Ich war noch nie wirklich abergläubisch gewesen.
Meine Großmutter hatte mir als ich klein war viel über Katzen, Leitern oder zerbrochenes Spiegelglas erzählt und so schön diese kleinen Geschichten waren, sie waren für mich immer irrelevant geblieben.
Zumindest bis zu dem Zeitpunkt, als Alan Bloomgate vor mir stand und mir ein Angebot machte, was ich in seinen Augen nicht ausschlagen konnte.
Ich sollte ihm verraten, wo sich Jake aufhielt – im Gegenzug dazu würde er das Geheimnis meiner Vergangenheit lüften.
Natürlich sah es aus seiner Sicht so aus, als könnte ich gar nicht anders, als ihm alles zu erzählen. Ich hatte mich mit Jake gestritten, meine Mutter hatte einfach aufgelegt und ich saß mutterseelenallein auf einer Parkbank und weinte.
Selbstverständlich war es ein verlockendes Angebot gewesen. Ich wollte wissen, was hier los war, wollte endlich erfahren, was meine Rolle in diesem verdammten Desaster war, aber in dem Moment, als Alan davon angefangen hatte, hallte ein Wort wieder und wieder und wieder in meinem Kopf – schrill wie eine Alarmglocke und daher kaum überhörbar.
Angebot.
Und zwischen all dem Nebel an wüsten Erinnerungslücken, war eine klar und deutlich erkennbar: der Rat von Lady Lotus im Dark Forum.
Es war eigentlich mehr ein Zeitvertreib als eine wirklich ernsthafte Nachfrage gewesen. Damals, als ich mit dem Bus nach Duskwood kam, war ich irgendwann in der Nacht aufgewacht und meine Gedanken wollten mich einfach nicht in Ruhe lassen, als ich nochmal in das Forum ging, wo ich zum ersten Mal mit Darkness, dem Typen, von dem ich damals Amys Nummer bekommen hatte, in Kontakt getreten war. Auf dieser Website gab es unzählige skurrile Postings, die von surreal bis schlichtweg verstörend alles beinhalteten, dass man sich vorstellen konnte. Mit Neugier hatte ich einige von ihnen gelesen, aber an einem speziellen Gesuch, war ich schließlich hängengeblieben.
Ein User mit dem Namen Lady Lotus hatte angeboten, die Zukunft vorher zu sagen und ohne darüber großartig nachzudenken, hatte ich sie angeschrieben und sie um eine Wahrsagung gebeten.
Ich hatte mit vielem gerechnet, aber nicht mit einer Antwort, die mir noch heute einen Schauer über den Rücken laufen ließ.
Ich sehe in deiner Zukunft die goldene Krone eines Königs.
Leider stehen dir, soweit ich sehen kann, schwere Zeiten bevor. Doch du wirst sie meistern, denn du stellst dich ihnen nicht allein.
Es gibt einen Menschen in deinem Leben, dem du sehr wichtig bist. Etwas unausgesprochenes steht jedoch noch immer zwischen euch.
Und falls dir in der nächsten Zeit etwas angeboten wird, solltest du es lieber ablehnen.
Es könnte daran liegen, dass ich mich genau in dieser Situation an ihre Worte erinnern konnte - oder daran, dass egal wie wütend ich auf Jake wegen der ganzen Geschichte war, ich ihn nicht so einfach im Stich lassen und verraten könnte - dass ich schließlich meine Tränen abwischte, mich von der Bank erhob und einen Schritt auf Alan zuging.
„Ich weiß es nicht“, meine Stimme war stark und klar, „Ich weiß nicht, wo Jake ist.“
„Du lügst“, stellte der Polizist fest, „du weißt es, ich weiß es und wahrscheinlich weiß es ganz Duskwood… du lügst Elisabeth.“
Seine starre Mine, der obligatorische Griff zum Waffenhalster – all das hätte mich beeindrucken können.
„Ich weiß nicht, wo Jake ist.“
Mein Gegenüber lachte leise und schüttelte den Kopf.
„Du weißt, dass ich dich einfach so mit auf die Wache nehmen kann?“
Jetzt war es an mir zu lachen.
„Liegt denn ein Tatverdacht gegen mich vor? Haben sie Beweise, die sie berechtigen, mich festzunehmen?“
Eine leichte Änderung seiner Mimik, nicht deutlich, jedoch genau erkennbar, wenn man darauf achtete – es hatte Vorteile, wenn man einen Anwalt als Vater hatte.
„Ich könnte dich als Zeugin vernehmen…“
„Sie können mich zu einer Vernehmung einladen, Alan. Und dieser Einladung bin ich bis zu einem gewissen Tatverdacht nicht verpflichtet zu folgen.“
Alan ballte die Fäuste. Die meisten Menschen kannten sich zu wenig mit dem geltenden Recht aus und so konnten Polizisten oftmals wahllos Druck aufbauen, um so Verdächtige, die sie nicht offiziell in Gewahrsam nehmen durften, dazu zu bringen, trotzdem mitzukommen.
