Als ich erwachte, bestand ich darauf, mit Gonrar und Mykro sprechen zu dürfen. Einer der Geheimdienstoffiziere fragte mich, woher ich den Namen des Metaagenten wüsste. Ich sagte ihm nur die halbe Wahrheit. Aber er schien mir zu glauben und brachte mich nach kurzer Rücksprache wieder in den Vernehmungsraum, der früher mal ein Büro war. Mykro griff mir direkt an die Gurgel und hob mich vom Boden auf. Er schrie mich an, woher ich seinen Namen kennen würde. Ich konnte natürlich nicht sprechen, so ließ er mich wieder fallen und wartete auf eine Antwort. Ich spuckte ihm direkt ins Gesicht und zeigte ihm damit, dass ich keine Angst vor ihm hatte. Nein, ab da an würde ich nie mehr vor anderen Sterblichen Angst haben. Nur noch vor mir selbst. Mykro wich mit Entsetzen vor mir zurück, als hätte er einen Geist gesehen. Und irgendwo hat er das auch. Ich selbst verlor in diesem Moment das Bewusstsein. Nur das Krachen von brechenden Knochen, ein widerliches Geräusch, und die Schreie der Männer, die mit mir im Raum waren, klangen in meinem Inneren noch lange nach.
Meine Bewusstlosigkeit hielt mich von der Alptraumdimension fern, verwehrte mir allerdings auch gänzlich Erholung. Denn als ich wieder erwachte, im Stehen, wohlgemerkt, da hatte ich den abgerissenen Kopf von einem Söldner in der Hand. Und blickte in die entsetzten Gesichter etlicher Mitarbeiter. Ich befand mich in der Küche der Kantine. Dann ließ ich den Kopf fallen, als hätte ich mich an ihm verbrannt. Mein Würgen brachte mich auf die Knie. Doch, was herauskam, war Blut, und zwar nur Blut. Als ich wieder aufsah und mich im Raum umblickte, sah ich vier oder fünf zerfetzte Leichen. Genau konnte ich das nicht mehr erkennen. Da ich über und über mit Blut bedeckt war und selbst in einer Art Bewusstlosigkeit gefangen saß, konnte das nur einen Schluss zu lassen. Dann sah ich in die Gesichter der Mitarbeiter, die sich immer noch aus Angst vor mir in der Ecke gegenseitig gegen die Wand drückten. Einer hatte sich sogar vollgepisst.
Mir ist bewusst, dass es hier für alle Leser einfach unglaublich und kaum nachvollziehbar weitergeht. Aber das ist mir egal. Ich bin der Zeuge der Wahrheit und der einzige Überlebende von G-HAN 89.
Ich schrie die Leute an, dass sie den Raum verlassen sollten. Sie rannten, als stünden sie in Flammen. Allein im Raum verließen mich alle emotionalen und rationalen Schranken, die ich irgendwie noch aufrecht erhalten konnte vollends. Ich heulte und schrie meinen Schmerz hinaus. Den Schmerz der Erkenntnis. Ich war besessen. Das war der einzige logische Schluss, den ich erkennen konnte. Zu diesem Zeitpunkt fing ich an hemmungslos zu beten. Zumindest versuchte ich es. Jede Gottheit, die mir einfiel, alle Erschaffer, deren Namen ich noch wusste. Ich rief jeden um Hilfe an gegen dieses Monster in mir. Stunden vergingen und nichts geschah. Dann fiel mir ein Name noch ein. Ein Name aus meiner Kindheit, den mir mein verrückter Onkel, der später in eine Nervenheilanstalt eingeliefert wurde und nie mehr herauskam, einmal geheimnisvoll zu geflüstert hatte. Den Namen Eli. So rief ich in meiner Verzweiflung auch noch diesen Namen an und, was soll ich sagen. Mein Wehklagen hörte auf. Zwei Dinge passierten. Ein Schmerz, wie bei einem Stromschlag jagte durch meinen Körper und ließ mich völlig verkrampfen und gleichzeitig sah ich das schönste und lieblichste Wesen, das ich je gesehen hatte. Halten Sie mich ruhig für verrückt. Aber nach alledem, was bisher geschen war, war dies gar nicht mehr so abwegig. Es gab Dämonen und deshalb gab es auch Engel. Ist doch ganz klar. Dieses Wesen aus Licht sagte eigentlich nur ein paar Worte zu mir. „Sohn, Dein Flehen wurde erhört. Du bist erlöst, denn Du hast den Namen des Herrn angerufen. Halte noch ein wenig durch und fürchte Dich nicht, dann wirst Du mit uns vereint sein.“
Mit diesen Worten, die mich seither durch diesen ganzen Wahnsinn tragen, verschwand die Erscheinung wieder. Sofort spürte ich, dass ich wieder völlig Herr über meinen Körper war. Leider traf mich die Erschöpfung dann endgültig. Ich schleppte mich noch in eine Ecke und bedeckte mich mit einem Fetzen blutigen Stoffs, denn ich war völlig nackt und Kälte nagte an mir. Zitternd und verwirrt schlief ich letztlich ein.