Es war soweit. Der Tag, an dem der Scheich mit seinem Gefolge anreiste, war gekommen. In der Marula Treetop Lodge waren alle schon seit den frühen Morgenstunden auf den Beinen. Mebina versicherte sich nochmals, ob in den für Scheich Achmed Abdallah bestimmten Zimmern alles seine Ordnung hatte. Sie hatte sogar ein Zimmer mehr als Speisezimmer eingerichtet, falls der Scheich nicht mit den anderen Gästen der Lodge speisen wollte.
Kurz vor dem Mittag machten Indira, Beate und Pipo die drei Landrover bereit, mit denen die Gruppe neuer Gäste von der Landepiste abgeholt werden sollte.
Ismael kam kurz vor der Abfahrt zu Beate und Indira, um ihnen etwas sagen. Er hatte Mnomo im Schlepptau.
„Leider könnt ihr heute nicht die Gäste abholen“, sagte er zu den beiden jungen Frauen, die schon ganz aufgeregt waren.
„Warum das denn?“, motzte Indira. „Es gehört doch zu unserem Job.“ Auch Beate schaute etwas verdattert drein, freute sie sich doch schon seit Tagen darauf, einen lebensechten Scheich chauffieren zu können.
„Ja, das ist halt so. In moslemischen Ländern ist es Frauen meist verboten, selbst Auto zu fahren. Wir kennen den Scheich noch nicht und da möchte ich lieber sicher gehen, ihn nicht zu beleidigen“, erklärte Ismael.
„Wer soll dann die anderen Landrover lenken?“, wollte Beate wissen.
„Ich selbst werde eines der Autos fahren, die anderen beiden werden von Pipo und Mnomo gefahren“, erwiderte Boss Ismael.
„Da werden wir uns wohl beugen müssen“, sagte Indira.
Beate nickte nur, dann sagte sie trotzig: „Aber unfair ist es trotzdem.“ Sie war ein wenig aufsässiger als ihre Freundin. „Wir haben sonst auch immer die ankommenden Gäste abgeholt, und diesmal sollte es nicht so sein.“
„Ach Beate“, versuchte Ismael sie zu trösten. Dabei nahm er sie einfach in den Arm und drückte sie. „Ich verstehe deinen Unmut, aber wir müssen Rücksicht auf die religiösen Gepflogenheiten der Gäste nehmen. Versteh das doch bitte.“
„Ist ja schon gut, Boss“, murmelte Beate. „Ich geh dann mal zu den anderen Gästen, die noch da sind. Vielleicht brauchen die mich.“ Im Weggehen drehte sie sich nochmals um und rief Indira zu: „Kommst du mit?“, worauf die Freundin ihr folgte.
„Mach dir mal keinen Kopf, Boss“, sagte diese noch zu Ismael, ehe sie hinter Beate herging. „Sie kriegt sich schon wieder ein. Spätestens morgen hat sie es bereits wieder vergessen.“
***
Das Privatflugzeug des Scheichs Achmed Abdallah befand sich im Landeanflug auf die Marula Treetop Lodge. Der Scheich sah interessiert aus dem kleinen Fenster zu seiner Rechten. Im Gegensatz zu sonst waren seine Frauen und deren Dienerinnen verdächtig still. Sogar von Salih, der ganz hinten saß, war kein Laut zu hören. Er war statt dessen ganz bleich um die Nase und versuchte den Brechreiz, der ihn schon seit dem Abflug in Riad quälte, zu unterdrücken. Das Geschaukel in einem kleinen Flugzeug war ihm schon immer zuwider. Doch um seinen Gebieter nicht zu verärgern, machte Salih stets gute Miene zu bösem Spiel und nahm diese Unpässlichkeit in Kauf.
„Wir sind gleich da“, rief Achmed Abdallah seinen Frauen zu, worauf sogleich das Geplapper wieder begann.
