Zwischen den Leben in Gottes Paradies
Willkommen. Willkommen hier im Garten. Schau. Alles hier ist neu für dich, obwohl du schon immer hier warst, hier bist und hier sein wirst. Auch, wenn du schon längst wieder weitergezogen bist.
Doch komm vorbei, komm ruhig vorbei. Schau dich im Garten um. Betrachte das große Bild. Hierfür wurde hart gearbeitet. Alles hat sich selbst an seinen Platz gefügt. Es sind Lebenssplitter eines Puzzles, das ein Ganzes ergibt.
Gefällt dir, was es dir zeigt?
Immer wenn du am Ende deines Lebens hier vorbei kommst, hast du die Offenheit eines Kindes. Spürst du, wie sich dir die Welt zeigt?
Dir macht Angst, wie du als Einzelwesen nicht existierst. Diesmal deine Vorliebe für samtigen Tee, flauschige Decken und Horrorfilme in dunklen Zimmern. Deine Liebe für deine Familie. Eure tiefen Gespräche und klingenden Lachen. Wie hart du gearbeitet hast in deiner Ausbildung. Die Nächte durch gelernt, um in einer schrecklichen Arbeit zu landen. Wie du mit klopfendem Herzen gegen deinen sexistischen Chef aufgestanden bist. Wie du dich entwickelt hast zu diesem geraden, aufrechten Leben.
Zwischen den anderen Farben bedeutet nichts davon etwas. Deine Meilensteine, die vom Treibsand der Zeit langsam eingezogen werden und versinken. Ohne jegliche Relevanz. Zu klein im großen Bild des Ganzen. Bist du enttäuscht, dass du nicht mal einen Pinselstrich ausfüllst?
Aber… vielleicht bedeutet dein Leben nichts, doch warum muss es das? Lass dir gesagt sein: Der Sinn des Leben ist, zu leben. Deine Mutter weiß das. Und zu ihr wirst du hier immer wieder zurück kehren. Heim, wenn du zwischen deinen Leben bist. Nur dann kannst du das ganze Bild betrachten. Deine Mutter zeigt es dir gern, breitet es vor dir aus.
Hilft es dir?
Das kein anderes Leben im Auge des Universums groß genug ist, um hervor zu stecken?
Geh voran, betrachte das Bild. Bist du dafür nicht gekommen? Um zu sehen, dass du nicht verloren bist? Wie willst du das auch sein, wenn du gar nicht bist?
Du bist noch jung. Ganz beschäftigt mit dir selbst und deiner Wichtigkeit. Eingeschüchtert vom Bild der Welt, doch enttäuscht über deine Rolle im Gemälde des Universums.
Dennoch trittst du gespannt näher an das Bild. Berührst es Bild und lässt deine Finger darüber gleiten.
Wind jagt dir um die Ohren und durch dein Geweih, während deine Hufe einen dumpfen Trommelschlag auf die Erde klopfen.
Du wirst auf deine nächste Reise geschickt.
Bei deinem nächsten Besuch wirst du älter sein. Bei dem darauf viel jünger, doch trotzdem weiser. Und das Mal drauf, wirst du am Anfang deiner Entwicklung stehen. Zeit verrinnt nicht wie in einer Sanduhr von oben nach unten. Aber das verstehst du noch nicht. Vieles wirst du auch nie verstehen.
Dennoch kommst du immer wieder zurück. Zurück zu deiner Mutter. Zurück in den Garten. Zurück zum Bild.
Irgendwann jedoch wirst du kommen und dich für das ganze Stück interessieren, statt allein auf deinen Platz. Du wirst wissen, dass es keinen Unterschied macht Dass du jede Farbe, jeder Pinselstrich bist. Dass das Bild des Universums dich zeigt.