Lange verharrten der Wachturm und Shari in ihrer Umarmung, während beiden Tränen übers Gesicht liefen. Gemeinsam beobachten sie, wie alle ihre Freunde laut und inbrünstig referierten, erzählten, vorlasen. Shari meinte sogar jemanden singen zu hören. Sie löste sich aus der Umarmung, blickte den Wachturm dankbar an und drückte ihm dann eine der Lebenskraft-Blumen in die Hand. «Eigentlich brauchst du sie nicht mehr», flüsterte sie ihm zu, «du bist über dich hinausgewachsen. Vielleicht dient sie dir aber nach geschlagener Schlacht zur Erholung».
Der Drache Miro hatte sich unter den Wachturm zurückgezogen, um sich von seinem langen Flug zu erholen. Die Eule hatte sich an ihn gekuschelt, auch sie wirkte erschöpft. Shari ging zu den beiden hin, strich mit ihren Blumen beiden über Kopf und Rücken und murmelte leise etwas. Bald schon hatten beide auch zu trinken vor sich. Der Drache genoss einen grossen Topf Stärkungsknollensuppe, die Eule schlürfte Feenwasser, welches die Admins mitgebracht hatten.
Shari begrüsste jeden einzelnen ihrer Gäste, unterstützte sie, erzählte selber auch Geschichten, damit die andern sich etwas ausruhen konnten.
Auf einmal kam Marv gelaufen, Schwanz wedelnd.
«Die Männer lassen dir ausrichten, die Winterdämonen hätten sich bereits etwas zurückgezogen!»
«Danke, Wolf!» Shari kraulte ihn und belohne ihn mit einem Knochen. Sie selber machte sich auf, die Männer zu besuchen. Bald schon war Marv an ihrer Seite, um ihr zu zeigen, wo sie waren. Doch Shari brauchte nicht lange zu suchen. Die wortgewaltige Stimme des Seegrafen war schon von weitem zu hören. Kraftvoll und gekonnt schmetterte er seine Geschichte in die dunkle Nacht hinaus. Sein Gegenüber, Rongard, trug ebenso vehement all seine Erzählkunst vor. Duke und Felix, ersterer immer noch in seinem weiten Mantel, berichteten lautstark über die Vorkommnisse auf Belletristica, über ihre Natur und ihre Wesen, erzählten vergnügt von den fröhlichen Abenden in der Taverne. Adamas und Tolkien trugen Gedichte vor, die sich mit den Geheimnissen des Lebens befassten.
Berührt kehrte Shari zum Feuer zurück und legte Holz nach. Sie wusste, dass die Nacht lang werden würde. Sie beschloss, Duchhaltebrötchen zu backen. Gleichzeitig setzte sie Zuversichts- und Müdigkeit-weg-Tee auf.
Lu half ihr, die lecker duftenden Brötchen und den Tee an alle Anwesenden zu verteilen, und eilte dann mit Marv los, die Männer mit Proviant und wärmenden Fagerleuerchen zu versorgen.
Während dann alle eine kurze Pause einlegten, um sich zu stärken, erzählte der Wachturm wieder eine Geschichte. Und gerade, als alle meinten, sie seien schon wieder dran, ertönten die zwar zarten, aber doch eindringlichen Stimmen der Feen. Sie waren auf den Wachturm hinauf geflogen, von wo aus jeder sie sehen und gut hören konnte. Eine nach der andern erzählte eine Geschichte, die alle Anwesenden wie verzauberte.
Langsam ging die Sonne auf.
Der zweite Tag der Verteidigung hatte begonnen.
Leise unterhielten sich Shari und der Wachturm über das weitere Vorgehen. Beide hatten sie beobachtet, dass viele der Anwesenden doch langsam ermüdeten und eine Pause brauchten. Einige lagen am Feuer und schliefen erschöpft.
Noch während die beiden berieten, nahte Hilfe.