I
Der Wecker von Mami holte mich wie jeden Morgen aus dem Schlaf. Eilig springe ich aus dem Bett und greife meine Schlittschuhe. „Areka“, rufe ich während ich durch den Flur stampfe und das ganze Haus aufweckte. Vor ihrer Zimmertür komme ich schlitternd zum Stehen. „Ich darf erst rein, wenn ich geklopft habe, sonst wird sie böse“, murmel ich und haue kräftig gegen die Tür.
Mit einem Ruck wird die Tür aufgerissen und vor Schreck springe ich zurück. Areka schaut wütend und ihr Gesicht ist ganz zerknautscht, aber ich wollte es wissen, ob der große Tag gekommen ist: „Können wir heute Schlittschuhlaufen“, die Augen von Areka sieht plötzlich aus, als wenn sie fast anfängt zu weinen. „Areka warum bist du plötzlich traurig?“, will ich wissen und umarme sie. „Was habe ich dir gestern gesagt?“, frag sie und musste ganz doll gähnen. „Das wir noch eine komplette Woche warten müssen. Bis wir aufs Eis können“, antworte ich ihr und blickte niedergeschlagen zu ihr hoch. Aber es ist sooo kalt draußen, Mama hat wieder Eisblumen auf dem Auto. „Das reicht aber noch nicht das Wasser muss ja von unten fest sein nicht nur von oben“, erklärt sie und schob mich beiseite. „Komm mal mit“, bittet sie und läuft mit mir zum großen Kalender neben der Küchentür. „Guck eine Reihe ist eine Woche und wenn wir an dem Tag angekommen sind fragen wir den Archibald ob das Eis fest genug ist“, schlug sie vor und malt einen dicken roten Kreis um eine der vielen Zahlen streicht ein Kästchen weg. „Heute ist dieser Tag“, sie deutet auf das Feld vor der durchgestrichen. „Morgen früh streichst du genau den Tag weg und übermorgen den danach“, trug sie mir auf und ich freute mich. Mama kam aus dem Schlafzimmer noch ganz verschlafen. Sie arbeitet fast jeden Tag und Papa bleibt mit mir zu Hause. „Guten Morgen Mama“, jubelte ich und umarmte sie. „Guck mal Areka hat mir gezeigt, wann wir Archibald fragen, ob wir aufs Eis dürfen. Ich darf die Tage wegstreichen“, berichte ich stolz und deute auf den Kalender. „Das ist ja eine tolle Idee“, stimmt sie zu und wuschelt uns beiden durch die Haare. „Deckt ihr zwei schon mal den Tisch?“, bittet sie und tapst in ihren Häschenschuhen ins Bad.
Areka holt aus den viel zu hohen Schränken die Teller raus und ich hole die Brotmesser. Da komme ich ja zum Glück dran. Wieder schwingt die Küchentür auf. Papi sieht total lustig aus. Lachend lege ich die Messer neben das Geschirr. „Morgen Kinder“, gähnt Papa und zerzaust seine Haare noch mehr. „Was gib’s dem da zulachen?“, fragt er und fängt an, mich ganz doll zu kitzeln. „Deine Haare sind total zerzaust“, lache ich und versuche wegzulaufen, aber Papa ist schneller. Er hebt mich hoch und setzt mich auf einen der Stühle. Areka macht den Wasserkocher an. Den darf ich noch nicht benutzen. „Bestimmt trinken Mama und Papa jetzt wieder dieses eklige schwarze Zeug“, vermute ich und hoffe, dass noch Saft übrig ist. Areka gießt uns beiden den Orangensaft ein und Papa bekommt Wasser auf sein braunes Pulver. „Mama macht bei sich immer noch Milch rein dabei schmeckt Milch und Kakao viel besser zusammen“, lege ich für mich fest und nehme einen großen Schluck von meinem Saft. Endlich kommt Mama in die Küche, sie sieht ordentlich aus und trägt wieder ihre graue Jacke. „Mama wieso trägst du nicht mal was Buntes?