„Was machst du hier in Duskwood?“, fragte er zwischen zusammengepressten Lippen.
Jetzt fühlte er sich unwohl – so schnell konnte sich das Blatt wenden.
„Ich besuche eine Freundin, die ich im Internet kennengelernt habe, um sie zu unterstützen, weil ihre Schwester gerade verschwunden ist.“
„Lilly Donford?“
Ich nickte lächelnd.
„Ist das nicht diejenige, die sie zunächst selber verdächtigt hat?“
„Das ist richtig“, gab ich zuckersüß zu, „aber so ist das eben, wenn man verzweifelt ist, man vermutet auch hinter jedem Freund einen Täter. Dafür hat sie mein Verständnis. Es wird sie freuen zu hören, dass wir unsere Probleme beseitigen und uns in Ruhe aussprechen konnten.“
„Mhm, sehr erfreulich, natürlich“, man konnte ihm ansehen, wie wenig erfreulich er die ganze Sache fand. Sein großer Coup von vor ein paar Minuten war nicht aufgegangen und er hatte keine Möglichkeit mich mit aufs Revier zu nehmen.
„Gut, Mister Bloomgate, ich habe noch einige weitere Termine heute und wenn sie keine weiteren Fragen haben, dann…“
„Ich bekomme euch dran“, zischte er, „euch beide. Den Hacker-Jungen und dich, es ist nur eine Frage der Zeit, bis ihr einen Fehler macht.“
„Ich bin sehr gespannt, wie sie das anstellen wollen“, konterte ich und versuchte so siegessicher wie möglich zu lächeln, „Zu welchem Dezernat gehört das Polizei-Departement in Duskwood nochmal?“
Er blinzelte.
„Zu Coleville“, murmelte Alan verwirrt, „Wieso wollen sie das wissen?“
Ich nickte und machte mir sichtbar eine Notiz ins Handy. Ich spürte, wie er völlig verunsichert versuchte auf mein Handy zu schauen, was ich just in diesem Moment schloss.
„Nur so“, erklärte ich gespielt freundlich und hielt ihm meine Hand entgegen, „Na dann, Mister Bloomgate. Sie hören von mir.“
Perplex schloss er seine langen, schwitzigen Finger um meine, dann drehte ich mich um und lief mit großen Schritten um die nächste Ecke des Marktplatzes.
Mein Herz klopfte vor Aufregung so heftig, dass ich zitterte.
Mein Vater sagte immer, es kommt nicht immer darauf an, ob man recht hatte, es kam nur darauf an, dass man es besser verkaufte als der Gesprächspartner.
Alan hatte verloren, weil er sich seiner Sache zu sicher war und weil er dachte, er hatte mich in einem schwachen Moment erwischt.
Was er dabei nicht verstanden hatte war, dass ich zwar niedergeschlagen, verwirrt und verletzt war, aber gerade das, trieb mich an. Ich würde dieses Rätsel lösen und dieses Chaos beseitigen.
Für einen Zusammenbruch war schlichtweg keine Zeit mehr.
Eine Stunde später lief ich mit frischen Klamotten und Herrn Müller an der Leine durch die Straßen Duskwoods. Lilly hatte keinen Spaß gemacht, als sie gemeint hatte, sie würde ihn behalten wollen. Wir hatten einen Moment rumgescherzt, doch als sie mich richtig angeschaut hatte, hatte sie gefragt, was los sei und diese Frage konnte ich ihr nicht ohne Weiteres beantworten.
„Hattest du Streit mit Jake?“
Ich war das Ganze mit irgendwelchem zusammenhanglosen Gequatsche umgangen, doch ich konnte Lilly ansehen, dass sie mir kein Wort geglaubt hatte. Manchmal waren sie und ihr Bruder sich ähnlicher, als sie beide wahrscheinlich selbst wussten.
Gerade als sie erneut nachhaken wollte, erschien Dan hinter ihr in der Türe – was mich tatsächlich überraschte.
„Lass sie, Lilly.“
Seine Stimme war ruhiger als sonst, beinahe ausgeglichen und als seine Hand ganz kurz Lillys Schulter berührte und ich danach ihr Lächeln sah, fiel es mir wie Schuppen von den Augen.
Fragend sah ich zu ihr und sie nickte verlegen.
Während ich über Dan und Lilly nachdachte, checkte ich immer mal wieder, ob ich noch auf dem richtigen Weg war. Es bereits Nachmittag und um Dr. Barret noch zu erreichen, musste ich mich etwas beeilen. Der Regen der letzten Tage schien sich nun endlich verabschiedet zu haben und die Luft war deutlich wärmer geworden. Dennoch lag eine schwere Feuchtigkeit über den Straßen, was es etwas beklemmend machte, durchzuatmen.
