In einer besondern Gärtnerei, die ganz weit draußen ihr Gewächshäuser und Baumschule hatte, gab es auch besondere Pflanzen. Und besonders hübsche Dahlien.
Wenn ein normaler Mensch vorbeikam, konnte er - für einen Spottpreis, der so niedrig wart, dass viele sich fragten, ob sie geklaute Waren kauften oder solche, die schon vorm Einsetzen in den eigenen Garten vergehen - wunderbare Stauden, Kräuter, Büsche und Bäume kaufen. Die Bäume waren der absolute Geheimtipp.
Aber das war nicht die Hauptaufgabe der Gärtnerei. Ihre eigentliche Klientel ware die Wesen, die sich nur bei besonderen Mondkonstellationen aus der Zwischenwelt hervorwagten. Elfen, Zwerge, Werwölfe, Einhörner, Hexen, Zauberer und - Dämonen.
Eines Tages kam ein mächtiger Dämon vorbei und bestellte für die Hochzeit seiner einzigen Tochter sechshundertsechsundsechzig Vielfarb-Bäume. Die waren dafür bekannt, dass sie im Herbst eine besonders schöne Färbung bekamen, hauptsächlich blutrot, der Lieblingsfarbe der Dämonentochter, aber auch gelb, orange gelbgrün, hellbraun - das ganze Spektrum des Herbstes.
Wenn die Sonne passend darauf schien, sah es so aus, als würden sie brennen oder ein goldenes Haupt haben. Im Licht des Höllenfeuers würde das ebenso sein. Ausprobiert hatte das niemand.
Die Gärtnerei konnte nicht anders, als zu liefern, obwohl sich die Inhaber nicht sehr wohl dabei fühlten. Es war so schön friedlich gewesen, sie hatten gerade eben erst eine neue Sorte Dahlien gezüchtet. Aber dem mächtigen Dämon konnte man schlecht seinen Auftrag verweigern.
Also lieferten sie Anfang des Jahres die sechshundertsechsundsechzig Vielfarb-Bäume, pflanzten sie - das war eine abenteuerliche Geschichte für sich, allein die Fahrt hinab! - und ließen ihren verwegensten Gärtner in der Hölle, damit er sich um die Bäumchen kümmerte und ihnen ja nichts geschah.
Im Frühherbst kehrte er zurück in die Gärtnerei. Er sah erschöpft aus, sein Bart war angesengt, unter seinen Augen lagen tiefviolette Schatten. Ihm folgte ein Werwolf, mit dem er sich angefreundet hatte. Zuerst freuten sich die Leute aus der Gärtnerei, doch dann wurde es schnell still.
"Die Blätter bekommen keine Farbe. Das Höllenklima hat ihnen nicht genug Sonnenlicht gegeben. In drei Wochen ist die Hochzeit und wenn sie dann nicht bunt sind, sind wir alle tot!"
Sie überlegten, was zu tun sein. Fliehen war keine Option, ein Höllenfürst würde sie überall finden. Schließlich kramte der Sohn der Gärtner seinen Malkasten hervor.
"Dann malen wir die Blätter eben an."
Alle lachten verzweifelt, doch schließlich machten sie sich auf den Weg, nachdem sie riesige Töpfe mit Farbe angerührt hatten. Ihr treues Pferd und ihr tapferer Esel hatten ordentlich zu schleppen. Und sie gingen nicht allein, da hätten sie die Aufgabe auch niemals bewältigen können.
Den Gärtnern folgten alle Würmer, Schnecken, Käfer, Tausendfüßler, Schmetterlinge, Wühlmäuse, Spinnen, Fliegen und alle anderen ganz kleinen und etwas größeren Tiere, die in der Gärtnerei lebten, um ihnen zu helfen.
Als die Tochter des Fürsten - eine wahrhaft höllische Schönheit - durch den bunten Wald schritt, um sich mit ihrem Bräutigam zu treffen, erfreute sie sich an der Buntheit der Blätter. Sie war so entzückt, dass sie ihren Vater bat, noch weitere von diesen wundervollen Bäumchen zu pflanzen.
Aber der konnte die Gärtnerei nicht mehr finden.
Und deswegen ist es so verflixt schwierig, schöne Dahlien zu bekommen.