An einem kleinen Dorf stand ein schon seit Menschen gedenken eine riesige hohle Eiche. Die Sonne war noch nicht aufgegangen, da raschelte die Baumkrone und ein alter Mann trat heraus. Er streckte sich und schlug mit seinen Stock gegen den Rand des Loches. Neben waberte aus diesem und verteilte sich über das ganze Dorf und den Wald darum.
Der wunderliche Mann zog seinen verschlissenen Umhang enger um sich und machte sich auf den Weg zum Dorf. Die Sonne winkt ihm zu und dreht sich in ihren Bettchen noch einmal um. Dank des Bärtigen darf sie nun länger schlafen.
Nun hatte der Unbekannte das Dorf erreicht, sachte schob er das Tor auf und trat ein. Ein leises Pfeifen entkam ihm und der Wind wehte stärker um die Häuser. Lächelnd schaute er in eines dieser kleinen Gebäude und sah zwei junge Frauen, die sich unterhielten. Neugierig legte er das Ohr ans Fenster, dieses kühlte sich augenblicklich ab.
Eines der Mädchen lachte bitter auf: „Er würde mich nie auf ein Date einladen“, sie vergrub ihren Kopf in ihr Kissen.
Das jüngere Mädchen strich ihr über die Schulter. „Gib ihm doch einfach den Brief“, riet sie ihr.
Jetzt wurde der Lauschende hellhörig. Er bemerkte, dass das andere Fenster nur angelehnt war. Langsam öffnete er es und pfiff erneut. Der Brief wehte hinaus aus dem Zimmer. Er drehte den Zeigefinger in der Luft und der Brief wehte zu einem der anderen Häuser. Zum Glück war auch hier das Fenster zum Lüften geöffnet worden und die Luftpost erreichte den Empfänger. Verzweifelt hatten die Mädchen dem Brief nachgeschaut.
Der heimliche Postbote schritt weiter und blickte in die Vorgärten der Leute. Die Pflanzen bekamen welke Blätter und die Blüten wurden zu Samenständen.
Die Luft veränderte sich, wurde kühler feuchter und reiner. Ein Junge schritt aus dem Haus und fröstelt, er trug nur eine dünne Jacke und hielt ein Stück Papier in der Hand. Zufrieden mit sich sah Bärtige dem Jungen nach. Niemand bemerkte ihn und so führte er seinen Weg fort. Um ihn herum vergingen sie Sommerblumen und die Herbstblüten öffneten sich.
Vor einem Baum blieb er stehen, strich über die Rinde und kitzelte den Baum, dass er sich schüttelte. Die kleinen Kastanien wuchsen und wurden dick. Das Laub wurde fleckig gelb und braun.
Die Menschen um ihn herum standen auf und trugen nun dickere Sachen von dem Jungen, der im Haus der Mädchen verschwunden war, war aber nichts mehr zusehen. Auf seinen Stock gestützt ging er weiter und klopfte hier und da gegen einen Obstbaum. Sogleich wurden die Früchte reif und schön. Dem Gemüse schickte er ein Fingerschnipsen, besonders die Kürbisse hatten es ihm angetan. Er machte sie so groß, wie es ging, und erfreute sich dann an seinem Rückweg jedes Jahr über die Laternen.
Während sich die Menschen auf den Weg zur Arbeit machen, lief der unsichtbare Besucher weiter ins Dorfes innere. Schon leicht erschöpft lehnte er sich gegen eine kalte Hauswand und hob seinen großen Gehstock, wie ein Pianist bewegte er in vor den Bäumen, die nun in Rot, Gelb und Orange leuchteten. Das ganze Dorf war nun in ein Farbenspiel getaucht, was selbst die Sommerdame nicht bin, bekommen hätte. Stolz klopfte er sich auf die Schulter. Die Sommerdame saß jetzt sicher in ihren Sessel und streichelte ihre Gewitterkatze.
Die Sonne stand nun schon hoch am Himmel und strahlte zwischen den Wolken hindurch, sie war aber noch im Halbschlaf und strahlte nicht so stark wie sonst.