“, möchte ich wissen. „Da wo ich arbeite, muss man besonders ordentlich aussehen und grau ist sehr ordentlich. Schwarz ist auch ordentlich aber das wäre wohl sehr traurig“, erklärt sie. „Aber rot ist doch bestimmt auch ordentlich oder blau. Blau toll“, will ich wissen und deute auf Papas blauen Schlafanzug. „Vielleicht kann ich meinen Chef ja mal fragen, ob auch andere Farben ordentlich ist“, schlägt sie vor und schneidet mir eine Scheibe vom Brot ab. Ich hätte lieber Brötchen, leider gibt es die nur am Wochenende. Weil ich schon groß bin, darf ich mir selbst Butter drauf machen. Das ist aber nicht so einfach. Areka kann das richtig gut. Die Butter verteilt sich bei ihr ganz gleichmäßig auf dem Brot. Ich mache manchmal Löcher in die Stulle bei Areka passiert das nie. Sie belegt ihre Scheibe mit Käse und beißt rein. Irgendwann hilft Papa mir dann, doch obwohl er weiß, dass ich das nicht mag. Beim Essen möchte Papa Ruhe haben und Zeitung lesen. Areka liest auch, auf dem Buch sind viele schöne Zeichen drauf. Mama sagte, das sind Buchstaben. Ein paar davon kannte ich schon. Mama liest nicht, sie isst ihre Stullen und trinkt das komische Zeug mit viel Milch.
Mama gibt uns allen einen Kuss und fährt zur Arbeit. Ein Morgen wie immer bis auf die Zeichen draußen am Kalender.
II
Wie gestern lief ich zum Kalender, um dann das Kästchen von gestern durchzustreichen. Jeden Tag wird es kälter und deswegen fährt Mama früher los zur Arbeit. Ihr Auto hat Eisblumen und die müssen leider weg, weil so kann sie nicht fahren. Sie sieht ja nur die Eisblumen und nicht die Straße. Auch Areka läuft eher los als sonst zur Bushaltestelle, weil es so glatt ist.
Mir ist langweilig, also laufe ich zu Papa ins Malzimmer. Immer, wenn jemand ihm ein schönes Foto als großes Bild haben will geht er zu Papa. Einmal hat er für eine Frau einen wunderschönen See gemalt. „Was er wohl heute malt?“, rätsel ich und öffne die Tür. Er malt braune Striche auf die Leinwand „Papa was malst du da?“, möchte ich wissen. „Einen verschneite Wald. Wenn das Eis und der Schnee in dem Bäumen fest wird glitzern sie“, erklärt er und malt dem nächsten Baum. „Ich möchte auch mal Schnee sehen“, maule ich und laufe zum Fenster der Boden ist hart und glitzerte wegen der Sonne, aber nirgendwo ist weißer Belag zu sehen. „Was ist Schnee?“, fragte ich und schaue betrübt in den Himmel. „Schnee ist Regen, der zu Eis wird, komm mal mit“, meint er und geht mit mir in die Küche. Mit einem Ruck öffnet er das Eisfach und holt eine der Schubladen raus. Auf dem Regalboden ist weißes Zeug. „Unser Gefrierschrank macht auch Schnee mehr oder weniger. Das Wasser gefriert und bleibt an den Böden hängen“, spricht Papa mich wieder an und kratzt das Eis von den Wänden. Im Flöckchen fällt es auf den Boden. Jetzt will ich auch und kratzte an der Wand. Kalt und hart gar nicht, wie ich mir schnell vorgestellt habe. „Wenn so Schnee ist will ich keinen haben“, teile ich ihm mit und laufe hoch in mein Zimmer. Im Fernsehen sieht Schnee immer aus wie weiche Watte. Ich öffne mein Filmregal und blicke auf meine tolle Filmsammlung. „Wo gib’s viel Schnee?“, überlege ich und sehe mir die Bilder auf der Verpackung. „Den mit den Monaten, da gib’s viel Schnee“, murmel ich. „Papa!“, rufe ich so laut ich kann und renne durch den Flur. „Was ist denn mein Schatz?“, fragt Papa und steckt seinen Kopf aus dem Malzimmer. „Ich möchte den Film sehen. Da gib’s richtigen Schnee“, erkläre ich und drücke ihm die Schachtel in die Hand. Zusammen laufen wir ins Wohnzimmer und er macht mir den Fernseher an. „Papa wieso schneit es in Fernsehen immer aber bei uns nicht?