Den Frühling stellte man sich vor vielen Jahren noch kühl und feucht vor. Ja, die Zeiten und das Klima ändert sich. Vor 31 Jahren waren es nur 8° C im Monatsdurchschnitt. Natürlich war die Natur auch geschmückt mit bunten Frühlingsblumen und Sonnentage gab es im April bestenfalls fünf bis zehn zu zählen. Ja, so war es mal vor vielen Jahren. Heutzutage ist es eine Jahreszeit der dauerhaften Dürre und des Waldsterbens. Als ich etwas jünger war, so vor 50 Jahren, da trug man im April noch lange Hosen, Pullover und eine warme Jacke. Heute ist es anders, also feinstes T-Shirt Wetter und man vergesse bitte die Sonnencreme nicht, denn vom wolkenlosen Himmel brennt erbarmungslos die Sonne auf die Vegetation herab. Ja, wir können die UV Strahlung durch Sonnencreme in eine sommerliche Bräune übergehen lassen. Die Pflanzen können es jedoch nicht. Uns stört es nicht, wenn die Sonne scheint, aber Pflanzen brauen Wasser. Im April fielen nur 5 % des früher üblichen Niederschlages.
Ich erinnere mich noch, Ostern im April hat es früher mehrfach geschneit, also dieses flockige, weiße Zeug fiel vom Himmel und die Osterhasen trugen noch Schneeschuhe. In Märchen findet man auch noch Erinnerungen an solche Ereignisse, die man zumeist im Winter und Frühling erlebte. Ich kann mich gut daran erinnern, da wir für einen älteren Herrn in Lesum jedes Jahr die Ostereier in seinem Garten verstecken sollten. Natürlich fiel dieses Event für die Kinder aus, weil es doch etwas zu kühl und matschig im Garten war.
Gehe ich heute spazieren, dann sehe ich eine bizarre Entwicklung. Gärten, in denen einst Blumenbeete dem Frühling mit einem Blütenmeer huldigten sind inzwischen von den Eigentümern in pflegeleichte Schottergärten verwandelt worden, in denen nichts mehr wächst. Das Summen der Bienen ist dort verstummt und ich frage mich, wie diese Menschen den Begriff Natur, Garten oder Frühling definieren. Offenbar sind Blumen, wie Tulpen, Narzissen, Perlhyazinthen oder Osterglocken aus der Mode gekommen. Schließlich müsste man andernfalls doch Rasen mähen und diese widerlichen Pflanzen hegen und pflegen. Na, dafür hangen an der Hauswand zumindest noch die billigen Plastikostereier, die einen Hauch von Farbe neben den dunkelgrauen Basaltschotter zaubern. Andere Gartenfanatiker besitzen zumindest noch einzelne Pflanzkübel in den Schotterwüsten, in denen vertrocknete Pflanzen des letzten Jahres ihr kümmerliches Dasein fristen dürfen.
Noch kurioser wird es in ehemaligen Feuchtbiotopen, die nur durch die stetige Bewässerung durch die Freiwillige Feuerwehr halbwegs ihren Charm als solche erhalten. Dabei sollten doch diese Moore und Oasen für Frösche und Kröten auch als Lebensräume für Störche und Kiebitze dienen. Aber wozu braucht es diese ollen Vögel, die verhungern doch sowieso, weil es keine Frösche und Unken mehr gibt. Und dann erinnere ich mich an diese riesigen Gewächshäuser rund um Aalsmeer in den Niederlanden, in denen Millionen Blumen gezüchtet werden, um uns im Frühling die Tristesse des Winters mit bunten Farbtupfen überwinden lassen. Mit einem Freund von mir, der Blumenhändler ist fuhr ich dort oft hin, aber gerade jetzt ist auch das untersagt, denn der Coronavirus erlaubt es nicht - dort Blumen zu kaufen.
Das drüsige Springkraut ist eine Pflanze, die jeder von uns kennt. Es ist eine eingeschleppte Pflanze, die Storchenschnabel (Geranium pratense) und andere Wildkräuter verdrängen und bedeutsam zum Insektensterben beitragen. Ist es wirklich ein Weg, als Naturzerstörer Pflanzen zu importieren, um einheimische Arten gänzlich zu tilgen? Ich weiß es nicht, aber als Mensch erfreue ich mich lieber an Erinnerungen, als an den modernen Errungenschaften der leblosen Natur. Wer kennt denn noch die Frühjahrsblüher vom Buschwindröschen bis zur Osterglocke. Wo stehen diese Pflanzen noch in Gärten oder der Natur. Und dazu noch diese naiven Leute vom NABU, die Krötenzäune aufstellen, um die Tierwelt zu beschützen. Wie kann man nur so naiv sein und sich um die Natur kümmern. Im Fernsehn sieht man doch spektakuläre Landschaften, die es hier früher auch zu bestaunen gab.
Ja, ich bemerke den Klimawandel und mit Sicherheit werde ich nicht müde, davon zu berichten, denn eine neue Natur und neue Jahreszeiten können wir uns nicht kaufen. Vielleicht kann ich ja einige Menschen dazu bewegen einen Baum oder Strauch zu pflanzen und doch ein paar Blumen und Wildkräuter in den Gärten zuzulassen. Die Insekten, die Vögel und manch nette Nachbarn freuen sich mit Sicherheit darüber. Na, und vielleicht gibt es sogar einige naturbeflissene Menschen, die einem Baum mal ein oder zwei Eimer Wasser zukommen lassen.
Ich denke, unsere Enkel werden sich freuen, wenn es in zehn Jahren noch Wälder gibt und bunte Blumenwiesen über die Schmetterlinge und Bienen fliegen. Vielleicht hören unsere Enkel sogar noch Vögel, die munter in bunten Gärten ihre Lieder zwitschern und Mauersegler, die Insekten fangen oder Rotschwänzchen, die gerne in unseren Gärten Insekten fangen, um ihre Brut durchzubringen. Vielleicht bin ich naiv und altbacken, aber die Natur liegt mir an Herzen, weil wir ohne eine intakte Natur nicht überleben werden.