Inzwischen hatte er den Rand des Dorfes erreicht wieder ertönte ein lauter Pfiff ertönte lauter als der letzte ertönte und der Wind wurde wieder stärker. Das Mädchen und der Junge, die er am Morgen gesehen hatte, liefen lachend Hand in Hand an ihm vorbei. Auf dem faltigen Gesicht des Mannes bildete sich ein lächeln. Er beschloss, den beiden noch ein wenig zu helfen als sie gerade an gemütlichen Café vorbeischritten, klopfte er kräftig mit dem Stock auf den Boden. Dicke Tropfen fielen aus den Wolken, die sich vor der Sonne zusammenzogen. Das junge Paar rettete sich ins warme Haus.
Sein zerschlissener Umhang mit den vielen Flicken tropfte schon bald vom starken Regen, aber das störte ihm wenig. Unbeirrt führte er seinen Weg fort aus dem Dorf hinaus. Hinter dem Dorf grünte das Feld. Kräftig schlug er in die Hände und als würde der Weizen sich erschrecken wurde er groß und gelb.
Er blickte hoch zu den Weinbergen und seufzte. Der Regen hatte nachgelassen und die Sonne strahlte wieder zwischen den Bäumen. Die Eicheln und Kastanien waren schon fast reif.
Er atmete tief durch und roch den Geruch von Traubensaft und Bratapfel. Am liebsten wäre er dem Geruch gefolgt doch er schritt den Weinberg hinauf und strich über die Reben. Das Rot und Gelb sickertet über seine Finger in das grün des Weins hier und da naschte er eine Traube. Süß waren sie und würden einen schönen Eiswein geben, wenn der Winter den so wollte.
Zwischen den Weinreben entdeckte er wieder das junge Paar, das unsicher voreinander stand. Obwohl ihn niemand sah und hörte, schlich er sich hinter das Mädchen und gab ihr einen sanften Stoß. Der Wind wehte um die beiden und zum Dorf hinunter und trug die Blätter der Bäume sich. Er sah sich nicht nach den Zweien um, sondern lief weiter Richtung des Waldes hinter den Hügeln.
Die Blätter leuchteten ihm schon entgegen. Er liebte den Wald, weswegen er ihn sich immer zum Schluss aufhob. Doch das Zwitschern der Vögel hielt ihn auf, er blickte hinauf zu den Strommasten, auf den die Vögel saßen. Er winkte ihnen zu und sie erhoben sich in den Himmel in wärmere Gefilde. Ohne seinen Abschiedswink flogen sie nun mal nicht los.
Er betrat den Wald und atmete ich den modrigen feuchten Duft ein. Die Nadelhölzer rochen nach Harz. In der ferne plätscherte ein Bach. Er schritt weiter und wo er seine Spuren in die feuchte Erde drückte, wuchsen Pilze. Ein Rehkitz kreuzte seinen Weg, er streichelte ihm die Flecken vom Fell.
Erschöpft ließ er sich auf einen Baumstumpf nieder und streichelte die Tiere des Waldes. Unter seinen Fingern wurde ihr Fell dichter und dicker. Es war wichtig, dass er kein Tier vergaß. So saß er da und genoss den Geruch des Waldes und das weiche Fell unter seinen Fingern. Es wurde hell und wieder dunkel doch wurde er nicht müde.
Wieder brach ein Morgen an und er wand sich zum Gehen. Er öffnete seinen Beutel den er an seinem Gürtel trug und entließ nun endlich den stärksten der Winde. Er hatte schon lange an seinem Gefängnisse gezerrt. Als er den Wald wieder verließ, waren schon einen Großteil der Blätter davon geweht.
Es wurde immer dunkler im Wald und die Tiere der Nacht wurden munter. Sie begleiteten ihn auf seinem Rückweg ins Dorf. Inzwischen waren die Bäume kahl und die Obstbäume abgeerntet. Er schritt wieder durch das Dorf, überall standen Kürbislaternen und tauchten die Häusereingänge in warmes Licht. Sein Mantel tropfte immer noch, während er sich auf dem Rückweg machte. Er blickte in die Häuser und malte die ersten Eisblumen an die Fensterscheibe. Dabei bemerkte er mit Freude, dass das Paar zusammen bei dem Jungen auf dem Sofa saß eng umschlungen.
Er hatte seine Aufgabe erfüllt und er trat wieder durch das Dorftor. Die Eiche trug nur noch braune Blätter. Der Herbst blickte sich noch einmal um, bevor er wieder in der holen Eiche verschwand. Für den Herbst war nur ein Tag vergangen, aber für die Menschen im Dorf waren viele Wochen vergangen. Bald würde sich der Winter auf den Weg machen.