“, Frage ich und schaue auf den Fernseher wie die Leute durch den Schnee stapfen. Im Schnee zu laufen ist wohl echt schwer. „Schnee ist gefrorener Regen, wenn es nicht regnet, schneit es auch nicht und wenn es zu warm ist gefriert der regen nicht“, versucht er mir zu erklären. „Aber es ist doch voll kalt. Ich muss sogar Handschuhe anziehen“, harkte ich nach ich war frustriert. „Wie lange soll das noch dauern“, grummelte ich „Aber es Regnet nicht“, versucht Papa es weiter. Traurig schaue ich den Film. „Ich möchte auch Schnee haben“, denke ich. „Vielleicht ist auch die Pechmarie bei Frau Holle und die ist faul“, kommt es mir in den Sinn. Ich bin zu klein, um das Bett von Frau Holle zu schütteln, hat Papa mir erklärt. Ich konnte nicht mal Mamas Decke richtig tragen. Es war frustrierend. Nächstes Jahr gehe ich in die Schule und ich hab noch nie Schnee gesehen. Ganz gefesselt schaue ich zu, wie die beiden die ganz schweren Rätsel lösen und die Königin retten. Müde Kuschel ich mich in die weiche Decke ein und schließe meine Augen. „Hoffentlich schneit es bald“, hoffe ich und sinke ins Traumland.
III
Jemand rüttelt an mir. „Das Mittagessen ist fertig, komm du kannst doch nicht den ganzen Tag schlafen“, weckt Papa mich und stupst mich nochmal an. „Ich habe Eierkuchen gemacht“, flüstert er an mein Ohr.
„Eierkuchen juhu“, jubel ich und springe aus dem Bett doch meine Beine schlafen noch und ich lande mit meinem Hintern wieder auf meiner Decke. „Langsam sonst fällst du mir noch um ich hab genug für uns beide gebraten“, beschwichtigt Papa mich und nimmt meine Hand. „Gibt es auch dein selbstgemachtes Apfelmus aus Omas Äpfeln?“, vermute ich.
„Na klar und Zimt und Zucker steht auch schon für dich bereit“, bestätigt er. Ein Berg an kleinen Eierkuchen thront in der Mitte des Tisches. Das Apfelmus steht noch auf dem Herd. Vorsichtig gießt Papa es in eine Schüssel. Einmal ist eine dabei kaputtgegangen. Papa hat sich sehr geärgert. Seitdem benutzt er für Apfelmus nur noch eine Metallschüssel. Zusammen mampfen wir die Eierkuchen. „Der Schneewald ist bald fertig. Magst du wieder deine Meinung dazu geben?“, fragt Papa mich zwischen zwei Bissen. „Oh ja“, freute ich mich. Gemeinsam wuschen wir uns die Hände und bestaunten dann Papas neues Bild. Er reichte mir das Foto und ich verglich es mit dem Werk von Papa. Mama hat mir mal erklärt, dass Papa Kunstwerke malt. „Du hast gesagt das die Bäume glitzern, aber das tun sie gar nicht“, merke ich an und schaue mir das Foto genauer an. „Das sieht man leider auf Bildern nicht. Die Eisblumen auf Mamas Auto glitzern ja auch nicht auf den Fotos die wir zusammen gemacht haben“, erinnert er mich. „Das stimmt, aber es ist wirklich schade“, murmel ich und vergleiche das Bild mit dem Foto, wie bei meinen Fehlersuchbildern. „Du hast das Tier im Baum vergessen“, merke ich an und zeige ihm das dunkelrote Tier im Baum. „Tatsächlich das ist ein Eichhörnchen“, stimmt er mir zu und fängt an, die Farbe anzumischen. Gespannt schaue ich zu, wie er das Rotbraune an die richtige Stelle bringt. Es ist spannend, wie aus seinen Farben Bilder werden. „So jetzt ist es fertig“ bestimmt Papa und ich freue mich für ihn. Er sieht immer glücklich aus und lächelt, wenn er malt, Mama tut oft so, als würde sie ihre Arbeit nicht mögen. Sie muss arbeiten und Papa darf den ganzen Tag Bilder malen. Ich möchte auch Bilder malen wie Papa und nicht so eine Arbeit machen wir Mama, wo man so ordentliche Sachen tragen muss. Lieber so bunte Sachen wie Papa. Er hat überall Flecken von seiner Farbe.
