Die Tage sind nun sehr ähnlich. Regenerationstopf und Höhle sind fixe Bestandteile. Jeder zweite Tag ist die Fortsetzung der Schulung. Da habe ich sehr interessante Erkenntnisse, die ich mit euch teilen möchte. Dies in einer weiteren Folge.
Erwähnenswert ist, dass der Topf umbenannt wurde in Regenerationseimer (TM registered by Gr.......). Es ist mittlerweile auch ein „Running Gag“ und sorgt für ständige Erheiterung. Alle lachen, wenn jemand sagt, er begebe sich in den Eimer.
Viele von euch haben ungläubig den Kopf geschüttelt, als bekannt wurde, wie Luca meine Gedanken empfängt und niederschreibt. Ich habe dies schon bemerkt!
Deshalb hierzu ein paar fachtechnische Erklärungen. Die Materie ist äußerst komplex und ich musste mir den Rat ein paar älterer Seelen holen, um dies richtig wiederzugeben.
Von hier aus bis auf die Erde sind es über 1000 km. In etwa 500 km Höhe von der Oberfläche der Erde, sind Schichten, die durch die Sonneneinstrahlung ionisiert sind und damit elektrisch leitfähig gemacht werden. An dieser Heaviside-Schicht, benannt nach dem Entdecker, werden die Gedankenwellen gebrochen und schließlich reflektiert.
Ich erwähnte, dass es nicht immer gleich gut ist. Man erklärte mir, dass dies wissenschaftlich bewiesen ist. Das Reflexionsvermögen ist von der Stärke der Ionisation, da spielt die Jahreszeit also Winter und Sommer, Tag und Nacht eine entscheidende Rolle. Ferner wirkt sich Nebel nicht positiv aus. Der seltene weiße Nebel ist jedoch sehr negativ! Laienhaft ausgedrückt, ist es logisch, dass in der Nacht, die Ionisierung der Schicht sehr gering ist.
Bitte haltet euch jetzt fest, es ist noch komplexer und ist zusätzlich abhängig vom Sonnenfleckenzyklus. Dieser Zyklus dauert rund elf Jahre. Sonnenflecken stellen Orte auf der Sonne dar mit großen Eruptionen elektrisch geladener Gase.
Der Winkel des Auftreffens der Gedanken auf die Ionosphäre ist auch noch entscheidend. Je flacher, desto besser die Reflexion.
Wenn ihr meint, ich hätte dies alles erfunden, dann täuscht ihr euch. Dies sind bekannte Verfahren und werden in der Funktechnologie immer noch verwendet, nach dem exakt gleichen Prinzip. Statt Gedanken sind es dann ganze Sätze, die über Funk weitergegeben werden. Wir nutzen einfach diese alte Technologie für die Gedanken. Mit der Codierung finden die Gedankenfragmente Zuflucht zur richtigen Person.
Die dazugehörigen Formeln habe ich nicht aufgeschrieben. Ich danke der Seele Funk für die sehr interessanten Erklärungen und ich verstehe es nun besser. Die Materie ist wirklich äußerst spannend, aber leider nicht einfach zu verstehen.
Täglich war ich also im Regerationseimer und in der Höhle. Zur Kontrolle musste ich auch zum Arzt. Er ist zufrieden mit meinen gesundheitlichen Fortschritten. Meine Aufladefähigkeit hat sich um 5 % verbessert und ich soll einfach das Programm so fortsetzen. Es dürfte noch einige Zeit dauern, bis ich vollständig gesund bin.
Kurzfristig musste er das Büro verlassen und ich musste auf die vertraulichen Akten aufpassen. Na ja, ihr werdet ahnen, dass meine Neugier einfach zu groß war. Aber ich erzähle euch schnell, was ich entdeckt habe. Es scheint also, dass das Schicksal jedes einzelnen Menschen schon bei der Geburt vorbestimmt ist. Die Akten der Personen geboren nach 1980 sind elektronisch abgesichert und werden in einer mehrfach verschlüsselten Cloud aufbewahrt. Mich interessierte, wie so ein Dossier aufgebaut war, und ich holte eine alte Papierakte heraus. Nämlich die von Luca aus dem Schrank. Ich öffnete das Dossier und erschrak!
Gemäß der Akte war er im Alter von vier Jahren fast gestorben. Er wurde in letzter Sekunde von seinem Vater aus dem Wasser gerettet. Aus Neugier hatte er die Arme in den Schwimmring hineingeholt und war sprichwörtlich abgesoffen. Seine Eltern spielten Karten und ein riesiger Zufall wollte es, dass sie mal aufschauten. In grüner Farbe stand, sein Tod war nicht geplant, es war ein Versehen des Subjektes. In fett: Curiosity kills the cat. Auf Deutsch, zu große Neugier ist tödlich. Ich unterließ nachzuschauen, wann sein Tod sein würde, dies wäre ganz schlecht für ihn.
Ich holte dann das Dossier von Albert Camus heraus. Er starb bei einem Autounfall mit einem gültigen Fahrschein. Ich las was darin stand:
In roter Farbe war geschrieben:
Autounfall gelungen. Falls der Autounfall nicht gelingt, ist ein Plan B vorgesehen.
Und violett war geschrieben:
Plan B: Zugentgleisung mit vielen Toten. Dieser Plan ist unbedingt zu vermeiden, da Menschen umkommen werden, die noch nicht fällig sind.
Das Schicksal der Menschen ist somit weitgehend vorbestimmt, gut zu wissen.
Ich versorgte rasch die Akten und mir wurde siedend heiß bewusst, dass ich vermutlich mit dieser Neugier einen riesigen Fehler gemacht hatte. Dies würde sicher nicht unbemerkt bleiben. Wie dumm von mir!
Prompt: Weißer Nebel