In den Lautsprechern knirschte es. Ein Räuspern war zu hören, dann ertönte die Stimme des Piloten.
„Ich bitte alle, sich anzuschnallen. In wenigen Minuten landen wir.“
Alle schnallten sich wieder fest. Das Flugzeug hatte schon an Höhe verloren, die Landepiste konnte man nun schon genau sehen, auch die drei Personen, die am Rande standen, konnte man nun genauer sehen. Es waren ein Weißer und zwei Schwarze.
Wieder schaute der Scheich aus dem Fenster und sah sich die Landschaft aus der Vogelperspektive an.
„Unser Empfangskomitee scheint auch schon da zu sein, dort unten sieht es aus, als würde da jemand stehen“, sagte er zu seiner Lieblingsfrau Ayla, die neben ihm saß.
Die schaute ebenfalls hinaus. Ihr Herz klopfte aufgeregt, war es doch das erste Mal, dass sie mit dem Scheich Ferien machen konnte.
Wenig später setzten sie auf der holprigen Landepiste auf. Alle wurde mächtig durchgeschüttelt, doch alles ging gut.
***
Hitze flimmerte über der Landschaft, als Scheich Achmed Abdallah die kleine Gangway hinunterging. Interessiert schaute er sich um. Doch dazu, sich länger umzuschauen, kam er nicht. Seine Frauen drängelten. Alle wollten so schnell wie möglich die Maschine verlassen.
Kaum betrat der Scheich den afrikanischen Boden, kamen auch schon die drei Personen auf ihn zu, die er vom Flugzeug aus gesehen hatte, allen voran der Weiße.
„Ich heiße euch herzlich willkommen in der Marula Treetop Lodge, Scheich Achmed Abdallah“, begrüßte Ismael den Scheich mit seinem vollen Namen, wobei er sich leicht verbeugte. „Mein Name ist Prinz Hosni Ismael Radama von Karaj, der Betreiber dieser Lodge“, stellte er sich noch vor.
„Vielen Dank“, bedankte sich der Scheich, der interessiert den Namen seines Gastgebers vernommen hatte. Einen hochrangigen Prinzen hatte er in dieser Einöde nicht erwartet.
„Es ist alles für ihren Aufenthalt in unser Lodge vorbereitet“, verkündete Ismael. „Wenn ihr mir bitte folgen würdet. Die Landrover stehen bereit. Dies hier sind Pipo Mhadi, einer meiner wichtigen Gehilfen und Mnomo Keniatta, der Haushofmeister der Lodge. Auch er wird zu ihrer Verfügung stehen.“
„Kommt, meine Damen!“, rief der Scheich seinen Frauen zu, die in gebührenden Abstand warteten. Auch Salih kam nun näher.
„Dies ist Salih“, stellte der Scheich seinen einzigen männlichen Begleiter vor. „Er wird alles regeln, was mit meinen Frauen und deren Dienerinnen zu tun hat. Ich bitte sie, meine Frauen immer nur über ihn anzusprechen. Umgekehrt wird es auch so sein. Salih wird ihnen die Wünsche der Damen übermitteln. Einen direkten Kontakt mit meinen Frauen und deren Dienerinnen wünsche ich nicht. Es sei denn, bei ihren Angestellten handelt es sich ebenfalls um Frauen. Dieser Kontakt zählt ja nicht.“
Ismael war nun doch ein wenig erschrocken über die etwas seltsamen Wünsche des Scheichs. Doch der Gast ist König, auch für ihn.
„Wie sie wünschen“, erwiderte Ismael mit angedeuteter Verbeugung. Er ging zu Pipo und Mnomo, um ihnen das zu erklären. Pipo grinste ein wenig, hatte er es sich bei dem sehr angenehmen Anblick der Frauen schon ausgemalt, bei mindestens einer von ihnen etwas näher zu kommen. Sogar eine Favoritin hatte er schon im Auge. Dass diese gerade die Lieblingsfrau des Scheichs war, konnte er nicht ahnen. Doch mit der klaren Ansage seines Bosses waren diese Wünsche erst einmal null und nichtig geworden. Für Mnomo war es eh eine Selbstverständlichkeit, den weiblichen Gästen keine Avancen zu machen. Es sei denn, sie wünschten es von sich aus.
