Meinapfel&Meinapfel
Rechtsanwälte
Fachanwälte für Märchenrecht
Königin Schalotte Lampe ./. G.Rumpel-Stilzchen
Hohes Gericht, verehrter Kronanwalt des Reiches,
Ich beantrage das Neuverfahren und Aufhebung des Urteils gegen den Goldschmied G.Rumpel-Stilzchen
Sachverhalt:
Im Oktober des Jahres 1148 soll der Beschuldigte der Müllerstochter Schalotte Lampe vermittels Überlassung seines Goldvorrates genötigt haben, ihm ihre Tochter zu überlassen. Die Geschädigte behauptet, der Beschuldigte habe ihre, von ihrem Vater herbeigeführte Notlage zu seinem Vorteil ausgenutzt, und sie zuvor mehrfach bestochen, mit dem Ziele, am Ende die Verfügungsgewalt über ihr Kind zu erlangen. Die Geschädigte gab in der Verhandlung unter Eid an, der Beschuldigte habe sie genötigt, ein Rätsel zu lösen, von dessen Ausgang das Schicksal ihres Kindes abhinge. Dies veranlasste den Kronanwalt zur Feststellung der besondere Schwere der Schuld. Das Gericht folgte dem Antrag.
Der Beschuldigte beantragt Revision, im Zuge derer unsere Ermittler neue Beweise vorlegen konnten. Ich widerlege die Anklage wie folgt:
Der Goldschmied G. Rumpel, 26 Jahre alt, erlag den Verführungskünsten der jungen Müllerstochter Sch. Lampe bei einem Volksfest zu Ehren des Königs im Frühsommer des Jahres 1147. Obwohl er sich, ich zitiere, rettungslos in sie verliebt habe, wies sie ihn in der Folge stets mit dem Hinweis ab, sie beabsichtige, den König zu ehelichen.
Die ehrgeizige Absicht wurde von ihren Freundinnen, von denen sie sich abwandte verlacht. G. Rumpel warb hartnäckig um die junge Frau und überhäufte sie mit goldenen Geschenken. (Beweismittel A/ Goldenes Halsband mit Rubin). Doch statt dem Werben nachzugeben, überzog ihn die Geschädigte mit Hohn und Spott, verwies auf die mangelhafte Größe seines Penis‘ und belegte ihn mit dem Kosewort Stilzchen, das dem Beschuldigten bis heute anhaftet.
Die Diskreditierung seiner Männlichkeit führte in der Folge zu mehreren Kneipenschlägereien, die G. Rumpel jedoch nicht davon abhielten, weiterhin um die Liebe der kaltherzigen Frau zu kämpfen.
Drei Monate nach dem Fest stellte die Geschädigte eine Schwangerschaft fest (Beweismittel B. Schwangerschaftstest) und benannte vor ihrer schockierten Familie den jungen König Mirdochegal als Vater des Kindes.
Es erwies sich in der Folgezeit als schwierig, den durch mehrere Wachen geschützten Mann über seine bevorstehende Vaterschaft zu informieren, insbesondere, weil er sich nicht für Frauen interessiert. Um den Ruf des Mädchens zu wahren, brach der Vater eigenhändig die Schlafzimmertür des Königs mittels einer Axt auf, nachdem er die Wachen in die Irre geleitet hatte. Der Zeuge Prinz Morgenstern aus dem Nachbarreich Orients floh unter dem Eindruck der berstenden Tür in das angrenzende Badezimmer und gibt folgendes zu Protokoll:
Der geschockte König wurde überschüttet mit verwirrenden Informationen zu seiner vermeintlichen Vaterschaft eines ungeborenen Kindes, das er mit einer Frau gezeugt haben soll, die er noch nie im Leben gesehen hatte und wies den Vorwurf der Promiskuität empört von sich.
