(Sixty-Minutes-Beitrag zum Prompt "Vergebliche Liebesmüh'"
21:20 Uhr bis 22:18 Uhr)
Meinapfel & Meinapfel
Fachanwälte für Märchenrecht
Prinz Mirdochegal ./. Prinzessin Faky
Hohes Gericht, verehrter Kronanwalt,
im Namen meiner Mandantschaft Prinzmirdochegal beantrage ich die Annullierung der Ehe von Prinz Mirdochegal mit Prinzessin Faky und die Anklage Besagter wegen Betruges gem. § 49 Abs. 1 MäStrGB und Erschleichung von Gütern gem. §183 Abs. 2, Satz 4 MäStrGB.
Darüber hinaus beantrage ich Anklageerhebung gegen die Königin Etepetete wegen des Verdachts der Anstiftung zu einer Straftat gem. §78 Abs. 1 MäStrG
Sachverhalt:
In den Monaten Januar bis Mai des Jahres 1264 bemühte sich Königin Etepetete auf Drängen ihres Gemahls König Drängler vergeblich, eine geeignete Ehefrau für ihren erstgeborenen Sohn Prinz Mirdochegal zu finden, was sich aus dreierlei Gründen als nahezu aussichtslos offenbarte;
1. der König verlangte eine wirkliche Prinzessin für seinen Sohn
2. der Eile zum Trotz erwartete er Begeisterung für die Braut von Seiten des Sohnes und
3. dem Prinzen war alles egal.
Gerade die letzten beiden Anforderungen erwiesen sich als schwierig, unter einen Hut zu bekommen. Dennoch mühte sich die Prinzenmutter auf dem gesamten Kontinent, geeignete Potentatinnen aufzutreiben.
Dem Gericht dürfte bekannt sein, dass die schönsten sowie die klügsten Prinzessinnen bereits vergeben sind. Die intelligenteste wurde vermittels Erniedrigung an König Drosselbart verschachert. Zahlreiche weniger kluge und selbstständige junge Damen verheirateten sich anderweitig.
Unverheirateten Prinzessinnen waren ausschließlich Rapunzel, die sich bekanntermaßen eine Kurzhaarfrisur zulegte und mit ihrer Freundin Alice zusammenzog und Prinzessin Lucky, die als einzige dem Prinzen nicht nur egal war, nein, er lehnte darüber hinaus eine Ehe mit dem tumben Geschöpf schlichtweg ab.
Um sicherzustellen, dass die Bewerberinnen den Anforderungen des Königs genügten, und also richtige Prinzessinnen wären, unterzog die Königin sie einer Überprüfung vermittels einer Erbse, die sie unter einem Federbettenberg verbarg, in der Hoffnung, die Schlafende möge sich an dem Gemüse stören.
Erst wenn die Echtheit des Prinzessinnenstatus‘ gewährleistet wäre, wurde die entsprechende potentielle Braut dem Prinzen vorgestellt.
Ausnahmen wurden lediglich bei Bewerberinnen gemacht, deren königliches Geblüt nachgewiesen war. Hier Prinzessin Lucky.
Sämtliche Versuche der Königin erwiesen sich als vergebliche Liebesmüh. Ob blond, brünett oder rothaarig, dick, dünn, knochig oder weich, dem Prinzen waren die Bewerberinnen egal, sodass keine Begeisterung in ihm zu entfachen ward.
Am 15.5. desselben Jahres tauchte vor dem Schloss eine verlotterte Gestalt auf, die behauptete, eine wirkliche Prinzessin mit dem Namen Faky aus Wolkenkuckucksheim zu sein.
Die Königin bot ihr Obdach für die Nacht und wandte den Erbsentest an.
Als dieser zum erwünschten Erfolg führte, stellte man Prinzessin Faky, die gebadet, gesalbt, mit adstringierenden Lotionen bestäubt und in Samt und Seide gewandet wurde, dem Prinzen vor.
Nach einem Vieraugengespräch erklärte dieser sich bereit, die Besagte zu ehelichen.
Die Ehe wurde am 17.5. geschlossen.
Mein Mandant beantragt die Annullierung der Ehe und begründet dies wie folgt:
Bei Erteilung des Mandates teilte er mit, dass ihm die Eheschließung mit einem Weibe nicht egal wäre, sie vielmehr grundsätzlich ablehnte, diese Ablehnung jedoch nicht offen zu zeigen wagte, aus Angst, seine Eltern zu enttäuschen.