Der Scheich kam mit seinem Gefolge näher.
„Ich bitte sie, nun einzusteigen, damit wir losfahren können“, bat Ismael. Pipo und Mnomo waren noch dabei, die letzten der zahlreichen Gepäckstücke in die Wagen zu hieven. Der Pilot war eben noch dabei, die Treibstofftanks des Fliegers mit dem von Ismael bereitgestellten Kerosin aus vielen Fässern aufzufüllen.
Es gab nun ein regelrechtes Gewusel, wer zu wem einsteigen sollte. Doch auch das wurde vom Scheich mit wenigen Worten geklärt. Seine Frauen gehorchten aufs Wort.
Als die drei Landrover losfuhren, startete auch das Flugzeug, mit dem der Scheich angekommen war, wieder in Richtung Riad.
***
Eine Staubwolke hinterlassend fuhren die drei Landrover in Richtung Marula Treetop Lodge. In allen Wagen war Stille, was für die vielen Frauen, die in den Autos saßen, recht ungewöhnlich war. Alle sahen gespannt aus den Fenstern und bestaunten die Landschaft, durch die sie fuhren. Sie kannten bisher fast nur Wüste. Die Temperaturen, die hier in Afrika herrschten, war eher Nebensache. Die waren sie gewohnt.
Plötzlich tauchte vor ihnen die Lodge auf, die durch hohen Zäune vor wilden Tieren geschützt war. Die Marulabäume, nach denen die Lodge benannt wurde, ragten wie Riesen in den Himmel.
Aufgeregt sahen sich die Insassen der Autos um. Da fuhren sie auch schon durch das große Tor, das hinter ihnen sofort wieder geschlossen wurde, um wilde Tiere von der Lodge fernzuhalten.
Sie hielten vor der Rezeption unter einem der Treetops, vor dem sich schon die Angestellten versammelt hatten, um die neuen Gäste zu begrüßen. Ganz vorne stand Ismaels Frau Mebina, die vor Aufregung fast nicht still stehen konnte. Zur Feier des Tages, oder auch um den Scheich nicht zu beleidigen, hatte sie ein hochgeschlossenes langes Kleid angezogen. Auch die anderen weiblichen Angestellten trugen alle ihre hauseigene Tracht. Sogar die beiden Kinder von Ismael und Mebina hielten sich still im Hintergrund. Noch nie hatten sie einen echten Scheich gesehen, dementsprechend neugierig waren sie. Doch ihre Mutter hatte sie belehrt, nicht dazwischen zu reden oder zu quengeln. Sie hätten noch genügend Gelegenheit, den Scheich zu bestaunen. Nun stellten sie fest, ein Scheich ist auch nur ein Mensch. Ihre Neugierde verschwand schlagartig.
Nachdem die neuen Gäste begrüßt worden waren, geleitete sie Mebina zu den für sie vorbereiteten Zimmer. Männer hatten ab sofort in diesem Treetop nichts mehr zu suchen. Der Moslem Ismael wusste das.
Staunend blieb der Scheich vor den riesigen Baumhäusern stehen. So etwas hatte er nicht erwartet, geschweige denn vorher schon einmal gesehen.
„Solche Baumhäuser zu bauen, war eine sehr gute Idee von ihnen“, sagte er lobend zu Mebina, die er als Frau von Ismael wenigstens als halbwegs kompetent anerkannte.
„Nun ja, die Idee stammt eigentlich aus Erinnerungen an meine Kindheit“, bekannte die Angesprochene und bat den Scheich, sich die Zimmer anzusehen.
