Zuerst hatte der Wachturm Shari einfach zugesehen, wie sie sich offenbar auf Gäste vorbereitete. Er nahm an, dass wieder ihre Freunde aufkreuzen würden wie am Vorabend. Wie erstaunt war er, als sich dann all die vielen magischen Wesen und Tiere am Feuer versammelten!
Und dann – verschlug es ihm den Atem! Belle erzählte aus alten Tagen, ebenso die eine Urmuse. Immer, wenn er abdriften wollte in Erinnerungen, stand wieder jemand auf und erzählte von früher – und von ihm. Schauder überliefen ihn und er wusste nicht mehr, wie ihm der Kopf stand. Meinten die alle wirklich ihn, den alten, verlotterten Wachturm?
Als dann alle schlafen gingen und Ruhe einkehrte, hatte er endlich Zeit, sich seinen Erinnerungen zuzuwenden. Er dachte daran, was Belle erzählt hatte und sah sich als Jungspund, aber voll guten Willens, hier seinen Dienst zu tun. Auch die Geschichte der Urmuse beschwor alte Bilder herauf, an die er sich längst nicht mehr erinnert hatte. Ein warmes Gefühl begann ihn zu erfüllen. Ein Gefühl, das er vergessen hatte: Er war einmal sehr nützlich gewesen und hatte sich für Belletristica eingesetzt. Ob man es Stolz nennen konnte?
Lange stand der Wachturm einfach nur da, sann nach – und spürte.
Als sich der neue Tag im Osten ankündigte, bemerkte der Wachturm neue Kraft in sich, eine Lebendigkeit, die ihm das Herzen wärmte. Der innere Wachturm meldete sich leise: «Du könntest Shari vielleicht guten Morgen sagen, was meinst du?»
Das musste gut überlegt sein. Wollte er das wirklich? Einerseits gab er damit zu, dass er sie zur Kenntnis nahm. Andererseits hatte er den gestrigen Abend ihr zu verdanken. Sie hatte ja all die vielen Gäste aus Belletristica eingeladen. Wenn auch vermutlich mit einem Hintergedanken, der sich ihm noch nicht ganz erschloss. Und noch etwas begann ihn zu beschäftigen: Er mochte es, wenn sie ihm sanft über einen Pfosten strich. Auch gefiel ihm die Vorstellung, dass sie unter SEINEM untersten Boden lebte. Er überlegte, dass man diesen dringend sanieren müsste, damit sie sich dort wirklich wohl fühlte und sie auch wirklich vor allen Gefahren und dem Wetter geschützt war.
«Na?» Der innere Wachturm stubste ihn leicht an. «Es darf ruhig ganz leise sein. Keine grosse Rede. Bloss ein…»
«Guten Morgen!»
Oh , seine Stimme klang ja schrecklich! Wie ein eingerostes Mühlerad!
Doch Shari hob den Kopf, musterte den Wachturm voller Freude und erwiderte warmherzig seinen Gruß. Dann trat sie einen Schritt zurück, musterte ihn und nickte dann zufrieden.
«Du hast dich verändert!»