Abends kommen Mama und Areka nach Hause. Mamas Haarknoten ist total unordentlich und sie kann ihre Augen kaum aufhalte. Papa begrüßt Mama und stellt frische Eierkuchen auf den Tisch. „Hallo Mama hi Areka wie wars heute. Hast du deinen Chef gefragt ob blau auch eine ordentliche Farbe ist? Areka wie ist die große Arbeit gelaufen?“, frage ich die beiden und hole meinen Saft aus dem Kühlschrank. „Ja die Arbeit lief ganz gut hoffe ich“, nuschelt sie und setzt sich neben Mama. „Du hast heute eine Arbeit geschrieben? Wieso weiß ich davon nichts, hast du gelernt?“,
„Ja habe ich und ich hab dir von der Sozialkunde Arbeit erzähl. Die über die Demokratie erinnerst du dich?“, motzt Areka über Mamas Vergesslichkeit die sie öfter hat. Sie hat auch schon Sachen beim Einkaufen vergessen. Ich hab sie an Papas Geburtstag erinnert sie hat sich ganz doll bei mir bedankt. Mama reibt sich über die Stirn und nickt. Sie braucht jetzt eine Umarmung. Ich kletter auf ihren Schoß und umarme sie. „Ich vergesse auch oft Sachen das ist nicht schlimm“, versuche ich sie aufzumuntern. „Wir schreiben dir auch Zettel ans Merkbrett“, biete ich ihr an und schenke ihr ein Lächeln. Mama lächelt auch, aber ihre Augen sehen immer noch traurig aus. „Ja Alea das ist eine gute Idee“, stimmt sie zu und hebt mich runter. „Wollen wir gleich einen neuen Anbringen?“, schlägt sie vor und zusammen laufen wir in den Flur, wo das Merkbrett hängt. „Also nächsten Freitag schreibt Areka eine Arbeit in Mathe dafür trift sie sich abends mit Sascha“, erkläre ich und Mama schreibt es auf. „Ich hab auch bald Geburtstag aber das hat Areka schon in den Kalender geschrieben“, grübel ich laut und halte Mama meine 5 Finger hoch. „5 Jahre du bist schon so groß, nächstes Jahr kommst du schon in die Schule. Areka geht auf die nächstgrößere Schule“, murmelt sie vor sich hin und schreibt einen weiteren Zettel. „Oma kommt in den Ferien“, fällt mir ein. „Stimmt ich hab meine Mama lange nicht mehr gesehen“, antwortet sie mir und schreibt: „Oma kommt zu Weihnachten“, auf einen roten Zettel. Papa kommt aus der Küche und gibt Mama einen Kuss auf die Stirn. Er nimmt einen der Zettel und malt ein Herz darauf und hält es Mama hin. Er legt einen Arm um sie und bringt sie hoch ins Schlafzimmer. Wenig später kommt er ohne sie wieder. „Ist Mama krank?“, befürchte ich und schaue Papa genau an. „Komm wir bringen Mama ihre Eierkuchen hoch. Sie hat viel gearbeitet, weil sie bald eine lange Pause machen muss. Deswegen ist sie auch so vergesslich“, beruhigt er mich. „Wieso macht sie den eine lange Pause?“, frage ich Papa und zieh ihn Richtung Küche. „Das ist eine Überraschung“, erklärt er und bestreicht einen Eierkuchen dick mit Apfelmuss. Papa rollt ihn ganz eng ein. Ich streue Zimt drauf, so hat Mama den am liebsten. „Mama isst bestimmt 2“, merkt Areka an und macht ihr auch noch einen fertig. „Alea kann ich ihr den Teller hoch bringen? Kannst du ihr mit Papa noch einen Tee machen?“, bittet meine große Schwester und ich nicke. Sie nimmt Mamas Besteck und den Teller. Die beiden sehen sich an, als würden sie still mit einander reden. Papa kocht mit mir Tee und bringt ihn Mama hoch. Ich mache mich über mein Tomatenbrot her, was Papa wohl gemacht hat, als er mit den Eierkuchen fertig war. Ich esse zum Abendbrot gerne Tomatenbrot. Areka kommt mit einem breiten Grinsen in die Küche und auch Papa lächelt. „Mama ruht sich jetzt aus“, meinten die beiden und setzen sich zu mir. Die beiden sagen nichts mehr dazu und ich möchte nicht nachfragen.
