er, fing dann aber einen kecken Beatbox-Beat an. Tulip konnte noch nicht lachen. „Ein Clown?“
„Er ist Du-Weißt-Hoppla“, fügte Cody an. „Er, der nicht ernst genommen werden darf.“ Dann musste Tulip doch lachen und der Irrwicht löste sich in Wohlgefallen auf. „Das war genial! Gut gemacht, Cody Bailey!“
„Ich kann nicht fassen, dass ich Voldemort besiegt habe! Ich meine, Du weißt schon wen. Ich meine… einen Irrwicht.“
„Du bist genau wie Harry Potter!“, kam von Tulip das größtmögliche Lob.
Aber es war noch immer so dunkel, dass sie kaum die Hand vor Augen sehen konnten. Beide wirkten Lumos auf ihre Zauberstäbe und brachten Licht ins Dunkel. An einer Pinnwand steckten viele Infos und Fotos. In einer Ecke stand ein abgedeckter Sessel. Überall lagen Papiere auf dem Boden.
Der Irrwicht hatte für ganz schön Unordnung gesorgt. Tulip meinte allerdings, dass es schon so ausgesehen habe, als sie mit Merula hier war. „Ich denke, dein Bruder war zu beschäftigt mit den Verwunschenen Verliesen, um aufzuräumen. Meiner Meinung nach hat Chaos schon etwas Ästhetisches.“
Nun wollte Cody aber endlich einen Hinweis auf das nächste Verwunschene Verlies finden. Auf einer Karte des Schlosses waren viele Reißzwecken befestigt. Jacob muss geglaubt haben, dass das Schloss und die Umgebung voller Verliese waren. Selbst gezeichnete Bilder von Seegras waren auch zu finden. Und unter einem Papierstapel lag ein Buch, das Jacob selbst geschrieben haben könnte.
Auf einer Notiz las Cody: „Als sich zum ersten Mal jemand am Verlies zu schaffen gemacht hat, war die Bibliothek voller Irrwichte. Das Verlies muss dort sein.“ Doch in der Bibliothek waren Hunderte von Regalen. Wo sollten sie bloß den Eingang finden? Cody wollte all seine Freunde mobilisieren, um die Bibliothek zu durchsuchen. Tulip blieb hier, um im Chaos weitere Informationen zu finden.
Besenflugunterricht: Looping
„Willkommen zu den Besenflugstunden. Heute lernen Sie, wie man einen Looping dreht. Zu den Besen! Ein gut gepflegter Besen ist ein schneller Besen. Auf zur Besenpflege!“
Mit Besenpflege kannte Cody sich inzwischen aus. Wo hatte er nur beim letzten Mal seine Werkzeuge hingelegt? Merula war keine große Hilfe. Wenn es nur einen Zauber geben würde, um sie erträglicher zu machen.
Im Folgenden demonstrierte Hooch die richtigen Besentechniken. Fliegen war fast wie Laufen – nur viel schwieriger und gefährlicher. „Es wäre echt schade, wenn du abstürzen würdest, Bailey“, flüsterte Merula Cody zu.
Rowan steckte seine Nase an den Besenstiel. „Aaaah, dieser Besen riecht nach Zuhause.“ Mal wieder passte kaum jemand auf, obwohl Hooch verlangte, dass die Schüler sich die Namen Sauberwisch, Komet und Nimbus merkten.
Trotzdem durften nun die Schüler auf die Besen steigen und sich mit ihnen vertraut machen. Cody übte die Faultierrolle, während Rowan von seinem Besen ziemlich durchgeschüttelt wurde. Ob es Snape als Schüler ähnlich erging?
Für die heutige Übung mussten sie vor allem das Gleichgewicht trainieren. Erst dann durften sie die Kehrtwende – das deutsche Äquivalent zum Looping ausprobieren. Cody flog hoch in die Luft, flog über die Köpfe seiner Mitschüler und drehte sich dann seitwärts um die eigene Achse. Wieder einmal ein neues Manöver gelernt.
Verwandlung: Eule zu Opernglas
„Heute lernen Sie, eine Eule in ein Opernglas zu verwandeln. Alles dreht sich um die Augen.“ Mit diesen Worten begann Professor McGonagall den Verwandlungsunterricht. „Ich beginne mit der Vorführung. Sagen Sie mir nach: Strigiforma!“
Die Ravenclaws und Hufflepuffs der dritten Klasse sagten das Wort im Chor nach, ehe McGonagall eine echte Eule in ein Opernglas verwandelte. „Richten Sie Ihre Zauberstabspitze auf das Ziel Ihres Zaubers“, beschrieb sie dabei ihre Bewegungen. Gerade im Umgang mit lebenden Tieren musste die Kraft des Zauberstabs fehlerlos angewendet werden.
Es sollte nicht überraschend sein, dass Cody es nach dem Einprägen beider Elemente und dem genauen Studieren der Vorführung ebenfalls schaffte, das gefiederte Tier in das Fernglas für den kultivierten Opern-Besucher zu verwandeln.
Berühmt in der Zaubererwelt
„Ich hab gehört, dass Ben Copper vor Schreck über ein Spinnennetz ins Klo gefallen ist!“ Im Innenhof wurden die üblichen Gespräche unter den Drittklässlern geführt. Ein Zweitklässler berichtete seinen Mitschülern, dass angeblich ein Mitglied der Internationalen Vereinigung von Zauberern hier war, um über die Zauberschulen auf der ganzen Welt zu sprechen.
