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Nach dem Prompt „Nördlicher Zwergwal“ der Gruppe „Crikey!“
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Aus der Räucherschale stieg ein scharfer Geruch auf, der in die Nase biss. Jarl Rune verzog das Gesicht, während seine Thosta sich vom den Gestank nicht beeindrucken ließ. Ruhig zog Sigrid das Messer über die Handfläche und ließ einige Blutstropfen in die Schale rinnen.
Dann röhrte sie auf, warf den Kopf zurück und rollte die Augen hoch, bis nur noch das Weiße zu sehen war.
Rune machte einen Schritt auf sie zu, ehe er stehen blieb. Er wusste, er durfte das Ritual nicht stören. Ängstlich sah der junge Herrscher der Insel auf die zuckende Magierin.
Dann blinzelte Sigrid, richtete sich wieder auf und holte tief Luft.
"Und? Was hast du gesehen?"
Etwa eine halbe Stunde später saßen sie in der großen Halle bei Wein und Braten. Sigrid erholte sich langsam von der Vision.
"Die Zeichen waren nicht sehr deutlich, mein Jarl. Eine große Prüfung kommt auf Euch zu. Es ist offen, ob Ihr sie besteht oder nicht."
"Das weiß ich doch", brummte der junge Herrscher unzufrieden. "Ich muss den Tod meines Vaters rächen. Diese kiveharischen Bastarde sollen bluten! Ich wollte wissen, ob ich einen Angriff wagen kann oder nicht." Frustriert warf er die Gabel auf den Tisch.
"Das Orakel ist leider oft sehr kryptisch. Es ist nicht leicht zu befragen. Wir können nur hoffen, dass seine Worte rechtzeitig einen Sinn für uns ergeben."
"Welche Worte denn? Es hat mir nur gesagt, was ich schon weiß."
Am Morgen erklangen die Glocken, die sonst die Ankunft eines Beuteschiffes verkündeten. Rune sprang auf und stürzte ans Fenster, denn er hatte keine Schiffe mehr auf See erwartet. Und tatsächlich sah er auch keinen neuen Mast im Hafen. Stattdessen versammelte sich jedoch eine Menschenmenge am Fluss, der in den Hafen mündete.
"Was ist da los?", fragte einen jungen Torwächter, der sich ihm gemeinsam mit Sigrid wenig später am Eingang der Jarlshalle anschloss. Zu dritt eilten sie herunter.
"Ein Wal steckt im Fluss fest", berichtete der Wächter. "Er droht, zu sterben."
"Ein Wal? In unserem kleinen Fluss?"
Die Worte des Wächters entsprachen jedoch der Wahrheit. Wenig später kam Rune atemlos an der Mündung an und erblickte einen relativ kleinen, weißgrauen Wal im flachen Wasser. Das Tier stieß klagende Rufe aus, während unzählige Zwerge um ihn herumwimmelten und versuchten, ihn zurück ins Meer zu schieben.
"Wenn er dort stirbt, wird er mindestens die Mühle blockieren", erkannte Sigrid.
"Wir müssen ihm helfen!", sagte Rune und sah über das Chaos. Dann hob er die Stimme: "Bildet eine Eimerkette! Holt alles herbei, das Wasser halten kann, und deckt den Wal mit Segeltuch ab. Ich will mehrere kräftige Burschen an der Fluke, die einen Graben ziehen! Und holt mir einen Kapitän und ein langes Tau her!"
Sofort kam Bewegung in die Schaulustigen. Ein paar rollten wohl die Augen über ihren jungen Jarl, der einfachste Anweisungen gab, doch tatsächlich ordnete sich das Chaos im Flussbett und die Zwerge begannen, den Wal feucht zu halten und einen Graben zu ziehen. Rune selbst folgte dem Kapitän, der als erster vorstellig wurde, auf dessen Schiff. Während Sigrid das Tau mit einem festen Knoten an die Fluke des Wals band, befestigte Rune das andere Ende am Schiff und befahl den Ruderern, sich in die Riemen zu stemmen. Er selbst stand im Bug und schlug die Trommel, weil der eigentliche Trommler mit einer Schaufel am Graben stand.
Holz und Männer ächzten. Dann erklang Jubel vom Strand und mit einem Mal glitt das Schiff schneller dahin. Jedenfalls einen Moment, bis ein scharfer Ruck den Kiel gen Tiefe zog. Der Wal, noch immer an das Schiff gekettet, versuchte, in der Bucht zu tauchen.
"Wir werden sinken!", schrie der Kapitän panisch.
Rune warf seinen Mantel ab und sprang vom Bord. Andere Männer folgten und hielten sich an den Rundschilden fest. Panisch paddelten die Zwerge zum Strand, wo ihnen die Thosta des Jarls entgegenkam.
"Wo ist Rune?", rief sie, als sie die Männer musterte.
Alle sahen sich um. Der junge Jarl war nirgendwo zu sehen. Sigrid packte den Mantel des Kapitäns und schüttelte ihn. "Wo ist unser Jarl?!"
In diesem Moment blies der Wal. Er kam am Eingang der Bucht zur Oberfläche und tauchte dann, die Fluke zum Abschiedsgruß hebend. Das Tau hing jedoch nicht mehr daran.
Dann sahen die erstaunten Zwerge, wie eine Gestalt triefend auf das Schiff kletterte, das unversehrt in der Bucht trieb.
"Das ist er! Das ist Jarl Rune!", rief der junge Torwächter. "Er hat den Wal losgeschnitten und das Schiff gerettet!"
Sigrid verspürte ein Kribbeln, als die Vikrir jubelten. Zum ersten Mal empfanden die gestandenen Krieger echten Respekt für diesen jungen Zwerg, der nach dem unzeitgemäßen Tod seines Vaters viel zu früh zum Jarl geworden war.
"Ein Hoch auf Rune! Rune! Rune!", rief die Menge und die alte Sigrid lächelte erleichtert.
Rune hatte sich in den Augen seiner Leute heute bewiesen. Er hatte, ohne es zu merken, die Prüfung bestanden.
