"Hätte nicht gedacht, dass ich dich ausgerechnet in diesem Universum finden würde...", sagte Xerxes abfällig, während er sich umsah.
Dakeria verdrehte die Augen. "Was willst du hier?"
Er musterte sie. Vielleicht versuchte er anhand ihrer Körpersprache zu erkennen, was in ihr vor ging.
"Also? Rückst du jetzt endlich mit der Sprache raus, oder soll ich dich gleich vernichten?", fragte Dakeria genervt.
"Schön...", meinte Xerxes, "Ich brauche deine Hilfe. - Im Gegenzug kann ich dir Informationen geben. Diese... Winx... Die du suchst, waren im goldenen Königreich. Ich habe sie beobachtet und weiß über ihre nächsten Schritte Bescheid."
Dakeria zog eine Augenbraue hoch.
Er wusste, dass sie ihm nicht vertraute, sonst hätte er sich nicht auf diese Art und Weise vorbereitet...
"Warum hast du mich auf dem Marktplatz angegriffen?", wollte sie wissen.
Xerxes trat näher. Seine rubinroten Augen sahen im fahlen Licht aus, wie die eines Dämons.
"Hättest du schon dort bekommen, was du wolltest, hätte ich dir ins nächste Universum hinterherjagen müssen. Dazu fehlt mir die Zeit.", er zog seinen Ärmel hoch. Sein kompletter linker Unterarm war schwarz. Oder besser gesagt - seine Venen und Adern traten schwarz verfärbt hervor.
Gift.
Kein normales Gift, wie Dakeria wusste. Sie kannte denjenigen, der diese Art Gift zusammengemischt hat... Schließlich war sie sein erstes Versuchskaninchen dafür gewesen.
Der verrückte Wissenschaftler aus der Unterstadt... Wie lange hatte sie selbst unter seinen Experimenten leiden müssen?
"Breitet es sich aus, bin ich tot.", sagte Xerxes und riss sie aus ihren Rachegedanken.
"...ich weiß.", erwiderte Dakeria. Nach einer Pause fragte sie: "Wer hat dir das angetan?"
Xerxes Blick verfinsterte sich schlagartig: "... Cecilia."
Dakeria warf ihm nur einen ich-hatte-es-dir-ja-gesagt-Blick zu.
"...Ich weiß. Ich hätte auf dich hören sollen.", sagte Xerxes nur und verdeckte seinen Arm wieder.
Dakeria seufzte.
Cecilia war seine Verlobte gewesen. Sie war die Tochter des Königs eines verfeindeten Reiches.
Und rein zufällig war sie zum richtigen Zeitpunkt da, um ihn zu trösten.
Dakeria hatte ihn gewarnt - und wurde dafür weg gesperrt und gefoltert. Zweimal.
...
Sie bemerkte seinen Blick und sagte:
"Du hättest dich auch freiwillig von ihr vergiften lassen können."
"Ist das dein Ernst?!", fragte Xerxes aufgebracht.
Dakeria blieb ruhig: "Du weißt zu was ich fähig bin. Und dir war schon immer alles Recht, um an dein Ziel - meine Macht - zu kommen."
"..."
"... Dakeria... ich will nichts mehr, als wieder bei dir zu sein... Du und ich gegen den Rest der Welt. Erinnerst du dich noch?"
Natürlich tat sie das.
Sie spürte einen Kloß im Hals. Verdammt.
Ihre Reaktion schien ihn nicht zufrieden zu stellen.
" - glaubst du immer noch, dass du bei IHM besser aufgehoben bist?", platzte es schließlich aus Xerxes heraus. Er sah zerknirscht aus.
Dakeria sah ihn überrascht an. Woher wusste er überhaupt davon?
"... Er sagte, er will vorerst allein agieren. Das respektiere ich.", sagte sie nur.
"...Dieser verdammte Seelenschänder tut dir nicht gut."
"Das sagt ja der Richtige."
"..."
Xerxes schwieg. Er klang... eifersüchtig? Nein. Das machte keinen Sinn. Und doch war da ein kleiner Teil in ihr, ein winziger Funken, der genau das glauben wollte. Ein Teil von ihr, der ihn immer noch... liebte.
Nein.
Sie durfte ihm nicht vertrauen.
