Als es zu dämmern begann, fuhren die Belletristicans fort, Geschichten zu erzählen. Die Männer, welche in der Nacht zuvor gewissermassen an der «Front» gewacht und rezitiert hatten, blieben heute im Kreis ums Feuer. Die Tiere, Zwerge, Feen, Urmusen und Wichtel, die ja während des ganzen Tages aktiv gewesen waren, machten es sich nun ihrerseits bequem und schliefen einer nach dem andern ein, gut geschützt durch die Erzählenden, gewärmt vom nach wie vor fröhlich prasselnden Feuer.
Shari lehnte am Wachturm und wartete.
Ab und zu strich sie ihrem Freund über einen Pfosten, was diesem einen zufriedenen Seufzer entlockte.
Auf einmal entdeckte Shari Neuankömmlinge. Zara war eingetroffen, mit vielen Freunden und Freundinnen im Schlepptau. Die Begrüssung war herzlich, bevor sich auch diese zu den Erzählern gesellten und vorlasen, rezitierten und fabulierten.
Offenbar zeigte die Suppe, welche Shari für alle gekocht hatte, Wirkung. Einer nach dem andern stand auf einmal auf, begann zu singen, in die Hände zu klatschen. Einige wagten gar Tanzschritte.
Beinahe unbemerkt von allen kehrte Miro zur Lichtung zurück. Seine Augen funkelten. Mit ein paar wenigen Schritten war Shari bei ihm. Aufmerksam hörte sie zu, was er zu berichten hatte. Ein erleichtertes Lächeln überzog ihr Gesicht, als er geendet hatte. Dann wandte sie sich an den Wachturm und flüsterte ihm etwas zu. Auch sein Gesicht verzog sich breit.
Shari liess sich von Miro auf den Wachturm tragen. Von ganz oben beobachtete sie ihre Freundinnen und Freunde, wie sie mit Inbrunst mithalfen, nicht nur ihren Wachturm, sondern ganz Belletristica zu verteidigen.
Als unten eine kleine Pause eintrat, bat sie um Aufmerksamkeit.
«Ihr Lieben! Der Drache Miro ist soeben von einem Erkundungsflug zurückgekehrt. Magst du selbst erzählen, Miro?»
Miro richtete sich so gross auf wie möglich. Stolz sah er sich um. Dann platzte er heraus: «Die Winterdämonen – sie sind - sie sind weg! Ich – ich - habe alles abgesucht, bis ich sie voller Wut draussen im Meer toben hörte. Sie – sie waren unterwegs zurück in ihr eisiges Land.»
Freudenrufe brandeten auf.
Shari hob die Hand.
«Ich möchte euch allen von ganzem Herzen danken. Ihr wart einfach wundervoll! Danke für eure Hilfe, danke für euren Einsatz! Ich werde euch das nie vergessen!
Danken möchte ich aber auch dem Wachturm. Er ging viele innere Schritte, seit ich hierherkam. Das braucht Mut. Und im entscheidenden Moment hat er die Zügel in die Hand genommen und klug gehandelt. Ich bin stolz auf ihn!»
Ohrenbetäubender Lärm brach nun aus auf der Lichtung. Alle fielen sich in die Arme, lachten, riefen durcheinander, freuten sich.
Ganz fest umarmte Shari den Wachturm. Er wischte sich verstohlen eine Träne aus den Augen, bevor auch er sie in die Arme nahm.
Dann brachte Miro sie hinunter zu den Feiernden.
Die Freude war unbeschreiblich. Alle Wesen, welche tagsüber erzählt hatten, waren natürlich wach geworden ob all dem Lärm. Auch sie fielen in die allgemeine Freude mit ein, tanzten und sangen. Ari, der sich hier auf der Lichtung längst heimisch fühlte, krähte vergnügt und klatschte immer wieder in seine Händchen.
Auf einmal hörten sie ein Rauschen. Doch diesmal erschrak niemand, als sich eine grosse Welle der Lichtung näherte. Alle freuten sich, dass Marielle mit ihnen feiern wollte.
Strahlend öffnete die Meerjungfrau die Welle und schloss sich dem fröhlichen Treiben an.
Bald schon erklang Musik. Jo spielte auf ihrer Gitarre, Shari hatte ihre Trommel hervorgergeholt, viele sangen einfach drauflos.
Sebi zauberte die Bar hervor und bald schon wurden die köstlichsten Drinks herumgereicht, alle stiessen an.
«Sie sind weg! Sie sind weg! Sie sind weg!»