Doch worüber sprachen die Freunde von Cody. Über etwas Großes, meinte Penny. „Selbst die Professoren haben darüber gesprochen!“
„Wir wissen nur, dass ein spezieller Gast kommen wird, um zu sprechen“, meinte Bill voller Vorfreude. Ben hoffte, dass es nur etwas ganz Harmloses sein würde. Ein Auror – oder der Minister für Zauberei – oder ein zufälliger Arithmantiker, riet Rowan.
Nach irgendjemandem hatte Dumbledore gesucht, wusste Cody. Ben befürchtete, dass die Person sehr bedrohlich sein würde. Wahrscheinlich ein Fluchbrecher, meinte Rowan – damit die Kinder nicht mehr nach den Verliesen suchten.
„Ich werde nicht zulassen, dass uns jemand aufhält. Wir müssen das Verlies suchen, um meinen Bruder zu finden!“, entgegnete Cody.
Penny konnte gar nicht erwarten herauszufinden, wer es war. Darum gingen die Freunde direkt in die Große Halle, wo der Gast nun sprechen sollte.
Die Große Halle war mit der gesamten Schülerschaft gefüllt und absolut alle redeten über denjenigen, der vielleicht der Spezialgast sein konnte. Seit dem Auftauchen des Verwunschenen Eises war die ganze Schule nicht mehr so konzentriert auf eine Sache gewesen!
„Was, wenn jemand hier ist, uns dafür zu bestrafen, dass wir uns um das Verwunschene Eis kümmern?“ Ben hatte Angst. „Was, wenn sie uns nach Askaban bringen?“
Cody wusste, dass es keinen Sinn hatte, über den Spezialgast nachzudenken, wenn man nicht wusste, wer er war. Daher wollte er sich nun durchfragen, vielleicht wusste ja jemand etwas.
Chester meinte, es könnte Ambrosius Flume, der Besitzer des Süßwarenladens Honigtopf sein. Der Slytherin-Vertrauensschüler Felix wurde von Merula bequatscht, dass Du-weißt-schon-wer kommen würde. „Gedulden Sie sich. Sie werden es mit allen anderen erfahren“, antwortete McGonagall auf Codys Anfrage.
Hagrid hoffte, sein Freund Aragog würde kommen, aber das war nicht sehr wahrscheinlich. Professor Snape verbot jegliche weitere Spekulationen. Auch der Hausmeister wusste nicht mehr, er hoffte nur, dass der Spezialgast kein Regelbrecher war. Die Hufflepuff-Vertrauensschülerin Jane wünschte sich jemanden, der sich mit Verwunschenen Verliesen auskannte. Die Vertrauensschülerin von Gryffindor hieß Angelica und hatte kein großes Interesse sich um einen Gast zu kümmern, sie hatte selbst genug zu tun.
„Vielleicht ist der besondere Gast ja dein Bruder, Bailey. Oh, stimmt ja, er wird vermisst“, zog Merula ihn auf. Dann tönte Professor McGonagalls Stimme durch die Halle: „Achten Sie bitte alle auf das Podium und begrüßen Sie unseren Spezialgast, Rita Kimmkorn!“
Eine Hexe in den Endvierzigern betrat das Podium. Sie trug ihr blondes Haar in einer hoch aufgetürmten Lockenfrisur und hatte eine juwelenbesetzte Brille auf ihrer Nase sitzen. An den Ohren hingen Ohrringe in der Form großer Dreiecke und ihr Hosenanzug hatte ein violettes Leoparden-Muster. „Wie Professor McGonagall erwähnt hat, bin ich Rita Kimmkorn. Und bestimmt wissen Sie auch, dass ich eine der beliebtesten Journalistinnen des Tagespropheten bin.
Die magische Welt ist absolut interessiert daran, was innerhalb dieser Mauern vor sich geht, und ich spreche hier nicht nur von den Verwunschenen Verliesen. Man sagt ja, dass hier gerade die vielversprechendsten Schüler seit Jahren anwesend sind, und meine Leser sind gespannt auf die Einzelheiten.
Welche Schulfächer mögen sie? Welchen Herausforderungen stellen sie sich? Wer ist der größte Star in dieser riesigen Galaxie magischer Talente? Professor Dumbledore hat uns die vorübergehende Erlaubnis erteilt, nicht nur zu beobachten, sondern auch einen Wettbewerb unter Freunden auszurufen.
Eine Art Test, mit der wir herausfinden wollen, wer von Ihnen den Titel als vielversprechendste Hexe oder vielversprechendster Zauberer verdient hat. Der Sieger erhält natürlich großartige Belohnungen. Angefangen mit einem Artikel auf der Titelseite des Tagespropheten, der von Ihnen selbst verfasst werden darf. Viel Glück, meine wunderbaren jugendlichen Hoffnungsträger. Wir sehen uns in Ihrem Unterricht und rechnen Sie damit, dass ich Sie beobachte…“
Doch zunächst hatten die Schüler Pause. Merula machte Cody auf dem Innenhof klar, dass er keine Chance hatte diesen Wettbewerb zu gewinnen. Zwei Erstklässler spielten Koboldstein. „Kannst du es fassen, dass einer von uns auf die Titelseite des Tagespropheten kommt?“, fragte einer den anderen. Hagrid drückte Cody die Daumen.
