Als sie unsanft in den Rücksitz des Wüstenbuggys geschubst wurde kehrten Sarah´s Sinne wieder ein wenig zurück. Warme Blutstropfen rannen ihr von der Stirn in die Augen und vernebelten ihre Sicht. Beim Versuch sie wegzuwischen vielen ihr die Fesseln auf, durch die ihre Hände zusammengehalten wurden.
Der neben ihr sitzende Mann missverstand ihre Bewegung und lachte gehässig: "Da kommste nit raus. Die hab ich besonders fest gezogen. Und selbst wenn, haste noch mein neues Schießeisen im Nacken."
Wie zur Bestätigung drückte er den Lauf ihres eigenen Gewehr gegen ihre Haut. Anscheinend hatte er es gegen sein langes Messer ausgetauscht, das nun an seinem Gürtel prangte.
Sarah sah sich in dem Fahrzeug um, das mit lautem Brummen auf die kleine Siedlung zusteuerte. Offensichtlich war es eines der seltenen Vehikel, die noch mit Flüssigtreibstoff betrieben wurden. Sie konnte sich nur wundern wie es in die Hände der Exilanten gelangt war.
Am Steuer saß die Frau mit konzentriertem Blick. Sarah konnte nur raten worüber sie in diesem Augenblick nachdachte. Neben ihr auf dem Beifahrersitz war Sarah´s Rucksack achtlos hingeworfen worden. Sein Inhalt schepperte bei jeder Unebenheit am Boden. Kurz überlegte sie ob sie ihn schnappen konnte und erneut fliehen, doch sie verwarf den Gedanken schnell. Der Exilant mit ihrem Gewehr würde ihr den Kopf wegblasen bevor sie auch nur einen Muskel rührte.
Mit ihrem Gewehr.
Das nur noch eine Kugel hatte.
Noch bevor sie ihre Augen schloss wusste sie wie verzweifelt ihre Tat war. Es war nicht unwahrscheinlich dass sie dabei ihr Leben verlöre. Aber was blieb ihr für eine andere Möglichkeit?
Mit aller Konzentration, die ihr geschundener Kopf aufbringen konnte, konzentrierte sie sich auf ihren Puls. Es schien als würden sich die Abstände zwischen dem Pochen verlängern. Auch die Geräusche des Motors verlangsamten sich, bis sie jede Explosion einzeln hörte. Dann schlug sie die Augen wieder auf.
Ihr Bewacher schien von all dem nichts bemerkt zu haben. Er starrte sie weiter aus seinen vom Sonnenlicht geröteten Augen höhnisch an. Jetzt gab sie endlich ihrem Drang nach herumzuwirbeln und ihre Fäuste in einer für sie nervenzerreißend langsamen Geschwindigkeit in Richtung dieses selbstgefälligen Grinsens zu schleudern.
Wie in Zeitlupe sah sie wie es von einem überrumpelten Gesichtsausdruck abgelöst wurde, als er ihre Bewegung bemerkte, doch er hatte gute Reflexe. Schon schloss sich sein Zeigefinger um den Abzug ihres Gewehres.
Blitzschnell änderte sie die Richtung, in der sie ihre Arme bewegt und stieß den Gewehrlauf zur Seite. Noch vor dem Ohrenbetäubenden Krachen des Schusses schaffte sie es ihre Fesseln vor die Mündung zu bringen, dann wurden sie auch schon von der harmlos an ihr vorbeizischenden Kugel zerfetzt.
Als nächstes wollte sie sich mit ihren nun befreiten Händen das Messer ihres immer noch überrascht in die Gegend starrenden Gegenübers schnappen, da gab es einen gewaltigen Ruck und auf einmal passierte alles wieder unglaublich schnell.
Plötzlich kippte der Buggy in voller Fahrt zur Seite und überschlug sich mehrmals. Sarah konnte sich nur dank ihrer Reflexe an seinem Metallrahmen festkrallen, während sie von dem Fahrzeug komplett durchgeschüttelt wurde. Schließlich kam er inmitten eines Kürbisfeldes wieder zum Stehen.
Während sie darauf wartete dass ihr Gehirn wieder begriff wo oben und unten war fragte sie sich, was diesen Unfall ausgelöst hatte. Vermutlich hatte die Kugel nicht nur ihre Fesseln, sondern auch das Hinterrad des Fahrzeuges durchschlagen.
Innerlich fluchend versuchte sie aufzustehen, doch ihr Fuß war zwischen zwei verbogenen Eisenstangen festgeklemmt.
Und dann stand plötzlich wieder die Exilantin über ihr.