POV: Sadie
19:59:59
Ich konnte meinen Blick nicht vom Bildschirm lösen.
19:59:58
Es war, als ob mich irgendeine magische Kraft in ihren Bann gezogen hätte.
19:59:57
Blutrote, pulsierende Schrift auf einem nachtschwarzen Hintergrund.
19:59:56
Der Countdown, der sich langsam, aber stetig der Null näherte.
19:59- Ding Dong!
Wie aus einer Trance gerissen zuckte ich zusammen. Hektisch schaute ich auf die Uhr. Schon 16 Uhr? Ich hatte komplett die Zeit vergessen. Ironisch, wenn man bedenkt, dass ich dabei die ganze Zeit über einen Countdown vor den Augen gehabt hatte, der mir die Zeit anzeigte. Die Zeit, die morgen Mittag um 12 Uhr ablief. Schnell sprang ich vom Sofa auf und lief zur Tür. Schwungvoll öffnete ich sie, konnte nicht mehr abbremsen und rannte geradewegs gegen eine Wand. Moment? Eine Wand? Seit wann hatten wir eine Wand vor der Haustür? Oh scheiße! Plötzlich hörte ich ein raues Lachen und zwei starke Arme, die sich um mich schlossen, mich festhielten und verhinderten, dass ich das Gleichgewicht verlor und umkippte. Ich atmete tief ein und roch Männerdeo und eine Mischung aus Zitrone und Wald, nach grünen Blättern und Natur eben. „Na das ist ja mal ein stürmischer Empfang!“, höre ich dumpf, das Gesicht immer noch in dem schwarzen Hoodie vergraben. Meine Wangen laufen hochrot an, das spüre ich. Langsam löse ich mich aus der etwas unbeholfenen Umarmung und blicke in Lucas amüsiertes Gesicht, das er zu einem schiefen Grinsen verzogen hat. Seine schwarzen Haare schauten verstrubbelt unter der Kapuze seines Hoodies hervor. Sie waren noch leicht nass, er war anscheinend gerade beim Training gewesen. Dafür sprach auch der Rucksack, den er über eine Schulter trug. Seine eisblauen Augen musterten mich durchdringend. Seine scharfen Wangenknochen betonten sein schmales Gesicht. „Hey! Habe ich irgendwas nicht mitbekommen und wir machen heute einen Draußen-Herumsteh-Wettbewerb?“, erklang auf einmal Evelyns amüsierte Stimme. Sie näherte sich von rechts der Haustür und lachte. Sie warf sich ihre goldblonden, langen Haare über die Schulter, die in leichten Wellen ihr herzförmiges Gesicht umrahmten und ihre vollen Lippen und ihre ozeanblauen Augen betonten. Immer noch verwirrt trat ich einen Schritt zur Seite und ließ die beiden herein, die sich herzlich begrüßten. Keine halbe Minute später kam Kai angelaufen, die aschblonden Haare verschwitzt an der Stirn klebend. Er war anscheinend bis hierher gerannt. „Sorry! Hab meinen Bus verpasst!“, war der einzige Kommentar, den er dazu abgab. Dann schob er sich an mir vorbei und verschwand hinter Evelyn und Luca im Haus. Ein letztes Mal schüttelte ich den Kopf und schloss die Tür, wohlwissend, dass in unserer Gruppe eigentlich noch jemand fehlte.