Er knurrte: "Schön. Dann prüf doch meine Loyalität."
Sie wusste, worauf er hinaus wollte...
Sie sollte seine Seele prüfen.
Würde er versuchen, das Ritual zu überlisten, oder seine Seele durchfallen, würde er sofort sterben und seine Seele hätte keine Möglichkeit zurück zu kommen.
Bestand er die Prüfung allerdings...
Er musste sich seiner Sache sehr sicher sein. Andererseits - warum nicht?
"Wie du willst...", sagte Dakeria. Ihre Augen glühten grün, als sie das Ritual vollzog.
Xerxes Schreie erfüllten die gesamte Festung.
-
Währendessen...
"Mann, ich hab's satt, dass diese Tussi uns rumkommandiert! Was glaubt sie eigentlich, wer sie ist?", grummelte Stormy.
Sie stand mit den anderen Trix auf einer Art Balkon und die Schreie, die aus der Festung kamen, beunruhigten sie. Doch sie bemühte sich, nichts anmerken zu lassen und versteckte ihre Sorge hinter ihrer kratzbürstigen Art.
"Du hast Recht. Ich hab das Gefühl, wir sind ihre Laufburschen!", pflichtete ihr Darcy bei.
Die drei Hexen saßen draußen und blickten von den Mauern hinunter zu den Nebel verhangenen Wäldern.
"Warum hauen wir nicht einfach ab? Wir sind frei, was wollen wir mehr?", wollte Stormy wissen.
"Weil wir durch Dakerias Macht überhaupt so weit gekommen sind, ihr Dummköpfe!", zischte Icy. Sie hasste es, sich das einzugestehen - aber diese neuen Kräfte sind der Wahnsinn. Es war sinnlos, diese aufzugeben und abzuhauen.
"Eure Freundin hat Recht.", sagte jemand. Anagan, einer der Hexer des schwarzen Kreises, war unbemerkt zu ihnen gekommen und saß auf der Mauerbrüstung, "Wenn ihr sie verärgert, seid ihr nicht nur eure Kräfte, sondern auch euer Leben los."
"Was weißt du schon?", fragte Stormy.
Anagan lächelte und blickte in den Nebel, "Ihr spürt es auch, oder? Allein dieser Nebel zerrt an eurer Lebenskraft. Und ihr glaubt, ihr könntet hindurch gehen?"
Darcy schien darüber nachzudenken und blickte zu Icy, doch die ignorierte sie.
Langsam verstummten die Schreie aus der Festung. Wer hatte da so geschrien? Lebte derjenige überhaupt noch?
Icy pflichtete dem Hexer innerlich bei.
Dakeria war zu mächtig. Und außerdem könnte sie noch eine äußerst nützliche Verbündete sein.
Ihr Blick fiel auf Anagan, der noch immer neben ihr saß und sie wie beiläufig betrachtete.
Warum war er überhaupt hier?
...
Sie wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, als ein Rabe über ihre Köpfe hinwegflog und elegant auf dem Boden landete.
Duman nahm wieder seine ursprüngliche Gestalt an und sprach zu Anagan, "Dakeria will uns sehen. Jetzt."
Die Trix folgten ihnen, obwohl sie nicht damit gemeint waren.
Icy bemerkte amüsiert, dass Stormy öfters zu Gantlos blickte und sich wie ein pickeliger Teenager aufführte - doch sie sagte nichts dazu. Sie konnte sie später damit aufziehen.
Die anderen Hexer standen bereits in der Eingangshalle und warteten. Es war totenstill geworden.
Endlich ging eine Tür auf und Dakeria betrat den Raum, gefolgt von Xerxes, der irgendwie verändert wirkte... stärker... und noch jemandem.
"Yllidith?!"
Tatsächlich. Der erste Feenjäger, Ogrons Vorgänger betrat den Raum.
Die Zeit im Gefängnis von Tir Nan Og hätte ihm offensichtlich nicht gut getan. Er hatte Tränensäcke unter den stechend gelben Augen und die kurzen weinfarbenen Haare waren unter der Kapuze versteckt. Er wirkte nicht besonders erfreut.
"Was macht er hier?", wollte Ogron wissen. Auch er schien nicht besonders froh, über das Wiedersehen.