Vielleicht lag es aber auch gar nicht am Wetter, sondern an meinen kläglichen Versuchen mein ständig vibrierendes Handy zu ignorieren. Ich hatte die Nachrichten-App seit heute Morgen nicht mehr geöffnet. Ich hatte das Gefühl, Abstand von allem zu brauchen, weil mir die Tatsache, dass Jake mich ausgenutzt hatte, die Luft raubte. Mein Herz wollte nicht glauben, dass er zu so etwas in der Lage war, dass er so schauspielern konnte und dass er bewusst meine Gefühle manipuliert hatte. Mein Kopf hingegen sagte mir, dass er nun mal schon alleine von Berufswegen so sein musste und dass er das auch niemals geschafft hatte, wenn ich nicht sofort darauf angesprungen wäre.
Meine eigenen Gedanken erdrückten mich förmlich und so nahm ich mir den Tag für mich, um mich nicht noch um die Gedanken den Anderen kümmern zu müssen.
Dass wir mal wieder nur zu zweit unterwegs waren, schien Herrn Müller genauso zu freuen, wie mich. Denn er lief freudig neben mir her und hatte viel Spaß daran, diesen noch unbekannten Teil der Kleinstadt genau unter die Lupe zu nehmen.
Während er eine riesige Pfütze begutachtete, dachte ich an meine Mutter und ihr Verhalten am Telefon. Ich war schlichtweg zu schockiert darüber, dass sie einfach aufgelegt hatte. Ich kannte das aus Familien meiner Freunde. Da wurde sich auch mal am Telefon angeschrien, aufgelegt und sich dann irgendwann wieder vertragen, aber unsere Familie… war nie so gewesen.
Wir hatten immer alles in Ruhe besprochen, es hatte nie ein Problem gegeben, dass nicht hätte irgendwie gelöst werden können – was also, war so groß, dass meine Mutter so eine Angst davor hatte?
Dr. Barrets Haus befand sich am nördlichen Ende von Duskwood, direkt am Waldrand. Es war ein stattliches, großes Einfamilienhaus, was sich durch seine Bauweise stark von den eher traditionell gebauten Häusern Duskwoods unterschied. Große Glasfronten, schlicht durchzogen von dunkler Holzverkleidung - dieses Gebäude wirkte wie ein modernes Wochenendhaus in einer Zeit, die stehengeblieben zu sein schien. Der Klingelknopf am riesigen, gusseisernen Tor verriet mir, dass er nicht nur hier wohnte, sondern auch seine psychotherapeutische Praxis hier betrieb. Mit einem Summen öffnete sich das Tor und Herr Müller und ich liefen vorsichtig durch den mit Wildblumen bestückten, riesigen Garten bis hin zur Eingangstür, die sich langsam öffnete.
Der Psychologe war ein hagerer Mann Ende dreißig mit einer schwarz umrandeten Brille und einem müden, unerfreuten Gesicht.
„Sind sie von der Polizei?“, fragte er schnörkellos und ohne irgendeine Begrüßung.
„Ähm…“, etwas perplex zwinkerte ich ein paar Mal, als Herr Müller sich plötzlich komplett versteifte. Ich hatte vergessen, dass Barret einen Hund hatte – Laula.
Mein Herz zog sich erneut zusammen, aber ich versuchte es zu ignorieren.
„Nein“, antwortete ich und meinte damit sowohl seine Frage als auch meinen Hund, der kurz davor war durchzudrehen, „ich würde kurz mit ihnen sprechen wollen, wenn das möglich ist.“
„Ich empfange heute keine Klienten mehr“, murmelte er, hob dann kurz die Hand und verschwand in der Türe, um seinen eigenen, durchdrehenden Hund in ein Zimmer zu bringen. „Die Öffnungszeiten haben sich geändert, habe ich wohl im Internet noch nicht aktualisiert…“
Leicht verzweifelt trat ich ein paar Schritte näher.
„Bitte, es ist wirklich wichtig“, versuchte ich es erneut.
„Sie sind wegen Hannah Donford ihr, richtig?“, ich konnte förmlich sehen, wie sein Gesichtsausdruck zu Stein wurde, „Ich habe bereits alles, was ich weiß der Polizei übergeben, das kann ich nur immer wieder sagen. Das habe ich schon ihren Eltern gesagt, dem jungen Mann, der vor ein paar Tagen hier war und das sage ich jetzt auch ihnen.“
Jake war hier gewesen.
Es sollte mich nicht überraschen.
„Es geht mir nicht um Hannah“, schloss ich, nachdem Dr. Barret schon beinahe wieder im Haus verschwunden war, „es geht mir um mich.“
Der Angesprochene blinzelte verwirrt und richtete seine leicht schiefe Brille.
„Und sie sind?“
„Elisabeth Wieler.“
Er stoppte in seiner Bewegung und biss sich auf die Unterlippe, dann nickte er.
„Na schön, kommen sie rein.“
Das Innere des Hauses wirkte im Vergleich zu draußen noch größer. Hohe Decken und dunkle, gedeckte Farben bestimmten das Bild, nichts wirkte unruhig oder ablenkend auf mich. Der Psychologe schloss die Tür ins Treppenhaus, wo es sicher zu seiner Privatwohnung ging und zeigte mir den Weg ins Gesprächszimmer, wie er es nannte. Hier wurde ich von einer riesigen Sammlung Bücher begrüßt, welche die gesamte Wand bedeckten. Ansonsten wurde der Raum von großen Glasscheiben begrenzt, von welchen man direkt auf den Wald schauen konnte.