Nach dem Zähneputzen, gehe ich alleine ins Bett.
IV
Am nächsten Morgen höre ich komische Geräusche aus dem Badezimmer. Mama ist doch krank. Sie spuckt in die Toilette und ist ganz bleich. Ich renne schnell zu Papa und wecke ihn. „Mama ist doch krank du musst sie zum Doktor bringen!“, rufe ich aufgebacht. Papa steigt noch ganz verschlafen auf und geht zu Mama ins Bad. Ich wecke Areka. „Was hat Mama du weißt das doch“, zicke ich sie an. „Mama soll es dir selbst sagen. Lass mich schlafen, es ist erst 5uhr“, mault sie und dreht sich wieder um. Mama ruft nach mir. Ich laufe zu ihr, sie ist immer noch blass im Gesicht. Sie setzt sich auf die Treppe. „Weißt du ich bin nicht krank. Du wirst große Schwester“, erklärt sie und ich versteh nicht, was sie meint. „Du bekommst ein Geschwisterchen. In mir wächst ein Baby und deswegen gehts mir nicht so gut“, erklärt sie und legt eine Hand auf ihren Bauch. „Aber der Storch bringt doch die Geschwister“, berichtige ich sie und sie lacht. „Das stimmt so nicht. Wenn du älter wirst erklär ich dir das“, meint sie und steht auf.
Die nächsten Tage gehen kaum vorbei und Mama geht es nur morgens sehr schlecht. Trotzdem geht sie arbeiten. Heute trägt sie aber blau. „Mein Chef hat gesagt das blau genauso ordendlich ist wie grau“, erzählt sie mir und gibt mir einen Kuss auf die Wange. „Grau ist eine hässliche Farbe“, meine ich und Mama stimmt mir lächelnd zu. Wenn ich wieder da bin, gehen wir zu Archibald“, schlägt sie vor. „Aber wir sind noch gar nicht bei dem eingekreisten Tag“, widerspreche ich. „Da hast du wohl recht aber wenn er heute sein ok gibt können wir morgen schon aufs Eis“, überredet sie mich und ich finde die Idee super. Papa malt heute wieder ein neues Bild, die Käuferin vom letzten Mal wollte noch ein Bild von ihm haben. Ich male an meinem Maltisch und Papa malt einen Waschbären im Schnee. „Die Dame Fotografiert gerne Tiere aber sie möchte keine riesigen Fotodrucke, deswegen lässt sie mich ihre Fotos malen“, erklärt er mir und malt weiter mit Grau alles vor. Wenn er seine richtige Farbe benutzt sieht man den Stift nicht mehr. Ich male das Foto auch ab, aber mit meinen Buntstiften. „Vielleicht darf ich mal mit Papas Sachen malen“, hoffe ich und male die grünen Bäume mit den picksigen Nadeln. „Arekas Arbeit ist nicht gut gelaufen und sie traut sich nicht es euch zusagen. Wieso hat sie Angst? Ist doch nicht schlimm“, fragte ich Papa und male den Bäumen braune Stämme. „Ich weiß es nicht, aber ich bekomme es raus. Angst muss sie keine haben. Ich war auch nie gut in Mathe“, beruhigt er mich und malt den Waschbären vor. Ich schaue mir das gestreifte dir genauer an und irgendwie sieht es aus wie eine dicke Katze. „Ist ein Waschbär so was wie eine dicke Katze?“, frage ich nach und deute das Bild. „Könnte man fest denken, aber nein sie sind nicht verwand. Der Fuchs hat auch nicht viel mit dem Hund zu tun“, spricht Papa mehr zu der Leinwand als zu mir. Daran bin ich gewöhnt. Wir versuchen, weiter so gut es geht abzumalen.
