Harry brauchte ein wenig länger, um einzuschlafen. Es war die erste Nacht, die sie hatten und Draco war nicht da. Trotzdem hatte es Harry irgendwann geschafft einzuschlafen.
Dass sich die Bettdecke mitten in der Nacht bewegte und sich ein Arm um seinen Oberkörper schlang, bekam er dennoch mit.
„Dray", nuschelte er heiser und drehte sich langsam um. Harry strich sanft über Dracos seine Brust. Langsam glitt seine Hand weiter hinunter und verharrte plötzlich, als er eine Unebenheit spürte. Schrammen. Er sah den Schmerz in seinen Augen sehen und die Verzweiflung.
Er war wieder in seinem Loch.
„Was ist passiert?", fragte Harry leise, mit seiner Hand strich er über die blonden Haare.
„Was passiert ist? Ich habe die Aufgaben nicht rechtzeitig abgeschlossen! Sie sollten vor den Ferien fertig sein. Hogwarts sollte in den Weihnachtsferien fallen. Das war Voldemorts Plan. Ich habe es nicht geschafft, ich schaffe nichts, ich-"
„Halt die Klappe! Du hast es nicht geschafft, weil du gut bist und das gar nicht tun willst."
„Na und? Das interessiert Voldemort doch nicht oder meine Eltern! Wenn ich es nach den Ferien jetzt nicht schaffen werde, werde ich hingerichtet", zischte er.
„Hör auf", fuhr Harry ihn an. „Du wirst nicht hingerichtet werden! Du wirst deine Aufgabe erledigen. Ich werde für dich da sein, aber ich werde mit Ron und Hermine gegen dich arbeiten. Ich werde dich nicht im Stich lassen."
Draco schwieg tatsächlich und rutschte noch näher an den Gryffindor heran, Harry schmiegte sich an Dracos leicht beharrte Brust und genoss die sanften Streicheleinheiten an seinem Kopf.
„Was meinst du mit gegen mich arbeiten."
„Natürlich lasse ich dich nicht im Stich, Draco, niemals. Es scheint mir einfach die schlauste Taktik zu sein."
„Wie auch immer...", nuschelte der Slytherin. „Wir reden morgen, ich will schlaf-"
Seine Stimme wurde immer leiser und brach dann ab, als Harry nach oben blickte sah er, dass Draco bereits eingeschlafen war.
Harry wurde von hellem Licht geblendet und öffnete seine Augen. Es war so hell. Langsam setzte er sich auf und blickte sich um. Draco lag friedlich schlafend neben ihm. Harrys Blick glitt über die Einrichtung.
Optisch wirkte das Ganze ein klein wenig größer, als die alte Wohnung. Dieses Bett war wesentlich breiter und vor allem bequemer als das vorherige. Rechts und links vom Bett hatten sie viel Freiraum und rechts stand eine breite Kommode. Viel mehr sah Harry nicht, da das Schlafzimmer mithilfe eines Torbogens vom Wohnzimmer abgetrennt war. Das Einzige, was er noch erkennen konnte, war eine olivgrüne Couch, die auf den ersten Blick viel bequemer wirkte, als die alte.
„Harry...?"
Er wandte sich Draco zu. Sein Gesicht war von roten Kratzern verunstaltet und er wirkte erschöpft. „Ruh dich aus", erwiderte Harry.
„Ich ruh mich aus. Mit dir. Lass mich jetzt nicht alleine."
„Tue ich nicht, ich schaue mich um und dann mache ich essen."
„Gut, dann werde ich mitkommen!"
„Nein, du wirst dich ausruhen."
„Ich werde mitkommen!"
„Dray."
„Harry."
„Draco."
„Potter."
„Malfoy."
Eisern starrte Harry in die erschöpften grauen Augen von seinem Freund. „Ich warte", brummte dieser widerwillig. „Aber wir machen Bettfrühstück."
„Denkst du etwa, dass ich alleine in der Küche esse, während du hier sitzt und nichts bekommst? Natürlich machen wir Bettfrühstück!"
