Heiser
Der Montag ging weiter wie der Samstag und Sonntag. Es war langweilig und wir fragten uns, wie unsere Lage in einer Woche aussehen würde. Würden wir rechtzeitig zurück sein für den Schulanfang. Zum Frühstück gab es ein Biskuit und 10 g Käse. Langsam verloren wir die Hoffnung!
Das Geräusch von Lawinen begleitete uns den ganzen Morgen. Ich ging wieder nach draußen, um meine Flasche aufzufüllen. Ich hatte die letzten Tage einfach zu wenig getrunken. Mir war etwas schwindlig. Ich hoffte, nicht krank zu werden. Einige husteten bereits bedenklich.
Danach ging ich wieder rein und legte mich wieder geduldig hin. Zum Mittagessen gab es wieder nichts. Um 14.30 Uhr hörten wir wieder ein Geräusch. Aber dieses Mal tönte es anders. Wie junge Rehe juckten wir aus den Schlafsäcken und schlüpften in unsere Schuhe und nach draußen.
Oben in der Luft dröhnte ein Helikopter. Wir winkten und wurden sofort vom Leiter zurechtgewiesen, dass unser Winken bedeutet, dass wir keine Hilfe benötigen. Der Helikopter setzte zur Landung an und wirbelte den Schnee herum. Schlussendlich stand er still und der Rotor hörte auf zu drehen.
Der Pilot und ein Funkmann stiegen aus. Sie schauten besorgt zum Himmel hinauf und erkundigten sich beim Leiter über die Lage. So wurde entschieden die drei Jüngsten mitzunehmen und einen Gruppenführer. Der Helikopter flog ab und instinktiv hielten wir die Hände vor das Gesicht, da so viel Schnee herumgewirbelt wurde.
Der Funkmann war da geblieben und wir begaben uns wieder in unsere Schlafsäcke. Die Wartezeit ging weiter, aber zumindest hatte sich die Situation schlagartig verbessert. Wir waren bereits halb gerettet.
Draußen hatte es wieder angefangen zu schneien und der Funkmann kam hoch und informierte uns, dass es heute keine Flüge mehr geben würde. Morgen versuchen wir es wieder, aber die Landepiste ist nicht optimal.
Eine halb Stunde stampften wir einen genügend großen Landeplatz. Nun mussten wir nur noch warten. Wir aßen etwas mehr zum Abendessen, da wir nicht mehr so sparen mussten.
Nach acht Uhr polterte es in der Hütte wieder. Vier Männer waren in die Hütte eingetreten und laute Stimmen in italienischer Sprache waren zu hören. Es waren italienische Rettungstruppen. Sie waren über zwölf Stunden von Italien aus unterwegs gewesen. Die Wanderung war schwer gewesen und sie waren fast umgekehrt.
Am nächsten Morgen wurden wir früh geweckt und die Rettungsaktion “Alpha”startete. In Vierer Gruppen wurden wir zum gelandeten Helikopter geschickt. Ich bestieg den ersten Helikopter. Es war ein Militärhelikopter vom Typ Alouette 3. Die Hebel und Knöpfe waren beeindruckend. Die Frontscheibe war rundum bis zu den Füßen verglast.
Ich saß auf dem Vordersitz neben dem Piloten und alsbald überflogen wir den Groppo Pass. Da sagte der Pilot: “Etwa 400 Meter vor der Passhöhe mussten die Schweizer Rettungsmannschaften umkehren. Der Schnee reichte ihnen bis zum Hals.” An diesem Morgen war die Aussicht fantastisch und die Sicht auf die Berge wolkenfrei.
Der Flug dauerte vier Minute und mit einem Druck auf die Ohren landeten wir in Bosco Gurin. In einem nahe gelegenen Restaurant wurden wir mit warmen Tee versorgt. Eine Stunde später war die Aktion Alpha erfolgreich beendet und wir waren wieder beieinander. Plötzlich der Leiter zu mir: “Das Radio will ein Interview auf Französisch machen. Luca, du bist der Einzige, der Französisch kann.” Ich nickte und ging nach draußen und erwartete Radiomänner mit einem Mikrofon. Man wies mich in eine Telefonzelle. Es roch muffig. Meine Stimme war heiser und ich versuchte, übungshalber ein paar Wörter zu reden, um meine Stimme vorzubereiten. Ich war nervös und mein Herz klopfte schnell!
Im nächsten Teil, das Interview und Schlussteil.