Die Herrscherin betritt den Raum und prallt bei der Szene, die sich ihr bietet, zurück: Ihr persönlicher Leibdiener und Vertrauter, um den sie sich sorgte und ihn mit ihrer wertvollen Anwesenheit beschenken wollte - und die ihr weit untergebene Priesterin mit ihren Händen an ihm!
Doch schnell hat sie ihre Gesichtszüge wieder im Griff und schreitet langsam auf die Heilerin zu. Nach außen hin wirkt sie ruhig, aber ihre Augen sind zu wutblitzenden Schlitzen verengt, als sie spricht
YorindeC
Ihr überschätzt eure Kompetenzen, Heilerin. Wie könnt ihr es wagen, euch am Eigentum einer anderen Schwester - zumal noch dem der Kaiserin, der göttinnengleichen Kore, der ersten Tochter des Landes, zu vergreifen?!
Verächtlich blickt sie sie an.
Schande über dich, Wertlose! Auf die Knie mit dir und flehe um Verzeihung.
Sie dreht sich zu den Wächterinnen und bewaffneten Dienern, die sie stets begleiten.
Entfernt ihre Insignien, und lasst sie angemessen auspeitschen - sie ist degradiert auf die Stufe eine Akolythin und wird für die nächsten Wochen die Toiletten des öffentlichen Siechenhauses putzen, Fußketten tragen und in einer Sammelunterkunft auf Stroh schlafen. Ihr Haus wird versiegelt, ihr Haushalt samt Männern an den kaiserlichen Harem gebunden für diesen Zeitraum. Nach angemessener Zeit werde ich erneut über ihr Schicksal richten.
Die Wächterinnen zerren die Heilerin zu Boden und reißen ihr die Ketten mit den Abzeichen ihres Rangs vom Hals. Die Herrscherin rafft ihr kostbar besticktes Gewand leicht an sich und wendet ruhig ihre volle Aufmerksamkeit ihrem Leibdiener Tomdelirio zu:
Nun...? Was hast DU dazu zu sagen??
Der Heilerin wird mit einem Schlag bewusst was für einen Frevel sie begangen hat, als sie das Eigentum ihrer Gebieterin geschändet hat. Schon zu Boden geworfen von den Wachen, wirft sie sich flach auf die Erde, streckt ihre Hände bittend der Gebieterin entgegen und fleht sie um Vergebung an. Es geht ihr nicht um Gnade, sie weiß, sie hat die auferlegte Strafe mehr als verdient. Ihr ist bewusst, dass es schon eine Gnade darstellt, dass sie nicht in die Verbannung geschickt wurde.
Heilerin
Oh gnädige Kaiserin, ich flehe euch um Vergebung an.
Eure Strafe ist mehr als gerecht und ich bin dankbar für eure Gnädigkeit. Nur so kann ich büßen was ich euch angetan habe.
Ich werde alles tun, um den Schmerz den ich euch bereitet habe zu büßen.
Tomdelirio
Wäre er nicht an die Liege gekettet, wäre er sofort auf die Knie gesunken, hätte die Stirn auf den Boden gedrückt, die Arme nach vorne zu ihr gestreckt und hätte um Vergebung gebettelt.
Ich schlucke. Ich spüre, wie sich ein Schweißtropfen an meiner Schläfe bildet. Er kitzelt. Zu gerne würde ich ihrem Blick nun entkommen, mich winden. Aber die Schellen aus Stahl halten mich fest im Griff. Ihre linke Augenbraue spricht zu mir: "Aber sofort!"
Ich danke, dass ich sprechen darf, Gebieterin.
Sage ich im informellen Tonfall, weil keine Höflinge zugegen sind.
Ich weiß, es steht mir nicht zu, die Heilerin zu verteidigen und Euer Urteil steht sowieso unanfechtbar über allem... Ich... ich habe den Schmerz genossen, den mir die Heilerin für die Göttinnen entlockte. Ich bin nicht weniger schuldig als sie, meine Gebieterin, und habe sie von ihrer Arbeit abgelenkt.