Der Slytherin starrte schweigend an die Decke. Harry ging durch den großen Bogen und sah sich im Wohnzimmer um. Diese Wohnung war definitiv größer und gemütlicher als die alte. Gegenüber von der Couch war eine Wand, an der ein großer Flachbildfernseher hing. Direkt daneben war eine Tür. Diese Wohnung hatte sogar einen kleinen Flur. Harry trat in die Tür. Rechts von ihm sah er eine große Eichentür, die Haustür und geradeaus war die Küche, die bereits jetzt eine fröhliche Atmosphäre ausstrahlte.
Alles in einem erinnerte der Aufbau Harry ein wenig an das Hauptquartier vom Orden des Phönix. Das war so ähnlich aufgebaut, nur dass die Schlafplätze in den oberen Stockwerken lagen.
Harry stellte sich in die Küche und öffnete den Kühlschrank. Bestimmt war sowieso nichts da und Harry musste etwas zaubern, aber da hatte er sich geirrt. Der Kühlschrank steckte voll bis obenhin und er hatte eine solche Vielfalt, dass er nicht wusste, was er jetzt zum Frühstück machen sollte.
Schließlich entschied er sich für ein typisches Muggel-Frühstück. Frische Brötchen mit Kaffee oder Kakao und frisch gekochten Eiern. Während die Eier im Topf kochten, räumte er die anderen Sachen auf ein großes Tablett. Nach ungefähr sieben Minuten füllte er die fertig gekochten in einen Eierbecher um und stellte sie ebenfalls auf das Tablett und balancierte mit diesem zurück ins Schlafzimmer. Draco saß bereits aufrecht im Bett und starrte mit grimmigem Gesichtsausdruck in Harrys Richtung.
„Ich wollte helfen!"
„Nichts für ungut, Draco, aber du siehst echt scheiße aus!"
Draco bedachte ihn mit einem wütenden Blick, setzte sich aber anschließend aufrecht hin und musterte das Essen.
„Was ist das?"
„Muggel-Frühstück. Es sieht total lecker aus, aber ich durfte nie etwas davon essen, daher wollte ich es mal austesten... ich hoffe, es schmeckt."
Harry reichte Draco das Tablett rüber und setzte sich anschließend neben den Slytherin. „Es wird schmecken, ganz sicher."
Draco beugte sich zu Harry rüber und gab ihm einen sanften Kuss auf die Lippen. Harry reagierte erst gar nicht, da er überrumpelt wurde, doch dann erwiderte er den Kuss sanft, löste sich aber genauso schnell auch wieder.
„Das hat mir gefehlt...", nuschelte Draco heiser und lehnte sich leicht an Harry an. „Nach unserer Nacht hatten wir nur Streit und dann war da gestern das mit den Männern, das war scheiße. Wirklich... es war die beste Nacht meines Lebens und ich will endlich alles mit dir klären... da war gestern so scheiße..."
„Wir haben alle Zeit der Welt, Draco! Drei Wochen Ferien, gemeinsames Weihnachten und alles was zählt sind du und ich."
„Anscheinend ja nicht... sonst wären gestern die Männer nicht aufgetaucht... die werden wiederkommen- immer wieder. Und die werden mich immer finden, egal wo ich mich verstecke."
Am liebsten würde Harry ihm jetzt sagen, was er für einen Unsinn erzählte, aber er war selbst nicht ganz überzeugt. Immerhin waren es Todesser, Dracos Gesicht war zerschrammt und jeder wusste, was Voldemorts Anhänger für Kräfte hatten.
„Dann versteck dich nicht! Spiel den Bösen und tu, was du tun musst", sagte Harry entschlossen, dann atmete er tief durch und fügte hinzu: „Und egal, was du tun wirst, ich werde immer hinter dir stehen, auch wenn du tötest."
„Ich weiß...das Problem ist, dass ich nicht töten kann."
„Natürlich kannst du. Du musst nur den Todesfluch Avad-"
„Schlaukopf", nuschelte Draco und seufzte. „Aber der funktioniert nur, wenn du tief in dir drinnen wirklich töten willst. Deswegen kann ich nicht töten."