Penny fragte Cody, was er von dem Wettbewerb hielt. „Das ist eine großartige Chance“, antwortete er. „Es wäre schön, wenn mein Familienname mit anderen Dingen in Verbindung gebracht wird als den Verwunschenen Verliesen.“
„Ich weiß!“, pflichtete Rowan ihm bei. „Ich habe meinem Onkel Ollie schon versprochen, dass ich im Bild auf der Titelseite einen Zweig unserer Baumfarm halten werde.“
Cody wollte weniger Werbung für die Baumschule Khanna machen, sondern sich einfach nur anstrengen, indem er neue Zaubersprüche und Zaubertränke lernte.
„Weißt du“, meinte Ben missmutig, „dein Bestes ist soviel besser als unseres…“ Er meinte, gegen Cody könnte keiner gewinnen.
Aber Bill war anderer Meinung. Er wollte gewinnen, um dafür in der Zeitung zu landen, ehe es seine Brüder taten, weil sie etwas in die Luft gejagt haben. Jeder aus der Gruppe hatte mindestens ein Spezialtalent, es war ein völlig offenes Rennen.
„Möge der beste Zauberer oder die beste Hexe gewinnen!“, sagte Penny.
Die Pause war zu Ende und der Stundenplan führte die Drittklässler in die Kerker zu Zaubertränke. Doch überraschend und sicher ohne jegliche Absicht stieß Cody auf Rita Kimmkorn. Irgendwie schien es, als hätte die Reporterin extra auf Cody gewartet. Das sagte er ihr auch so.
„Sie sind wirklich clever, Mr Bailey. Oder soll ich dich Cody nennen?“
„Ist mir egal. Wenn Sie mich entschuldigen…?“
„Meinen Lesern ist es nicht egal. Sie haben in Ihrer kurzen Zeit auf Hogwarts ziemliche Wellen gemacht. Liegt wohl in der Familie.“
Nun waren Codys Ohren gespitzt. Familie? Wusste sie etwa etwas über seinen Bruder?
„Ich wüsste gerne mehr. Aber wenn Sie mir erzählen, was Sie wissen, könnte ich weiterforschen und mich umhören, um Ihnen bei der Suche zu helfen…“, bot Kimmkorn an.
Das Angebot nahm Cody gerne an. „Ich weiß nicht mehr als Sie. Er war besessen von den Verwunschenen Verliesen, wurde deshalb von der Schule geworden und ist jetzt verschollen.“
„Meinen Sie, er ist am Leben?“, führte Kimmkorn das ungeplante Interview fort.
„Ja.“
„Warum?“
„Er… hat mir Nachrichten geschickt.“
„Mit einer Eule?“
„Nein, nicht mit einer Eule.“
„Wissen Sie, ob er mit jemandem befreundet war, der die Initiale R hat?“
Cody erschrak. „Woher wissen Sie davon?“
„Es ist mein Job Dinge zu wissen. Und ich bin sehr gut darin.“
„Ich weiß nicht, ob mein Bruder mit R befreundet war, aber ich habe einen von ihm unterschriebenen Brief gefunden. Wer ist das?"
"Ich habe eine Theorie, genauso wie zum Verschwinden deines Bruders. Lass uns in Kontakt bleiben, Cody. Ich habe das Gefühl, dass wir einander bei dieser Geschichte brauchen werden."
„Ich sollte besser gehen…“
„Aber natürlich. Sie müssen Freunde begrüßen, den Unterricht besuchen und einen Wettbewerb gewinnen! Viel Glück, Cody. Du hast es dir wirklich verdient, auf das Titelblatt des Tagespropheten zu kommen…“
Im Klassenzimmer waren viele nicht sehr begeistert von Kimmkorns Unterrichtsbesuch. „Willkommen beim Beginn eines weiteren unvermeidbaren Fehlschlags, Bailey“, begrüßte ihn Merula. Rowan wollte zwar weiter den Wettbewerb gewinnen, aber er machte Cody darauf aufmerksam, dass Hauspunkte in der Summe wichtiger waren.
Aber es gab auch Leute, die von Kimmkorn beeindruckt waren. Ein Slytherin-Schüler hoffte, dass er nach seinem Schulabschluss ein Reporter wie Rita Kimmkorn werden würde.
„Ich habe widerwillig meine Einverständnis erklärt, dass Rita Kimmkorn heute in meinem Unterricht hospitiert und sich die Ergebnisse notiert“, begann Snape die Stunde. „Ihr werdet in verschiedenen Techniken des Trankbrauens geprüft, die ihr in den letzten Jahren gelernt habt. Ich habe einen nützlichen Trank gewählt, der einen Kontrast zur Absurdität dieses unnützen Beliebtheitswettbewerbs setzen soll, der als Wettbewerb getarnt ist.“
„Blenden Sie mich mit Ihrem Können in Zaubertränke!“ Kimmkorn setzte sich euphorisch auf einen Hocker und begann den Unterricht zu beobachten.
„Bringen wir das hinter uns…“ stöhnte Snape.
Rowan und Cody begannen sich nach Zutaten umzusehen. Cody entdeckte ein Glas, das verschimmelt war. Beinahe hätte er Snape darauf hingewiesen, dann sah er auf dem Etikett, dass es Schimmel enthalten sollte.
