Bloom sah aus dem trüben Fenster. Es regnete schon seit Tagen. Passend zu ihrer Stimmung.
Sie seufzte und setzte sich wieder an den Schreibtisch, auf dem ein aufgeklapptes Buch lag.
Bloom griff nach dem rosa Stift, dessen Kappe einem blauen Herz nachempfunden war und begann zu schreiben:
"Seit dem Angriff ist viel passiert... Man hat Stella, Musa und Layla ins Krankenhaus von Magix gebracht... Sie sind noch nicht aufgewacht. Ohne sie... fühlt sich der Winx Club so leer an."
Bloom hielt inne. Tränen rannen ihr übers Gesicht. Sie atmete tief durch und schreib weiter: "Man hat uns eine Therapeutin zur Seite gestellt... Sie ist auch der Grund für dieses Buch. Es soll mir helfen, die Ereignisse zu verarbeiten.... Es sieht nicht gut für sie aus."
Bloom hielt erneut inne. Sie warf einen Blick auf die leeren Betten.
Flora war noch im Krankenhaus.
Seit dem Angriff versuchte sie, zu helfen. Sie hatte schon verschiedenste Kräutersude und Elixiere ausprobiert, in der Hoffnung, ihre Freundinnen aufzuwecken. Tecna war bei ihr.
Es war eine Ausgangssperre verhängt worden, um Dakaria und ihren Verfolger zu finden, doch Flora und Tecna hatten Rektorin Faragonda überredet, ins Krankenhaus zu dürfen.
Nur Bloom musste hier bleiben. Das war Faragondas ausdrückliche Anweisung.
"Das hat keinen Zweck, Kiko.", sagte Bloom laut und klappte das Buch zu.
Wut überkam sie. Auf Dakeria, doch auch auf Rektorin Faragonda, welche Bloom unbedingt in Alfea behalten wollte. Warum eigentlich? Sie konnte sich nur vorstellen, dass es irgendwie mit ihrer magischen Kraft, der Drachenflamme, zusammenhing.
Bloom verschränkte die Arme auf dem Schreibtisch und legte den Kopf darauf. Kiko hoppelte zu ihr. Er hatte ein rosa Band gefunden und versuchte sie aufzuheitern, indem er verschiedene Schleifchen knotete. Doch Bloom blickte nur apathisch an die Wand.
Plötzlich klingelte ihr Handy. Es war die Nummer des Krankenhauses!
Mit einem Satz war Bloom auf den Beinen.
In der Hektik stolperte sie über Kikos Körbchen, fiel, und kippte dabei ein Regal um - schließlich grabschte sie ihr Handy, das auf dem Bett lag.
Sich das schmerzende Knie reibend, nahm sie atemlos den Anruf entgegen: "Hallo?!"
"Hallo Bloom."
Ihr Herz machte einen Hüpfer - das war Floras Stimme!
"FLORA! Gibt es etwas neues aus dem Krankenhaus? Sind die anderen wieder wach?!", fragte Bloom aufgeregt.
"...nun... Nein. Aber erinnerst du dich an das Mädchen, das wir bei dem Angriff gesehen haben? ... Sie scheint gut auf die Kräutertinktur anzusprechen. Die Ärzte sagen, dass sie bald aufwachen müsste. Vielleicht -"
"Ich komme sofort zu euch!", sagte Bloom und legte auf.
Eilig stand sie auf und schnappte sich Jacke und Schuhe.
Sie trat auf den Gang hinaus und lief hinunter auf den Campus.
"Bloom?", rief eine Stimme hinter ihr.
Sie drehte sich um und blickte direkt in die stechenden Augen von Miss Griselda, der Oberhausdame. "Wo willst du denn hin?"
"Miss Griselda, ich habe gerade einen Anruf aus dem Krankenhaus bekommen... Ich muss gehen!"