Desweiteren: Der König sagt aus, ihm sei unter dem Einfluss des müllerischen Sermons der Gedanke gekommen, dass er ja ohnehin würde heiraten und dem Reich einen Erben schenken müssen. Der Müller pries die Schönheit seiner blonden Tochter, die dem König am Gesäß vorbei rauschte. Blond war Prinz Morgenstern auch. Dennoch ließ er sich erweichen, da die gesellschaftlichen Konventionen eine Ehe verlangen, jedoch nicht ohne eine hohe Mitgift zu verlangen. Der Müller behauptete indes, seine Tochter könne aus Stroh Gold machen. Aufgrund jener Versprechung willigte der König in die Ehe ein und klärte den Müller nicht darüber auf, dass er an der Entstehung des Kindes nicht mitgewirkt habe.
Das Versprechen ihres Vaters brachte die Geschädigte in eine Zwangslage, aus der sie sich durch die Manipulation des blind verliebten Goldschmiedsohnes zu befreien gedachte.
Laut Zeugenaussagen der Freunde K.Merad und V.Ertrau erschien sie in Tränen aufgelöst auf dem Kegelabend des G. Rumpel und verlangte, ihn unter vier Augen zu sprechen. In der Toilette des Wirtshauses „Zum gehörnten Ochsen“ belog sie den Beschuldigten dahingehend, dass ihr Vater sie mit dem König verkuppelt habe, dieser aber verlangte, sie möge aus Stroh Gold spinnen. G. Rumpel verwies auf die physikalische Unmöglichkeit des Vorganges, ließ sich aber erweichen, als Sch. Lampe die Schwangerschaft gestand, jedoch behauptete, der König habe sie verführt. Darüber hinaus bot sie ihm an, das Familienhalsband mit dem Rubin zurückzugeben. Der Beschuldigte wurde von Mitleid überflutet und versprach Hilfe. In der darauffolgenden Nacht erklomm er die Turmkammer des Schlosses und verfrachtete die Goldvorräte seines Familienbetriebs vermittels Seilwinden nach oben. (Beweisstück C.) das Stroh stopfte er in einen Sack. Auf dem Heimweg erlitt er auf der Flucht vor einem wilden Eber im angrenzenden Wald mittelschwere Verletzungen. Zuhause verfiel er ins Koma.
Nach dem Erwachen aus demselben war die Ehe der Geschädigten mit dem König Mirdochegal bereits geschlossen und galt als vollzogen, da der Bauch der neuen Königin anwuchs. G. Rumpel gibt an, zu jener Zeit unter schweren Depressionen gelitten zu haben, da die Geschädigte jeden Kontakt zu ihm abgebrochen habe. (Ich verweise auf das psychologische Gutachten der Drs. Frust & Grau)
Der Vater hatte unterdessen die Goldvorräte als gestohlen gemeldet, die Ermittlungen zu jenem schweren Raub verliefen in Ermangelung von Spuren jedoch im Sande. Das Unternehmen ging nicht bankrott, da die Versicherung den Schaden zahlte. In den folgenden Wochen der Rekonvaleszenz, in der das Königskind geboren wurde, und die der Beschuldigte das Bett selten verließ, brachte sein engster Freund K. Merad einen Kalender mit an das Krankenlager und wies G. Rumpel darauf hin, dass das Kind mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit von ihm sei. Aufgebracht kam G. Rumpel zu demselben Schluss und genas.
Bis auf weiteres verfolgte er keinen Plan.
Im September suchte ihn ein bestrumpfhoster Bote der Königin mit einem Billett auf, (Beweisstück D), in dem sie ihn zu einem geheimen Treffen bat. Das Treffen fand am Rande der Pferderennbahn statt, derweil der König mit dem Prinzen Morgenstern auf eine Gleichstellungskampagne verreist war.