Merula behauptete, sie hätte von Snape Geheimtricks für das richtige Hinzugeben von Zutaten erhalten. Aber Cody konnte sich eh nicht daran erinnern, wie sie gelernt haben, den Vergesslichkeitstrank zu brauen.
„Auch einfache Tätigkeiten wie das Umrühren müssen perfekt ausgeführt werden“, dozierte Snape. „Ich werde Ihre diesbezüglichen Versuche beobachten.“ Zum Glück war Codys Technik einwandfrei. Zumindest war Rowan dieser Meinung.
„Wer hat gewonnen, Mister Snape?“, fragte Kimmkorn, als die Tränke alle fertig waren.
„Bailey und Miss Snyde haben offensichtlich ebenbürtige Tränke gebraut“, erklang das Urteil des Meisters der Zaubertränke.
„Oh! Darf ich den Gleichstand aufheben?“, mischte sich die Reporterin ein.
„Wenn dies die Sache schneller beendet.“ Snape rollte mit den Augen.
„Okay, meine Lieben“, wendete Kimmkorn sich den beiden Führenden zu. „Dann will ich mal etwas Schmutziges hören.“
„Wie bitte?“, fragte Cody verblüfft.
„Meine interessierten Leser würden dafür sterben zu erfahren, wie ihr kleinen Hexen und Zauberer tickt. Erzählt mir von euren größten Ängsten. Euren schrecklichsten Momenten. Und euren größten Peinlichkeiten. Oder noch besser: Erzählt mir von eurem Gegner. Die beste Antwort bringt den Sieg in dieser Runde des Wettbewerbs.“
Das gefiel Merula. Sogleich begann sie wie ein Wasserfall zu berichten: „Der Bruder von Bailey ist verrückt geworden, hat den Ruf von Ravenclaw ruiniert und dabei auch noch beinahe ganz Hogwarts zerstört!“
Doch Kimmkorn schien nicht begeistert. „Das ist nichts Neues, meine Liebe. Ich hoffe, du hast etwas Besseres für mich, Cody…“
Cody zahlte es mit gleicher Münze heim: „Merulas Eltern sind in Askaban, weil sie Todesser waren und dem Dunklen Lord gedient haben.“
„Gut, gut, das ist in der Tat äußerst interessant. Herzlichen Glückwunsch, Cody! Du hast diese Runde des Wettbewerbs gewonnen!“
Jetzt war Merula sauer. „Entschuldige mal! Wofür hältst du dich eigentlich?!“
Snape musste intervenieren, ehe es eskalierte: „Sie können gehen. Tragen Sie Ihren Streit woanders aus.“
Als Nächstes stand Verwandlung auf dem Stundenplan. Kimmkorn versprach Bonuspunkte für jeden, der Professor McGonagall dazu brachte, Emotionen zu zeigen.
Aber Kimmkorn redete nicht nur mit Cody und Merula. Als Cody sich im Unterricht für Verwandlung neben Rowan setzte, berichtete dieser, dass er ausgefragt worden war – über Cody. Andere Schüler kümmerten sich lieber um den Hauspokal als um diesen Wettbewerb. Aber eine Slytherin wollte sich nun wohl doch in Codys kurzzeitigen Ruhm sonnen und bedankte sich bei ihm für die Rettung vom Verwunschenen Eis.
Ohne eine Miene zu verziehen, stand Professor McGonagall an Ihrem Platz und begrüßte ihre Schüler: „Rita Kimmkorn wird heute an Verwandlung teilnehmen, daher erwarte ich, dass Sie sich tadellos verhalten – auch wenn das bei unserem Gast wahrscheinlich nicht der Fall sein wird. Sie haben gesehen, was passiert, wenn eine Verwandlung schiefgeht. Konzentrieren Sie sich also, um diesen Fehler zu vermeiden.“
„…obwohl die besten Geschichten mit furchtbaren Fehlern anfangen“, beendete Kimmkorn mit einem spitzbübischen Grinsen den Satz. Verärgert starrte McGonagall sie an. Arrogant entschuldigte die Reporterin sich für die Unterbrechung. „Macht nur weiter, Kinder! Keine Angst vor spektakulärem Versagen!“
Gereizt begann die Lehrerin nun vorzuführen, wie man Kessel in Katzen verwandelte. „Bitte setzt euch, Schüler. Wir beginnen mit Verwandlungen.“ Denn bei Professor McGonagalls Unterricht musste man immer gut aufpassen. Cody musste irgendwie plötzlich daran denken, dass er sich statt Besuche aufdringlicher Journalisten lieber Schüler anderer Zauberschulen wünschen würde.
Nachdem McGonagall alles vorgeführt und erklärt hatte und die Schüler Zeit hatten, ihre Tiere zu beruhigen, durfte Cody Felifors vor Kimmkorn vorführen. Schnell verwandelte sich die Katze auf seinem Tisch in einen Kessel. Die Lehrerin lobte den Schüler für seine gute Vorführung, der Schüler bedankte sich artig für das Lob und die Journalistin fragte abschätzig: „Das ist alles?“
„Wie bitte?“, entkam der Lehrerin überrascht.