„Und deswegen bist du deprimiert? Man, Dray! Das ist doch etwas Gutes! Sei froh, dass du nicht kannst."
„Theoretisch... aber Mom und Dad sind enttäuscht und ic-"
„Und du hast mich, genau! Ich werde trotzdem hinter dir stehen und ich bin mir sicher, dass Hermine es auch tun wird. Sogar Ron, wenn es soweit kommen sollte.... Nein, wirklich! Hermine und ich lassen uns etwas Geniales einfallen, solange musst du da noch mitspielen. Wie weit bist du mit der Aufgabe, die Todesser nach Hogwarts zu holen?"
„Fertig... Gegen Ende des Jahres werden sie kommen..."
Dracos Stimme wurde immer leiser, „dann wird Dumbledore getötet und..."
„Und Voldemort gewinnt an Macht... Ich weiß... ist dramatisch und schrecklich... aber wir lassen uns etwas Geniales einfallen. Wir werden ihn aufhalten und- Kannst du jetzt mal etwas essen? Du bist total blass!"
„Blass?!"
„Ja, blass", erwiderte Harry und schob ihm grinsend eine Erdbeere in den Mund. Dracos Gesichtsausdruck war schockiert, dann kaute er und schluckte sie runter. „Hab dich auch lieb....", murmelte er und warf ihm einen kurzen, wütenden Blick zu.
Harry schwieg, er hielt in der Bewegung inne und blickte nachdenklich auf die Decke. Er fand es zwar gut, dass Draco ihn lieb hatte, aber er hatte Draco etwas mehr als nur lieb.
„Hey", murmelte Draco und stieß Harry grob in die Seite. „Reden wir?"
„Rede..."
„Man... jetzt sei nicht so theatralisch", seufzte Draco. „Das, was ich dir in unserer Nacht gesagt habe, war mein Ernst. Du bist mir sehr wichtig geworden und ich will dich nicht verlieren. Ich hab dich lieb, aber irgendwie auch mehr. Also weißt du... irgendwie liebe ich dich auch, aber...- man, ich hasse solche Gespräche! Kannst du nicht auch mal was sagen?!"
Harry sah ihn an, seine Lippen zu einem leichten Lächeln nach oben gezogen. „Draco... ich hätte nie gedacht, dass ich jemals so für dich fühlen könnte...", nuschelte Harry unbehaglich.
„Siehste...", murmelte Draco. „Solche Gespräche sind einfach ätzend...Aber Harry?"
„Hm?"
„Versprichst du mir etwas?"
Harry nickte leicht.
„Versprich mir, dass wir es langsam angehen. Wir sind so schon das komplette Gegenteil voneinander und dann auch noch die Sache mit Slytherin und Gryffindor und jetzt das mit Voldemort. Ich will dich nicht verlieren, deshalb will ich es langsam angehen."
„Versprochen."
Draco lehnte sich leicht zu Harry rüber und gab ihm einen Kuss auf dir Wange. „Du bist der Beste!"
„Weil ich es dir versprochen habe...? Harry wirkte verwirrt und blickte in die grauen Augen.
„Nein! Weil du so perfektes Essen zauberst."
„Also erstens ist es nicht gezaubert und zweitens... ich kann's dir zeigen."
Auf Dracos Lippen zeigte sich ein kleines Lächeln, dann schnappte er sich einen kleinen Teller und begann zu essen. Harry wirkte im ersten Moment ein wenig überrumpelt, aber dann begann er selbst zu essen. Allerdings aß er sehr wenig und wollte für Draco mehr übrig lassen.
„Iss", forderte Draco, er schob ihm eine Schale mit Gemüse rüber. „Ich bin voll", murmelte er.
„Du bist ein Lügner", erwiderte der Slytherin und hielt ihm bestimmt eine Erdbeere vor die Lippen. „Jetzt iss! So viel würde ich nie im Leben schaffen! Außerdem ist es zwar süß, wie du gerade Rücksicht nimmst, aber wenn du jetzt nichts isst, wirst du schwach."