Griselda schüttelte den Kopf. Ihr strenges Gesicht barg einen Hauch von Mitleid: "Es tut mir leid, Bloom, aber Rektorin Faragondas Anweisungen...."
"Ich bin keine Schülerin mehr!", giftete Bloom und riss sich los.
Sie ignorierte Griseldas Rufe und rannte im Regen zur Bushaltestelle.
Es hatte sich von Anfang an falsch angefühlt, nicht bei den anderen Winx zu sein.
Griselda schüttelte den Kopf. Sie konnte das Mädchen sehr gut verstehen. Doch es gab Gründe, weshalb sie in Alfea bleiben sollte. Sowohl Sie, als auch Rektorin Faragonda wussten, dass es weitaus schlimmere Kreaturen als die Hexer, die Trix, Valtor, oder auch Lord Dakar gab...
Nach wenigen Minuten kam der Bus. Bloom setzte sich und blickte aus dem Fenster, bis das Magix Krankenhaus in Sicht kam. Es regnete immer noch in Strömen.
Eilig stieg sie aus und lief durch die Flure direkt in die Intensivstation.
Flora erwartete sie bereits an der Tür.
"Bloom - du bist ja Tropfnass!"
"Das ist egal. Was ist mit dem Mädchen?", fragte Bloom und zog die triefend nasse Jacke aus.
"Naja, sie..." , begann Flora, als
- "Hey, sie wacht auf!", Tecnas Stimme aus dem Zimmer schallte.
Eilig liefen die Beiden in das Krankenzimmer. Es war hell eingerichtet, mit vier Betten die mit Vorhängen voneinander abgetrennt worden waren. Tecna saß auf einem kleinen Schemel und winkte sie zu sich.
"...wo bin ich?"
Das Mädchen öffnete wieder die gelben Augen. Sie blinzelte ein paar Mal, dann versuchte sie sich aufzurichten.
"Bleib besser liegen.", sagte Flora sanft und reichte ihr ein Glas Wasser.
Das Mädchen kniff die Augen zusammen.
"Oh... Warte.", Tecna griff nach einer halbmondförmigen Brille auf dem Beistelltisch und setzte sie ihr auf, "Besser?"
Ein schwaches Lächeln zeigte sich auf dem Gesicht des Mädchens: "Ja, danke."
"Wie heißt du?", fragte Bloom und setzte sich zu ihr.
"Ich.... Ich bin Amber. Die Fee der Wahrheit. Aber ich bin nur eine Erstlingsfee..." , sagte sie leise. Es folgte eine Pause. Dann...: "Ich kenne euch. Ihr seid bei dem Angriff dabei gewesen."
"Das stimmt. Drei unserer Freundinnen wurden auch verletzt.", sagte Bloom. Sie musterte Amber.
Tecna wandte sich nun an die junge Fee: "Du hattest gesagt, du konntest Kälte und Hass spüren, als du dich auf Dakeria konzentriert hast. Was hat es damit auf sich?"
"...ich... Kann spüren, wenn jemand die Wahrheit sagt oder lügt. Und normalerweise kann ich auch die Hintergründe einer Person erkennen... Aber diese Frau... Dakeria... Sie war zu stark für mich. Ich konnte lediglich ihre Emotionen wahrnehmen..." , erklärte Amber. Sie sah enttäuscht aus.
"Mach dir nichts draus, Amber. Du stehst doch noch ganz am Anfang deiner magischen Ausbildung.", versuchte Flora sie aufzumuntern.
"Trotzdem wäre es strategisch besser, wenn sie mehr magische Erfahrung gewinnt. Eine Fee der Wahrheit im Team zu haben klingt ziemlich nützlich.", meinte Tecna rational.
Amber wurde leicht rot: "n-nützlich?"
"Natürlich! Außerdem hast du deine Fähigkeiten schon gut genug im Griff, um die Gefühle von jemandem wie Dakeria zu erforschen.", sagte Bloom.