„Dieses Kind hat ein Tier in ein Gefäß verwandelt. Obwohl wir so etwas hier jeden Tag sehen, war es dennoch eindrucksvoll“, erklärte sich Kimmkorn. „Sie könnten Ihre Schüler gerne etwas begeisterter und überschwänglicher loben. Findest du nicht auch, Cody?“
„Ich erwarte kein überschwängliches Lob dafür, Anweisungen zu befolgen“, stärkte Cody McGonagall den Rücken. „Professor McGonagall ist sich einfach nur selbst treu. Sie ist eine meiner Lieblingslehrerinnen.“
„Vielen Dank, Bailey. Ihre Zustimmung ist unnötig, wenngleich ich mich darüber freue, und Ihre Präsentation von Felifors war makellos. Zwanzig Punkte für Ravenclaw.“
„Herzlichen Glückwunsch, Cody!“, sagte Kimmkorn. „Ich denke, diese Runde des Wettbewerbs geht an dich!“
„Der Unterricht ist zu Ende“, bemerkte McGonagall kühl, um die Reporterin loszuwerden.
„Ein Glück“, sagte diese. „Mir war so langweilig, dass ich mich fast schon selbst in einen Kessel verwandelt hätte. Lass uns nachsehen, ob wir etwas Spannenderes finden.“ Mit Blick auf den Stundenplan berichtete sie: „Die Besenflugstunde beginnt gleich. Seien Sie pünktlich. Ich habe gehört, dass Madam Hooch noch pingeliger ist als Professor Flitwick!“
Daher trafen sich nun Schüler aller Häuser zu dieser speziellen Besenflugstunde auf dem Trainingsgelände. „Ich hoffe, dass du diesen Wettbewerb gewinnst, falls ich es nicht schaffe“, sagte Rowan zu Cody. Sollte das aber tatsächlich passieren und Codys Gesicht auf der Titelseite vom Tagespropheten landen, würde Merula diesen als Streu für ihren Eulenkäfig verwandeln.
„Ich bin so nervös“, sagte Ben. „Ich kann nicht aufhören zu schwitzen. Meinst du, dass Rita Kimmkorn einen Artikel über meinen unaufhörlichen Angstschweiß schreiben wird?“
Eher genervt begrüßte Madam Hooch ihre Schüler: „Ich habe Rita Kimmkorn die Erlaubnis erteilt, beim heutigen Unterricht zu hospitieren. Ich möchte Sie jedoch daran erinnern, dass die geringste Ablenkung beim Fliegen zu Ihrem Tod führen kann. Bestimmt schreibt sie liebend gerne einen Artikel über Schüler, die in den Tod stürzen, aber ich hielte mehr davon, wenn Sie das unter meinen Augen gerade nicht tun. Auf die Besen, meine lieben Schüler!“
Wie gewohnt stellten die Drittklässler sich an ihre Besen, streckten die Hände aus und sagten „Hoch!“ Und als dann jeder in Kniehöhe über dem Boden schwebte, demonstrierte die Lehrerin die richtigen Besentechniken für den Tag.
Eine neue Besenflugtechnik gab es heute nicht. Madam Hooch lobte ihre Schüler nach der Stunde. Aber damit wollte es Kimmkorn nicht belassen. Sie fragte die Fluglehrerin, wer ihrer Meinung nach die beste Leistung gezeigt hatte. Kimmkorn vermutete, dass es Cody war.
„Alle haben eine gute Leistung gezeigt, aber meiner Meinung nach machen Mr. Khanna und Mr. Copper kontinuierlich die größten Fortschritte“, bewertete die Fachkraft ihre Schüler. Das war wohl nicht die Antwort, die sich Kimmkorn erwünschte. Daher fragte sie auch Cody nach seiner Meinung.
„Das sollte ich sein. Rowan und Ben haben vielleicht ihre Technik verbessert, aber ich bin immer noch der beste Flieger in der Klasse“, sagte Cody ohne Zurückhaltung.
„Da stimme ich aus vollem Herzen zu“, freute sich die Reporterin. „Glückwunsch zum Sieg in diesem Teil des Wettbewerbs.“
„Rita Kimmkorns fehlende Bescheidenheit färbt auf dich ab“, meinte Hooch. „Der Unterricht ist zu Ende. Wenn Sie darauf hoffen, es auf die Titelseite des Tagespropheten zu schaffen, möchte ich Sie warnen: Passen Sie auf, was Sie sich wünschen – es könnte in Erfüllung gehen…“
Um die Fähigkeiten eines Zauberers zu testen gab es keine bessere Methode als einen Zauber zu wirken. Daher freute sich Kimmkorn als Nächstes auf Zauberkunst. „Seien Sie bitte pünktlich. Professor Flitwick ist leicht reizbar, wie ich gehört habe“, sagte sie zu Cody.
Ein Gryffindor tuschelte Cody im Zauberkunst-Klassenzimmer zu, er habe gehört, dass der Wettbewerb zu seinen Gunsten manipuliert sei. Welche Belohnung wohl auf den Gewinner warten würde? Ben wurde von Kimmkorn sogar nach der mit R unterschriebenen Notiz gefragt. Er war froh, dass das Verwunschene Eis sein Gedächtnis diesbezüglich gelöscht hat.
Flitwick eröffnete die Stunde: „Rita Kimmkorn nimmt für den von der Schule gebilligten Wettbewerb an Zauberkust teil… Konzentrieren Sie sich bitte auf die heutige Lektion und versuchen Sie, diese Ablenkung einfach zu ignorieren.“
„Wie könnte ich bitteschön noch mehr ablenken als Sie?“, echauffierte sich Kimmkorn.
