Severus machte sich an die Arbeit. Er musste sich etwas gegen Hardin einfallen lassen, also sah er noch einmal ihre Akte durch. Dabei fiel ihm auf, dass das Ministerium eine gekürzte Variante geschickt hatten. Offenbar dachte man für die Einstellung als Lehrer in Hogwarts bräuchte es keinen ganz ausführlichen Lebenslauf solange das Führungszeugnis sauber war. Also machte sich Severus auf den Weg ins Personalarchiv des Ministeriums. Wenn es noch weitere Akten über sie gab, dann würde er sie dort finden.
Am Personalarchiv des Ministeriums war absolut nichts magisch. Es war ein stinknormales Archiv voller Regale und Kartons mit Heftern und Ordnern. Am Eingang gab es eine gelangweilte Wache, die sicherstellte, dass man nichts mitgehen ließ. Severus fand Hardins Akten schließlich in einem Karton bei dem Buchstaben H, in der ganz hintersten, untersten Ecke des Regals. Er zog ihn heraus und fiel gleich die komplette, dicke Personalakte in die Hände. Mitglieder der Todesser wurden in der Regel deutlich ärger überprüft als andere Angestellte des Ministeriums. Entsprechend genau war ihr Lebenslauf aufgeschlüsselt.
Severus fiel jedoch gleich auf, dass einiges fehlte. Es gab keinen Nachweis über ihren Blutstatus und den Teil über Eltern und Kindheit hatte jemand fett geschwärzt. Ob sie das wohl selbst war? Oder manipulierte jemand im Ministerium die Akten?
Severus fand allerdings eine dicke, fette Karteinummer unter der er ihren Blutstatus nachfragen konnte. Er schrieb sie sich auf und packte die Akten zurück ins Regal. Anschließend ging Severus zu der Stelle, die die Blutstaten ausstellte und verwaltete. Er gab die Nummer einer Mitarbeiterin dort und diese kam mit einer weiteren Akte zurück. Darin lag immerhin eine Kopie von Hardins Blutstatus-Ausweis vor.
Bingo!, dachte Severus. Ihre Eltern waren laut Akte ein Halbblüter und eine Muggelstämmige Frau. Ihre Großeltern wurden sogar nur als Muggelstämmig ausgewiesen. Damit hatte Severus sie. Formal konnte man das zwar als Reinblüter durchgehen lassen, aber nach der Logik der Todesser war sie maximal Dreiviertelstämmig. Dass Severus selbst ein Halbblüter war, daraus hatte er nie ein Geheimnis gemacht. Manche Todesser verachteten ihn schon allein deshalb, weil er als Halbblut es geschafft hatte sich das Vertrauen des Dunklen Lords zu erarbeiten. Allerdings war seine Mutter eine reinblütige Hexe gewesen. Das hatte bei den Rassekommissionen mitunter mehr Gewicht als eine Ansammlung muggelstämmiger Magier, die nach zwei Generationen formal als Reinblüter anerkannt wurden. Der Makel, dass man kein richtiges Magierblut in sich trug blieb jedoch bestehen. Hardin würde vermutlich lieber sterben als zuzulassen, dass jemand ihren Blutstatus erfuhr. Wie wohl Warren und Mortill reagieren würden?
Severus wusste, dass er den Rassehygieniker raus hängen lassen musste und das ekelte ihn im Grunde an, aber wenn er damit diese Todesser unter Kontrolle bekam, dann wäre es das wert.
Zurück in Hogwarts ließ er Hardin in sein Büro rufen.
„Was kann ich für Sie tun, Severus?“, fragte sie mit ihrem üblichen, herausfordernden Blick.
„Nun, Sie können mir etwas erklären.“, sagte Severus.
„Erklären?“, fragte Hardin und wirkte tatsächlich etwas verunsichert.
„Ihre Personalakte ist erschreckend dünn.“
„Ich bin eben vorbildlich.“, entgegnete Hardin.
„Ah, natürlich.“, sagte Severus. „Ich kenne Ihr kleines Geheimnis.“
Er konnte sehen wie Hardin ihn anstarrte und ihr Gesicht leicht an Farbe verlor.
„Ich weiß nicht, was Sie meinen.“, antwortete sie und versuchte es so klingen zu lassen als ob sie wirklich keine Ahnung hätte.
„Sie haben Ihren Blutstatus gefälscht, Elizabeth. Ziemlich dreist sogar. Interessant, dass es im Ministerium noch niemanden aufgefallen ist. Sie haben da nicht zufällig einen Freund, der für Sie die Akten frisiert?“, fragte Severus und trat auf sie zu.
Hardin war wie zur Salzsäule erstarrt. Ihre Augen fixierten ihn, aber der Rest ihres Körpers wirkte wie unter einem Körperklammerfluch.
„Wissen Sie, was auf das Fälschen seines eigenen Blutstatus steht?“, fragte Severus sie.
Hardins Augenbraue zuckte.
„Und was wohl passiert, wenn Ihre beiden Freunde davon erfahren?“
„Was verlangen sie von mir?“, fragte Hardin mit leiser Stimme.
„Etwas ganz einfaches. Ich will, dass Sie, Warren und Mortill aufhören gegen mich zu arbeiten. Sie sollen sich an meine Anweisungen halten und die Kinder unterrichten. Das ist nun wirklich nicht viel, wenn man mich fragt.“
„Sie sind auch nur ein verdammtes Halbblut!“, spie Hardin ihm entgegen.
„Mag sein, aber ich habe meine Loyalität wieder und wieder unter Beweis gestellt. Und ich habe nie verleugnet, was ich bin. Das hat mir Feinde eingebracht, aber auch Respekt. Sie hingegen haben gelogen. Man sagt zwar, je dreister die Lüge desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass sie geglaubt wird, aber in Ihrem Fall ist das wohl daneben gegangen.“, antwortete Severus.
„Und was bekomme ich als Gegenleistung, wenn ich Sie in Ruhe lasse?“, fragte Hardin.
„Die Freiheit. Sollten Sie sich gegen mich stellen, dann werden Sie auf nimmer wiedersehen in einem der Lager für Blutsverräter landen. Das garantiere ich Ihnen.“, sagte Severus.
„Also schön.“, knurrte Hardin. „Ich akzeptiere.“
„Es geht doch. Warum nicht gleich so, Elizabeth?“, fragte Severus sie.
Auf diese Frage bekam er keine Antwort. Hardin drehte sich um und stampfte aus dem Büro.