Ehrfürchtig lies ich mich auf dem großen, grauen Sessel nieder. Er hatte Herrn Müller eine Schale Wasser gebracht und sich dann mir gegenüber auf einen niedergelassen.
„Ich entschuldige mich für meine schroffe Art“, begann er und seine Stimme war viel ruhiger, „ich habe nur sehr viel Besuch in den letzten Tagen gehabt und sie müssen verstehen, dass auch mich die Sache mit Miss Donford sehr mitnimmt. Tatsächlich hatten sich die Öffnungszeiten nicht wirklich geändert, ich habe mich erstmal quasi selbst suspendiert… tja…“
Ich blickte in sein müdes Gesicht und verstand, was er meinte. Hannah hatte bei ihm nach Hilfe gesucht, die er völlig fehlinterpretiert hatte, also gab er sich die Schuld dafür.
„Ich weiß nicht, ob ich unter diesem Aspekt überhaupt jemals wieder arbeiten kann… oder will… ich… Entschuldigung“, er rückte seine Brille zurecht, „wie kann ich ihnen helfen?“
Mein Herz klopfte wie wild, als ich überlegte, wie ich anfangen sollte. Ich hatte so viele Fragen.
„Angenommen jemandem ist etwas Schlimmes passiert“, es war so viel leichter diese Frage zu denken, als auszusprechen, „also vermutlich etwas sehr Schlimmes. Kann es passieren, dass derjenige das vergisst? Also nicht nur das, was passiert ist, sondern auch einiges, was damit im direkten Zusammenhang stehen muss?“
Der Psychologe beugte sich nach vorne und stützte die Ellenbogen auf die Knie.
„Viele meiner Klienten kommen zum ersten Termin hierher und reden von rhetorischen Problemen, Miss Wieler. Ich bin kein Freund davon, bitte sprechen sie offen. Hier wird sie niemand verurteilen.“
Unangenehm lautstark atmete ich aus. Ich hatte nicht gemerkt, wie sehr meine Hände zitterten, bis ich sah, wie sie sich in meinem Schoß verkrampften.
„Sie haben doch vorhin schon angedeutet, dass es um sie selbst geht“, half er mir weiter, „machen sie doch am besten an dieser Stelle weiter.“
Ich nickte und löste meine Finger aus dem Stoff meiner Hose.
„A…also“, einatmen, ausatmen, „Ich habe die Vermutung, dass mir vor zehn Jahren etwas passiert sein muss. Ich habe das nur durch Zufall herausgefunden und… daraufhin habe ich meine Familie angesprochen, die völlig merkwürdig reagiert hat.“
„Merkwürdig inwiefern?“
„Meine Mutter hat einfach aufgelegt, das macht sie sonst nie…“
„Ihr Verhältnis war sonst immer intakt?“
Ich nickte.
„Wir hatten nie Probleme…“
„Nie Probleme im Sinne von, es wurde über problematische Dinge nicht gesprochen, oder sie wurden im Familienverband gemeinsam gelöst.“
„Eigentlich wurden sie immer gelöst.“
Dr. Barret nickte.
„Ich frage mich jetzt, ob das überhaupt möglich ist…, dass man einen kompletten Lebensabschnitt so vergessen kann und… warum?“
„Mhm, ich habe jetzt seit fünf Minuten Kontakt mit ihnen, sie sind sich hoffentlich im Klaren darüber, dass ich sie innerhalb dieser Zeit nicht diagnostizieren kann, richtig?“
Ich nickte.
„Und sie sind nicht von hier, habe ich recht?“
Ich nickte erneut. Der Psychologe seufzte.
„Es hat doch etwas mit Hannah zu tun, oder?“
„Ja, aber nur entfernt. Es hat tatsächlich eigentlich nur etwas mit mir zu tun“, ich zog mein Handy hervor, wo die Notizen von der Aufnahme des Therapie-Gesprächs zwischen Hannah und meinem Gegenüber notiert waren. „Hannah hat sich mit ihnen über ein schreckliches Ereignis unterhalten, erinnern sie sich.“
Barret nickte widerwillig und sah nach draußen auf den Wald.
„Falls du jetzt auch fragen möchtest, ob ich weiß, was sie meinte – nein, das weiß ich nicht. Ich weiß nur das, was in den Zeitungen darüberstand. Hannah hatte sich nur mit mir über Jennifer Hanson unterhalten… das arme Mädchen war besessen von ihrem Tod. Mehr hat sie nicht erzählt, sie war generell nicht besonders aufgeschlossen, was aber nicht untypisch für jemanden mit Dep…“
Erschrocken räusperte er sich.