„Was hälst du davon wenn wir Mittagessen?“, unterbricht Papa mich beim Malen. Doch mein Magen knurrt und ich muss zugeben, dass ich wirklich Hunger habe. Papa holt Dosen aus dem Schrank. „Tomatensoße?“, schlägt er vor und ich nicke eifrig. „Magst du mir helfen?“, fragt er. „Darf ich die Wurst schneiden?“, bitte ich. „Vielleicht sollten wir uns noch die Hände waschen“, bemerkt Papa und zeigt mir seine grauen Hände. Meine Hände sind auch ganz bunt und ich muss kichern. Papa macht mir Seife auf die Hände und schruppt seine mit der Bürste. Bei mir geht alles leichter ab. In der Küche stellt er mit meinen Hocker hin und gibt mir mein kleines Messer. Papa holt ein Brett und die Wurst. „Wie schneiden wir Sachen?“, möchte er wissen. „Mit der Katzentatze“, jubel ich und mache die Katzentatze. „Mit Miau sicher schneiden“, wiederhole ich Papas Spruch. Er wuschelt mir durch die Haare und lobte mich. Papa zeigte mir, wie die die Scheiben und Würfel sein müssen. Ganz vorsichtig schneide ich die Wurst und Papa schneidet neben mir die Zwiebeln. Heimlich nasche ich an den Scheiben, aber so wie Papa grinst, sicher hat er es gesehen. Ich schneide eine weitere Scheibe ab, die Papa sich wegnimmt und sie aufisst. „So jetzt braten wir die Zwiebeln und die Wurst an“, verkündet er und nimmt einen der großen Töpfe aus dem Schrank. Zusammen braten wir alles an und kochen Soße und Nudeln.
Kaum ist alles fertig, geht die Tür auf. „Wir sind wieder da!“, rufen Mama und Areka. „Ihr seid aber früh da heute, aber ihr habt glück das Essen ist gleich fertig“,
„Ich hab Papa beim schneiden geholfen und hab Kräuter in die Soße getan“, berichtete ich stolz und helfe beim Tischdecken. Das Essen schmeckt allen und ich freue mich auf den Besuch bei Archibald.
V
Wenig später sitzen wir alle im Auto und fahren zu Archibald. Der wohnt am Waldrand auf der anderen Seite des Sees. Archi steht schon an seiner Hütte und wartet nur auf uns. Schon von weitem erkenne ich seine grünen Förstersachen. Papa hält an und ich springe aus dem Auto. „Archiiii!“, rufe ich ihm zu. „Na du, deine Mama meint du musst mich was ganz wichtiges Fragen“, begrüßt er mich und streicht seinen weißen Bart glatt. „Können wir endlich Schlittschulaufen?“, frage ich ihn und halte meine neuen blauen Schlittschuhe hoch. Die Mundwinkel sinken nach unten. „Da muss ich dich leider enttäuschen. Ich hab das Eis heute Morgen geprüft, es ist nicht dick genug. Aber es soll nächste noch kälter werden. Dann ist das Eis dick genug“, erklärt er und zeigt mir das Loch, was er ins Eis gemacht hat. Meine Augen füllen sich mit Tränen. Das war ungerecht, wieso kann das Eis jetzt nicht schon dick genug sein. „Ich hab Bratäpfel im Ofen die magst du doch so. Kann ich dich damit etwas aufmuntern?“, fragt Archi und deutet auf sein Häuschen. Schniefend nicke ich und wische mir die Tränen aus den Augen. Im Haus riechte es nach Bratapfel und Zimt. Mama und Papa setzen sich zu mir nur Areka geht lieber spazieren. Wenig später essen wir alle Bratapfel und ich darf den von Areka auch noch essen. „Kommt am Mittwoch einfach wieder und dann testen wir das Eis zusammen“, bietet Archibald an und Papa ist einverstanden. Niedergeschlagen sammeln wir Areka wieder ein und fahren nach Hause. Traurig blicke ich aus dem Fenster und sehe über dem See ein blaues Leuchten. „Papa guck mal auf dem See leuchtet was blau“, teile ich ihm mit und deute auf den See. Areka stimmt mir zu. „Was ist das das nur? Für Glühwürmchen ist es viel zu kalt und die leuchten auch nicht blau“, meint sie. „Ich seh da nichts Kinder“, meinte Mama und auch Papa der angehalten hat, sieht es nicht. „In der Mitte vom See das müsst ihr doch sehen“, meint Areka energisch und steigt aus. Mama und Papa schütteln den Kopf. „Eine Fee“, flüstert sie mir ins Ohr. „Vielleicht sehen die beiden das Leuchten deshalb nicht“, wispert sie und sie hat wahrscheinlich recht. „Eine Eisfee ganz bestimmt“, stimme ich ihr zu. Mama friert und wir fahren nach Hause.
