Aiden kehrte in die Villa zurück. Er hatte Jo noch gentlemanlike, wie er war, zurück zu ihrem Auto begleitet.
Sie hatten keine Telefonnummern ausgetauscht, sondern sich für heute Abend im Lokal „AbseitZ“ verabredet. Jeder von ihnen konnte also noch in sich gehen und sich dagegen entscheiden, ohne sein Gesicht zu verlieren.
Der Mann hoffte, dass Jo bereit war, das Risiko einzugehen.
Es gab schon verrückte Zufälle.
Nie hätte er diese Frau angesprochen, da sie so gar nicht seinem üblichen Beuteschema entsprach. Er war im ersten Moment auch verstimmt gewesen, wie sie so überraschend vor ihm aufgetaucht war und an seiner Villa geklingelt hatte.
Was hieß hier eigentlich „seine Villa?“
Er hatte dringend einen Anruf zu tätigen.
Rasch zog er sein Handy aus der Tasche, entsperrte es und wählte die eingespeicherte Nummer.
Er brauchte nicht lange zu warten, bis abgenommen wurde.
Theresia Müller?
Frau Müller? Hier ist Sean Kuvoc.
Ah, mein Makler. Dann waren Sie schon in der Villa?
Ich bin sogar noch dort.
Und was meinen Sie? Ist sie verkäuflich?
Sie haben ein wirklich schönes Juwel geerbt, Frau Müller. Es würde jedoch Sinn machen, vorher das gesamte Gebäude zu renovieren und die alten Möbel zu entsorgen. Die Einrichtung ist doch recht bieder und könnte potenzielle Käufer abschrecken.
Ich verlasse mich da ganz auf Sie und Ihre Erfahrung, Herr Kuvoc.
Ich fühle mich geehrt. Und vielen Dank für Ihr Vertrauen.
Das ist doch selbstverständlich. Ich habe gleich gemerkt, dass Sie ein ehrlicher Mann sind und nicht zu den Personen gehören, die andere über den Tisch ziehen. Ich bin sehr froh, dass Sie mir helfen, nun, da ich mit meinem Rücken aktuell weder Auto fahren noch lange stehen oder sitzen kann.
Machen Sie sich keine Sorgen, Frau Müller. Ich werde alles regeln.
Sie sind ein Engel, Herr Kuvoc. Wir müssen … Ach, da kommt meine Physiotherapeut. Wir müssen leider aufhören, Herr Kuvoc. Ich melde mich später bei Ihnen.
Kein Problem, Frau Müller, Genießen Sie ihre Massage. Bis später.
Nachdenklich legte Sean auf. Seine Gedanken waren schon wieder bei Jo.
Ganz wohl hatte er sich nicht dabei gefühlt, Jo anzulügen und zu verschweigen, dass er nicht ihr erwartetes Blinddate war. Ganz offensichtlich war sie einer betrügerischen Firma aufgesessen, die ihr einen gefakten Kontakt zugeschickt und sie auch noch zu einer vermeintlich verlassenen Adresse geschickt hatte. Dies hatte er sich schon in den ersten Minuten ihrer Begegnung zusammengereimt.
Trotzdem hatte er sie nicht aufgeklärt. Aus einem unerfindlichen Grund faszinierte sie ihn, obwohl sie so anders war wie die Frauen, die sonst seinen Weg kreuzten.
Weiter hatte er ihre Unsicherheit und auch die Vorurteile gegen sein „Outfit“ gespürt. Sie wäre sicher auf dem Fuß umgedreht, hätte sie erfahren, dass er nicht „ihr“ Aiden war.
Ansonsten hatte er sie bei ihrem kurzen Gespräch nicht belogen, was seine Neigungen und Hobbies betraf.
Sean wollte sie unbedingt kennenlernen und freute sich sehr auf den kommenden Abend. Er war sich auch ziemlich sicher, dass sie vor dem „AbseitZ“ auftauchen würde.
Früher oder später musste er ihr die Wahrheit sagen. Doch bis dahin würde er seine Rolle gut spielen und herauszufinden suchen, was sie in diesem Fragebogen alles angekreuzt und angegeben hatte.
Sie würde ihren „Aiden“ bekommen.