„Ich weiß, dass sie Depressionen hatte“, murmelte ich leise, „nun, das Ereignis, um welches sich Hannahs Gedanken gedreht haben… es ist das Ereignis, an das ich mich wahrscheinlich nicht erinnern kann.“
Seine wachen, aufmerksamen Augen wanderten zu mir.
„Sie waren dabei?“
„Wahrscheinlich“, angestrengt biss ich auf meiner Unterlippe herum, „wie gesagt, ich kann mich nicht daran erinnern… macht das Sinn? Ich habe Bilder aus der Zeit gesehen und nichts macht Klick. Es kommt kein Aha-Moment… obwohl ich ganz drin hier hinten“, ich wies auf eine Stelle in meinem Hinterkopf, „ganz genau spüre, dass hier irgendetwas ist. Verstehen sie, wie ich das meine?“
Dr. Barret nickte und schürzte die Lippen.
„Das, was sie beschreiben, klingt mir nach etwas, was einige Menschen infolge eines Traumas bilden. Man nennt es eine dissoziative Amnesie.“
„Eine was?“
Er rückte ein wenig näher.
„Ich versuche es einfach zu erklären. Wenn einem Menschen etwas stark Belastendes passiert – das können verschiedene Dinge sein, psychische oder körperliche Gewalt zum Beispiel, Kriegserfahrungen, Missbrauch oder auch das Beobachten einer Straftat – so entwickelt der menschliche Körper verschiedenste Verarbeitungsstrategien mit dieser Erfahrung umzugehen. Es gibt Menschen, die splitten ihre Persönlichkeit auf und schieben dieses schlimme Ereignis einer dieser Persönlichkeiten zu, die sich dann damit auseinandersetzen muss, während andere Persönlichkeiten damit beschäftigt sind zu heilen, oder schlichtweg ein normales Leben aufrecht erhalten zu können.“
Ich schluckte.
„Dann gibt es Personen, die entwickeln aus dem Trauma heraus Persönlichkeitsstörung, was grob heißt, dass sich ihre gesamte Persönlichkeit irreversibel verändert… auch da gibt es nochmal so viele verschiedene Unterformen, dass ich da jetzt nicht speziell darauf eingehen werden kann. Es gibt wiederrum auch Menschen, die eine Belastungsstörung entwickeln… diese gehen mit verschiedenen leichten und schweren Symptomen einher – welche man aber, mit gezielter psychologischer Behandlung gut in den Griff bekommen, ja sogar heilen kann.“
Er machte einen Moment Pause, seine Augen wanderten ziellos durch den Raum, ehe er wieder zu mir zurückkehrte.
„Und dann gibt es noch die Kategorie der dissoziativen Amnesie. Der Betroffene vergisst, das, was passiert ist entweder ganz, teilweise oder manchmal sogar, die Dinge, die eigentlich nicht wirklich etwas mit dem Trauma direkt zu tun haben.“
„Ich denke“, unterbrach ich ihn leise, „dass ich mehrere Sommer vergessen habe, aber es gab, soweit ich weiß, nur ein traumatisches Erlebnis in dieser Zeit, welches aber zum Ende dieses Zeitraumes passiert sein muss. Warum kann ich mich nicht also an die Jahre davor erinnern? Warum weiß ich gar nichts mehr?“
„Das was sie beschreiben, nennt man eine selektive Amnesie… wieder eine vieler Untergruppen dieses Phänomens, bei dieser werden ganz individuelle Dinge vergessen… das ist nicht unüblich.“
Ich nickte und tat so, als würde ich irgendetwas verstehen doch mein Kopf begann zu schmerzen und mein Herz stolperte schnell vor sich hin. Zitternd grub ich eine Hand in Müllers Fell, welcher sich müde neben mir auf den Boden gelegt hatte.
„Das heißt…“, versuchte ich zu rekapitulieren, „dass ich vergessen habe, was in den Jahren hier passiert ist, um mich selbst zu schützen?“
Der Psychologe nickte.
„Vor was sollte ich mich denn schützen wollen?“
„Vor einer der anderen Reaktionen, die ich ihnen eben erklärt habe.“
Ich nickte, beobachtete wie die Bäume vor dem Haus vom Wind hin- und herwogen.
„Und wie… wie kann ich mich wieder daran erinnern?“
„Die Erinnerung kann in einigen Fällen von selbst zurückkommen. Einige wissen ganz plötzlich einfach wieder, was passiert ist, andere erinnern sich langsam… erkennen bestimmte Gerüche… lassen sich durch Musik oder Bilder triggern…“
Jakes Worte wanderten durch meinen Kopf.
Das hatte er also vorgehabt.
„Anderen fällt es schwerer. Viele wissen bis an ihr Lebensende nicht mal, dass sie eine dissoziative Amnesie haben und das ist auch die Krux daran“, freudlos lachte er auf, „diejenigen, die sich niemals daran erinnern und die niemals mit irgendetwas in Berührung kommen, was sie erinnern könnte, werden nie wirkliche Probleme haben. Aber sobald man sich aktiv zu erinnern beginnt, reagiert der menschliche Körper oftmals mit einer der anderen genannten Traumareaktionen… vor allem dann, wenn man diese Erinnerung nicht im Beisein eines Therapeuten vollzieht.“
„Das heißt…“, ein Kloß bildete sich in meinem Hals, „Angenommen jemand würde jemanden zum Erinnern drängen kann es passieren, dass man dann eine Persönlichkeitsstörung entwickelt?“
Wieder ein Lachen.