„Ich hoffe, es ist alles zu ihrer Zufriedenheit“, sagte sie dann sich etwas im Hintergrund haltend.
„Sehr schön“, lobte der Scheich. „Nur, wie haben sie sich das mit der Sicherheit vorgestellt. Wir sind es gewohnt, dass Securitys anwesend sind. Wie ich annehme, haben sie hier so etwas nicht.“
„Nein, Securitys haben wir nicht. Wir sind immer auf uns selbst angewiesen. Alle meine Mitarbeiter sind im Besitz eines Waffenscheines. Gejagt werden darf hier eh nicht, und wenn, dann nur in einem sehr begrenzten Umfang. Dazu muss man sich bei Prinz Ismael sogar die Erlaubnis einholen“, bewusst herausstellend, dass die Familie Radama ja auch nicht irgendwer war.. „Für solche Fälle kann er eine zeitlich begrenzte Erlaubnis ausstellen.“
Nach kurzer Überlegung, wie das Problem Sicherheit zu lösen sei, hatte sie einen Vorschlag:
„Ich hätte zum Thema Sicherheit allerdings eine Idee.“
„Dann heraus mit der Sprache“, erwiderte der Scheich.
„Wie sie sehen, sind die Baumhäuser nur über eine Art Wendeltreppe zu erreichen. Ich lasse den Trakt, den sie mit ihrem Gefolge bewohnen, absperren. Salih, wohl der Bewacher der Frauen, bewohnt das erste Zimmer am Aufgang. Gleich im Anschluss ist ein kleiner Raum, in dem Bettwäsche und Handtücher für die Zimmer gelagert werden. Danach folgen die Zimmer ihrer Frauen und ein weiteres Zimmer. Ganz am Schluss ist ihres. Salih könnte für die Dauer ihres Aufenthaltes in der Lodge von uns eine Pistole bekommen. Alle, die ihren Trakt betreten wollen, können von ihm kontrolliert werden.“
Interessiert hörte Scheich Achmed Abdallah den Ausführungen zu.
„Das ist eine gute Idee und kommt meinen Vorstellungen sehr entgegen“, sagte der Scheich nach einiger Überlegung. „Machen wir es einfach so. Ich denke, damit können auch die Angestellten des Hotels leben. Ich bitte sie, ihnen dies mitzuteilen, damit sie nicht zu erschrocken sind, wenn sie den Trakt betreten wollen und von Salih davon abgehalten werden. Am besten wäre es, auch die anderen Gäste, die anwesend sind, davon zu unterrichten.“
„Das ist kein Problem. Die Angelegenheit kann ich beim gemeinsamen Abendessen ansprechen. Heute sind alle Gäste beim Abendessen anwesend“, sagte Mebina, für die die Angelegenheit damit erledigt war.
„Wenn die Damen jetzt ihre Zimmer beziehen möchten, können sie dies tun. Die Räume sind nach ihren Wünschen hergerichtet. In jedem wurden noch zwei Liegen für die jeweiligen Dienerinnen aufgestellt“, erklärte sie weiter. Sie ging zum ersten der Zimmer und öffnete die Tür, ihrem edlen Gast den Vortritt lassend.
„Sehr schön“, sagte der Scheich nur, ehe er sich ins nächste Zimmer begab. Ganz am Ende der Balustrade befand sich sein Zimmer, das größte in diesem Trakt des Baumhauses. Mebina ließ ihm wieder den Vortritt. Ob sie eintreten konnte, wusste sie selbst nicht. Von Ismael erfuhr sie einmal, Scheichs können sich Frauen gegenüber in den eigenen Räumen schon seltsam benehmen.
Inzwischen war lautes Geplapper zu hören. Die Frauen bezogen ihre Zimmer, jede wollte das schönste beziehen und keine wollte einer anderen den Vortritt lassen. Ein kleiner Streit kam auf.