Zuhause laufe ich gleich zum Kalender. „Kannst du den Mittwoch einkreisen den Arichbald gemeint hat?“, bitte ich Mama und die malt eine Schneeflocke auf einen Tag.
VI
Die nächsten Tage ziehen sich, wie Kaugummi den Areka immer kaut. Papa spielt viel mit mir und malt Bilder. Wir gehen auch spazieren. Papa sieht das blaue Licht tatsächlich nicht. Jedes Mal, wenn wir da waren, wurde es aber größer. „Was mag das nur sein?“, frage ich mich und schaue genauer hin, erkenne aber leider überhaupt nichts. „Wie dunkel die Wolken heute sind“, meinte Papa und deutete in den Himmel. „Wird es heute donnern?“, befürchte ich und klammere mich an Papas Hosenbein. „Ich glaube nicht mein Schatz, aber wir sollen lieber nach Hause gehen“, schlug er vor. Plötzlich schwebte etwas Weißes vor meinem Gesicht. „Papa woher kommt die Feder her?“, frage ich ihn verwundert und greife nach ihr. Das Weiße etwas verschwindet in meiner Hand. „Wo ist sie hin?“, rufe ich und entdecke noch mehr Federn. „Es schneid, das sind keine Federn“, erklärt Papa. Verzaubert schaue ich zu, wie die Flocken auf den Boden fielen und liegen blieben. Schon bald war alles um uns herum weiß.
Bibbernd kamen wir zuhause an. Morgen gehen wir zu Arichbald und dann können wir endlich Schlittschuhlaufen. Auch Mama und Areka kamen total rotgefroren nach Hause. Aber Papa hat das beste Mittel gegen Frostnasen. Heiße Schoki mit Sahne. Es fiel immer mehr Schnee und Areka gefiel das gar nicht. Sie hatte ja Schule.
Nach dem Abendbrot war ich viel zu aufgeregt, um zu schlafen. Lange schaute ich den Schneeflocken zu.
VII
Am nächsten Morgen blieb Mama und Areka zuhause es schneite einfach zu viel. „Aber wir müssen doch zu Arich“, jammerte ich. „Wir gehen morgen mein Schatz die Straßen sind noch nicht frei aber wir können einen Schneemann bauen“, schlug Mama vor, aber ich wollte doch Schlittschuh laufen. „Wenn es so geschneit hat muss das Eis ja dick genug sein“, meinte ich. „Ich geh raus spielen“, rief ich und schlich mich zu meinen Schlittschuhen. „Aber lauf nicht zu weit und nimm deine Handschuhe mit!“, rief Mama. Ich zog meine Stiefel an und schnappte mir meine Schlittschuhe. Ganz stolz lief ich Richtung See. Keiner hatte mich bemerkt. „Vielleicht treffe ich die Fee“, dachte ich und stapfte durch den Schnee. Es war so schwer, zum See zu kommen.