„Ihr aufdringliches Parfüm zum Beispiel…“, antwortete der Lehrer gereizt.
„Wie bitte?!“
„Alle Zauberstände in die Luft. Fangen wir an! Heute lernen Sie Finita Incantatem, einen sehr wichtigen Zauber. Bevor Sie irgendeinen magischen Effekt verwenden, müssen Sie wissen, wie Sie ihn beenden. Genau dazu dient dieser Zauber.“
Flitwick begann den Zauber zu demonstrieren. Beim Wirken dieses Zaubers durfte man auf keinen Fall seine Knie durchdrücken. Dabei musste man gut auf den hinteren Fuß achten. Nachdem Flitwick wichtige Aspekte an die Tafel geschrieben hatten und die Schüler auch im Buch nachgeschlagen haben, durften sie jeweils Lumos wirken und mit Finite Incantatem rückgängig machen.
Dann grinste Flitwick, richtete den Zauberstab auf Kimmkorn und flüsterte: „Wingardium Leviosa.“
„Was glauben Sie, was Sie da tun?“, rief die Reporterin empört, doch da schwebte sie bereits nach oben. Das war natürlich nur Flitwicks Methode, um dem Zauber auch einen praktischen Nutzen zu geben. Denn der Gegenzauber zu Lumos war nichts anderes als ein Feuerzeug, das man selbst entzündet hatte, zu löschen. Eine Besucherin aber auf den Boden der Tatsachen zurückzuholen, war sinnvoller und Cody durfte der Glückliche sein.
„Finite Incantatem“, sagte er, während Kimmkorn mit sehr verärgerter Mine über dem Parkett schwebte. Sanft glitt sie dann zu Boden. Dafür bekam Ravenclaw zehn Punkte von Professor Flitwick.
„Meine Leser werden von diesem Skandal hören!“, rief Kimmkorn erbost.
„Der Unterricht ist zu Ende“, war Flitwicks einziger Kommentar dazu.
Kimmkorn zischte direkt auf das Trainingsgelände, wo sie wohl den Ausgang ihres Wettbewerbs verkünden wollte. Neben Cody waren nur Bill, Penny, Rowan und Merula geladen. „Ein Freak wie du wird niemals das Aushängeschild von Hogwarts sein“, sagte Merula. Rowan war überrascht, dass Ben nicht dabei war. Bill hingegen wusste gar nichts von dem Wettbewerb und hoffte, dass es hier ein Duell geben würde – denn gegen die anwesenden vier Drittklässler hätte er gute Chancen.
Doch dann eröffnete Kimmkorn, dass sie hier tatsächlich ein Duell erwartete, denn: „Was wäre ein Zauberer-Wettbewerb ohne ein Duell?“
Sofort wies Rowan sie darauf hin, dass Duelle auf dem Schulgelände verboten waren. Kimmkorn hatte aber eine Ausnahmeerlaubnis erhalten. Zudem waren alle anwesenden Schüler hier unter ihrer Aufsicht.
Kimmkorn erläuterte die Regeln: „Ich will, dass Cody eine Person seiner Wahl zum Duell herausfordert!“
„Wieso ich?“, fragte dieser erstaunt.
„Weil du offensichtlich der Favorit in diesem Wettbewerb bist.“
„Das ist lächerlich!“, warf Merula ein.
„Vielleicht,“ konterte die Reporterin. „Wenn Cody Sie für ein Duell auswählt, können Sie mir das Gegenteil beweisen. Laut meinen Quellen hatten Sie in Ihren bisherigen Duellen wenig Erfolg… Wer wird es sein, Cody? Einer Ihrer guten Freunde oder werden Sie die hinterhältige Slytherin-Hexe wieder einmal zum Gespött machen?“
Cody erwählte Merula für das Duell. Dabei aber wählte er nicht die despektierlichen Worte von Kimmkorn, sondern wollte einfach nur einem Kampf gegen einen seiner Freunde verhindern.
„Nachdem ich dich erledigt habe, werde ich mich um diese Kimmkorm kümmern!“, kündigte Merula sauer an.
„Nun gut. Dann kämpfen wir also bis zum Tod“, meinte diese Kimmkorn dazu. „Das war nur ein Scherz. Eine Art Scherz…“
Zum Start des Duells wirkte Merula einen Heilzauber auf sich selbst. Darüber konnte Cody nur schmunzeln und wirkte Incendio, sodass seine Kontrahentin ein Feuer auf ihrem Umhang löschen musste. Kaum dass die letzten Funken entfernt waren, wirkte Merula Expelliarmus. Codys Zauberstab flog in die Luft, doch er konnte ihn wieder ergreifen. Erneut zauberte Cody Incendio. Dies veranlasste Merula einen Heiltrank zu trinken. Daraufhin feuerte Cody immer mehr Feuersalven auf seine Mitschülerin, bis diese aufgeben musste.
„Beeindruckende Arbeit, Cody“, lobte Kimmkorn. „Sie haben diesen Teil des Wettbewerbs ganz klar gewonnen.“
„Mich hat Ihr Schmierenblatt eh nie interessiert“, meinte Merula, die sich die letzten Glutstellen an der Kleidung löschte.
„Weiter zur nächsten Herausforderung, meine lieben Kinder. Wer rastet, der rostet!“
Allerdings war dies bereits die letzte Herausforderung und Kimmkorn wollte mit Cody im Ravenclaw-Gemeinschaftsraum sprechen. „Ich hoffe, du bist in der Stimmung für gute Neuigkeiten“, begrüßte sie ihn.