„Aber, aber“, hörte man nun Salih, dem das Geschrei, wie er immer dazu sagte, wie meist an den Nerven zerrte. „Die Zimmer sind alle gleich groß und auch gleich schön. Werdet ihr euch schnell einig, sonst bestimme ich einfach.“
Salihs Drohung wirkte. Plötzlich war Ruhe und die Damen in ihren Zimmern. So konnte auch er sein eigenes anschauen und sich einrichten. So lange sein Gebieter nicht nach ihm verlangte, konnte er sich somit ein wenig ausruhen.
„Ich habe ein Zimmer mehr für sie und ihr Gefolge als Essraum einrichteten lassen“, sagte Mebina zu Scheich Achmed Abdallah, der sich in seinem eigenen Reich genau umschaute. „Ich dachte mir , dass sie mit ihren Frauen ab und an mal alleine speisen wollen.“
„Das war eine gute Idee“, antwortete der Gast. „Ich möchte halt nicht unbedingt, dass meine Frauen mit anderen männlichen Gästen zusammen kommen können. Wo befindet sich dieser Raum?“, fragte er noch.
„Gleich hier neben ihrem, zu betreten ist es nur von der Balustrade draußen“, erwiderte Mebina.
„Sie scheinen eine sehr kluge Frau zu sein“, lobte der Scheich Mebina, die darauf erfreut lächelte, aber nichts dazu zu sagen wagte.
„Ich hätte da noch einige organisatorische Dinge zu besprechen“, ließ Mebina verlauten, während sich der Scheich weiter im Baumhaus umsah.
„Ja, bitte“, erwiderte der Angesprochene.
„Übermorgen ist ja Silvester. Am Abend soll eine Bondage-Künstlerin auftreten. Alle Gäste der Lodge sind dazu herzlich eingeladen“, erklärte Mebina.
„Bondage? Hm, ich weiß nicht, ob das etwas für uns ist. Aber ich werde mir Gedanken darüber machen. Kann ich ihnen meine Entscheidung später mitteilen?“
„Aber natürlich. Es steht ihnen frei, ob sie daran teilnehmen oder nicht“, meinte Mebina darauf, worauf Achmed Abdallah erfreut nickte.
Der Scheich sah sich weiter um. Er trat nun aus seinem Zimmer hinaus auf die Balustrade. Sein Blick fiel auf den Pool, der von hier oben gut einzusehen war. Dort tummelten sich einige Gäste im kühlen Nass. Da erinnerte er sich an das, was er über die Lodge gelesen hatte.
„Prinzessin Radama, wie ich sehe, haben sie hier auch einen Pool. Damit habe ich auch ein kleines Problem“, sagte er zu Mebina.
Die schaute ein wenig erstaunt. Warum gerade der Pool ein Stein des Anstoßes sein sollte, konnte sie sich nicht denken.
„Probleme sind da, um gelöst zu werden“, antwortete sie zuvorkommend.
„Meine Frauen haben noch nie andere Personen leicht bekleidet gesehen, in Ausnahme von mir und ihren Gespielinnen. Wie sie wissen, ist es bei uns haram“, erklärte der Scheich. „Ich wünsche es auch nicht, dass sie von fremden Männern leicht bekleidet gesehen werden, denn meine Damen werden bestimmt auch den Pool benutzen wollen.“
„Oh, ja. Das verstehe ich, immerhin ist mein Gatte auch Moslem“, entschuldigte sich Mebina, der es peinlich war, nicht an so etwas gedacht zu haben. „Mir wird auch hierzu eine Lösung einfallen. Ich werde mich sofort mit Prinz Ismael besprechen, was wir da machen können.“
„Vielen Dank“, antwortete Achmed Abdallah. „Wenn sie das heute noch erledigen könnten, wäre es mir sehr dienlich.“
„Natürlich“, sagte Mebina. „Am besten ich gehe gleich nach unten und erledige das.“
Mit einer leichten Verbeugung verließ sie den Scheich.