„Geschafft!“, jubelte ich und zog meine Stiefel aus. Fraglos schaute ich die Schuhe an. „Wie läuft man Schlittschuh“,grübelte ich und zog mir die Schuhe an. „Mama meinte mal wie bei Rollschuhen abstoßen“, rief ich mir in Erinnerung und lief zum Eis. Ich machte dieselbe Bewegung wie meine große Schwester mit ihren komischen Rollschuhen. Aber ich landete auf meinen Popo. Immer wieder versuchte ich zu laufen. Plötzlich schwirrte das blaue Licht um mich rum. Wie eine Biene flog es um mich herum. „Weißt du wie man schlittschuläuft?“, fragte ich, bekam aber keine Antwort. Die Fee mochte mich wohl nicht. Wieder stand ich auf und das Licht stieß gegen mich. „Lass mich“, rief ich und ging einen Schritt. Plötzlich knackte es. Erschrocken ging ich nach. Unter mir waren auf einmal ganz viele Risse. Ich sah zurück zum Ufer, das viel zu weit Weg war. Langsam lief ich zurück. plötzlich rutschte ich aus und fiel ins Wasser. Panisch versuchte ich, aufs Eis zu kommen, aber es brach unter meinen Händen. Ich wurde immer müder.
„Was fällt dir ein mein Eis kaputt zu machen“, rief eine Stimme, die in meinen Ohren weh tat. Ich war ganz nass und wischte mir das Wasser aus dem Gesicht. „Ich habe seit Wochen daran gearbeitet, jetzt hab ich ein riesiges Loch in meinem Eis!“, zeterte ein blaues Mädchen. Mir war einfach nur bitterkalt. „Bist du die Schneekönigin oder Frau Holle?“, fragte ich und schlang meine Arme um die Beine. „Wer soll das sein? Ich bin Haunani und ich sorge im Winter für das Eis auf dem See. Jeden Winter kommen wir zu den Seen und frieren sie ein. Du bist die erste die mich sieht und mit mir redet. Aber was für eine König und wer ist diese Frau Holle?“, will sie wissen. „Ich bin Alea“, stelle ich mich vor. „Komm wir gehen zu mir nach Hause und auf dem Weg dahin erzählst du mir wer diese Frauen“, bestimmte sie. Zitternd lief ich mit ihr durch den Eistunnel. So gut ich konnte, erzählte ich ihr die beiden Märchen. Wie liefen Berg hoch und ich kam ziemlich aus der Puste. „Wir sind jetzt aus dem Seeeis raus. Hätte ich dich nicht geschrumpft du wärst ertrunken“, erklärte sie mir und hielt vor einem Iglu. Innen war es mollig warm. „Wenn du mir noch ein Märchen erzählst und du mir deine Schuhe hier lässt lass ich dich wieder gehen“, meinte sie. Ich zog die schweren Schlittschuhe aus und erzählte ihr Dornröschen mein Lieblingsmärchen. „Bist du auch eine Fee?“, wollte ich am Ende wissen. „Ich weis es nicht, aber könnte sein. Im Frühling treffe ich meine Mutter. Sie weiß das sicher“, flüsterte sie und schlug mit ihren Flügeln. „Komm du bist schon viel zu lange hier“, meinte sie und trat nach draußen. Mit jedem Schritt wurde ich größer. „Dieses Jahr gehst du nicht mehr aufs Eis nochmal
rette ich dich nicht. Aber besuch mich ruhig nochmal und erzähl mir Märchen“, sagte sie zum Abschiedet und wurde wieder zum blauen Licht. Nass und auf Socken suche ich meine Stiefel. Im See war ein großes Loch und ich war schuld, dass Haunani das alles reparieren musste und jetzt niemand Schlittschuhlaufen kann. Traurig lief ich nach Hause. Meine Stiefel hatte ich nicht mehr gefunden. Zitternt und müde klingelte ich zuhause. Mama öffnete und wurde bleich und ich fing an zu weinen. Ich wollte nur noch in mein Bett. „Kind was ist passiert?“, fragte sie und rief nach Papa.
Wenig später saß ich in der heißen Badewanne und erzählte von der Eisfee Haunani und das ich nie wieder Schlittschuhlaufen will.