„Ist es nicht gegen die Regeln, wenn Sie sich in unserem Gemeinschaftsraum aufhalten?“, entgegnete der Schüler.
„Das Beste daran, zur schreibenden Zunft zu gehören, ist dass man seine eigenen Regeln aufstellen kann. Ich habe so einigen Einfluss in diesem Schloss. Und ich kenne eine Vielzahl Methoden, um bei Bedarf meinen Einfluss zu vergrößern. Einen Austausch von Informationen, Geschenken…“
„…Manipulation, Erpressung…“, ergänzte Cody.
„Du bist einfach umwerfend clever. Nach deinem Abschluss solltest du mein Volontär beim Tagespropheten werden.“
„Nichts für ungut, aber ich hasse Ihre Arbeit und noch mehr hasse ich die Art und Weise, wie Sie andere Leute behandeln.“
„Kein Problem. Wir alle sagen und tun hin und wieder bedauerliche Dinge wie ignorante kleine Kinder.“
„Haben Sie mich hergerufen, um den Gewinner Ihres Wettbewerbs zu verkünden?“
„Nachdem wir überein gekommen sind, unser Wissen um den Verbleib deines Bruders zu teilen, wollte ich dir die neusten Infos mitteilen…“
„Sie wissen, wo er ist?!“, fragte Cody überrascht und erschrocken gleichermaßen.
„Ja.“
„Dann sagen Sie es mir!“
„Gewähre mir ein Interview.“
„Jetzt?“
„Jetzt. Ich will alles wissen.“
„Ich habe Ihnen doch schon alles gesagt, was ich über meinen Bruder weiß…“
„Es geht hier nicht um dich und deinen Bruder. Es geht um Hogwarts. Ich will alles wissen, was du hier gesehen hast. Schüler, Klassen, Professoren, Verwunschene Verliese…“
„Nehmen wir einfach mal an, es handelt sich um ein Buch, das ich schreiben will.“
Kimmkorn hatte bereits die Biografie „Armando Dippet: Könner oder Knallkopf“ über den ehemaligen Schulleiter von Hogwarts geschrieben. Es war bekannt, dass Kimmkorn nur selten ein gutes Haar an die Protagonisten ihrer Bücher ließ. Daher entschied sich Cody zu lügen: „Na gut, ich werde Ihnen alles erzählen…“
„Ich werde alle Informationen bekommen, die ich brauche“, lächelte Kimmkorn und setzte sich auf eines der hellblauen Sofas.
„Warum wollen Sie das alles wissen?“ Cody setzte sich auf eine Couch daneben.
„Ich werde hier die Fragen stellen“, antwortete Kimmkorn, „und vielen Dank.“
Doch Cody verstand einfach nicht, warum ausgerechnet er befragt wurde, nachdem er einige Ammenmärchen erzählt hatte. „Sie könnten jeden hier zu seinen Erfahrungen in Hogwarts befragen.“
„Du dummes Kind. Du hast einfach noch nicht verstanden, wie besonders du bist.“
„Sie haben gesagt, dass Sie wissen, wo mein Bruder zu finden ist.“
„Ich weiß, dass er am Leben ist.“
„Das wusste ich bereits.“
„Du hast das gehofft. Nur weil du die Stimme von jemandem in deinem Kopf hörst, bedeutet das noch lange nicht, dass derjenige am Leben ist.“
„Wie haben Sie –“, begann Cody überrascht; hatte er ihr doch nichts von seiner Vision erzählt.
„Ich habe es dir doch gesagt, Cody. Es ist mein Job, Dinge zu wissen, und ich bin sehr gut in meinem Job.“
„Wissen Sie, wo er ist?“
„Ich weiß, dass er gefangen gehalten wird. Und ich glaube, dass der oder die geheimnisvolle R dafür verantwortlich ist.“
„Wer hat Ihnen das gesagt? Und wie kann ich ihn finden?“
„Vielleicht kann ich ihn für dich finden. Vielleicht wirst du ihn auch nie finden. Nur die Zeit und deine Entscheidungen werden dies zeigen.“
„Was soll das denn bitteschön heißen?“
„Ich werde dir Briefe schicken, Cody. Und dabei empfehle ich dir, meinen Anweisungen zu folgen. Aber nun gehen wir erstmal in die Große Halle. Es ist Zeit, herauszufinden, wer diesen Freundschaftskampf gewinnen wird.“ Mit diesen Worten verließ sie den Gemeinschaftsraum wieder.
Cody lief ebenfalls nach unten in die schon gutgefüllte Große Halle. Hagrid war total neugierig, wer gewinnen wird. Merula meinte schnippisch, wenn Cody auf der Titelseite landete, könne sie sein Gesicht zum Feueranzünden verwenden. Rowan hatte ausgerechnet, dass Cody auf jeden Fall gewinnen musste.