***
„Ismael, bist du da?“, rief Mebina, als sie das Haupthaus erreicht hatte.
Ihr Mann kam sogleich aus dem Büro, wo er sich eben aufgehalten und mit dem Koch die Speisefolge für das Abendessen des Scheichs besprochen hatte.
„Hier bin ich schon. Was liegt an? Du siehst ein wenig gestresst aus“, meinte Ismael lachend zu seiner Frau.
„Gestresst ist noch untertrieben. Der Scheich hat noch einen Sonderwunsch, mit dem wir nicht gerechnet hatten, den wir aber sobald wie möglich erfüllen müssen. Nur eine Lösung, wie wir das tun können, habe ich noch nicht. Aber vielleicht kannst du mir helfen, oder Mnomo weiß etwas.“
„Nun erzähle schon. Uns wird schon was einfallen“, sagte Ismael. So erfuhr auch er von diesem etwas seltsamen Wunsch des Scheichs.
Ismael überlegte eine Weile, dann hatte er schon den ersten Einfall.
„Was meinst du dazu, die Balustrade oben beim Scheich mit großen Sonnensegeln zu verhüllen, genau so unten am Pool, wo sie über Seile gehängt werden und die Sicht unmöglich machen. So kann man weder ungehindert nach unten schauen, noch nach oben in den Trakt, den der Scheich bewohnt.“
„Wenn das machbar ist, warum nicht. Ich werde diesen Vorschlag gleich dem Scheich unterbreiten“, meinte Mebina zu ihrem Mann „Du bist echt ein Schatz“, flüsterte sie ihm ins Ohr und gab ihm einen Kuss.
So wurde es dann auch gemacht, der Scheich war zufrieden und somit auch der Lodgebesitzer. Mnomo machte sich gleich daran, den Pool weitläufig zu verhüllen, während sich die Zimmermädchen um die Balustrade kümmerten. Sie hatten ja ungehindert Zutritt zum Trakt.
***
Am Abend versammelten sich alle Gäste der Lodge zu einem gemeinsamen Abendessen. Nur der Scheich mit seinem Gefolge wünschte in seinen Räumen zu speisen. Dem Wunsch wurde natürlich entsprochen.
„Liebe Gäste“, begann Ismael seine Rede. „Wie ihr bestimmt mitbekommen habt, ist heute ein Scheich aus Saudi Arabien mit seinen Frauen hier angereist. Deshalb muss ich ab heute leider einige Änderungen einführen.“
Alle sahen ihn interessiert an.
„Als erstes geht es um das Baumhaus, welches Scheich Achmed Abdallah bewohnt“, sprach Ismael weiter. „Dies muss ich leider für den allgemeinen Zutritt sperren. Er ist für alle anderen Gäste ab sofort nicht mehr zu betreten. Ich bitte euch sehr, dies unbedingt zu beachten.
Außerdem geht es noch um die Benutzung des Pools. Wie ihr gesehen habt, wurde dieser weiträumig mit Tüchern geschützt, genau so die Balustrade im Trakt des Scheichs. Diese kleine Änderung wurde auf dessen Wunsch gemacht. Es ist eine religiöse Angelegenheit, die wir hier beachten müssen. Auch eindeutige sexuelle Handlungen bitte ich, in der Öffentlichkeit zu unterlassen. Der Scheich oder dessen Frauen könnten diese anstößig finden. Ich hoffe, ihr fühlt euch in eurer Freiheit hier nicht allzu beeinträchtigt. Umgekehrt dient diese Maßnahme aber auch euch“, grinste er dann. „Auch ihr könnt nicht beobachtet werden, wenn ihr …“
Leises Gemurmel ging durch die Reihen der anwesenden Gäste. Doch dann nickten alle zustimmend mit dem Kopf. Dieses Problem war somit behoben. Der Scheich konnte ungehindert seine Ferien verbringen und auch genießen, ohne womöglich religiöse Bestimmungen vernachlässigen zu müssen.