Diese Benachrichtigungskarten sind wahrlich eine famose Erfindung. Als Adressat erfahre ich, dass eine Paketsendung zugestellt werden sollte, ich aber leider nicht anwesend war, somit wird mein Paket bei der nächstgelegenen Poststation zur Abholung hinterlegt. Praktischerweise ist auf diesem Formular auch noch ein Vordruck, den ich denn ausfüllen kann, um eine andere Person damit zu beauftragen, mein Paket abzuholen. So die Theorie. Soweit so gut oder doch so schlecht.
So stand ich in Erwartung eines Paketes vor dem Haus und ratschte etwas mit der Nachbarin, als ein gelbes Fahrzeug mit roten Buchstaben auf der anderen Straßenseite hielt. Freudig wollte ich dem Paketboten schon winken, aber dieser stieg einfach nicht aus. Seltsam. Meiner Nachbarin fiel das Verhalten auch auf und wir spekulierten über die unterschiedlichen Gründe, das Fahrzeug nicht zu verlassen. Dann endlich öffnete sich die Tür, und der Paketbote schwang sich voller Elan, jedoch ohne Paket aus dem Auto und kam zu uns herüber. Irritiert blieb er vor dem Haus stehen, da vorne an der Straße keine Briefkästen waren.
„Zu wem möchten Sie?“ Fragte ich ihn zuckersüß.
„Zu Frau zu Tanabe“, er haspelte etwas bei dem Namen, „eine Benachrichtigungskarte, weil ich sie nicht angetroffen habe.“
Ich stutzte und bewunderte ihn insgeheim zu seinen hellseherischen Fähigkeiten.
„Sie haben doch gar nicht geschellt“, gab ich zu bedenken.
„Aber am besten gehen Sie wieder zu Ihrem Auto und holen die Paketsendung“, machte ich ihm dann den wohlgemeinten Vorschlag.
„Aber die Dame ist doch gar nicht zu Hause“, widersprach er mir und zog eine Schüppe.
„Da haben Sie gewiss recht“, ich lächelte wieder zuckersüß, „ich stehe nämlich vor der Tür und warte auf Sie. Ich bin es nämlich gar selbst, gute Mann.“
Ihr erinnert euch, wann ich immer guter Mann sagte, dies war so eine Situation. Während ich weiter lächelte, drangen meine Worte langsam von meinem Mund über sein Ohr in sein Hirn und seine Gesichtszüge entgleisten quasi in Zeitlupentempo. Nachdem seine Gesichtsfarbe von Wutrot zu Erkenntnisweiß wieder zu Schamrot gewechselt hatte, räusperte er sich etwas zu gekünstelt.
„Jetzt habe ich das schon in den Computer eingegeben“, sagte er schließlich etwas kleinlaut.
„Und? Soll das nun bedeuten, Sie händigen mir das Paket nicht aus, sondern bringen es zur Paketstation, dass ich es in zwei Tagen irgendwo abholen kann?“
Ich schaute in erwartungsvoll, aber nicht mehr ganz so freundlich an.
„Sie haben es erkannt“, er wirkte erleichtert in der Annahme, dass ich seine Misere wohl verstanden hätte.
„Das haben wir gleich“, mit diesen Worten zückte ich meine Börse, aus der ich die Visitenkarte der Zustellung hervorholte und griff dann zu meinem Handy. Schnell war die Nummer gewählt und während es klingelte, fragte ich den Zusteller noch nach seinem Namen. Seines Schamröte verwandelte sich wieder schlagartig in etwas nahe dem kreidebleich.
„Ich hole eben schnell Ihr Paket“, nuschelte er, drehte sich auf dem Absatz um und sprintete zu seinem Sprinter, na ja eigentlich nicht, er fuhr ja diesen eckigen Kastenwagen. Schnell hatte er mein Paket aus dem Wagen gekramt und kam wieder zu uns herüber. Erleichtert stellte er fest, dass ich unterdessen mein Handy wieder in die Tasche gesteckt hatte.
Freundlich lächelnd nahm ich meine Paketsendung dann doch noch entgegen.