Die Königin, die sich unbeobachtet wähnte, flehte G. Rumpel an, ihr noch ein letztes Mal die königliche Kammer mit Gold zu füllen. Der Vorgang wurde vom Rennpferd Mister Ed beobachtet, das unter Eid aussagt, die Königin habe den Betrug eingestanden, als G. Rumpel sie damit konfrontierte, dass das vermeintliche Königskind seines sei. Obwohl er sich standhaft wähnte, gibt G. Rumpel zu, eingeknickt zu sein, als die Königin ihren Leib entblößte und sich ihm hingab. Jedoch brachte er es nach dem Liebesakt ermattet zustande, von ihr zu fordern, den Betrug aufzudecken. Andernfalls würde er den König Höchstselbst aufsuchen, und sich als Kindsvater offenbaren.
Die Geschädigte stimmte der Forderung zu, erfüllte ihren Teil der Abmachung jedoch nicht.
Erneut raubte G. Rumpel die Goldvorräte des Familienunternehmens und verfrachtete sie unter Aufwendung aller körperlicher Kraft in das königliche Schlafgemach. Er wartete sieben Tage vergeblich darauf, dass die Königin ihren Gemahl mit der Wahrheit konfrontierte. Hierbei ahnte er selbstredend nicht, dass der Fakt eines Kuckuckskindes dem König bekannt, aber egal war. In den Wochen vor seiner Festnahme versuchte er vergeblich, den König aufzusuchen, um ihn mit der Wahrheit zu konfrontieren. Um dies zu verhindern, machte sich die Königin schwerer Vergehen, wie Körperverletzung und versuchten Mordes schuldig:
Am 29.9. 1148 stürzte dem Beschuldigten das schwere, über seinem Bett angebrachte Holzkreuz auf den Kopf, das sich nach eingehender forensicher Untersuchung als an einem nachlässig in die Wand gehämmerten Nagel befestigt erwies.
Ich verweise auf die Zeugenaussage der Handwerker H.Udell & B.Rassel, die sich der Mittäterschaft schuldig gemacht haben.
Am 30.9. 1148, auf dem benommenen Wege zum Schloss, zog der Gardist B. Intreu den orientalischen Teppich im gewachsten Gang zum Thronsaal unter den Füßen des Beschuldigten weg. Beim rückwärtigen Sturz lösten sich die Kopfverbände auf, der Beschuldigte fiel erneut ins Koma.
Am 10.10 humpelte er auf Krücken und mehrfach bandagiert ins Schloss, wo er herausschrie, dass er sein Kind sehen wolle. Dabei wurde er verhaftet und in den Kerker geworfen.
Er erhob schwere Vorwürfe gegen die Königin, denen man keinen Glauben schenkte. Dem unterdessen von der Kampagne zurückgekehrten König kam das spanisch vor, insbesondere, weil seine Königin gegen Prinz Morgenstern zu intrigieren begann. Er gibt zu Protokoll, dass er sich auf Treu und Glaube auf das Versprechen des Müllers L.Bold verlassen habe und nicht ahnte, dass der Goldvorrat im Turmzimmer geraubt wäre. Das Schicksal G. Rumpels bedauert er zutiefst. Darüber hinaus erklärt er die Absicht, sich von der Königin zu trennen, um eine Allianz mit dem Nachbarsstaat Orients vermittels einer Ehe zu manifestieren, die nach einer entsprechenden Gesetzesänderung möglich wäre.
Nach Abschluss der Ermittlungen erlaube ich mir folgende Anträge:
1. Aufhebung des Urteils vom 28.10.1148 gegen R. Rumpel
2. Unterlassungsurteil bezüglich des diskreditierenden Beinamens Stilzchen
3. das alleinige Sorgerecht des G. Rumpel für seine Tochter G.Löckchen
4. Anklage der Ex-Königin Schalotte Lampe gem. § 112 MäStrGB wegen Betrugs, § 45 MäStrGB wegen versuchten Mordes in zwei Fällen
5. Anklage der Handwerker H.Uddel & B.Rassel wegen Beihilfe zum versuchten Mord gem. § 623 Absatz 1. MäStrGB
6: Aufnahme eines Zivilrechtsprozesses zur Ermittlung der Höhe des Schmerzensgeld für G. Rumpel
Mit freundlichen Grüßen
C. Meinapfel
Fachanwältin für Märchenrecht