Kein Wunder. Ogron hatte sich nicht die Mühe gemacht, Yllidith zu befreien. Wozu auch? Da er aus dem Weg geräumt war, hatte er den Posten des Anführers eingenommen.
"Ich halte mich lediglich an die Abmachung mit Duman. Er dient mir, wenn ich euch alle zurück bringe. Das habe ich hiermit getan.", erklärte Dakeria monoton.
"Ich werde nicht mit diesem Verräter zusammen arbeiten.", Yllidith verschränkte die Arme und starrte Ogron finster an, welcher insgeheim dasselbe dachte.
"Das entscheide ich.", sagte Dakeria bestimmt.
Das schien Yllidith aus der Fassung zu bringen: "Du? Was weißt du schon, du kleine -"
Er verstummte, als ein Dolch auf ihn zufällig und nur wenige Millimeter vor seiner Kehle in der Luft stehen blieb.
"Niemand beleidigt meine Lady.", sagte Xerxes. Die Mordlust spiegelte sich in seinen Augen und eine dunkle Aura umgab ihn. Er wirkte viel mächtiger als vorher.
"Xerxes. Das reicht.", befahl Dakeria.
Widerwillig zog er die Dolche zurück.
Sie wandte sich wieder an die Hexer: "Ich werde euch morgen prüfen. Einer von euch beiden wird die Hexer des schwarzen Kreises anführen. Und der andere", sie blickte Ogron und Yllidith abwechselnd an, "Wird sich unterwerfen."
Mit diesen Worten verließ sie den Raum und Xerxes folgte ihr.
Die Luft war angespannt.
Niemand sagte ein Wort.
Die Trix musterten die anderen neugierig - und vielleicht auch ein wenig schadenfroh. Ein Kampf zwischen den beiden Anführern war sicherlich unterhaltsam.
Schließlich verließ Ogron den Raum.
Er brauchte eine Strategie, um gegen Yllidith ankommen zu können. Bereits in seinen früheren Jahren als Hexer hatte er versucht, ihn herauszufordern - doch ohne Erfolg. Yllidith war ein Meister der Illusionen.
Stunden vergingen.
Es musste gegen Mitternacht sein, als er schließlich nach draußen ging, um den Kopf frei zu bekommen. Doch er war nicht allein.
Dakeria höchstpersönlich saß auf einer Mauer und blickte in den wolkenverhangenen Himmel.
"...diese schwarzen Wolken erinnern mich an damals... auf dem Schlachtfeld... schwarz und rot... und schwarzer Schnee, der auf die Leichen meiner Kameraden fiel..." , sinnierte sie vor sich hin.
Ogron zog eine Augenbraue hoch: "Ihr habt in einer Schlacht gekämpft?"
Dakeria sah nun zu ihm und lächelte geheimnisvoll: "Nicht nur in einer."
Er trat näher und setzte sich zu ihr. Vielleicht würde sie mehr über diese Prüfung erzählen, wenn er ihr Vertrauen gewann.
"...Ich habe Xerxes' Truppen geführt. Wir waren um das Fünffache unterlegen."
"...das tut mir leid.", sagte Ogron.
Dakeria warf ihm einen mahnenden Blick zu: "Du bist ein guter Schauspieler. Aber dein falsches Mitgefühl ist ohnehin fehl am Platz. Ich habe sie in den Sieg geführt. Immer und immer wieder."
"Und wie hast du das geschafft?", fragte er missmutig.
Dakeria lächelte kalt: "Durch Kampftaktik und Geschick. Ich habe mich über meinen Gegner informiert. Kannte seine Verbündeten, seine Stärken und Schwächen, jeden einzelnen seiner Soldaten, seine Waffen, wusste wie viele Vorräte sie hatten, wie die Moral der Truppe war - und wie es um die meine bestellt war. Kenne ich meinen Feind, sowie mich selbst, muss ich den Ausgang keiner Schlacht fürchten. Kenne ich mich selbst, meinen Feind jedoch nicht, folgt auf jede erfolgreiche Schlacht, eine Niederlage. Und wenn ich weder mich selbst, noch meinen Feind kenne, werde ich in jeder Schlacht unterlegen sein.", sie lächelte ihm kühl zu, "Nimm dies als Rat für die Schlacht, die du selbst zu schlagen hast."
Dann verschwand sie.