Auch Penny sagte: „Alle sind davon überzeugt, dass du den Wettbewerb gewinnst, Cody.“
Bill klopfte ihm bereits auf die Schulter. „Gut gemacht, Cody. Du kannst stolz auf dich sein.“
„Das sollte ich wahrscheinlich. Aber ich mache mir Sorgen, warum Rita Kimmkorn wirklich hier ist.“
Rowan fragte, worauf er anspielte, und Cody berichtete von dem seltsamen Gespräch, in welchem Kimmkorn Informationen über Hogwarts, Lehrer und Verwunschene Verliese haben wollte. „Außerdem hat sie behauptet, dass mein Bruder am Leben ist und gefangen gehalten wird. Sie meinte, sie wird mir Briefe schicken und ich solle ihren Anweisungen folgen.“
„Das klingt wie eine Drohung“, meinte Ben angsterfüllt. „Ich kenne mich mit Drohungen aus. Ich stelle sie mir ständig vor.“
„Ist Rita Kimmkorn etwa R?“, erschrak Rowan. „Ich dem Brief war von schlimmen Konsequenzen für das Nichtbefolgen von Anweisungen die Rede.“
Um herauszufinden, ob Kimmkorn etwas mit R zu tun haben wollte, fragte Cody in der Halle rum, was die Leute von ihr hielten. Filch meinte: „Ich mag sie. Sie hat mir die wahren Absichten von euch Schülern verraten.“ Die Gryffindor-Vertrauensschülerin Angelica verriet, dass Kimmkorn sich ausgiebig über die Weaslys erkundigt hat, besonders über Charlie. Chester hatte mitgekriegt, wie sie im Klassenzimmer für Verwandlungen herumgestöbert hat.
Snape antwortete abschätzig: „Das einzige Thema, das mich noch weniger interessiert als du ist Rita Kimmkorn.“ Hagrid meinte, sie habe sich nach Cody und Dumbledore erkundigt, aber das sei wohl normal.
Dann erschall Kimmkorns Stimme vom Rednerpult und Cody musste die Befragung unterbrechen: „Danke noch einmal für Ihre Gastfreundschaft und Ihre begeisterte Teilnahme an diesem bescheidenen Wettbewerb. Ich bin hier, um den besten Zauberer oder die beste Hexe in einer talentierten Klasse zu finden, und Sie haben mich nicht enttäuscht.
Der Schwarze Lord ist besiegt, aber die nächste Bedrohung ist nur eine Frage der Zeit. Wir brauchen tapfere junge Seelen wie Sie für unseren Kampf. Der heutige Gewinner wird diesen Kampf anführen und sich einen Namen in der ganzen Welt der Zauberer machen. Der vielversprechendste Zauberer oder die vielversprechendste Hexe, der oder die auf dem Titelblatt des Tagespropheten abgedruckt wird…
…von Cody angekündigt!“
„Hä?“, machte Cody überrascht.
„Nur nicht schüchtern, mein Liebes“, machte ihm Kimmkorn vom Rednerpult aus Mut, „wir beide wissen, dass ich Ihnen vor unserer Ankunft ein Papier gegeben habe, auf dem der Gewinner steht. Es ist in Ihrer Tasche!“
„Ich weiß nicht, wovon Sie reden“, meinte Cody zähneknirschend.
„Was für ein bescheidenes Kind. Lasse Sie die Leute nicht warten, Cody. Verraten Sie uns, wer gewonnen hat!“
Tatsächlich fand Cody in seiner Gesäßtasche ein aus einem Notizbuch rausgerissenes Papier. Doch es stand nichts darauf. Das verstand Cody nicht.
„Ihre Bescheidenheit ist ermüdend, Cody. Verkünden Sie den Sieger!“
Cody sollte also selbst entscheiden? Er überlegte kurz, wie die einzelnen Runden ausgegangen waren. Dann sagte er: „Ich habe es geschafft. Soweit ich weiß, habe ich mehr Runden des Wettbewerbs gewonnen als alle anderen Teilnehmer.“
Kimmkorn kicherte: „Netter Versuch, Cody. Wie bereits besprochen, gewinnt Ihre listige kleine Rivalin, Miss Merula Snyde!“
Am Slytherin-Tisch brandete Jubel auf, doch Merula sagte nur selbstgefällig: „Natürlich.“
„Sie können jetzt in Ihre Schlafsäle zurückkehren oder was Ihre nörgelnden Professoren auch immer von Ihnen verlangen“, beendete Kimmkorn ihre Ansprache. „Ich möchte mit Cody sprechen, bevor ich wieder in mein Büro in der Winkelgasse zurückkehre, um mich meinem Journalismus zu widmen.“
Etwas erzürnt kam Cody zum Lehrertisch, während die Halle sich langsam leerte: „Was sollte das denn?“
„Ich wollte sehen, wie du dich windest. Wie du auf Schock, Aufmerksamkeit und Gruppenzwang reagierst. Damit ich für die Zukunft weiß, wie ich mit dir umzugehen habe. Ich war überrascht, dass du dich selbst als Gewinner genannt hast. Ehrlichkeit scheint dir wichtiger zu sein als Bescheidenheit.
Merula Snyde gibt einen spannenderen Artikel ab. Meine Leser werden die Geschichte mit den eingesperrten Eltern lieben. Solange dein Bruder nicht gefunden wird, bist du leider keine Geschichte wert, Schätzchen. Ich habe meinen Einfluss genutzt, um den Hausleiter zu überreden, dir fünfzig Hauspunkte für deine Mühen zu geben. Viel Glück bei der Suche nach den Verwunschenen Verliesen und nach deinem Bruder, Cody.
Nicht vergessen: Irgendjemand schaut immer zu und ich bin nur einen Brief weit entfernt…“