Dabei war rein gar nichts daran lustig.
Meine Augen begannen zu brennen.
„Das ist etwas zu einfach gedacht“, war Dr. Barret ein, „es kann passieren. Das heißt nicht, dass es das muss. Spontane Auflösungen der Amnesie werden schließlich auch nicht immer vom Therapeuten begleitet. Dennoch ist es zu empfehlen…, wenn sie aktiv ihre Erinnerung zurückhaben wollen, dies in Form einer Therapie zu tun. Dazu gibt es verschiedene Methoden: zum Beispiel durch Hypnose oder die Gabe von Medikamenten, in Begleitung einer sehr engmaschigen Gesprächstherapie.“
Ich nickte. Das war viel, was es zu verarbeiten galt.
„Stellen sie sich ein plötzliches aktives Eingreifen in ihre Erinnerung ungefähr so vor, als würden sie einen Schlafwandelnden wecken. Für den Betroffenen kann das den Zusammenbruch einer Welt bedeuteten, die es im Zweifelsfall niemals so gegeben hat, das kann ein neues Trauma auslösen… deswegen sollte man damit behutsam umgehen.“
„Okay… ich… danke…“
Das war es, was Jake bei mir versucht hatte.
Ich wollte mir gar nicht vorstellen, was passiert wäre, wenn es funktioniert hätte.
Wir hätten Hannah gefunden, aber zu welchem Preis?
„Sie sagten, es sei vermutlich in Duskwood passiert und hat etwas mit dem Vorfall von Jennifer zu tun?“
Ich nickte, hatte nicht das Gefühl nur noch einen klaren Satz sprechen zu können.
„Dann kann es sein, dass mein Vater noch eine Akte von ihnen hat.“
„Was?“
„Ja, er war damals praktizierender Psychologe in Duskwood… der einzige. Wenn sie damals eine psychotherapeutischen Erstbehandlung bekommen haben, dann sicher von ihm und er kann nichts wegschmeißen, sie sollten seinen Keller sehen...“
„Das wäre wirklich... ganz großartig, Dr. Barret.“
Er nickte und schob mir Zettel und Stift zu, damit ich meine Kontaktdaten hinterlassen konnte.
„Ich melde mich in den nächsten Tagen bei ihnen. Mir wäre es aber wirklich lieb, wenn sie sich diese Akten nicht ohne einen Beistand ansehen.“
„Nein, alles gut… das werde ich nicht.“
Als ich mich erhob, wachte Herr Müller sofort auf und folgte mir. Meine Beine fühlten sich an wie Pudding und in meinem Kopf verwirbelten und verknoteten sich meine Gedanken weiter und weiter.
„Ach und Miss Wieler?“
„Mhm?“
„Der junge Mann vor ein paar Tagen hat fast dieselben Fragen gestellt, wie sie, nur ohne ihren Namen zu nennen“, er lächelte leicht, „bei ihm waren es rhetorische Fragen… natürlich. Er hat meine Antworten wesentlich weniger gut aufgefasst als sie.“
Es war dunkel geworden – das war das erste, was ich mitbekam, als ich zurück aus den Gedanken in meinem Kopf kehrte. Die Stadt war menschenleer und ich war irgendwo hingelaufen.
In irgendeine Richtung.
Ohne irgendein Ziel.
Der Besuch bei Dr. Barret hatte viele Fragen beantwortet und noch so viele mehr hervorgebracht und ich hatte das Gefühl aus diesem Chaos von Informationen zu versinken.
Ich wusste gar nichts mehr, außer der Tatsache, dass ich gar nichts wusste.
Und dann war da noch Jake – der mich nicht nur angelogen hatte, sondern auch versucht hatte aktiv meine Erinnerungen hervorzukitzeln und ohne Skrupel riskiert hatte, dass mich das psychisch kaputt machen konnte.
Ich konnte nicht fassen, dass das tatsächlich sein Plan gewesen war.
Ich wollte es auch nicht begreifen.
Er muss doch gewusst haben, was er damit hätte auslösen können, richtig?
Er hat meine Antworten wesentlich weniger gut aufgefasst als sie.
Die Temperaturen hatten sich deutlich abgekühlt, als ich den Weg zum Treffpunkt einschlug. Ich wusste nicht mal mehr, wie spät es war und wie lange ich einfach nur ziellos umhergeirrt war.
Mir fehlte das Gefühl zu irgendjemanden gehen zu können – jemandem, der mir Halt gab.
Jemandem, der mir sagte, dass alles gut werden würde.
Meine Mutter hatte sich immer noch nicht gemeldet.
Auch mein Vater nicht.