Sage ich während ihre Augen mich nicht für eine Sekunde aus dem Blick lassen. Mit leicht kratziger Stimme fahre ich fort:
Ich flehe unterwürfigst darum, dass ich zusätzlich zu meiner und auch der Heilerin Buße tragen darf.
Die Sekunden verstreichen. Ich versuche dem Blick der Kaiserin Stand zu halten, aber nicht, um ihr Widerstand zu bieten.
Sondern um ihr einen tiefen Blick ohne jede Absicherung und Gegenwehr in meine Seele zu ermöglichen, die ihr ebenso wie alles andere, was ich als mein Ich bezeichnete, zu Füßen liegt.
Die Herrscherin wirft einen kurzen Blick auf die fahle, in sich zusammengesunkene Heilerin auf dem Boden. Nur wer sie wirklich gut kennt, hätte den bitteren, schmerzvollen Zug um ihre sorgsam dunkelrot geschminkten Lippen erkannt. Die sie begleitenden Wächterinnen und die muskulösen männlichen Diener verfolgen die Szene mit angehaltenem Atem. Nur das leise Schluchzen der Heilerin ist in diesem Moment im Raum zu hören. Alle Augen sind auf sie, die Herrscherin, gerichtet, als sie zu ihrem Leibdiener spricht:
YorindeC
Du.. willst ihre Schuld mit auf dich nehmen? Nimmst ihre Schuld an? Warst erfreut über ihre Hand...?
Sie atmet tief ein, scheint doch etwas aufgewühlt zu sein.
Bist du ein Tier, das sich nicht besser beherrschen kann? ICH, die höchste Kore, die Tochter der Himmlischen, habe DICH ausgewählt. Ich war stolz darauf, dass du mein Eigentum bist. Ich habe dir meine göttliche Zeit geschenkt, dich ausgebildet, dir Schmerz von meiner Hand geschenkt und dich aus dem Nichts erhoben! Aber was noch wichtiger ist: Ich habe mich dir anvertraut und vertraut. Und du hintergehst mich auf diese Weise!
Einsamkeit scheint hinter ihrem Blick zu lauern.
Kurz legt sie in einer vertrauten Geste die Hand auf seine Brust und zieht sie dann zurück - als hätte sie sich verbrannt. Leise, so dass nur er sie hören kann:
Selbst wenn ich dir vergeben wollte, könnte ich es jetzt nicht mehr...
Eine Träne scheint in einem Augenwinkel zu glitzern, doch dann geht ein Ruck durch ihren kleinen, runden Körper. Die Kaiserin richtet sich kerzengerade auf, dreht sich mechanisch um und erhebt ihr Kinn.
Sie wedelt lapidar mit einer Hand in Richtung Wächterinnen und Diener, die geschockt alles verfolgt haben.
Macht mit ihm, was ihr wollt. Ich sage mich von diesem Eigentum los. Es hat keine Herrin mehr.
Als sie aus dem Raum schreitet, sitzt die Maske der perfekten, allmächtigen Herrscherin wieder und sie tritt lächelnd und mit engelsgleicher Geduld den wartenden Bittsteller*innen und Untertanen entgegen.
Zurück im Raum bleiben nur die Diener, die mit abfälligen Blicken die Fesseln von Tomdelirio lösen. Sie weichen seinen Blicken aus und vermeiden es, ihn zu berühren - als ob er verflucht sei. Nur der Mutigste von ihnen blickt auf ihn herab und sagt verächtlich:
Untertan
Und zu so etwas wie dir haben wir alle aufgesehen... Du warst unser leuchtendes Vorbild und durftest IHR dienen. Versager! Wertloser!
Verächtlich spuckt er ihm ins Gesicht, bevor die zurückkehrenden Wächterinnen ihn packen und mit sich schleifen.