Obwohl ihm bewusst war, dass die Verifizierung einer wirklichen oder gefakten Prinzessin unter Zuhilfenahme der Bettung auf mikroskopisch kleinem rundem Gemüse nicht beweislastig wäre, entschied er den von der Mutter vorgeschlagenen Test anzuerkennen. Er setzte hierbei jedoch nicht auf wissenschaftlich fundierte Kenntnis, sondern lediglich auf seinen sogenannten gesunden Menschenverstand, dem es unvorstellbar erschien, tiefen und festen Schlaf auf der Kugel zu erlangen, egal welchem gesellschaftlichen Stand man angehörte.
Zweifel kamen ihm, als sich bei der ersten Versuchsreihe offenbarte, dass es sehr wohl Wesen menschlicher Gestalt vermögen, ungestört auf einer Erbse zu ruhen. Er sagte aus, Prinzessin Lucky habe sogar geschnarcht, was erheblichen Anteil an seiner Ablehnung ihrer Person als Braut hatte.
Diese Ablehnung brachte ihm Schuldgefühle bereits am Tage ihrer Abreise unter Tränen ein, weil er bereits der zweite Prinz war, der sie abgewiesen hatte.
Ich verweise auf Anlage A, dem Entlöbnisprozess gegen den Prinzen von Ooooaa, der mit Sir Lancelot durchbrannte, nachdem er zwei Wachen an ihrer eigenen Blödheit ersticken ließ und die väterliche Burg abgefackelt hatte.
Auch die Mitgift Prinzessin Luckys, die Entschädigung aus diesem Verfahren, bestehend aus sieben Pferden und sechs Kokosnushälften, haben Prinz Mirdochegal nicht erweichen können.
Der Betrug Prinzessin Fakys, der auf Betreiben seiner Mutter Königin Etetpetet durchgeführt wurde, traf ihn in der Stunde seiner stärksten Gewissensbisse. Erweicht von Schuldgefühlen stimmte er nach der erfolgreichen Erbsenprobe dem Vieraugengespräch zu, das mit dem Verlöbnis endete.
Mein Mandant gibt an, Prinzessin Faky habe ihn mit einer Spindel bedroht. Erdrückender noch war ihre Drohung, dem König Drängler mitzuteilen, dass Mirdochegal eine mehrjährige Affäre mit ihrem Stiefbruder Prinz Charming habe. Ohnehin von der väterlichen Erwartungshaltung erdrückt, wissend um den doppelten Bypass und den Herzschrittmacher des Vaters, und unter dem Eindruck des Schocks stimmte er den Machenschaften der Frauen zu.
Mein Mandant gibt des weiteren zu Protokoll, dass er einen Brief seiner Mutter an Prinzessin Faky des Inhaltes gefunden habe, dass sie um die Liebschaft ihres Sohnes mit dem Stiefbruder der Beklagten wisse und auf ihre Hilfe baue. Sie beteuert darin, die Nase gestrichen voll zu haben vom Gehabe ihres Sohnes, zumal sich das Leben ihres Gemahles dem Ende zuneigte und der Prinz dessen Nachfolge nur verheiratet antreten könne. Ich verweise auf Anlage B.
Auf das Schreiben angesprochen, sperrte die Mutter ihn mehrere Tage in eine Kammer voller Erbsensäcke. Dort gelang es ihm, vermittels Pfeil und Bogen eine Nachricht nach draußen zu senden, sodass er unter Anwendung von Gewalt von Prinz Charming errettet wurde.
Nach Klärung des Sachverhaltes erlaube ich mir folgende Anträge:
1.) Die Annullierung der Ehe zwischen Prinzessin Faky und Prinz Mirdochegal
2) Anklage der Prinzessin wie oben stehend gemäß der entsprechenden Paragrafen des Märchenstrafgesetzbuches MärStrGB.
3.) Anklage der Königin Etepetete wie oben stehend nach entsprechenden Gesetzen, sowie wegen besonderer Grausamkeit, die sich durch das mehrtägige Einsperren des leiblichen Sohnes in einem mit Erbsensäcken derart vollgestellten, engen Raum belegen lässt, in dem Schlafen unmöglich war.
C. Meinapfel
Fachanwältin für Märchenrecht