Und als ich über den Kiesweg zu Lillys Haus lief, fühlte ich plötzlich, wie eine unfassbar große Welle von Einsamkeit und völligem Kontrollverlust über mich rollte und mich unter ihr verschlang.
Meine Knie gaben nach und ich fiel nach vorne.
Der Knoten in meinem Hals löste sich, wanderte in meine Lunge und drückte diese zu und egal wie sehr ich Luft holte, ich konnte nicht einatmen – da war keine Luft mehr. Nur ich und die Probleme, und die Erinnerungen, die ich nicht haben wollte.
Ich keuchte und legte meine Stirn auf den kalten Stein, spürte, dass ich weinte und hörte irgendwo am Rande meiner Wahrnehmung das Jammern von Herrn Müller, hörte dann wie jemand meinen Namen rief, doch ich konnte nicht raus, konnte nicht ausbrechen, war im hier und jetzt gefangen und hatte in diesem Moment das Gefühl, zu sterben.
Jemand nahm meine Hand.
Jemand hob mich hoch.
Jemand weinte schrecklich laut.
Jemand setzte mich ab.
Da waren nasses Gras und ein Baum und ruhige, leise Worte… wieder und wieder.
Ellie…Ellie… Ellie…
Und dann realisierte ich, dass die Person, die so laut weinte, ich selbst war.
Wir haben noch eine Weile so gesessen.
Es hatte lange gedauert, bis ich wieder atmen konnte. Phil hatte mich in der ganzen Zeit nicht aus den Augen gelassen. Er drückte eine kühle Wasserflasche an meine Stirn und ließ mich weinen.
Und als ich mich endlich, endlich beruhigt hatte schwiegen wir gemeinsam.
Von einem lästigen Schluckauf geplagt, beobachtete ich die Sterne und hörte Müllers leisem Hecheln zu. Dann irgendwann fand ich meine Worte wieder.
„Hast du auch manchmal das Gefühl, den Verstand zu verlieren?“
Phil lachte leise, nahm mir die Wasserflasche aus der Hand und trank einen Schluck.
„Jeden Tag, Ellie“, grinsend gab er sie mir zurück, „Jeden Tag aufs Neue. Das Einzige, was hilft ist daran zu glauben, dass am Ende alles einen Sinn ergeben wird.“
Ich konnte ein Lachen nicht unterdrücken.
„Aus welchem Kalender hast du das?“
„Keine Ahnung dem Hausfrauen-Blümchen-Kalender?“
Ich konnte ein Kichern nicht unterdrücken.
„Schön, dass du ein bisschen lachen kannst“, er erhob sich und reichte mir die Hand, „bist du okay? Du musst da nicht rein, weißt du? Ich kann einfach sagen, dass du nach Hause wolltest.“
„Nein, alles gut“, ich ließ mich nach oben ziehen und klopfte mir den Dreck von den Hosen, „Da muss ich durch und außerdem muss ja am Ende alles einen Sinn ergeben, richtig?!“
Er lachte und boxte mir an die Schulter.
„Danke Phil, ehrlich. Ich habe keine Ahnung, was das eben war…“
„Eine Panikattacke“, antwortete er achselzuckend, „mach dir keine Gedanken, meine Mutter hatte die früher auch öfter mal.“
Ich nickte und wusste nicht, was ich darauf antworten sollte. Mit Phil so zu sprechen, ohne seine ganzen Avancen war ganz anders als sonst. Ich fragte mich, wie die anderen zu ihm stehen würden, wenn er sich immer so offen geben würde.
„Was ist?“, durchbrach er meine Gedanken, als ich ihn offensichtlich anstarrte.
„Nichts, nichts… danke nochmal.“
„Keine Ursache.“
Wir liefen gemeinsam die letzten Schritte zu Lillys Haus. Als ich einen Blick auf mein Handy warf, stellte ich fest, dass wir fast zwei Stunden zu spät dran waren.
Meine Hand hatte kaum die Klingel berührt, als die Tür schon aufgerissen wurde – es war Lilly.
„Seid ihr komplett wahnsinnig?!“
Sie schob uns nach drinnen, wo die anderen auf uns warteten. Herr Müller, der sich offensichtlich bei ihr wie zu Hause fühlte, lief freudig an uns vorbei und hüpfte aufs Sofa neben Dan.
„Wo wart ihr die ganze Zeit, wir haben uns solche Sorgen gemacht!“
„Entspann‘ dich Lilly“, murmelte Phil und schlüpfte aus seiner Lederjacke.
„Hör‘ auf Lilly zu sagen, sie solle sich beruhigen, du Idiot“, Jessy schlug ihm wütend auf die Schulter, „Keiner von euch beiden meldet sich… Ellie ist schon den ganzen Tag nicht erreichbar, niemand weiß wirklich was… euch hätte sonst was passiert sein können!“
„Tut mir leid, Jessy“, ich schob Phil beiseite und umarmte sie kurz, „Ich hatte einiges zu verarbeiten und musste mich um ein paar Dinge kümmern.“
Ich konnte ihr ansehen, dass sie zu einer weiteren Schimpftirade ansetzte, doch dann veränderte sich ihr Gesicht und all die Wut darin verschwand.