Amber schien überrascht, aber glücklich, "heißt das... Ich darf euch... also den Winx... helfen, Dakeria zu fassen?", fragte sie ehrfürchtig.
"Sicher!", sagte Bloom.
Amber strahlte.
In diesem Moment ging die Tür auf und Direktorin Faragonda trat ein.
"Amber, wie schön, dass du wach bist.", sagte sie. Ihr Blick huschte zu Bloom, "Und Bloom, so sehr ich auch verstehen kann, dass du helfen möchtest - es ist sicherer für dich, in Alfea zu bleiben."
"Direktorin Faragonda...", begann Bloom, "Ich... Ich kann mich nicht die ganze Zeit verkriechen und nichts tun!"
"Das verstehe ich. Es ist nur zu deinem Besten."
"Warum eigentlich? Was verheimlichen Sie uns?", fragte Tecna.
Faragonda warf ihr durch die Brille einen strengen Blick zu, besann sich dann jedoch eines Besseren: "Also gut. Bloom darf vorerst hier bleiben. Trefft mich später in meinem Büro. Ich werde dort eure Fragen beantworten, sofern ich kann."
"Warum machen Sie so ein Geheimnis daraus?", fragte Amber.
"Ich erzähle es euch, wenn es an der Zeit ist. Und jetzt entschuldigt mich.", sagte Faragonda kurz und knapp.
Sie trat zur Tür und drehte sich auf dem Absatz noch einmal um, "Erhol dich gut, Amber.", bevor sie verschwand.
"Das war merkwürdig. Sonst ist Rektorin Faragonda doch viel offener.", sagte Flora erstaunt.
"Sie ist sich nicht sicher, ob ihre Theorie stimmt.", sagte Amber nachdenklich, Und sie will an einem sicheren Ort mit uns sprechen."
"Das kannst du also auch spüren?", fragte Bloom neugierig.
"Ja ... Sie hat auch nicht gerade ein Geheimnis daraus gemacht... Aber manchmal weiß ich zu viel. Deswegen habe ich kaum Freunde...", erklärte Amber.
"Das verstehe ich nicht so ganz..."
"Viele vertrauen mir nicht, weil ich ihre größten Geheimnisse kennen könnte. Zum Beispiel weiß ich, dass Tecna insgeheim an einem Kuschelroboter für die Kuscheltiere arbeitet, weil sie sich Sorgen macht, dass die Kinder ihre Kuscheltiere nicht gut genug pflegen. Außerdem hat sie Musas Airpods geklaut, um ein technomagischen Adapter für den Kuschelbot zu bauen. Flora würde gerne wieder ein Einzelzimmer haben, in dem sie mit gefährlichen Pflanzen arbeiten kann, ohne jemanden außer sich selbst in Gefahr zu bringen, hat aber zu viel Angst euch zu fragen, weil sie fürchtet, dass ihr euch Sorgen um sie machen könntet. Und du, Bloom, überlegst mittlerweile nach jeder kleinen Auseinandersetzung mit Sky, ob du Andy anrufen solltest, obwohl du gar nichts von ihm willst."
Es war schlagartig still im Raum geworden.
"Ehm... also... aber dafür weißt du bestimmt auch immer, wie es jemandem geht. Wenn es jemandem zum Beispiel schlecht geht, kannst du mit ihm reden. Das ist doch gut!", sagte Flora.
"...ich weiß nicht...", meinte Amber. Sie wickelte verlegen eine ihrer hellblauen Locken im den Finger.
"Egal ob du deine Fähigkeiten als Fluch oder Segen siehst - wir brauchen dich. Also... Kommt schon. Je eher wir mit Faragonda sprechen, desto besser.", beschloss Bloom. Ihr Blick streifte die Betten, in denen ihre Freundinnen noch immer schliefen.
Sie stand auf.
"Ich komme mit.", sagte Amber und folgte den Feen, trotz des Protests ihrer Ärztin.
Gemeinsam kehrten sie nach Alfea zurück.