„Oh Gott, Ellie… hast du geweint? Geht’s dir gut?“
Na super, anscheinend sah ich verheulter aus als gedacht.
Nervös strich ich über mein Gesicht und sah in die Runde zu den anderen.
Dan war damit beschäftigt, Herrn Müller zu streicheln. Cleo, welche direkt neben ihm saß, beobachtete das ganze mit einer gewissen Skepsis. Ihr gegenüber saß Thomas und direkt daneben, ganz in der Ecke Jake.
Shit.
„Was macht er hier?“, brach es aus mir heraus und ich bereute sofort, dass ich meine Gedanken laut aussprach.
„Sie haben sein Versteck durchsucht…“, Lilly durchquerte den Raum und stellte sich hinter ihren Halbbruder, „er konnte im letzten Moment fliehen und bleibt jetzt erstmal hier. Sie haben mein Haus schon komplett auf den Kopf gestellt. Ich glaube nicht, dass sie nochmal wiederkommen.“
Ich weigerte mich ihm ins Gesicht zu sehen. Schlimm genug, dass er hier war und mich so sah.
Ich hatte gedacht, sie hätten mich irgendwann am Tag begonnen zu verfolgen, doch anscheinend hatten sie uns die ganze Zeit bespitzelt.
„Oh“, antwortete ich wenig sinnvoll, „sie haben mich auch eingekesselt.“
„Was ist passiert?“, Cleo setzte sich auf und beugte sich nach vorne.
„Naja, sie haben mir etwas angeboten, damit ich ihnen verrate, wo sich Jake aufhält…“
Lillys Gesichtsausdruck verhärtete sich.
„Und? Warst du es? Hast du ihn verpfiffen?“
Ich zuckte zusammen. Es sah Lilly ähnlich, dass sie sofort auf Konfrontationskurs ging und dass sie das vermutete. Ich kam nicht umhin doch zu Jake zu sehen, doch er sah nicht aus, als würde überhaupt darüber nachdenken, ob ich ihn verraten hatte. Sein Gesichtsausdruck war ausschließlich geprägt von Mitleid.
Mir wurde schlecht.
„Natürlich nicht“, gab ich bissiger zurück, als ich eigentlich wollte, „ich hab ihm nichts gegeben, höchstens Migräne und einen schlechten Tag.“
Dan lachte auf und alle schienen sich etwas zu entspannen.
Lilly schob mir eine Tasse mit Kräutertee zu und setzte sich.
„Wir haben uns wirklich Sorgen um euch gemacht“, murmelte Jessy, „wir haben schon angefangen, über alles zu sprechen. Jake hat uns davon erzählt, Ellie.“
Überrascht sah ich auf, der Angesprochene hingegen sah auf den Boden.
„Ich muss echt sagen, dass mich das richtig geschockt hat“, es war Thomas, der das sagte.
Thomas, mit dem ich nie richtig zurechtgekommen war.
Derjenige, der schweigsam gewesen war und oftmals richtig abweisend.
So konnte man sich täuschen.
„Du warst mir schon immer suspekt, aber so eine Nummer abzuziehen… Das ist echt nicht in Ordnung, Jake.“
„Ich weiß“, antwortete dieser leise.
„Sie wissen auch, dass Jake unser Halbbruder ist“, klärte mich Lilly weiter auf.
Ich nickte. Wow, anscheinend hatte er wirklich beschlossen, reinen Tisch zu machen.
„Ich habe mit Richies Mutter geredet“, murmelte Cleo, „es war nicht so leicht, aber einige Sachen, sind wirklich wichtig.“
„Warte kurz“, unterbrach ich sie, „Bevor wir damit anfangen, was du erfahren hast, müssen Jake und ich euch noch etwas erzählen.“
Ich sah kurz zu ihm. Ich brauchte seine Erlaubnis nicht mehr, aber dennoch wollte und konnte ich das nicht alleine beschließen. Er nickte leicht.
„Als wir letztens im Wald waren… nach Richies Anruf“, ich schluckte, die Erinnerungen waren so nah, dass es kaum möglich war, sie auszusprechen, „Da haben Jake und ich etwas gesehen. Oder jemanden…“
„Sag es uns einfach, Ellie“, schlug Phil ermutigend vor.
„Wir haben den Täter gesehen“, wieder zitterten meine Hände, „nein, die Täter…“
Ich hatte das Gefühl nicht weitersprechen zu können.
Was würde diese Tatsache mit ihnen machen? Wie würden sie die Wahrheit aufnehmen?
Hilfesuchend sah ich zu Jake, der meinen Blick sofort verstand.
„Wir haben zunächst gedacht, dass wir uns das einbilden, aber mittlerweile sind wir uns beide sicher“, er holte tief Luft, während der Rest des Raumes den Atem anhielt.
„Wir sind uns sicher, dass einer der Täter Richy selbst ist.“